Böses Opfer


In Hogsmeade

Martha und Anna saßen, zusammen mit Reny, alleine in der Bibliothek und erledigten ihre Hausaufgaben für den übernächsten Tag.
Konzentriert saßen sie an dem Tisch. Vor ihnen lagen etliche Bücher und Pergamentrollen ausgebreitet, von denen nur die von Reny voll geschrieben waren.
„Und, hast du schon was über diesen komischen Kobold herausgefunden, der behauptet hat, es sei besser, wenn sich die Zaubererschaft mit den Muggels verbündet oder so?"
Fragend blickte das rothaarige Mädchen über einen Stapel Bücher hinweg zu Reny hinüber, die gegenüber von ihr saß und begierig ihr Pergament beschrieb.
Neben Reny saß Anna, die kurz von ihrem kaum beschriebenen Pergament aufsah und ahnungslos mit den Schultern zuckte.
Im Gegensatz zu Reny, schien sie die Frage Marthas gehört zu haben.
„Und, hast du schon was über diesen komischen Kobold herausgefunden, der behauptet hat, es sei besser, wenn sich die Zaubererschaft mit den Muggels verbündet oder so?", fragte Martha noch mal, aber diesmal mit lauter und fester Stimme, ihr Gegenüber.
Wieder keine Antwort. Anna blickte sie nun vorwurfsvoll an.
„Anna was ist denn?", fragte Martha verwundert.
„Hast du eigentlich schon mal daran gedacht, mich zu fragen?"
„Nein, das hab ich nicht. Warum auch? Du hast doch auch kaum was geschrieben", antwortete sie, ohne darüber nachzudenken.
„Du hältst mich also für blöd?", fragte Anna in einem sehr beleidigten Ton.

„Nein tue ich nicht, aber Reny hat doch immer die richtigen Lösungen. Sie ist Klassenbeste und so und du bist genauso ahnungslos in Geschichte wie ich."

„Das stimmt, ich bin die Beste von uns dreien", warf Reny auf einmal ein, die ihren Kopf nun nicht mehr über die Pergamentrolle gebeugt hatte und die Beiden herablassend anstarrte.
Empört sahen ihre beiden Freundinnen sie an.
„Ich will ja nichts Falsches sagen, aber du kommst mir sehr eingebildet rüber", zischte Anna wütend.
„Wieso eingebildet? Ich hab lediglich nur das wiederholt, was Martha gesagt hat", antwortete Reny hochnäsig, beugte ihren Kopf dann wieder über ihr Pergamentblatt und schrieb weiter.

für sie schien die Sache erledigt.
Und sie hatte wie immer Recht gehabt, sagte sie zu sich selber.

Martha kochte innerlich vor Wut. Wieso konnte Reny ihr nicht einfach behilflich sein? Wieso musste sie immer die „Ich-bin-die-Beste-Show" abziehen?
Aber dieses Mal würde sie die Show nicht mitspielen, dieses Mal würde sie ihr gehörig die Meinung sagen.
Sie blickte hinüber zu Anna, der offenbar dieselben Gedanken durch den Kopf schwirrten.
Martha sah es an der rötlichen Farbe ihrer Wangen und an ihrem zornigen Blick, den sie immer wieder über Reny schweifen ließ.
Auch sie musste sich seit langer Zeit die Demütigungen Renys gefallen lassen.
Warum sie eigentlich noch mit ihr befreundet waren, wusste sie nicht. Geschweige denn, warum sie überhaupt eine Freundschaft mit ihr angefangen hatten.
„Reny, ich finde es nicht schön….", begann Martha.
Reny blickte kurz auf und gab ihr so zu verstehen, dass sie gehört hatte, schrieb dann jedoch weiter.
„Ich finde es nicht richtig, wie du uns immer behandelst."
Reny hob abermals den Kopf und öffnete den Mund.

Genau in diesem Moment hörten sie Schritte, die sich in ihre Richtung bewegten.
Martha hörte Stimmen, die sich lautstark über etwas stritten.
„Krone ich habe dir doch gesagt es ist zu riskant", hörten sie die Stimme von Remus Lupin, einem Gryffindorjungen, verzweifelt sagen.
„Aber die werden uns nicht erwischen! Bitte versteh doch. Wir haben die Sache angefangen und werden sie auch fortführen", hörten sie nun James Potter antworten.
Seine Stimme war nicht mehr so fern, wie die von Remus es eben noch gewesen war.
„Hey Moony Alter, wir werden das nächste Mal besser aufpassen", warf die Stimme von Sirius Black ein.
Reny hob blitzartig ihren Kopf hoch und blickte sich um.
Sie sah, wie die Jungen vor dem Regal, das sie drei Mädchen verbarg, stehen geblieben waren.
Sie wüsste zu gerne, worum die Jungen, die sie so verachtete, stritten.
„Also, morgen Nacht ist es wieder so weit", flüsterte Remus nun ganz leise.

