Hearts
01
Die
sommerliche Abendsonne verschwand nur langsam hinter den Klippen des
Donegal Bay. Es wehte eine leichte Briese die vom Meer kam. Den
ganzen Tag war es warm gewesen und erst jetzt, am Abend, konnte man
es Draußen aushalten.
„Kevin, kannst du mir jetzt bitte
mal erklären warum wir nicht mit den Anderen auf unser Studium
anstoßen können?" Lilly saß neben ihrem Freund und
sah sich genervt um.
Sie liebte diese Gegend. Unzählige Male
war sie als Kind mit ihren Eltern und ihrem großen Bruder hier
raus gefahren um ein Picknick zu machen, aber heute wollte sie mit
Kevin und den Anderen ausgelassen feiern.
„Wir sind doch gleich
da, Schatz! Nur noch ein paar Minuten", erklärte Kevin nun
wieder.
Lilly kam das alles sehr geheimnisvoll vor. Sie wollte
jetzt endlich wissen was hier vor sich ging.
„Kevin ich will es
aber jetzt wissen!", sagte sie mit Nachdruck.
„Da sind wir",
sagte Kevin, als er den Wagen in einer kleinen Straße, die
runter zum Strand führte, parkte. Er stieg aus und öffnete
Lilly die Beifahrertür.
„Darf ich bitte?", meinte er und
streckte ihr grinsend seine Hand entgegen. Lilly ergriff seine Hand
und stieg aus dem Auto.
„Augen zu!", sagte er. Lilly schloss
die Augen und fühlte ein kaltes Seidentuch auf ihren
geschlossenen Liedern. Kevin nahm ihre Hände und führte sie
hinunter zum Strand.
„Vorsicht, noch eine Stufe und dann
sind wir da!"
Langsam führte Kevin sie die letzten Meter
zum Stand. Er trat hinter Lilly und löste den Knoten des
Seidentuches. Lilly öffnete die Augen und blickte aufs Meer und
die untergehende Sonne.
„Das ist wunderschön!", meinte
Lilly, nachdem sie den Ausblick auf sich wirken hatte lassen.
Kevin,
der immer noch hinter ihr stand, stellte den Picknickkorb, den er
mitgenommen hatte, neben sich und legte seine Arme um Lillys
Taille.
„Ich liebe dich", hauchte Lilly und lehnte ihren Kopf
an Kevins Brust.
„Ich dich auch", antwortete er und löste
sich von ihr.
„Ich liebe dich sogar so sehr, dass ich dich
unbedingt etwas fragen will", erklärte er, nahm ein schwarzes
Samtkästchen aus seiner Hosentasche und ging vor Lilly auf die
Knie.
„Ich kann mir nichts schöneres vorstellen als den
Res meines Lebens mit dir zu verbringen! Willst du meine Frau
werden?"
Lilly öffnete das Kästchen und in ihm befand
sich ein goldener Ring mit drei kleine Diamanten besetzt. Ihr
schossen sofort vor Freude und Rührung die Tränen in die
Augen.
„Ja ich will!", schluchzte sie, ging wie er, neben ihm
auf die Knie und küsste ihn.
„Du machst mich zum
glücklichsten Mann der Welt!", erklärte Kevin während
er ihr den Ring ansteckte.
„Misses Lilly McNight",
murmelte Lilly vor sich hin.
Kevin hatte die Picknickdecke
ausgebreitete, ihnen Champagner eingeschenkt und nun saßen sie
beide auf der Decke, Lilly an Kevin gekuschelt, und genossen den
Sonnenuntergang.
„Also ich finde dein Vorname und mein Nachname
ergänzen sich prima", meinte Kevin.
„Ja da könntest
du Recht haben! Am besten ist wenn ich so schnell wie möglich
deinen Nachnamen trage!"
„Ich dachte, du wolltest immer eine
lange Verlobungszeit!", fragte er verdutzt.
„Ach ja, wollte
ich das immer? Na dann hab ich meine Meinung eben geändert! Ich
will so schnell wie möglich deine Frau werden!", antwortete
Lilly überzeugt. „Aber natürlich nur, wenn du auch
willst!", fügte sie schnell hinzu, nachdem sie von Kevin keine
Reaktion vernahm.
„Aber natürlich will ich! Ich kann mir
nichts schöneres vorstellen, als dich so schnell wie möglich
zu heiraten, mein Schatz!", sagte Kevin und küsste ihren
Hals.
„Morgen kommen unsere Eltern und Alex und dann können
wir es ihnen sagen, okay?"
„Alles was du willst mein Schatz!
Allerdings...", Kevin klang nachdenklich.
„Allerdings was?
Unsere Eltern warten doch schon seit Jahren darauf das wir endlich
den letzten Schritt machen, immerhin waren wir doch schon immer
füreinander bestimmt!"
„Und Alex?"
„Mein großer
Bruder Alex, ist froh das seine liebe kleine Schwester so einen
tollen Kerl wie dich bekommen hat und nicht irgendeinen
dahergelaufenen Idioten!"
„Wahrscheinlich haben sie Recht,
Misses McNight!", grinste er.
02
„Was ist los
mit dir, Kian? Los komm, wir gehen die Clubs von London mal wieder
unsicher machen!" Shane stand vor seinem Freund.
Dieser lag
schon, seitdem er, Shane und die anderen beiden Jungs, Mittags aus
dem Studio zurück gekommen waren, auf der Couch seiner
Hotelsuite.
„Ich will nicht! Mir geht es einfach nicht gut!",
murmelte Kian.
„Was ist denn los mit dir? Du bist den ganzen Tag
schon so schlecht drauf! Heute morgen hast du schon beim Aufwärmen
schlapp gemacht und deine Strophe hast du auch fünf mal
einsingen müssen!"
„Shane, es ist halt nicht jeder, immer
so perfekt wie du! Dir passiert es ja nie das du mal nen schlechten
Tag hast!", fauchte Kian.
„Ist ja schon gut! Falls was ist,
mein Handy ist an!" Kian konnte nur noch hören das Shane die
Zimmertür hinter sich zu schmiss.
Kian drehte sich auf die
Seite und dachte nach. Er hatte heute morgen wirklich schon nach zehn
Minuten schlapp gemacht und das singen hatte auch nicht so geklappt
wie bei den Anderen. Jeder der vier Jungs hatte schon öfter als
einmal einen schlechten Tag gehabt, doch sonst versagte die Stimme,
weil sie am Abend zu viel getrunken und gegrölt hatten, oder
weil sie sich eine leichte Grippe eingefangen hatten, aber Kian hatte
keine Luft mehr bekommen. Wahrscheinlich hatte er doch nur einen
schlechten Tag gehabt.
Kian lief durch das Haus seiner Eltern.
Es waren weit über 40 Leute da und alle trugen schwarz. „Mum,
was ist hier los?", fragte er. Doch Patricia schien ihn überhaupt
nicht zu hörte, stattdessen kam Mae Filan auf sie zu und nahm
sie in den Arm. Patricia traten die Tränen in die Augen. „Pat,
es tut mir so unendlich leid für dich und Kevin! Kian war so ein
wunderbarer Junge." Auch Mae tratenTränen in die Augen.
