Rokko war genervt. Sie waren jetzt schon seit über 3 Stunden hier und Hugo fand immer noch etwas, das ihm nicht passte. Er hatte sich mit David in eine Ecke verzogen und sah Hugo dabei zu, wie er den Dekorateur zur Verzweiflung brachte.
„Das
nächste Mal schicken wir Max mit Hugo mit. Der kann ihm
vielleicht besser begreiflich machen, dass fast alle seiner Ideen für
die Dekoration unbezahlbar sind!"
David
lachte. „Hol ihn jetzt bitte da weg. Ich will wieder nach Berlin.
Wenn ich überlege, was ich in der Zeit im Büro alles hätte
erledigen können!" Rokko schaute nervös auf die Uhr.
David stand auf und lief zu Hugo hinüber. In diesem Moment
klingelte Rokkos Handy. Er erkannte Jürgens Nummer und nahm ab."
Hallo, Jürgen. Was gibt's?"
„…….weiß……..wie…….sagen…….Lisa……Schmerzen…."
Jürgen war nur in Bruchstücken zu hören. "Moment,
Jürgen. Ich hab hier miesen Empfang. Ich muss mal vor die Tür."
Rokko ging hinaus ins Freie. „So, Jürgen, jetzt noch mal
langsam. Was ist mit Lisa?" er hörte Jürgen aufmerksam zu
und sein Gesicht wurde immer sorgenvoller. Jürgen war noch nicht
fertig, da fragte ihn Rokko schon nach dem Krankenhaus. „Ich bin
schon unterwegs!" Rokko beendete das Gespräch und rannte
zurück ins Gebäude. „David, Hugo! Wir müssen sofort
zurück nach Berlin. Lisa ist ins Krankenhaus gebracht worden.
Irgendwas stimmt nicht. Los, beeilt Euch." Rokko schnappte sich
seine Jacke und war schon wieder auf dem Weg nach draußen.
David zog Hugo am Arm mit sich vor die Tür. Rokko stand schon
wartend am Auto. „Beeilt euch doch ein bisschen!" rief er. David
schloss den Wagen auf und alle drei stiegen ein. Zuerst kamen sie gut
voran, doch kaum waren sie auf der Autobahn, wurde der Verkehr auch
schon dichter. David versuchte sein bestes, aber nach einigen
Kilometern ging nichts mehr. „Das ist sicher diese bescheuerte
Baustelle! Die war doch aber noch 20 km vor Potsdam. Wenn die hier
schon stehen, dann brauchen wir ja ewig!" Rokko schlug mit der
Faust gegen das Armaturenbrett.
Hugo,
der die ganze Zeit still vor sich hingestarrt hatte, schaute nach
vorn. „Mon dieu!" „Ganz ruhig, das löst sich sicher gleich
auf!" David wechselte auf die rechte Spur, wo es anscheinend etwas
schneller vorwärts ging. Doch kaum waren sie wieder einige Meter
gefahren, stand auch auf dieser Spur alles. „Das löst sich
gleich auf, häh! Von wegen, das wird viel schlimmer." Rokko
sah David aufgebracht von der Seite an. Dieser zuckte nur mit den
Schultern und machte das Radio an. „Nee, bloß keinen
Verkehrsfunk. Ich will gar nicht wissen wie lang dieser verdammte
Stau ist! Überleg dir lieber, wie wir hier am schnellsten
rauskommen. Ist da vielleicht vor Berlin noch ne Ausfahrt?" Rokkos
Stimme klang immer verzweifelter. Oh, Mann! Scheiße!
dachte David während er das Radio wieder ausmachte. „Was genau
hat Jürgen denn gesagt?" „Nicht viel, nur, dass Lisa
plötzlich schlimme Schmerzen bekommen hat und der Notarzt sie
sofort mit ins Krankenhaus genommen hat. Yvonne ist mitgefahren,
Jürgen bringt Bärbel noch zu Max und fährt dann auch
selber ins Krankenhaus. Ich hatte heute Mittag schon so ein ungutes
Gefühl, als sie mit ihrem Vater zu Jürgen gefahren ist. Der
Tag war einfach zu anstrengend. Ich hätte darauf bestehen
müssen, dass sie nach Hause geht! Oder doch gleich mit ihr
mitgehen. Denn das Meeting mit dem Dekorateur war für mich echt
überflüssig!"
David
sah, dass sich in Rokkos Augen Tränen bildeten. „Ok, dann
bleibt uns wohl keine Wahl." David lenkte den Wagen auf die
Standspur und gab Gas. „Das ist jetzt nicht Dein ernst, David!"
kam es von dem überraschte Hugo auf der Rückbank. „Wenn
uns die Polizei schnappt, bist Du Deine Fahrerlaubnis los!" „ Das
ist jetzt egal, dann hab ich halt für ein paar Monate nen
Chauffeur!" gab David als Antwort. Rokko hatte David die ganze Zeit
ungläubig angestarrt. „Den Strafzettel zahl ich! Danke!"