„Ich will aber nicht, dass ihr dort mitkommt. Bitte, es ist zu gefährlich."

"Komm schon und Wurmschwanz du bist auf dich alleine gestellt.

"Nein, ich kann nicht." entgegnete Peter nun ängstlich.

"Sieht ihr ich bin nicht derjenige, der allein dagegen ist."

Die Mädchen konnten hören wie einer der Jungen ein bellendes Lachen von sich gab.
Es stammte unüberhörbar von Sirius.

„Ach komm schon, wovor hast du denn Angst? Davor, dass du jemanden verletzen könntest?", fragte er.

Worüber unterhielten sich die Jungen?
Warum um alles in der Welt sollte Remus jemanden verletzen?

Reny sah ihre Freundinnen, die ebenso gebannt lauschten wie sie, fragend an.
Die zuckten mit den Schultern und rückten mit ihren Stühlen ein wenig an das Regal, hinter welchem immer noch lautstark diskutiert wurde, heran.
„Ach komm schon, so eine Gelegenheit kriegt man nicht oft! Die Ländereien sind…"

Reny zog ebenfalls ihren Stuhl näher an das Regal heran.

Zu nah….

Mit ihrem Oberarm hatte sie eines der Bücher zu weit nach draußen gedrückt.
Es viel Sirius direkt vor die Füße.
Entsetzt darüber, was sie getan hatte, rückte sie ihren Stuhl wieder zurück und als die Jungen hinter dem Regal zu ihnen herüber kamen, tat sie so, als wäre nichts gewesen.
Martha und Anna, die ihre Stühle ebenfalls wieder unauffällig zurecht gerückt hatten, grinsten die drei Jungen an. Diese grinsten jedoch nicht zurück.
Sie sahen ertappt und besorgt aus, besonderes Remus, der heute Abend sehr blass und kränklich wirkte, wie Reny fand.
Sie wollte, dass die Jungen sofort verschwanden. Besonders Sirius, den sie mehr als alles andere hasste.
„Na, habt ihr mitgehört wie?", fragte Sirius und musterte das Durcheinander auf dem Tisch, das aus Büchern und Pergamentrollen bestand und Reny die sich dahinter verbarg.
„Ja haben wir", antwortete Anna gelassen.
„Und wir wissen zwar nicht was ihr vorhabt, aber tut es ruhig", fügte Reny spöttisch grinsend hinzu.
„Besonders du Black. Hört sich ziemlich gefährlich an eure Sache, hoffe du wirst dabei drauf gehen", ergänzte sie sich.
Sirius grinste sie an.
„Natürlich. Aber ich glaube, ich muss deine Hoffnungen ertränken. Ich werde bestimmt nicht drauf gehen."
Anna und Martha sahen ihn interessiert an.
„Was macht ihr denn morgen Nacht?", fragte Martha neugierig,
„Das geht euch zwar nichts an, aber wenn du mit mir ausgehst, könnte ich mir noch mal überlegen, ob ich dich an meinem Wissen teilhaben lasse", antwortete Sirius und sah sie mit seinen großen Hundeaugen erwartungsvoll an. Marthas Gesicht nahm nun beinahe die Farbe ihrer Haare an.
„Nein. Nein, also dafür ist m-i-r d-e-r P-r-e-i-s zu hoch." stotterte sie, versucht, ironisch zu klingen.
Sie konnte nur mit Mühe und Not verbergen, dass sie sich geschmeichelt fühlte.
„OK dann nicht", murmelte Sirius.

Er war ein wenig enttäuscht und sein Selbstwertgefühl wurde für Sekunden ein wenig herabgesetzt. Sonst sagten nämlich all jene, die er fragte, auf Anhieb freudig "Ja".

Nicht, dass er jemals etwas von Martha gewollt hätte.

„Also wir gehen dann mal."
„Ach Reny, dein Pulli riecht irgendwie nach Snape. So modrig.
Wusste gar nicht, dass ihr was miteinander habt", verabschiedete sich James lachend und zog mit seinen besten Freunden von dannen.
Wütend schmiss Reny ihnen ein Buch hinterher.