„Mae,
ich bin doch hier!", sagte Kian doch diese hörte ihn scheinbar
auch nicht, denn sie reagierte nicht auf ihren Namen.
„KIAN!",
hörte Kian seinen kleinen Bruder Colm schreien hören. Er
schnellte herum und ging auf den 11-Jähriegn zu. „Ja Colm hier
bin ich!" Doch auch Colm hörte ihn nicht.
„Schhhhh, ist
ja schon gut Colm!", versuchte Gillian ihren kleinen Cousin zu
beruhigen.
„Wo ist Kian?", fragte dieser und versuchte sich
aus Gillians Umarmung zu lösen.
„Colm, Kian ist von uns
gegangen!", erklärte sie. Ihr liefen die Tränen schon
wieder die Wangen hinunter. Shane trat zu den Beiden und legte
Gillian kurz tröstend die Hand auf die Schulter, ehe er sich auf
die naheliegende Couch setzte und Colm auf seinen Schoß nahm.
„Shane, wo ist Kian?", fragte dieser wie schon seit Tagen
immer wieder.
„Kian ist von uns gegangen, Colm! Sein Herz war
nicht mehr in Ordnung, dort wo er jetzt ist, geht es ihm besser!"
Auch Shane konnte nicht wirklich tränenfrei darüber
reden.
„NEIN! Kian würde nie ohne mich gehen!", schrie
Colm und rannte raus.
„Neeeeeiiiiiiiiiiiinnnnnnnn!",
schrie Kian und schreckte hoch.
„Kian ganz ruhig! Du hast nur
geträumt! Es ist alles in Ordnung!" Shane stand neben der
Couch auf der Kian schon am frühen Abend gelegen hatte und
versuchte seinen Freund zu beruhigen.
„Wo bin ich? Und was
machst du hier?", fragte er Shane.
„Du bist in deiner
Hotelsuite in London und ich bin hier, weil ich gerade mit den
Anderen aus einem Club gekommen bin und im vorbeilaufen deines
Zimmers, deinen Schrei gehört habe", erklärte Shane.
Er
erzählte Shane von dem Traum.
„Das war nur ein Alptraum
Kian! Du lebst und wenn es dich so verfolgt, dann gehst du nächste
Woche in Sligo zu deinem Hausarzt und lässt dich durchchecken,
okay?"
Kian nickte. Shane hatte Recht, an dem Traum war rein gar
nicht dran.
03
„Sagt mal, wo ist eigentlich
Kian?", fragte Mark.
Die drei Jungs saßen im
Hotelrestaurante und verspeisten ihr Frühstück,
mittlerweile war es zehn Uhr und Kian war immer noch nicht
aufgetaucht.
„Dem ging es gestern Abend nicht so gut,
wahrscheinlich schläft er noch!", erklärte Shane.
„Er
wird sich ja wohl keine Grippe eingefangen haben? Erst macht er
gestern beim aufwärmen schlapp, dann kriegt er seine Part nicht
gesunden und nun kommt er nicht aus den Federn", stellte Nicky
fest.
„Ach quatsch, Kian geht es ausgezeichnet! Er hat einfach
nur schlecht geschlafen, das ist alles!", sagte Shane mit Nachdruck
und beendete damit die Diskussion über Kians Gesundheitszustand.
Von dem Traum, den Kian ihm in der letzten Nacht erzählt hatte,
verlor er kein Wort.
Kian schlug die Augen auf und
machte sie im nächsten Moment wieder zu. Sein Kopf brummte
fürchterlich. Er hatte die letzte Nacht nicht geschlafen und war
erst in den frühen Morgenstunden eingeschlafen. Dieser Alptraum
verfolgte ihn doch mehr, als er zu erst angenommen hatte.
Kian
schob die Decke von sich, setzte sich im Bett auf und schüttelte
leicht seinen Kopf, als würden so die Gedanken aus dem Kopf
verschwinden. Stattdessen begann es in seinem Kopf nur noch mehr zu
pochen.
Er stieg aus seinen Kleidern, schlich ins Bad und stellte
sich unter die heiße Dusche.
Wie sagt Mum immer, nach einer
heißen Dusche sieht die Welt schon ganz anders aus, dachte
er.
04
Lilly hatte sich gerade mit ihrer ersten
Tasse Kaffe auf den kleinen Balkon gesetzt, als es an der Tür
schellte. Kevin konnte es noch nicht sein, er war gerade erst
aufgebrochen um beim Bäcker um die Ecke Brötchen zu holen.
Wahrscheinlich war es die alte Misses Adams von nebenan, die sie mal
wieder um einen Gefallen bitten wollte oder die neue Familie, von
oben drüber, die sich was ausleihen wollten.
Nochmaliges
läuten, lies Lilly aus ihren Gedanken wieder in die Gegenwart
zurück kommen.
„Ja bitte?", meinte sie in die
Gegensprechanlage.
„Wir sind's!", hörte sie eine ihre
Freundinnen kichern.
Wiederwillig drückte Lilly den Knopf zum
öffnen der Tür. Was zum Teufel wollten die an einem
Samstagmorgen schon bei ihr?
„Na du?", meinte Sophie zur
Begrüßung und betrat die Wohnung.
„Na ihr?",
antwortete Lilly, als auch ihre anderen beiden Freundinnen die
Wohnung betreten hatten und sie die Tür schloss.
„Und wie
war es gestern Abend?", fragte Laura und setzte sich wie die
anderen Beiden an den Küchentisch.
„Warum fragt ihr
eigentlich, ihr wisst es doch so wieso schon!" Lilly wusste genau,
dass Kevin sein Vorhaben mit seinen besten Freunden besprochen hatte
und diese waren zufällig die Partner von Lillys besten
Freundinnen. Einer der Jungs hatte sich am gestrigen Abend bestimmt
verquatscht.
„Was wissen wir, Lilly?", harkte Yvonne nach.
„Na
das vielleicht!" Lilly streckte ihnen ihre linke Hand
entgegen.
Die drei Freundinnen blickten wie gebannt auf den
Verlobungsring.
„Er hat dich also wirklich gefragt!" Sophie
wandte ihren Blick von dem Ring zu Lilly.
„Ja und ich habe auch
noch „Ja" gesagt!"
„Das hätten wir jetzt alle nicht
gedacht!", grinste Laura.
„Ich weis, es ist die Überraschung
des Tages!"
„Und wo steckt dein Zukünftiger?", fragte
Yvonne und blickte sich suchend um.
„Beim Bäcker!",
antwortete Lilly und stellte drei Tassen, gefüllt mit Kaffe, vor
die Frauen auf den Tisch.
„Na dann gehen wir doch besser mal
wieder!", erklärte Sophie und stand von dem Stuhl auf, auf den
sie sich erst Minuten zuvor nieder gelassen hatte.
„Ihr wollt
mir jetzt allen Ernstes erzählen das ihr nur wegen dem Ring
gekommen seit!"
„Ja!" Alle Drei nickten.
„Ciao Lilly,
wir telefonieren!" Alle drei verabschiedeten sich von Lilly und
verschwand Richtung Tür. Dort stießen sie noch mit Kevin
zusammen, der gerade durch die Tür kam.
Sie Begrüßten
ihn schnell und verschwanden wie geplant wieder.
„Was war das
denn?", fragte Kevin.