Rokko strahlte David an. „Na, dann zück mal schon dein
Portemonnaie!" David deutete in Fahrtrichtung, wo in etwa 150 Meter
Entfernung ein Polizeiauto mit Blaulicht auf dem Standstreifen stand.
„Scheiße!" kam es von Rokko und er fiel resignierend in
seinen Sitz zurück. David verringerte die Geschwindigkeit und
blieb 5 Meter hinter dem Streifenwagen stehen. Einer der Beamten kam
auf sie zu und David ließ das Fenster herunter. „Na, warum
haben sie es denn so eilig?" fragte der Polizist. „Führerschein
und Fahrzeugpapiere bitte." David kramte seinen Papiere aus seiner
Jackentasche und der Polizist studierte sie gründlich. „So und
jetzt erklären sie mir mal, warum sie die Standspur in den
Hockenheimring verwandeln?" der Polizist sah David erwartungsvoll
an. „Also, das ist so. Die Frau meines Freundes hier ist schwanger
und sie wurde vorhin mit starken Schmerzen ins Krankenhaus
eingeliefert und jetzt müssen wir so schnell wie möglich
nach Berlin." „Na, das ist ja mal ne originelle Ausrede. Was
Besseres ist Ihnen wohl auf die Schnelle nicht eingefallen?" Der
Beamte grinste und winkte seinen Kollegen her. Rokko lehnte sich zu
David hinüber und schaute den Beamten ernst an. „Das ist
keinen Ausrede, Herr Wachtmeister. Meine Frau ist wirklich mit
starken Schmerzen ins Krankenhaus eingeliefert worden. Vielleicht
können sie verstehen, dass ich so schnell wie möglich zu
ihr möchte, denn ich mache mir große Sorgen um sie." Der
erste Beamte hörte Rokko eher gelangweilt zu, doch sein Kollege
sah Rokko mitfühlend an. „Ist das ihr erstes Kind?" fragte
er. „Ja, und ich weiß überhaupt nicht was los ist, ob es
ihr und dem Kind gut geht. Bitte lassen sie uns weiterfahren, ich
zahle auch jede Strafe. Ich will nur noch zu ihr." Rokko standen
jetzt wieder die Tränen in den Augen. Der zweite Beamte winkte
seinem Kollegen und beide gingen ein paar Schritte vom Auto weg.
„Also, ich glaube ihm. Komm, wir fahren ihnen voraus, bis nach der Baustelle." Der zweite Polizist sah seinen Kollegen auffordernd an. „Na, gut, ich denke zwar, dass der einfach nur gut schauspielern kann und falls das rauskommt, nimmst Du alles auf Dich, klar?" Der zweite Beamte nickte und ging wieder zum Auto. „Sie können hinter uns herfahren. Wir eskortieren sie bis nach der Baustelle. Ich kann sie sehr gut verstehen. Ich bin auch erst vor kurzem Vater geworden und war bei der Geburt nicht dabei." Er zwinkerte Rokko aufmunternd zu. Rokko starrte den Polizisten verblüfft an und mehr als ein „Danke!" kam ihm nicht mehr über die Lippen. David lächelte den Polizisten dankbar an. „Das ist sehr nett von Ihnen." Der Beamte drehte sich um und ging zurück zum Streifenwagen, als Rokko ihm hinterher rief. "He, wie heißt denn ihr Kind?" Der Beamte drehte sich um und lächelte Rokko an. „Marie. Unser kleiner Engel heißt Marie." Mit einem Lächeln winkte er den dreien noch mal zu und stieg in den Wagen. David schloss das Fenster und ließ den Motor wieder an. Der Streifenwagen setzte sich in Bewegung und endlich fuhren sie wieder. „Warum wollten sie denn wissen, wie das Kind von dem Beamten heißt?" meldete sich Hugo vom Rücksitz. Rokko drehte sich zu ihm nach hinten und lächelte. „Wir haben immer noch keinen Namen und irgendwoher muss man sich ja Ideen holen!"
Der Streifenwagen fuhr recht zügig und schon bald hatten sie den Anfang des Staus erreicht und David konnte wieder auf die normale Spur wechseln. Nach weiteren 10 Minuten fuhr David vor den Eingang des Krankenhauses. Rokko öffnete schon die Tür, bevor das Auto zum stehen kam und rannte zum Eingang. David sah ihm kopfschüttelnd nach. „Man könnte meinen, es geht um sein Leben!" „Ja, das geht es auch, denn Lisa ist sein Leben!" flüsterte Hugo und wischte sich verstohlen eine Träne von der Wange. David wusste, dass er an Britta dachte.