Wie konnte er es wagen sie so zu beleidigen. Sie und Snape?
Nie und nimmer!

+ 0+

Aber immerhin besser als sie und Sirius, dachte sie, rollte ihr voll geschriebenes Pergament zusammen und zog mit Anna und Martha, die immer noch einer Tomate glich, zum Abendessen in die große Halle.
„Reny kommst du denn wenigsten gleich mit nach Hogsmeade? Alle ab der fünften Klassen dürfen diesen Monat ausnahmsweise abends, du weißt", fragte Martha zu Reny gewand.
Sie waren gerade beim Abendessen in der großen Halle.
„Ich weiß nicht, ich muss noch meine Hausaufgaben zu Ende machen. Dieses Jahr ist doch ZAG- Jahr das ist sehr wichtig für unsere spätere berufliche Laufbahn. Ich hab mal ein Buch gelesen über einen Mann, der wollte Auror…"
„Ja, ja schon gut. Wir haben schon verstanden, dass war ein klares Nein", unterbrach sie Anna.

Die Enttäuschung in ihrer Stimme war nicht zu überhören.
Reny bestrich sich ihren Toast mit Marmelade und sah die beiden nachdenklich an.
„Na ja, wenn ich es mir so recht überlege, habe ich heute noch nichts vor."
Anna grinste und klopfte ihr freundschaftlich auf die Schulter.
„Eine Sensation! Reny Smith lässt all ihre Hausaufgaben liegen um Spaß zu haben!", schrie sie begeistert.

So laut, dass sich einige von ihren Klassenkameraden aus Gryffindor interessiert zu ihnen umdrehten.
Darunter auch Lily Evans, die nur wenige Sitzplätzen von ihr entfernt saß.
„Du kommst also heute nach Hogsmeade Reny?", fragte sie interessiert über den Tisch hinweg.
„Ich denke schon. Du und Berta kommt auch mit, nehme ich an?", fragte sie zurück, überrascht darüber, dass Lily Evans sie angesprochen hatte, was sie sonst nämlich eher vermied. So wie die meisten hier in Hogwarts.
Wer redete schon gerne mit einem immer mies gelaunten Mädchen, dass nichts als lernen im Sinn hatte?
„Ihr könnt ja mit uns mit kommen. Mit mehreren ist es doch viel lustiger", schlug Lily vor, ohne direkt auf Renys Frage einzugehen.
„Ja gut, ich bin einverstanden."
„Ja, ich und Anna auch. Kennt ihr schon diese neue Lakritze aus dem Honigtopf…."
Reny war froh darüber, mit Lily und Berta nach Hogsmeade gehen zu dürfen.
Sie fand die beiden sehr nett und außerdem waren sie zu ihrem großen Vorteil auch noch bei der kompletten Schülerschaft sehr beliebt. Mit Hilfe ihrer Begleitung heute Abend, das wusste sie, würde sie sich keine hämischen Kommentare wie:
„Hey, bist du immer zu mies gelaunt oder erst seit der Wabbelpinguin dir gesagt hat, dass sie nicht mehr deine Freundin sein will?" anhören müssen.
Nein, heute Abend würde sie den Ausflug nach Hogsmeade genießen.

+O+

In Hogsmeade angekommen gingen sie als erstes in den Honigtopf, wo sie Süßigkeiten für ihre Eltern und Geschwister einkauften und lachten alle zusammen lautstark über eine Geschichte von Lilys Schwester Petunia, einem Muggel, die einmal versucht hatte, Flohpulver in einen Kuchen zu mischen.
Die Landschaft um das Dorf war zugeschneit und der Schnee verwandelte die Häuser in wunderschöne Eispaläste. Sie sahen wirklich alle wunderschön aus, fand Anna.
Die Luft um sie war sehr eisig und ließ das Kohlendioxid, das sie ausatmeten, zu eisiger Luft werden.

„Lasst uns in die drei Besen gehen. Mir ist so kalt, ich glaub, wenn wir weiter hier rum stehen, friert ein gewisses Körperteil von mir ab", bibberte Berta unter ihrem roten Schall hervor.
„G-u-t-e I-d-e-e." bibberten Lily, Marta, Anna und Reny im Chor.
Sie betraten das Gasthaus, welches voll mit Schülern war. Fast alle Tische waren besetzt. Außer einem in der hintersten Ecke, wo am Nachbartisch Sirius und seine Kumpels saßen.