„WEIBER!", erklärte Lilly kurz
und küsste ihn.
Kian kam zwanzig Minuten später
in der Restaurante und blickte sich suchend nach den anderen Jungs
um
„Kian! Wir sind hier." Nicky deutete auf den freien Platz
an dem kleinen Tisch.
„Morgen!", murmelte Kian und setzte sich
an den Tisch.
„Na wieder Fit?", fragte Mark.
„Klar! Warum
sollte ich auch nicht Fit sein?", fauchte Kian.
„Ist ja gut!"
Mark hob abwährend die Hände.
„Heute noch diesen
Auftritt und dann kommen wir endlich wieder nach Hause. Das schaffen
wir heute noch!", meinte Nicky beiläufig.
„Warum hab ich
da Gefühl das ihr mir alle das heute nicht Zutraut? Nur weil ich
gestern mal nen schlechten Tag hatte?" Kian kam richtig in Rage.
„Das hast du jetzt vollkommen falsch verstanden! Klar trauen
wir dir das zu! Ist doch nun nen Auftritt!"
„Eben Nicky, nur
ein Auftritt! Von denen ich schon Hunderte hinter mir habe!"
„Jetzt
beruhig dich erst mal wieder Kian. Keiner von uns traut dir irgendwas
nicht zu nur weil du gestern nicht ganz so gut drauf warst wie
sonst!" Shane versuchte seinen Freund wieder ein bisschen zu
beruhigen.
„Ihr reitet doch praktisch drauf rum!"
„Nein
Kian, du reitest darauf rum und machst uns dafür von der Seite
an!", sagte Mark.
„Aber..." Kian wollte schon wieder
ansetzten doch Nicky unterbrach ihn.
„Mark hat recht! Keiner hat
dir nen Vorwurf gemacht, aber du läst deine Laune an uns
aus!"
Alle drei sahen sie Kian an, dieser saß jetzt nur
noch wie ein Häufchen Elend am Tisch.
„Ihr habt Recht, es
tut mir leid!", sagte Kian, stand auf und verließ das
Restaurante wieder.
„Was hat der denn?", fragte Mark und
blickte immer noch zur Tür durch die Kian gerade verschwunden
war.
„Ich hab keine Ahnung!", meinte Shane. Er begann sich
langsam Sorgen um Kian zu machen.
Kian, der selten an einem Streit
zwischen ihnen Vieren beteiligt war, ganz im Gegenteil, meist noch
versuchte zwischen ihnen zu schlichten, machte seine Freunde grundlos
von der Seite an.05
Lillys Eltern saßen wie
jeden Samstagmorgen um halb elf noch am Küchentisch und
besprachen die Termine für die nächste Woche, als das
Telefon schellte. Lillys Vater ging ran und schien überrascht,
das seine Tochter anrief.
„Sag mal Liebling, weist du was unsere
Tochter von uns will?", fragte Colin Richards seine Frau, nachdem
er das Telefonat mit seiner Tochter beendet hatte.
„Wie soll ich
wissen was sie will? Ich weis ja noch nicht mal warum Lilly angerufen
hat!", antwortete Ruth Richards.
„Sie hat uns heute Abend zu
sich und Kevin zum Essen eingeladen. Die Beiden wollen uns was
sagen!"
„Ich weis nichts, aber ich könnte es mir
denken!", meinte Ruth und schüttete ihrem Mann noch eine Tasse
Kaffe ein.
„Ach ja? Was denn?"
Ruth grinste, ihr Mann
schien wirklich noch nicht mal zu ahnen was die Kinder am Abend
verkünden wollten.
„Das willst du gar nicht wissen! Warte
bis heute Abend und lass dir von Lilly und Kevin reinen Wein
einschenken."
„Ruth, das kannst du mir jetzt nicht antun! Ich
soll wirklich den ganzen Tag, bis heute Abend, warten?" Colin legte
seinen schönsten Hundeblick auf.
„Worauf musst du bis
heute Abend warten, Dad?"
Ruth und Colin drehten ihre Köpfe
beide zur Hintertür und dort stand ihr Sohn.
Der 1.91m große,
dunkelhaarige junge Mann ging auf Ruth zu und küsste ihre
Wange.
„Hallo Mum!"
„Alex mein Junge! Was machst du denn
hier?", fragte Ruth.
„Hallo Dad. – Ich bin hier vorbei
gekommen und da dachte ich schaust du doch einfach mal rein!",
antwortete Alexander.
„Schön. Wie geht es Jessica?",
fragte sein Vater.
Alex setzte sich an den Tisch, wären seine
Mutter ihm eine Tasse holte und ihm Kaffe eingoss.
„Ihr geht es
gut! Die morgendliche Übelkeit macht ihr ein bisschen zu
schaffen, aber der Arzt sagt es würde sich bald geben."
Alexander strahlte wie immer wenn er von seiner Frau und seinem
ungeborenen Kind sprach.
„Also ich mit dir schwanger war, hatte
ich dies verfluchte Übelkeit auch noch, aber bei Lilly hatte ich
noch nicht mal den Anflug von Übelkeit, nicht wahr Schatz?"
Ruth blickte ihren Mann lächelnd an. Dieser nickte nur.
Noch
heute, fast 24 Jahre später, konnte er sich zu gut an die
doppelt so starken Stimmungsschwankungen bei der zweiten
Schwangerschaft erinnern.
„Ja, bei dem zweiten Kind legt sich
das alles!", bestätigte Colin.
„Ihr wollt doch noch mehr
Kinder, oder?", harkte Ruth nach.
„Erst mal bringen wir jetzt
das hinter uns und dann sehen wir weiter!", erklärte
Alexander.
Colin grinste. Genau das hatte er auch damals
gesagt.
„Seit ihr heute Abend auch bei Lilly und Kevin
eingeladen?", fragte Ruth.
„Ja, ich hab zwar nicht aus ihr
herausbekommen worum es geht, aber es hörte sich sehr
geheimnisvoll an!", meinte Alexander.
„Ist doch mal wieder
klar, die Frauen der Familie wissen bescheid und die Männer
tappen im dunkeln!"
„Wieso wissen die Frauen bescheid?"
„Na
frag mal deine Mutter, die weis worum es heute Abend geht!"
„Ich
AHNE!", berichtigte Ruth ihren Mann.
„Nun sag es uns schon,
Mum! Bitte!", flehte Alexander.
Ruth schüttelte nur den
Kopf.
06
Shane, Nicky und Mark saßen, jeder
mit sich selbst beschäftigt, in den gemütlich Sesseln in
der Hotellobby und warteten auf Dave, der sie zum Auftritt bringen
sollte.
„So Jungs, von mir aus können wir!"
„Da bist
du ja Dave, wir warten schon!", meinte Mark.
„Ich weis. Wo ist
Kian?" Dave blickte in drei fragende Gesichter.
„Der sitzt
doch..." Shane drehte sich zu dem Sessel um, im den Kian sich
gesetzt hatte, doch dieser war leer.
„Och ne, das glaub ich
jetzt nicht! Erst komm ich zu spät und dann ist Kian
verschwunden!", maulte Dave.
„Komm wir gehen ihn suchen!"
Shane stand auf und verschwand Richtung Treppe.
