Böses Opfer


Vollmond und Gefahr

Sirius, James und Peter verließen gemeinsam ihren Schlafsaal. Vorbei an dem leeren Himmelbett von Remus, über dem eine alte, hölzerne und große Kuckucksuhr 12 Uhr Mitternacht anzeigte. Sirius grinste als sein Blick auf die Uhr fiel. Das war genau seine Stunde.
„Die Geister kommen, Krone", flüsterte er seinem besten Freund scherzhaft zu, als sie das Eingangsportal, die fette Dame, passierten.
James lachte laut, aber Peter sah die Beiden nur verängstigt an.
„Meint ihr, wir können es wirklich riskieren?", stammelte Peter.
Ein wenig Besorgnis lag in seiner Stimme. James warf den Tarnumhang seines Vaters über sich und seine Freunde, während er Peter cool und lässig zu verstehen gab: „Klar können wir es riskieren. Das Risiko ist unser Leben." Sirius nickte zustimmend.

„Keine Angst Wurmschwanz. Wir sind doch da, es kann nichts passieren."
Peter wollte ihm gerne glauben, doch er konnte nicht.

Er wusste, dass er in dieser Nacht auf sich allein gestellt sein würde.
Gemeinsam passierten sie das große Eichenportal, traten direkt in die helle Vollmondnacht hinein. Peter genoss den wohltuenden Geruch der Luft nicht.

Er war zu sehr damit beschäftigt, sich zu fragen, ob er schaffen würde, was sie diese Nacht vorhatten. Er wusste, dass er ein eher minder begabter Zauberer war.
„Was ist, wenn ich es nicht schaffe? Das Ministerium wird mich retten müssen!"
Unheil verkündend betonte er seine letzten Worte genau.

Bei einem gesetzgetreuen Menschen wie Reny Smith hätte dies vielleicht Wirkung gezeigt, aber nicht bei seinen Freunden, den Rebellen von Hogwarts höchst persönlich.
„Scheiß dir nicht in die Hose. Du bist ein Rumtreiber. Du musst dich diesem Titel wenigstens einmal in deinem Leben als würdig erweisen. Und jetzt komm schnell, hier entlang", versuchte James ihn lässig zu beruhigen.
Immer noch stampften sie auf den nun fast stillen Ländereien von Hogwarts umher. Lautlos, und dicht aneinander gedrängt unter dem Tarnumhang.
Auf Peters Gesicht machte sich ein Lächeln breit.
„Ich bin ein Rumtreiber", wiederholte er.
„Genau du Wurm", lachend schlug Sirius ihm auf die Schulter.

So fest, dass Peter wie ein Stein auf den nassen Boden sank.
„Aua! Sirius... ich mein Tatze, was soll denn das?" Fluchend rieb sich der kleine Junge den Kopf.
„Wir sind da, Kleiner", erklärte Sirius sanft.
Peter richtete sich auf und erblickte die peitschende Weide.
„Jetzt liegt es an dir Wurmschwanz", fügte James hinzu, versuchte ernst zu klingen.
„Könnt ihr nicht einfach einen Zauberspruch verwenden und…", stammelte Peter ängstlich.
„Nein, Wurmschwanz. Dumbledore würde bemerken, dass jemand da war", konterte Sirius.
„Komm schon Wurmschwanz. Mach genau das, was du gestern auch gemacht hast", sagte James.
„Aber da war ich konzentriert. Wollt ihr mir nicht helfen?", ein leises verzweifeltes Flehen lag in seiner Stimme.
„Nein, Wurmschwanz. Jetzt stell dich nicht so an oder wir werden nicht mehr deine Freunde sein."
Das hatte mal wieder gesessen.
„Ok schon gut", gab Peter ungern nach.

+0+

Reny brauchte Luft zum Atmen. Es war eine gute Idee gewesen, raus zu kommen.
Raus aus diesem Schloss, weg von ihren angeblich besten Freundinnen.

Wahrscheinlich lagen sie jetzt die ganze Zeit lachend in ihren Kissen und überlegten sich fiebrig, was die sonderbare Miss Smith wohl als nächstes tun würde. Noch immer hatte sie die Worte der Auseinandersetzung von vorhin in den Ohren.

„Und wir wissen ja gar nicht mehr, warum wir uns überhaupt mit ihr angefreundet haben."