„Los kommt, lasst uns da hinten hin gehen."
Martha versuchte, Renys Körper in die Ecke zu ordern. Das gleiche tat Berta auch mit Lily. Anna eilte zum Tisch und verscheuchte ein paar verängstigt wirkende Erstklässer, die gerade dort Platz nehmen wollten.

„Nein, ich will nicht in der Nähe von diesem Idioten von James Potter sitzen. Er macht mich krank."
„Und ich will überhaupt nicht dort sitzen, besonders nicht wegen diesem Black."
Verzweifelt versuchten sie sich aus den Fängen ihrer Freundinnen zu befreien. Diese wussten, sobald die beiden am Tisch Platz genommen hatten, würden sie nicht so schnell wieder aufstehen. Anna lächelte den Jungen zu.
James, Peter und Remus, die nun von den Mädchen Notiz genommen hatten, grinsten zurück.
Reny und Lily hatten nun endlich Platz genommen und da kam auch schon Madame Rosmerta, die hübsche junge Wirtin, um ihre Bestellungen aufzunehmen.
„Fünf Butterbier bitte", sagte Anna, ehe die Wirtin den Mund öffnen konnte.

Als diese wieder gegangen war, zogen sie ihre Mäntel und Schaals aus, versucht, gar nicht auf die Jungen zu achten, die sich am Nachbartisch nun lauthals über etwas lustig machten.
„Hey Reny, ist es war: Du und die Slytherins?", fragte Peter glucksend, der zwischen James und Sirius saß.
Die Mädchen sahen ihn verwundert an.
Reny schien sehr überrascht.
„Was soll ich denn bitte schön mit den Slytherins zu tun haben?", fragte sie empört.
Peter sah sie verlegen an.
„Also nun ja, ich…" offenbar wusste er nicht, was er antworten sollte.
Sirius und James stupsten ihn an.
„Komm schon Peter, antwortete der Dame. Das ist höflich und gehört sich so. Sie mal wie ich das mache."
Neben ihm saß Remus, der nun noch blasser aussah, als vor dem Abendessen. Er hatte seine Nase ihn ein Buch gesteckt, aber Reny konnte genau sehen, dass sich eine Falte auf seiner Stirn gebildet hatte.
James räusperte sich: „Hmr, hmr... Meine liebe, verhasste Miss Smith."
Sirius und Peter lachten, Reny lief vor Scham rot an und Lily musterte James achtungslos.
„Sie meine ich!", er hörte sich an wie ein Schauspieler bei der Probe, während er auf Reny deutete.
Marta und Anna giggelten.
„Du neben dieser wunderschönen Rothaarigen, du neben dem Mädchen, das nicht mit mir ausgehen möchte, weil ich einst Snape verhexte."
Lily errötete.

Die Jungen und die Mädchen lachten noch lauter. Sonst lachte niemand in den drei Besen, aber das lag wohl daran, dass man sie durch das viele Stimmengewirr nicht hören und wegen der schlechten Beleuchtung in der Ecke auch nicht sehen konnte.
„Was hast du mit Slytherin zu tun? Dein Vater, gestern noch ein guter und frommer Bürger und heute ein Arbeiter für Malfoy! Was ist geschehen, was ist geschehen!", er hob seine Stimme, sodass sie sich laut und tragisch anhörte.
„Walendium!", schrie Reny und James wurde durch die Luft geschleudert und landete auf dem Boden, etwa in der Mitte des Raumes.
Reny stand auf und lief heulend und ohne sich vorher ihre Winterkleidung übergestreift zu haben, nach draußen in die eisige Kälte.
Sie bekam nicht mehr mit, wie Lily James eine deftige Ohrfeige verpasste und wie Sirius und Peter über ihren Fehltritt beinahe weinten vor lachen. Mitgefühl zeigten sie wie immer nicht.
Sie bekam auch nicht mit, wie die Mädchen nach ihr suchen wollten….

+O+

Sie rannte, auch wenn sie nicht wusste, wohin sie wollte.

Die eisige Kälte umspielte ihren dünn bekleideten Körper, die kalte Luft ließ ihren roten Pulli und ihre blonden Haare in alle Himmelsrichtungen flattern.

Sie fielen ihr ins Gesicht und versperrten ihren babyblauen Augen die Sicht.

immer wieder versuchte sie, dies zu verhindern indem sie ihr Haar unablässig aus dem Gesicht strich, doch es half nichts.

