Am 1. Feiertag ließen sie es ruhig angehen. Sie hatten lange geschlafen und ewig gefrühstückt. Am Nachmittag hatten sie einen kleinen Spaziergang gemacht und sich dann mit Tee und den restlichen Weihnachtsplätzchen von Mama Plenske vor den Kamin gesetzt.
Später hatte es sich Lisa mit einem Buch auf der Couch gemütlich gemacht und Rokko hatte begonnen das Chaos in der Küche zu beseitigen und war schnell unter die Dusche gesprungen. Als er aus dem Bad kam, war Lisa nicht mehr im Wohnzimmer.
Er ging durch alle
Zimmer und fand sie schließlich im Kinderzimmer am Fenster
stehend. Sie hatte kein Licht angemacht und ihre Silhouette zeichnete
sich deutlich vor dem grau-hellen Himmel ab.
Am
späten Nachmittag hatte es zu schneien begonnen und eine dünne
Schicht grellweißen Schnees bedeckte alles. Er blieb im
Türrahmen stehen und sah sie an. Sie hatte eine Hand auf ihren
Bauch gelegt und mit der anderen spielte sie gedankenverloren an
ihrem Medallion. Ihre Schultern bebten kaum merklich und er
realisierte, dass sie lautlos weinte. Langsam ging er auf sie zu. Als
sie merkte, dass er hinter ihr stand, wischte sie sich schnell die
Tränen aus dem Gesicht und sah zu Boden. „He, was ist denn
los?" er stand jetzt direkt vor ihr und hob ihr das Kinn an, damit
sie ihn ansah. In ihren Augen glitzerten immer noch Tränen. Sie
zuckte mit den Schultern. „Ich weiß nicht. Ich hab bloß
plötzlich unheimliche Angst, das alles nicht zu schaffen. Ich
hab Zweifel, ob ich wirklich schon bereit bin Mutter zu sein und ich
bekomme Panik, wenn ich daran denke, dass ich versagen könnte."
Sie begann wieder zu weinen. Rokko nahm sie in den Arm und sie hielt
sich wie eine ertrinkende an ihm fest. Er ließ sie weinen und
als sie sich nach einigen Minuten beruhigt hatte, schob er sie
vorsichtig auf das kleine Sofa. Er kniete sich vor Lisa hin und sah
ihr direkt in die Augen. „Ich versteh Dich, Schatz. Die Gedanken
habe ich auch manchmal. Aber ich weiß genau, dass wir das
schaffen werden, zusammen! Oder hast Du noch vor was anderem Angst?"
sie blieb still und Rokko suchte in ihrem Gesicht nach einer Antwort.
„Du glaubst aber nicht, dass ich das alles gar nicht will, oder?"
Rokko sah sie leicht geschockt an. Lisa schniefte.
„Nein,...vielleicht, ich weiß nicht?" und wieder begannen
die Tränen ihre Wangen hinab zu laufen. „Ich denke nur
manchmal, dass Du ja wegen mir dein ganzes Leben umgestellt hast.
Bevor Du zu Kerima kamst, warst Du nie irgendwo fest. Du bist durch
die Welt gereist und jetzt…" sie brach ab. „Und jetzt was? Ich
sag's Dir. Jetzt habe ich genau das, was ich immer haben wollte."
Rokko setzte sich neben Lisa und zog sie an sich. „Ich habe dieses
rastlose Leben nicht wegen Dir aufgegeben, sondern für
Dich, für uns. Und ich würde es immer wieder so machen,
denn das war die beste Entscheidung meines Lebens. Ich liebe Dich und
Du bist mein Leben. Hast du das vergessen?" er sah Lisa ernst an.
„Nein, nie! Ich weiß auch nicht was mit mir los ist. Es wird,
denke ich, einfach Zeit, dass unser Zwerg auf die Welt kommt. Dann
werden wir ja sehen, wie wir uns als Eltern machen." Rokko
registrierte freudig, dass Lisa wieder lächelte. „Ja, das
denke ich auch."