„Ihr bleibt
hier! Ich hab keine Lust euch auch noch suchen zu müssen!",
sagte Dave zu den anderen Beiden und lief in die andere Richtung, zum
Hotelgarten.
„Sag mal irgendwas schellt doch hier!" Mark
schaute sich suchend um.
„Shane hat natürlich sein Handy
liegen lassen!" Nicky entdeckte das Handy in dem Sessel in dem
Shane eben noch gesessen hatte.
Nicky las das Gil ruft an auf dem
Display und ging kurzentschlossen ran.
„Hey Gil!"
„Nico,
was machst du denn an Shanes Handy?"
„Er hat es liegen
lassen!"
„Alter Schussel. – Wo ist er denn?"
„Er
sucht mit Dave K...", Nicky brach an. Warum sollte er Gillian
beunruhigen? War es überhaupt beunruhigt? Kian war ein
erwachsener Mann und konnte hin gehen wo er wollte und wann er
wollte. Aber irgendwie verhielt er sich seit gestern
komisch.
„Nichy... hallo bist du noch dran? Wen suchen die
beiden denn jetzt? Kian?"
„Ja, Dave wollte uns abholen und auf
einmal war Kian verschwunden!"
„Mein Gott, er ist ein
erwachsener Mann, wahrscheinlich finden die beiden ihn auf der
nächsten Herrentoilette wieder!"
„Wahrscheinlich hast du
Recht!... Aber so wie er zur Zeit drauf ist!" Den zweiten Teil des
Satzes murmelte Nicky nur vor sich hin, eigentlich gar nicht für
Gillians Ohren bestimmt.
„Wie ist er denn drauf?"
„Ach,
er hatte einfach nur nen schlechten Tag!"
„Und deswegen macht
ihr so ne Welle? Komm schon Nico, da steckt doch mehr hinter!"
„Ach
quatsch, ihm ging es gestern einfach nicht gut!" Nicky sah Shane
und Dave mit Kian im Schlepptau auf sich zu kommen.
„Ich muss
jetzt aber auch Schluss machen! Knuddel Nicole von mir!", sagte
Nick und legte auf.
„Da bist du ja!" Nicky und Mark
gingen auf die Drei zu.
„Ich weis auch gar nicht warum ich so
einen Wirbel mach, ich war doch nur auf der Toilette!", moserte
Kian.
„Na dann können wir ja jetzt!", meinte Dave.
„Sag
mal Nico, was machst du eigentlich mit meinem Handy?" Nicky guckte
auf das Handy das er immer noch in der Hand hielt.
„Du Schussel
hast es doch mal wieder liegen lassen!" Nicky drückte seinem
Freund das Handy in die Hand.
„Deine Frau hat übrigens
wären deine Abwesenheit angerufen!"
„Und wie geht es ihr
und Nicole?"
„Dazu sind wir gar nicht kommen! Wir haben nur
kurz Small Talk gehalten, ehe ihr wieder kamt!"
Die Fünf
bewegten sich auf den Ausgang zu.
07
„Wenn du
fertig bist, kannst du dann bitte noch mal den Salat
abschmecken?"
Kevin lief nun schon zum 30 mal ins Wohnzimmer und
kontrollierte den gedeckten Tisch.
„Klar, was gibt's denn
leckeres?"
„Kevin, das hatten wir doch heute schon fünf
mal, grünen Salat zu der Lasagne!"
Lilly befreite sich von
ihrer Schürze die sie über ihre rote Bluse gezogen hatte.
Nun standen sie also, Lilly in ihrer Bluse und einem Jeansrock,
Kevin in einer Jeans und einem weißen Hemd, in ihrer Küche
und wartete auf ihre Eltern, Lillys Bruder und ihre Schwägerin.
„Da
sind sie ja endlich!", meinte Kevin, als es pünktlich um 19
Uhr an der Tür klingelte.
Die Beiden atmeten noch einmal tief
durch ehe sie öffneten.
„Hallo Liebes!" Lillys Eltern
umarmten sie.
„Kommt erst mal alle rein, dann können wir
uns immer noch begrüßen!" Kevin führte alle in das
geräumige Wohnzimmer.
„Hallo Schwesterherz!" Alexander
nahm seine Schwester in den Arm.
„Na Alex! – Hallo Jess, und
wie geht's meiner Nichte oder doch meinem Neffen?" Lilly umarmte
ihre Schwägerin.
„Erst mal danke für die Einladung! –
Deinem Neffen geht es sehr gut!"
„Es wird als ein männlicher
Richards!" Lilly lachte.
Nachdem sie auch Kevins Eltern, Miranda
und James, begrüßt hatte, setzten sich alle um den großen
Tisch.
„So nun erzählt mal, warum sind wir hier?",
fragte James.
„Dad, eigentlich wollten wir erst essen und dann
den Grund eure Kommens bekannt geben!"
„Mein Gott Kevin, mach
es doch nicht so spannend! Wir wissen doch eh schon alle was los
ist!", erklärte Miranda.
„Ach ja? Ich nicht!", kam es
wie aus einem Munde von Alexander, James und Colin.
Die Frauen
lachten und auch Kevin konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen.
„Na
toll, wir drei Kerle stehen mal wieder im Regen!"
„Ach Alex,
sag bloß du bist wirklich noch nicht dahinter gestiegen?"
Jessica nahm es ihrem Ehemann noch nicht ganz ab, das er nicht wusste
worum es ging.
„Kann uns jetzt mal einer Aufklären?",
fragte Colin.
„Also gut! Lilly und ich...", begann
Kevin.
„...wir werden heiraten!", beendete Lilly den Satz.
Den
drei Männern fielen die Kinnlagen runter.
„Das ist
wunderbar! Herzlichen Glückwunsch!" Ruth gratulierte den
Beiden und auch Miranda und Jessica beglückwünschten
sie.
„Gut gemacht mein Junge! Eine bessere Frau hättest du
nicht finden könne!" James klopfte seinem Sohn stolz auf die
Schulter.
„Willkommen in der Familie, Lilly!" Seine zukünftige
Schwiegertochter umarmte er.
„Ja, von mir auch alles gut! Und
pass gut auf meine Tochter auf!" Colin hob drohend den
Zeigefinger.
„Darauf kannst du dich verlassen, Colin!"
„Meine
kleine Schwester heiratet?" Alexander stand da, wie ein begossener
Pudel und wusste nicht recht was er sagen sollte.
„Oh Alex!"
Lilly fiel ihrem Bruder um den Hals.
„Alles gut meine Süße!",
flüsterte er ihr ins Ohr.
„Und wenn du ihr weh tust, dann
brauchst du dich erst gar nicht scheiden lassen, weil ich dich eh
umbringe!" Er blickte erst drohen und dann freundlich zu Kevin und
schüttelte ihm die Hand.
„Auf das zukünftige
Ehepaar!" Alle stießen auf Lilly und Kevin an.
08
Die
Jungs kamen nach ihrem Auftritt in den Backstagebereich zurück.
„Da
draußen herrschte ja echt ne super Stimmung und deine schlechte
Laune scheint auch wie verflogen!" Shane lies sich neben Kian auf
einer Couch nieder.
„Mir geht's auch wieder besser,
wahrscheinlich hatte ich gestern wirklich nur nen schlechten
Tag!"
