Charm the birds out of the trees!
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Same shit as every year…
Ein ganz normaler Tag in der Hogwarts-Schule für Hexerei und Zauberei. Das Schuljahr war noch keine Woche alt, die Sonne schien strahlend vom blauen Himmel. Es würde wieder ein heißer Tag werden. Die Schüler hatten gerade die erste Doppelstunde dieses Tages hinter sich und füllten schwatzend die Flure auf dem Weg zu ihren Klassenräumen.
Ein ganz normaler Tag in Hogwarts hieß für einen grummeligen Zaubertrankprofessor, dass ihn mit wunderbarer Regelmäßigkeit mindestens einmal am Tag Dumbledores neueste Erfindung in den Wahnsinn trieb. Jene Erfindung bestand aus einer winzigen Apparatur auf seinem Schreibtisch. Unwillig runzelte er die Stirn, als die Apparatur nun fauchend und zischend zum Leben erwachte. Ihre filigrane Verarbeitung ließ sie unglaublich zerbrechlich erscheinen, doch schon am ersten Tag wurde Snape eines Besseren belehrt. Missmutig starrte er nun auf ebendiese Figur, beobachtete mit sich verdüsternder Miene, wie sich die silbrige Schlange zischend auf den putzigen Löwen vor sich stürzte. Dieser grub fauchend seine winzigen Pranken in den schlanken Körper der Schlange. Snape seufzte ergeben und erhob sich.
Zwei Flure weiter wurde ein gewisser Harry James Potter, zukünftiger Mörder eines gewissen dunklen Lords, von einem gewissen Draco Lucius Malfoy, zukünftiger Anhänger ebendiesen Lords, an die Wand geknallt.
„Potter! Musst du mir ständig im Weg stehen?" zischte er entnervt und ging kopfschüttelnd weiter.
Harry rieb sich den schmerzenden Hinterkopf. „Pass halt auf wo du langtrampelst, Malfoy!"
Nun ja, eigentlich sollte Harry es besser wissen. Hätte er es nur ein einziges Mal geschafft den Mund zu halten und Draco zu ignorieren… Allerdings wäre Harry dann halt auch nicht Harry. Innerhalb von Sekunden hatte sich eine neugierige Traube aus Schülern gebildet, welche nun flüsternd beobachtete, wie Draco abrupt stoppte und sich langsam umwandte.
„Oh nein, und es ist noch nicht mal Mittag." seufzte Hermine.
„Soll er sich alles von diesem aufgeblasenen Idioten gefallenlassen?" ließ Ron sich an ihrer Seite vernehmen.
„Maul halten, Wiesel!" schnauzte Draco ihn im Vorbeigehen an. Ron zückte seinen Zauberstab, hatte ihn schon auf Dracos Rücken gerichtet, als Goyles massige Gestalt sich in sein Blickfeld schob. Hermine lüpfte belustigt die Augenbrauen. Dracos Leibwächter knackste drohend mit den Fingerknöcheln. Einiges würde sich wohl nie ändern.
Dieser Meinung war übrigens auch Snape, der es nicht gerade eilig hatte, die Kontrahenten zu finden. Er überlegte kurz, ob es schon einmal einen Jahrgang in Hogwarts gegeben hatte, dessen Abschluss er mehr herbeigesehnt hatte. Ihm wollte jedenfalls keiner einfallen. ‚Ein Jahr noch, nur noch dieses eine Jahr….' redete er sich selbst ein.
Draco betrachtete Harry von oben herab. Bei Beginn ihres 7. Schuljahres hatte er erfreut festgestellt, dass der Held der Zaubererwelt nun zu ihm aufsehen musste. Ein höhnisches Grinsen stahl sich auf seinen Lippen, da Harry nun wieder den Kopf heben musste, um seinen Blick zu erwidern.
„Verschwinde, Malfoy!"
„Oh, unser kleiner Held wird doch tatsächlich schon wieder frech…."