Martha war so gemein gewesen, hatte sie so verletzt. Noch nie zuvor hatte Martha so etwas zu Reny gesagt. Als sie weiter darüber nachdachte, stellte sie verbittert fest, dass es fast so geklungen hatte, als ob diese Worte schon die ganze Zeit über auf Marthas Seele gebrannt hatten.
„Früher oder später hätte sie es mir wahrscheinlich gesagt. Es musste doch so kommen", sagte Reny leise, traurig, zu sich selbst. Immer schon war sie eine Art Außenseiterin gewesen. Seit sie denken konnte. Vor Hogwarts hatte sie langsam begonnen, sich damit abzufinden. Doch als sie begonnen hatte hier zu studieren, hatte sie Martha und Anna kennen gelernt. Immer hatte Reny das Gefühl gehabt, sie würden ihr Verlangen nach Wissen und besonders ihren Drang zur Ernsthaftigkeit, Ordentlichkeit, billigen. So wie Reny eben ihr unreifes Gekicher über Jungen oder ihren Hang, sich daneben zu benehmen, billigte. Doch heute war sie erwacht. Das hätte schon viel früher geschehen sollen. War es nicht so, dass Martha und Anna sie mehr als einmal vor Sirius und seinen kindischen Freunden bloßgestellt hatten? An einem großen Baum am Rande des verbotenen Waldes ließ sie sich nieder, schlang die Arme um ihre Beine und blickte in den Himmel hinauf. Sie war nun allein.

„Und wir wissen ja gar nicht mehr, warum wir uns überhaupt mit ihr angefreundet haben." Marthas Worte halten immer noch in ihrem Kopf wieder. Sie klangen nun von weit her.

+O+

In der Heulenden Hütte…

„Remus. Moony, alter Freund. Siehst heute aber wirklich bezaubernd aus."
„Knur!"
„Tatze komm, bitte lass das! Das ist nicht witzig."
„Krone, Wurmschwanz, bleibt locker Mann."
„Knur!"

Sirius zog unter den strengen Blicken seiner Freunde den Zauberstab, konzentrierte sich so gut er konnte und verwandelte sich schließlich. Die anderen taten es ihm gleich.

(Er mochte es nicht, wenn ihm überall Haare zu sprießen begannen und er anfing nach Flöhen zu stinken, aber den Schwanz, den fand Sirius recht wuschlig, angenehm an seinem Körper.)

„Wau, wau!" Fröhlich wedelte nun ein schwarzer Hund mit dem Schwanz, während er abwechselnd vom Hirsch zu Wolf und Ratte sprang.
„Dann lasst uns gehen."
„Wohin denn gehen? Es ist nachts verdammt gefährlich da draußen." Ängstlich flitzte die Ratte von einem abgenagten Möbelstück zum nächsten.
„Ich schlage auf jeden Fall den verbotenen Wald vor."
Der Hund bellte vergnügt, dem Werwolf war allerdings nicht so wohl dabei.
„Lasst es uns doch so machen, wie bei unseren letzten Treffen: Hier ist es doch auch ganz nett."

Remus wollte sich und die anderen nicht in Gefahr bringen.

„Wir passen auf dich auf Moony. Das haben wir doch schon gesagt. Und jetzt komm."
„Aber irgendwann werdet ihr mich sicher aus den Augen verlieren."

„Ein Risiko ist überall. Wir werden dich eng in die Mitte nehmen, dann kann dir nichts passieren", bellte der Hund.

„Ok, überredet."

Remus wollte seinem besten Freund nicht den Spaß verderben.

Und schon gar nicht an so einen wundervollen Abend. Es war Vollmond, nicht? Ein kalter Schauer lief Remus über den Rücken.
Vereint lieferten die vier ein seltenes Bild.

Diese Tiere bekam man zusammen nur in den tiefsten Träumen zu Gesicht. Es wirkte recht harmonisch und vertraut, wie sie auf Pfoten und Hufen durch das Gras schlichen. Das Kleinste voran, gingen sie zielstrebig über jeden Stein, immer eine ungefähre Richtung vor Augen.
Ratte, Hund, Hirsch und Werwolf auf den Ländereien.
Die Gefühle in Remus Brust fuhren Achterbahn, sein Puls war sehr hoch.