„Das haben wir doch die ganze Zeit gesagt!" Mark war
froh das Kians schlechte Laune, die er an die 24 Stunden mit sich rum
geschleppt hatte, endlich verflogen war.
„Na dann, was machen
wir heute Abend noch schönes? Feiern?" Nicky guckte zu den
anderen.
Die Anderen nickten.
„Man könnte glauben, ihr
wollt euch noch mal austoben bevor es morgen wieder an die langen
Leinen geht! Zuhause warten schließlich wieder Gil, Gina und
Kevin!" Kian grinste, er hatte niemanden der ihn an die lange Leine
legen konnte wenn er wieder Zuhause war. Nach der Beziehung mit Jodi,
die im letzten Jahr gescheitert war, hatte er keine passende Frau
gefunden. So ging er momentan allein durchs Leben.
Die Sorgen und Ängste, die Kians Gedanken in den letzten Stunden beherrscht hatten, waren von jetzt auf gleich wieder verschwunden. Genau so schnell wie sie gekommen waren. Und auch sein Vorhaben in Sligo seinen Hausarzt zu besuchen und sich komplett durchchecken zu lassen, hatte er vergessen.
3 Monate später
Lilly
wachte auf und hörte aus dem Badezimmer das prasselnde Wasser
aus der Dusche und Kevins Gesang. Wieder einmal stellte sie Lilly
fest wie schrecklich er sang.
„Guten Morgen!" Er kam, mit
einem Handtuch um die Hüften, aus dem Bad, trat aufs Bett zu und
küsste Lilly.
„Guten Morgen. Sag mal wo willst du hin?"
Lilly setzte sich im Bett auf und sah ihn fragend an.
„Ich gehe
in die Bank."
„Aber... ich dachte du machst heute frei und wir
machen uns einen schönen Tag zusammen!"
„Und ich hab dir
gesagt, dass ich heute einen Termin habe den ich unmöglich
sausen lassen kann!"
„Ja schon, aber gestern war unser
Hochzeitstag!" Lilly war enttäusch.
„Tut mir leid Schatz.
Ich versuche so schnell wie möglich wieder hier zu sein und dann
gestalten wir den restlichen Tag ganz nach deinen Wünschen.
Okay?" Er sah sie einen Moment fragend an ehe er sich dem
Kleiderschrank widmete.
„Wie du meinst! Wenn du Glück hast,
bin ich nachher Zuhausen." Mit diesen Worten verschwand Lilly im
Bad.
„Mensch Lilly..." Kevin stand vor der verriegelten
Badezimmertür.
„...es tut mir ja auch leid das ich heute in
die Bank muss, aber ich verspreche dir, ich bin spätestens in
zwei Stunden wieder hier!"
Lilly stand an die Badezimmertür
gelehnt, sie wollte auf keinen Fall das er jetzt, mitten in der
Auseinandersetzung, ging.
„Also gut, ich überleg mir in
der Zwischenzeit was wir dann nachher noch machen können!"
Lilly öffnete die Badezimmertür und trat zurück ins
Schlafzimmer.
„Ich liebe dich und ich werde so schnell wie
möglich wieder hier sein, versprochen!" Kevin nahm sie in den
Arm.
„Ich dich doch auch. Lass dir Zeit und fahr
vorsichtig!"
Die Beiden küssten sich noch, ehe Kevin aus
der Wohnung verschwand.
09
Kian parkte sein Auto vor
dem Haus seiner Eltern.
Am Morgen hatte er sich kurzerhand
entschlossen seinen Eltern, Colm und Marielle einen Besuch
abzustatten.
Wie üblich ging er durch die Hintertür ins
Haus und fand die Vier beim Mittagessen, im Esszimmer, vor.
„Kian
mein junge!" Patricia lies ihr Besteck auf den Teller fallen sprang
auf und umarmte Kian.
„Hallo." Er lies sich auf einem Stuhl
neben Colm nieder.
„Du siehst schlecht aus, Junge!" Kevin
begutachtete seinen Sohn, skeptisch, von oben bis unten.
Marielle
verdrehte die Augen. Ihre Eltern und deren Führsorge würden
sie irgendwann noch mal zur Weißglut treiben. Doch auch sie
musste, nach genaueren Betrachten, zugeben das Kian übernatürlich
blass war.
Kian saß auf dem Stuhl und träumte vor sich
hin, bis Colm ihn wieder in die Gegenwart zurück holte.
„Komm
Kian, lass uns in den Garten gehen und ein bisschen Fußball
spielen!" Colm hatte ihn schon vom Stuhl hochgezogen.
Kian
zögerte, er hatte keine Lust. Keine Lust mit Colm Fußball
zu spielen, keine Lust mit irgendjemanden zu reden, er hatte zu
nichts Lust. Der Besuch bei seinen Eltern war vielleicht doch ein
Fehler.
„Bitte! Außerdem hast du es mir
versprochen."
„Also, gut! Auf in den Garten."
Colm
rannte nach draußen auf die Wiese. Kian folgte ihm.
Die
Beiden begannen zu spielen und Kian geriet schon nach zehn Minuten
außer Atem.
Das Laufen fiel ihm immer schwerer, doch er lief
weiter.
Sekunden später spürte er einen stechenden
Schmerz in der linken Brust, ehe ihm schwarz vor Augen wurde und er
zu Boden ging.
„KIAN! Was hast du denn?" Colm rannte zu seinem
großen Bruder, doch dieser reagierte gar nicht.
„Kian hör
auf, das ist nicht witzig!" Colm traten Tränen in die Augen.
Er rüttelte an Kians Schulter. Kian Reaktion.
„MUM, DAD!
HILFE!" Colm schrie aus Leibeskräften.
Patricia und
Kevin standen in der Küche, als sie Colm im Garten schreien
hörten.
Beide stürzten aus der Küche in den
Garten.
Das Bild was sich ihnen bot war erschreckend.
Ihre
beiden Söhnen am Boden. Kian lag regungslos da und Colm rüttelte
an Kians Schulter, als würde er dadurch sein Bewusstsein wieder
erlangen.
„Kian!" Patricia sank, wie Colm, auf die
Knie.
„Marielle, ruf einen Krankenwagen! Schnell!" Kevin
betete inständig das Marielle einmal etwas tun würde ohne
zu hinterfragen.
Marielle, die im Obergeschoss in ihrem
Zimmer saß, hörte ihren Vater durch das geöffnete
Fenster schreien.
Sie stand von ihrem Schreibtisch auf, ging zum
Fenster und blickte hinunter in der Garten.
„Oh mein Gott!"
Marielle griff mechanisch nach dem Telefon und wählte den
Notruf.
Sie gab alle nötigen Informationen an. Nachdem der
Mann am Ende der Leitung aufgelegt hatte, lies sie das Telefon sinken
und blickte raus in den Garten.
„Colm, was ist hier
passiert?"
Colm der immer unruhiger wurde, guckte seinen Vater
mit verheulten Augen an.
„Wir haben gespielt... Kian er... er
hat sich einfach fallen lassen... ich hab ihn noch ausgelacht, weil
ich dacht er würde schauspielern... Daddy, ich will nicht das er
stirbt!" Colm brach endgültig in Tränen aus.