Einige Schüler kicherten. Harry hatte genug. Er versuchte sich an Draco vorbeizuzwängen. Eigentlich hatte er ganz und gar keine Lust auf diese ewigen Streitereien. Ab und zu war es ja ganz unterhaltsam, aber sein Pensum an Konfrontationen war für diese Woche eigentlich schon gedeckt. Es überraschte ihn nicht sonderlich, dass Draco ihm in den Weg trat.
„Angst, Potter? Oder warum hast du es auf einmal so eilig?"
Ein paar eisgrauer Augen funkelten abschätzig auf ihn hinunter. Harry ließ ein müdes Grinsen über seine Lippen huschen.
„Vor einem Frettchen?"
Diesmal war das Gekicher schon lauter und Dracos Blick wurde mörderisch. Harrys Hinterkopf machte erneut schmerzhafte Bekanntschaft mit der Steinmauer. Helle Sterne tanzten kurzfristig durch seinen Blickwinkel. Hinter Dracos Rücken kam es zu einem Handgemenge zwischen Goyle und Ron, der offensichtlich tatsächlich versuchte auf Draco loszugehen.
„Lass es sein, Ron. Das ist er nicht wert." sagte Harry nun vernehmlich. Draco schnaubte, sein Gesicht kam noch näher an ihn heran, so dass sich ihre Nasen fast berührten.
„Du bist einfach das Letzte, Potter!"
„Ehrlich, Malfoy, du hattest den ganzen Sommer Zeit dir mal ein paar neue Beleidigungen einfallen zu lassen!"
Gelächter. Dracos Augen verengten sich zu Schlitzen, seine Linke schoss vor, packte Harry am Kragen seines Umhanges und nagelte ihn an der Wand fest. Langsam aber sicher schnürte er ihm die Luft ab. Harrys Hände schlossen sich um Dracos Handgelenk, versuchten zappelnd den Griff zu lockern. Das an sich war für Harry weder neu, noch besonders schlimm.
Was ihm wirklich zu schaffen machte, war die Tatsache, dass er sich Dracos Körper, der ihn an die Wand gepresst hielt, merkwürdig bewusst war und leider entsprechend darauf reagierte. Harry riss die Augen auf und seine Wangen bekamen eine ziemlich gesunde Farbe. Was allerdings nichts mit dem Sauerstoffmangel zu tun hatte… na ja, jedenfalls nichts mit dem Sauerstoffmangel in seinem Kopf…
„Vielleicht sollte ich dem dunklen Lord deinen Kopf….." Draco stockte.
Gespannte Stille machte sich zwischen den Schülern breit und Harry ahnte nichts Gutes.
„Potter! DAS ist jetzt aber nicht dein Ernst, oder?" Harry blinzelte verwirrt. Was sollte denn das jetzt? Draco verlagerte sein Gewicht von einem Fuß auf den anderen, schob sich noch ein Stückchen näher an ihn heran. Harry schluckte krampfhaft.
„Ich fass' es nicht! St. Potter steht auf Jungs!" Ein ungläubiges Grinsen huschte über Dracos Züge.
„Wa….was?" kam es von Ron und Harry wünschte nicht zum ersten Mal, dass sein Freund seine vorlaute Klappe halten würde. Draco gluckste, linste über seine Schulter zu Ron und meinte eiskalt:
„Dein Freund hat tatsächlich n Steifen, Wiesel."
Harry riss geschockt die Augen auf, Schamesröte schoss ihm ins Gesicht.
Stille.
Eine atemlose, ungläubige Stille.
Gefolgt von erstem leisen Murmeln.
„So ein Schwachsinn, Malfoy!" schrie Ron, dann etwas leiser „Sag was, Harry."
Dieser Aufforderung wäre besagter Harry gerne nachgekommen, wenn ein grinsender Draco Malfoy sich nicht gerade wieder an ihn gepresst hätte. Statt einer Antwort biss er sich auf die Lippe. Rons Gesicht nahm langsam aber sicher den Farbton seiner Haare an. Hermine starrte nur fassungslos von Harrys roten Wangen zu… nein! DA wollte sie ihrem besten Freund wirklich nicht hinschauen!