Sie rannte weiter. Vorbei an den wunderschönen schneebedeckten Häuser zurück zum Schloss, zurück in die Eingangshalle, zurück in den Gemeinschaftsraum der Gryffindors, wo sie sich schleunigst auf den Weg in den Mädchenschlafsaal machte.
Sie war ganz alleine im Raum.

Er wurde von einem wunderschönen weißen Kronleuchter, der in der Mitte des Zimmers von der Decke hang, in ein sehr warmes und helles Licht getaucht.
Reny setzte sich auf ihr Himmelbett, welches sich in der hintersten Ecke befand.
Es war mit einem weißen Bettbezug und einer roten Bettwäsche bezogen worden, wie auch die restlichen fünf Betten im Raum.
Sie teilte das Zimmer mit Lily Evans, Berta Polkiss, Anna Spinnet, Martha Gupter und Livia Scott.

Livia war immer die letzte die den Schlafsaal betrat. Sie hatte den Ruf eines Flittchens, weil sie sich jeden angelte, der nicht bei eins auf den Bäumen war. Zu ihren jüngsten Eroberungen zählte sie Christian Lyren und der war ausgerechnet in Slytherin. Reny mochte Livia auf Grund dieser Tatsachen nicht besonders.
Sie hatte schon eine geraume Zeit auf dem Bett gelegen und lange versucht, das was in den drei Besen vorgefallen war, zu vergessen. Sie versuchte sich, als Ablenkung, auf ihre Hausaufgaben zu konzentrieren.
Sie schlug das Buch auf, holte sich ein Pergament heraus und begann zu lesen. Oder vielmehr versuchte sie es.
Doch es gelang ihr nicht, so sehr sie sich auch bemühte.
Sie musste die ganze Zeit an diese Demütigung denken, die ihr größten Teils James zugefügt hatte.

Sie musste aber auch daran denken, wie ihre Freunde über sie gelacht hatten und empfand deswegen gleichzeitig Hass und Schmerz.
Sie fragte sich, ob es richtig gewesen war, so vor all den Menschen auszurasten.

Ihre Augen wurden etwas feucht und je mehr sie darüber nachdachte und je mehr sie versuchte, die Augenflüssigkeit zu unterdrücken, desto wässriger wurden sie.
Sie schaute sich um und sah verschwommen, dass sie immer noch alleine war.
Sie legte sich nun auf ihr Bett und vergrub ihren Kopf in ihrem Kissen, ließ ihren Tränen freien Lauf.
Nach einer Ewigkeit wie es schien, waren ihre Augen wieder trocken und sie fühlte sich besser.

Der Schmerz, den sie eben noch empfunden hatte, war wie weggeblasen.
Sie blickte auf die Uhr. Zehn Uhr abends, so spät schon.
Eine halbe Stunde später kamen auch die anderen Mädchen.

Reny tat so, als würde sie schlafen und lauschte dabei angestrengt ihrer Unterhaltung, in der sie selbst das Thema war.
„Sie schläft schon", sagte Martha zu Anna.
„Das ist gut", antwortete Martha. „Glaubst ihr, sie hat die Sache ernst genommen?"
„Ja, ich denke schon. Das war wirklich gemein!", hörte Reny die Stimme von Lily sagen, die, wie Berta, nicht über sie gelacht hatte.
„Ja genau! Besonders fies fand ich von euch, dass ihr gelacht habt", warf auch Berta ein. Ihre Stimme hörte sich sehr müde an.
„Mein Gott, wir fanden es halt lustig!", verteidigte sich Martha.
„Ihr seid ihre besten und einzigen Freunde! Ich würde Lily niemals so behandeln!"
„Freunde? Nicht wirklich. Sie gibt uns die ganze Zeit das Gefühl, wertlos zu sein. Sie versteht keinen Spaß, sie hat nie Lust was mit uns zu unternehmen", hörte Reny Anna sagen.
„Und wir wissen ja gar nicht mehr, warum wir uns überhaupt mit ihr angefreundet haben", fügte Martha verbittert hinzu.
Reny hatte alles mitgehört. Sie war so wütend und ohne zu wissen, was sie tat, schrie sie: „MIR IST EURE SCHEIß FREUNDSCHAFT NICHTS MEHR WERT! ICH WEIß AUCH NICHT, WARUM ICH ÜBERHAUPT MICH EUCH BEFREUNDET BIN!"


Review

(reicht auch nur ein

smilli oder ein Lol )