Er atmete tief und bewegte sich sehr schnell. Freudige Erregung erfühlte ihn.

Zur Linken und zu seiner Rechten waren James und Sirius. Sie schienen zu spüren, dass es ihm gefiel, denn auch sie wurden mit einem Mal schneller und ließen ihn sogar aus ihrer Mitte weichen. Er lief schließlich ganz vorne neben der Ratte her, hatte einen großen dunklen Wald vor Augen. Seine Pfoten machten mehr Tempo. Er wurde immer schneller und schneller.

„Remus, Moony!"

Er ignorierte die Rufe der Anderen bis die Geräusche seiner Freunde neben ihm leiser wurden, ihre Stimmen verhallten.
Schließlich hielt er kurz inne, um sich nach ihnen umzusehen.

Alles um ihn herum war schwarze, schlafende Natur. Sein Verstand sagte ihm, dass er umkehren sollte, doch etwas anderes in ihm sagte, dass es doch noch nicht Zeit war.

Diese andere Stimme unterdrückte binnen weniger Sekunden seinen Verstand und ließ den gefährlichen Jagtrieb eines Werwolfs in ihm auflodern. Er brauchte Blut.

Er brauchte Fleisch.

Da sah er auch schon etwas weißes, kleines.
Ein Kaninchen, direkt vor ihm.

Es hoppelte langsam und müde, etwa zehn Meter von ihm entfernt.

Als Werwolf besaß er eine sehr feine Nase und konnte schon das rohe Fleisch zwischen seinen Zähnen schmecken. Rasch folgte er dem Kaninchen. Dieses schien ihn sofort bemerkt zu haben, denn es hoppelte noch schneller.
„Gleich hab ich dich", rief er freudig erregt.
Er folgte dem verschreckten Tier bis hin zu einer Lichtung, wo er es schließlich zu fassen bekam.

Ein schneller und harter Biss und er hatte es entzwei gespalten. Es war tot.
Endlich kam Remus zur Ruhe. Erschöpft ließ er sich schließlich unter einer Baumkrone nieder, um seine Beute zu fressen. Er bemerkte nicht, dass ihn dabei jemanden fasziniert beobachtet.

+O+

Reny Smith konnte ihren Augen nicht trauen.

War dies wirklich ein Werwolf? Groß und haarig, wie in einem Buch, dass sie erst neulich gelesen hatte. Aber hier in Hogwarts, auf dem Gelände? Konnte das möglich sein? Sie war nur wenige Meter vom Wolf entfernt.

Er schien sie nicht zu bemerken. Zu sehr war er damit beschäftigt, ein dickes Stück Fleisch von dem, was eben noch ein Kaninchen gewesen war, zu zerfleischen.
Werwölfe sind immer besonders hungrig, wusste Reny.

Sie lieben Fleisch. Menschenfleisch ganz besonders.

Sie kam vorsichtig näher. Meine Güte war das aufregend!

Besser, als alle praktischen Stunden Verteidigung gegen die dunklen Künste zusammen. Einem Werwolf zu begegnen, das passierte einem nicht alle Tage. Schade, dass sie keine Kamera dabei hatte.
„Ein recht interessantes Tier bist du", flüsterte sie dem Tier zu und zog gleichzeitig lächelnd den Zauberstab.

Kaum hatte sie das letzte Wort gesprochen, wandte sich das Tier zu ihr um. Seine hungrigen, glühenden Augen fixierten Reny. „Ich werde es mit dir aufnehmen."
Der Werwolf machte sich zum Sprung bereit.
Sie hob den Zauberstab.
Der Werwolf machte einen Satz nach vorne und schlug sie zu Boden.
Der Zauberstab viel aus ihrer Hand und einen Moment lang glaubte sie, dass sie verloren war. Scheiße.
Doch dann wandte der Werwolf sich um und ließ von ihr ab, rannte von ihr weg.
Überrascht blickte Reny sich um, blickte in die glühenden Augen eines großen, schwarzen Hundes. Irgendwas an ihm kam ihr bekannt vor.
Dann wurde es schwarz.


So ich hoffe es hat euch gefallen. Wie es wohl weiter gehen wird. Nun ja..

Ich denke, dass alle Tiere in gewisser Weise dieselbe Sprache sprechen, besonders Animagi.