„Wiesel, wenn du jetzt an meiner Stelle stündest, wärst du dir da nicht mehr so sicher, glaub mir!" zischte Draco hinterhältig.
Das Gemurmel schwoll an.
Draco, durch Harrys Fluchtversuch an seine Gegenwart erinnert, wandte sich ihm wieder zu. Das fiese Grinsen um seine Lippen vertiefte sich, er beugte sich zu dem erstarrten Harry hinunter. Nur Millimeter trennten ihre Lippen noch, Harry konnte den warmen Atem auf seinem Mund spüren.
„Was meinst du Potter, sollen wir es gleich hier auf dem Flur treiben? Würde dir das gefallen, mmmh?" raunte Draco ihm provozierend zu, fuhr sich mit der Zungenspitze über die Lippen. Harry blinzelte hektisch. Eine erneute Positionsänderung Malfoys verschaffte ihm eine kleine Atempause.
‚Was zum Henker war eigentlich los mit ihm? Er stand doch nun wirklich nicht auf Jungs… oder? Okay, nur mal ganz hypothetisch, selbst wenn… mit Sicherheit stand er nicht auf Draco-eigentlich-ganz-niedliches-Frettchen-MALFOY! WA..? Nein, nein, nein! GAAAANZ FALSCH!' Harry schüttelte wild den Kopf, was ihm noch mehr fragende Blicke seiner Mitschüler einbrachte. ‚Er stand nicht (!) auf Draco- lousy-little-slime-ball-MALFOY!'
Mittlerweile war das Getuschel zu einem lauten Geschwatze angewachsen. Dankbar nahm Harry an, dass zumindest niemand mehr auf das achtete, was Malfoy hier von sich gab.
„Red keinen Unsinn! Ich steh nicht auf Jungs!" brachte Harry gepresst hervor. Selbst in seinen Augen klang seine Stimme etwas kratzig.
„Soooo?"
Vor Entsetzen weiteten sich die grünen Augen hinter den Brillengläsern, als Dracos Hand sich zwischen ihre Körper schob. ‚Merlin sei Dank sind die Umhänge so weit!'' schoss es Harry durch den Kopf, bevor er sich panisch auf die Zunge biss. Dracos Hand lag auf seinem besten Stück.
„Nun, Harry, wenn du nicht auf Jungs stehst…."
Harry schauderte.
„dann erklär mir das hier…"
Die warme Hand bewegte sich provozierend hinunter und quälend langsam wieder hinauf. Harry konnte ein leises Wimmern nicht unterdrücken. Draco lachte spöttisch.
„Wenn DU nicht auf Jungs stehst…."
‚Bitte. Nicht. Wieder. Hinunter!'
„…würde ich sagen, es gibt nur zwei Möglichkeiten…"
‚Shit! Shit! Shit! Nicht die Augen zumachen, Harry! Auf gar keinen Fall!'
„… entweder stehst du auf…. was ich ja sogar verstehen könnte… mich…"
‚Ooooh….beiallenschwarzenHexen….'
„… oder….."
‚IST. DAS. GEIL!'
„Du bist einfach eine notgeile Sau, Potter!" Dracos Hand verschwand, Harry riss die Augen auf – wann hatte er sie eigentlich zugemacht? Seine Wangen brannten.
„Was ist los, Malfoy, du bist doch sonst nicht so schüchtern! Einen kleinen Abschiedskuss kannst du Potter doch ruhig gönnen!" lachte Theodore Nott. Draco grinste bösartig, presste dann unvermittelt seine Lippen hart auf Harrys Mund. Johlen und Klatschen war die Folge. Harrys Knie zitterten. Der Kuss endete so schnell, wie er begonnen hatte und Draco wischte sich mit dem Ärmel seines Umhanges über den Mund. Er wandte sich um.
„Was soll's, ein Schlammblut, aber immerhin ein Mädchen!" zischte Draco angewidert. Hermine riss erschrocken die Augen auf, als Draco sie plötzlich an sich zerrte und sie ebenfalls küsste.