Kevin
nahm ihn in den Arm. „Ich auch nicht!"10
Kevin kam
um die Mittagszeit endlich aus der Bank.
Der Termin hatte
letztlich doch länger gedauert, als er gedacht hatte. Kevin
wollte jetzt nur schnell nach Hause zu Lilly.
Er fuhr auf die
Autobahn und beschleunigte.
Mit 190 Stundenkilometer verlor er die
Kontrolle über den Wagen, raste in die Leitplanken und
überschlug sich zwei mal.
Misses Meagram sah wie das
Auto, was Sekunden vorher noch vor ihr gefahren war, sich überschlug.
Ihr blieb kurz die Luft weg.
Sie hielt auf dem Seitenstreifen,
nahm ihr Handy und stieg aus.
Schon von weitem konnte sie den
jungen Mann sehen, dessen Kopf, blutüberströmt, gegen den
Airback lehnte.
Sie rief den Notruf und stand danach regungslos
ein paar Meter neben dem Auto.
Lilly saß auf der
Couch, in der einen Hand ein Buch in der Anderen eine Tasse Tee.
Der
Blick auf die Uhr verriet ihr, das es inzwischen halb vier
nachmittags war.
Sie wurde langsam sauer. Hatte Kevin nicht
gesagt, er würde sich beeilen?
Lilly nahm das Telefon und
wählte die Nummer von seinem Büro.
„Allied-Irish-Bank,
was kann ich für sie tun?"
„McNight, ich hätte gerne
meinen Mann gesprochen."
„Weder der Senior noch der Junior
sind noch im Haus, tut mir leid."
„Können sie mir sagen,
wann der Junior die Bank verlassen hat?"
„Vor knapp
zweieinhalb Stunden."
„Vielen Dank." Lilly legte auf.
Ihre
Wut verschwand schlagartig, stattdessen machte sich Panik in ihr
breit.
Gerade wollte sie versuchen Kevin auf dem Handy zu
erreichen, als das Telefon schellte.
„Lilly
McNight, hallo?"
„Misses McNight? Sind sie mit einem
gewissen Kevin McNight verwandt?"
„Was ist mit meinem
Mann?"
„Ihr Mann hatte einen schweren Autounfall. Er wurde in
das General Hospital eingeliefert."
Lilly lies das Telefon
sinken. Das konnte nicht sein, das DURFTE einfach nicht sein.
11
„So Mister Egan, jetzt erzählen sie mal was genau
passiert ist, bevor sie ohnmächtig wurden!" Doktor Thompson
setzte sich auf eine Stuhl und musterte den jungen Mann, der vor 30
Minuten in die Notaufnahme eingeliefert wurde.
„Es war ja
eigentlich gar nichts! Ich hab bestimmt nur eine verschleppte
Erkältung, oder so." Kian, der im Krankenwagen wieder zu sich
gekommen war, fühlte sich schon wieder vollkommen fit.
„Na
das lassen sie mal mich entscheiden. Also, was ist passiert?"
„Also
gut, ich habe mit meinem kleinen Bruder Fußball gespielt, dann
habe ich mit der Zeit immer weniger Luft bekommen und bevor ich in
Ohnmacht gefallen bin, hab ich einen stechenden Schmerz in der linken
Brust gespürt."
„Hatten sie das schon öfter, oder
war das heute das erste Mal?"
„Na ja, vor ein paar Monten
hatte ich auch schon mal solche Atemnot, aber ich war im Stress und
hatte einen schlechten Tag."
„Sind sie wegen den Beschwerden
bei ihrem Hausarzt gewesen?"
„Nein. Bis heute hatte ich auch
keinerlei Beschwerden mehr."
„Wir werden jetzt ein paar
Untersuchungen mit ihnen machen und dann sehen wir weiter."
„Wenn
es sein muss?"
„Oh ja, ich denke das muss sein! – Schwester,
bringen sie Mister Egan doch zum Belastungs-EKG." Er gab der
Schwester, die gerade mit dem Rollstuhl in den Untersuchungsraum kam,
die Krankenakte.
„Na dann nehmen sie mal Platz, Mister
Egan."
„Niemals werde ich mich in diese Ding setzten! Ich hab
doch nichts an den Füßen!"
„Aber..." Die
Schwester sah fragend zu Doktor Thompson, der sich das Spielchen
grinsend ansah.
Er hätte, nach dem ersten Satz den er mit
Kian gewechselt hatte, Haus und Hof darauf verwettet, dass dieser
sich niemals in einem Rollstuhl setzten würde.
„Wenn Mister
Egan nicht will, dann lassen sie ihn laufen, Schwester." Er
verlies, immer noch grinsend, den Raum.
Schwester Simone war
sich, trotz der Erlaubnis von Doktor Thompson, nicht ganz sicher bei
der Sache. Wenn die Oberschwester mitbekäme, dass Simone mit
einem Patienten, der wegen eines Zusammenbruchs eingeliefert worden
war, durch die Gänge lief und ihn nicht, der Vorschrift gemäß,
im Rollstuhl schob, würde die Oberschwester ihr wohl den Kopf
abreißen.
„Jetzt machen sie sich mal keine Gedanken! Der
Doktor hatte doch nichts dagegen das ich laufe und mich nicht in
dieses Ding setzte."
„Wissen sie Mister Egan, ich hab auch
weniger Angst, vor Doktor Thompson, als vor der Oberschwester. Die
reist mir den Kopf ab, wenn sie was davon mitbekommt."
Na dann
sollten wir einen Zahn zulegen. Je schneller wir durch die Gänge
laufen umso schneller bin ich bei dieser Untersuchung. – Und
außerdem, nennen sie mich doch bitte Kian. Mister Egan hört
sich immer so alt an." Er hielt ihr die Hand hin.
„Also gut."
Sie ergriff seine Hand.
Die Beiden stiegen in den Fahrstuhl.
„Herr Doktor, wie geht es unserem Sohn." Patricia ging
auf den Arzt zu, der den Wartebereicht betrat. Kevin folgte
ihr.
„Mister und Misses Egan? Ich bin Doktor Thompson. Ich
behandele ihren Sohn."
„Und wie geht es ihm?"
„Setzen
wir uns doch! – Wenn es nach ihrem Sohn geht, dann würde er
wahrscheinlich eine Wandertour machen wollen, aber wir sollten die
Untersuchungen abwarten."
„Was vermuten sie denn?"
„Im
Moment noch gar nichts! Lassen sie uns die Ergebnisse abwarten und
dann kann ich genaueres sagen."
12
„LILLY, was ist
passiert?" Alexander rannte den langen Krankenhausflug entlang, zu
Lilly.
Lilly hatte, nach dem Anruf aus dem Krankenhaus, ein Taxi
gerufen, noch nach Jacke und Tasche gegriffen und war die Treppe
hinunter gelaufen. Aus dem Taxi hatte sie Alexander angerufen und ihn
nur gebeten so schnell wie möglich ins General Hospital zu
kommen. Ehe er weiter nachfragen konnte, hatte Lilly das Gespräch
unterbrochen.
„Alex!" Lilly ging, immer noch weinend auf ihren
Bruder zu.
„Sch..." Alexander zog sie in seine Arme und
versuchte sie zu beruhigen.