Noch mehr Gejohle.
Draco wischte sich angewidert nochmals über die Lippen. Ron hatte es endgültig die Sprache verschlagen. Wie versteinert starrte er nun eine errötende Hermine an.
„Mr. Malfoy, Mr. Potter!" Das Johlen und Klatschen verstummte, ein einziger Blick von Snape genügte, um die Schülertraube zu zerstreuen. Alle hatten es plötzlich sehr eilig in ihre Klassenräume zurückzukommen. Nur die drei Gryffindors und Draco mit seinen Leibwächtern blieben zurück.
„Was geht hier vor?" fragte Snape.
„D…..also… w..." stotterte Ron.
Snapes Augenbrauen wanderten nach oben.
„Mr. Malfoy, könnten sie mir vielleicht in zusammenhängenden Sätzen antworten?"
„Potter und ich wollten nur ungestört ein bisschen knutschen, aber hier hat man ja wirklich nirgends seine Ruhe." Draco verzog keine Miene.
Ron keuchte entsetzt auf. Draco bezweifelte, dass das Nervenkostüm des Wiesels noch lange mitmachen würde. Er hingegen kannte seinen Lieblingslehrer mittlerweile gut genug, um das winzige amüsierte Aufblitzen der schwarzen Augen zu erkennen.
„Nun, dafür haben sie nach dem Unterricht noch genug Zeit, meine Herren." kam es ebenso ungerührt von Snape zurück. Sein Blick wanderte zu einem immer noch an die Wand gelehnten Helden der Zaubererwelt. „Mr. Potter? Geht es ihnen nicht gut? Soll sie jemand auf die Krankenstation bringen?" Draco gluckste leise, biss sich aber sofort schmerzhaft auf die Zunge um diese unslytherinhaften Laute zu unterdrücken.
„N….nein, alles okay, Professor." brachte Gryffindors Held schließlich noch immer etwas heiser heraus. Mit hochrotem Kopf mied er Dracos Blick und schlich mit seinen beiden Freunden im Schlepptau davon.
Harrys Schritte beschleunigten sich, sobald sie aus dem Blickfeld der Slytherins kamen. Eilig durchquerte er die Eingangshalle. Zum Unterricht konnte er jetzt jedenfalls nicht gehen.
„Harry?" kam es gequält hinter ihm von Ron. Er antwortete nicht. „HARRY? Sag mir, dass das nicht wahr ist!" Er wirbelte herum. Ein völlig verwirrter Ron lief fast in ihn hinein.
„Ron! Ron, ich steh nicht auf Jungs, okay?"
„Gut, ja, ja, gut…." nickte Ron hektisch. „Aber…. ich meine…" er wurde wieder rot. „…hattest du wirklich… also… stimmt es… was… Malfoy… gesagt hat, dass du einen….." Harry schloss für eine Sekunde gequält die Augen, seine Wangen fingen wieder an zu brennen. Schließlich nickte er ergeben. Ron machte ein würgendes Geräusch.
„Ich weiß auch nicht warum! Aber ich stehe definitiv nicht auf Jungs, okay, Ron? Das musst du mir glauben!"
„Also küssen kann er ja wirklich…." Sowohl Ron, als auch Harry fuhren erschrocken zu Hermine herum.
„WAS?" kreischte Ron, seine Stimme schnappte ganze drei Oktaven nach oben und Harry fürchtete um seine Brillengläser.
„Ich sagte, er kann gut küssen, also kann ich verstehen, wenn es Harry gefallen hat." Gute pragmatische Hermine.
„ES.HAT.MIR.NICHT.GEFALLEN!" rief Harry entnervt, wurde aber sofort wieder still, als er die verwirrten Blicke einiger Erstklässler auffing. „Allerdings frage ich mich, ob ich mich nicht gleich dem Riesenkraken zum Mittag servieren sollte. Malfoy wird mich fertigmachen."
Keiner seiner Freunde konnte ihm da widersprechen. Harry hatte ein schweres Jahr vor sich.