„Lilly, was zu Teufel ist
passiert?"
„Kevin, er... er hatte einen... einen
Autounfall!"
„Was?... Hast du schon mit einem Arzt sprechen
können?"
Lilly schüttelte den Kopf.
„Ich geh mal
nachfragen. Warte hier!"
„Nein! Alex bleib hier, bitte! Ich
hab solche Angst das er stirbt." Lilly sank auf einen der
Stühle.
Alexander ging vor Lilly in die Knie, nahm ihre Hände
in seine und schaute sie an.
„Hör zu, Kevin wird nicht
sterben. Nicht jetzt und nicht in 20 Jahren. Ihr werdet zusammen
uralt, seht eure Kinder und deren Kinder aufwachsen und wenn ihr
später auf eure Terrasse sitz, wird dieser Unfall nur noch eine
schreckliches Erlebnis in der Vergangenheit sein! Kevin schafft das.
Okay?"
Lilly nickte.
„So und jetzt geh ich schnell ins
Schwesternzimmer und erkundige mich nach Kevin. Du bleibst hier und
wartest, ich bin gleich wieder da."
Lilly nickte
wieder.
Alexander verschwand Richtung
Schwesternzimmer.
„Entschuldigen sie bitte, Schwester?"
Alex klopfte leicht an den Türrahmen des Schwesternzimmers.
„Ja
Sir?" Die Oberschwester sah den Mann an, der im Türrahmen
stand.
„Ich bin Alexander Richards. Mein Schwager, Kevin
McNight, wurde hier eingeliefert. Er hatte einen Autounfall. Können
sie mir vielleicht etwas über seinen Zustand sagen?"
Die
Oberschwester konnte sich noch gut an das Bild, was sich ihr vor
etwas einer Stunde geboten hatte erinnern. Ein junger Mann, so um die
zwanzig hatte sie ihn geschätzt, war in die Notaufnahme
eingeliefert worden. Er war, trotz der Erstversorgung des Notarztes,
blutüberströmt. Doktor Silver lies sofort einen OP fertig
machen. Die Oberschwester sah dem Doktor an, dass er dem jungen Mann
nicht viele Chancen ausrechnete.
„Ihr Schwager wird noch
operiert. Das kann noch eine Weile dauern. Ich werde sie rufen wenn
ich etwas neues weis."
„Sagen sie mir bitte die Wahrheit! Wie
schlecht steht es um meinen Schwager?"
Die Oberschwester stand
auf und ging auf Alexander zu.
„Ich kann es ihnen wirklich nicht
sagen. Aber ich verspreche ihnen, wenn ich etwas erfahren sollte,
werden sie sofort informiert. Gehen sie wieder zu ihrer Schwester.
Versuchen sie Sie zu beruhigen."
„Und was haben sie
gesagt?" Lilly sah ihren Bruder auf sich zukommen.
„Kevin wird
noch operiert. Wir müssen warten, aber die Oberschwester hat mir
versprochen, sobald sie etwas weis, wird sie uns informieren."
Alexander setzte sich neben Lilly.
„Was soll ich denn jetzt
machen, Alex?" Lillys Stimme versagte schon wieder.
„Du musst
dich jetzt erst mal beruhigen. Du weist doch gar nicht wie schlimm es
ist!"
Alexander legte seinen Arm um Lillys Schultern und zog sie
an sich. Sie legte ihren Kopf auf seine Schulter.
„Vielleicht
hat er sich ja auch nur was gebrochen und muss deshalb operiert
werden!" Alexander versuchte so überzeugend wie möglich
zu klingen. Er glaubte selber nicht was er da redete, er hatte das
Gesicht der Oberschwester gesehen, als er Kevins Namen genannt hatte.
Es musst ziemlich schlimm um ihn stehen, das spürte er.
„Wissen
die Anderen schon von dem Unfall?" Alexander fielen seine Eltern,
Miranda und James ein, die wahrscheinlich noch unwissend waren.
„Ich
konnte nicht, Alex!" Lilly klang sehr verzweifelt.
„Das macht
doch nichts! Ich werde jetzt Mum anrufen und ihr alles erklären.
Dann kann sie bei Miranda und James anrufen." Er wusste, seine
Mutter konnte den Beiden jetzt besser beibringen, das ihr Sohn einen
Unfall hatte und im Krankenhaus lag, als irgendjemand sonst.
Ruth
saß in ihrem Büro und las gerade einen Bericht über
moderne Innenarchitektur, als das Telefon schellte.
„Richards?"
„Mum?
Hier ist Alex."
„Hallo Junge, warum rufst du an?" Ruth
konnte ihrem Sohn anhören, das irgendetwas nicht in Ordnung
war.
„Mum, ich rufe aus dem Krankenhaus an."
„Ist was mit
Jess und dem Baby?"
„Nein Mum, Jess und dem Baby geht es gut.
Kevin hatte einen Autounfall. Er wird gerade operiert."
„Oh
mein Gott? – Was ist mit Lilly? Saß sie mit im Auto?"
„Nein,
Lilly geht es soweit gut! Sie ist total aufgelöst. Sie hat mich
angerufen und gesagt ich soll ins General kommen."
„Wissen
Miranda und James schon bescheid?"
„Nein."
„Ich ruf sie
an, oder noch besser ich fahre hin und dann kommen wir zusammen ins
Krankenhaus."
„Danke Mum! Bis dann! Fahr vorsichtig!"
„Bis
dann Alex." Ruth legte auf.
Sie war geschockt. Gestern hatten
sie noch alle zusammen gesessen und gefeiert und heute war alles
anders.
13
„Phillip, können sie sich das mal
bitte ansehen?" Doktor Thompson saß im Ärztezimmer und
sah sich Untersuchungsergebnisse, die eine Schwester gerade vorbei
gebracht hatte, an.
„Ja, worum geht es denn?" Phillip Brown
setzte sich neben seinen Kollegen.
„Heute wurde ein Mann
eingeliefert. Er hat Fußball gespielt und hat nach kürzester
Zeit das Bewusstsein verloren. Im Krankenwagen ist er dann wieder zu
sich gekommen und bei meinem Gespräch mit ihm fühlte er
sich schon wieder topfit. Vor ein paar Monaten hatte er so etwas
schon einmal, sagt er und bei dem Belastungs-EKG, was er gemacht hat,
fehlte ihm schon nach kurzer Zeit die Kondition um weiter zu machen,
sodass die Schwester es abgebrochen hat."
Doktor Brown sah sich
die Werte des Patienten an.
„Wie alt ist er?"
„26"
„Wenn es in dem Alter nicht so verdammt abwegig wäre, dann
würde ich auf eine Schwäche des S1 Herzmuskels
tippen."
Doktor Thompson sah seinen jüngeren Kollegen
an.
„Aber natürlich, das ist es doch. Ich habe hin und her
überlegt, da ein Herzfehler ausgeschlossen wurde."
„So
langsam könnten die aber mal was von sich hören lassen."
Patricia ging im Zimmer auf und ab.
Kevin, der auf einem Stuhl
saß, machte das verrückt.
Kian lag auf dem Bett, in dem
er vorerst schlafen sollte, und döste vor sich hin. Nachdem er
beim Belastungs-EKG auch wieder fast zusammen gebrochen war, fühlte
er sich kaputt. Er war sich sicher, dass das von der schlechten
Krankenhausluft kam. Die machte einen ja krank, egal ob man nun krank
eingeliefert worden war oder nicht.
Es klopfte und im nächsten
Moment betrat Doktor Thompson das Zimmer.
„Es tut mir wirklich
leid das es so lange gedauert hat, aber es gab noch ein paar
Unklarheiten."
„Was hat unser Sohn denn jetzt?" Patricia
machte einen Schritt auch den Doktor zu. Sie hatte eine Körperhaltung
angenommen, die schon fast bedrohend wirkte. Als wenn sie etwas an
der Diagnose ändern könnte.
„Nun ja, wir haben mit
ihrem Sohn einige Untersuchungen gemacht, diese ausgewertete und sind
nun zu einer, sagen wir, nicht sehr erfreulichen Diagnose
gekommen."
„Kann man mich vielleicht auch in das Gespräch
einbeziehen? Ihr tut so, als wäre ich schon tot!" Kian war
aufgestanden und ging nun auch auf Doktor Thompson zu.
„Erst mal
setzten sie sich jetzt wieder hin und dann werde ich ihnen genau
erklären was sie haben, okay?"
Kian folgte der Aufforderung
und auch Patricia ging ein paar Schritte zurück.
„Um es zu
100 genau zu sagen, müssen wir morgen noch ein paar
Untersuchungen mit ihnen anstellen, aber es sieht so aus, als wenn
ihr Herzmuskel geschwächt wäre."
„Mit so einer
Schwäche kann man doch bestimmt prima leben." Kian sah die
Miene von Doktor Thompson. „Oder etwa nicht?"
„Es ist ja
nicht eine Schwäche von irgendeinem Organ. Der Herzmuskel,
versorgt ihren ganzen Körper mit Sauerstoff und Nährstoffen,
ohne die sie natürlich nicht leben können."
„Und was
macht man nun dagegen?" Kevin meldete sich nun auch zu Wort.
„Es
gibt verschiedene Medikamente die man dagegen einnehmen kann. Wie
schwerwiegend die Schwäche ist, werden wir mit den morgigen
Untersuchungen feststellen."
Kian saß da und bekam den
letzten Satz, den Doktor Thompson sagte, schon gar nicht mehr mit. Er
fühlte sich, als wenn ihm der Boden unter den Füßen
ganz langsam, Stück für Stück, weggerissen
würde.
„Ganz wichtig ist, das sie ihrem Körper
keinerlei Anstrengung zumuten!" Doktor Thompson stand mitten in dem
Zimmer und der Mann, der auf ihn bei der Einlieferung noch jung und
lebensfroh gewirkt hatte, schien bis jetzt um Jahre
gealtert.
14
„Mum, Miranda!" Alexander ging auf
die Beiden Frauen zu, die den Wartebereich vor dem OP
betraten.
„Alex, was ist was ist passiert?" Miranda sah ihn,
Tränen überströmt, an.
„Mum, Miranda!" Lilly
die ihrer Mutter und ihre Schwiegermutter nun auch gesehen hatte,
rannte auch auf die Beiden zu und lies sich von ihrer Mutter in den
Arm nehmen.
„Was ist denn nun passiert? Lilly? Alex? Nun sagt
schon!" Miranda sah Lilly, die sich aus der Umarmung ihrer Mutter
löste, flehen an.
„Kevin hatte einen schweren Autounfall,
mehr weis ich auch nicht! Eine Schwester hat mich angerufen und mich
gebeten zu kommen." Lilly weinte immer noch.
„Ich habe vor
einer halben Stunde mit der Oberschwester gesprochen. Die sagte, die
OP kann noch etwas dauern, aber was zu Kevins Zustand konnte sie mir
auch nicht sagen."
Alexander sah, wie schon in den langen
Minuten zu vor, auf die Uhr, die über der Tür zum OP
Bereich hing.
Er sah als erster den Arzt, der aus der Tür,
die unter der Uhr war, kam, doch Lilly war schneller. Sie sprang auf
und ging auf den Arzt zu.
„Entschuldigung, können sie mir
sagen wie es meinem Mann geht? Bitte!"
„Misses McNight? Ich
bin Doktor Burke, ich habe ihren Mann operiert."
„Und wie geht
es meinem Sohn?" Miranda trat neben ihre Schwiegertochter.
„Ihr
Sohn hat sich mit seinem Auto mehrmals überschlagen, dies hat zu
einer Gehirnblutung geführt. Wir haben versucht diese zu
stoppen."
„Oh mein Gott!" Lilly begann zu zittern, sie
verlor die Kontrolle über ihren Körper.
„Wir haben ihn
in ein künstliches Koma gelegt, damit sein Körper sich
regenerieren kann."
Lilly spürte wie ihr die Beine weg
sackten und sie in Alexanders Armen landete.
„Lilly..." Ruth
war entsetzt. Ihre Tochter war ganz blas geworden und dann
zusammengesackt.
Lilly wurde wach und sah auf eine weiße
sterile Decke. War es vielleicht doch alles nur ein Traum gewesen?
War das die sterile weiße Decke in Kevin und ihrem
Schlafzimmer? Lilly konnte es nicht ausschließen. Sie musste
sich wohl oder übel in dem Raum, in dem sie lag umsehen.
Lilly
drehte den Kopf leicht nach rechts und konnte ihren Bruder sehen.
Lilly wurde bewusst, dass das was sie in Erinnerung hatte, kein Traum
war. Es war die Realität gewesen. Kevin hatte diesen Autounfall
gehabt, sie war zusammen gebrochen, nachdem der Arzt sie über
Kevins Zustand aufgeklärt hatte und jetzt lag sie hier, statt
bei ihrem Mann zu sein.
„Ich muss zu Kevin!" Lilly setzte sich
auf und wollte ihre Beine aus dem Bett schwingen, doch sie wurde von
Alex aufgehalten.
„Du musst dich erst mal ausruhen." Alexander
packte sie an beiden Schultern und drückte sie sanft wieder
zurück in das Kissen.
„Alex, bitte! Er ist mein Mann, ich
muss zu ihm!"
„Süße, du kannst im Moment eh nicht
zu ihm. Mum und Miranda sind gerade bei ihm und mehr wie zwei
Personen sind auf der Intensivstation nicht erlaubt. Doktor Burke hat
gesagt du musst dich erst mal ausruhen. Dein Blutdruck war vollkommen
im Keller."
Miranda betrat das Zimmer auf der ITS. Da lag
ihr Sohn also, an all diesen Schläuchen und Geräten
angeschlossen. Ihr traten Tränen in die Augen, bei dem Anblick.
Warum nur ihr Sohn?
Ruth legte ihr tröstend eine Hand auf die
Schulter. Wenn Lilly in diesem Bett liegen würde, sie würde
wahrscheinlich irgendetwas unüberlegtes tun.
Miranda setzte
sich neben das Bett ihres Sohnes und nahm seine Hand in ihre.
„Mein
Junge... du darfst uns jetzt nicht verlassen... du musst wieder
aufwachen!... Hörst du?... Wir brauchen dich doch... deine Frau,
dein Vater, ich... du musst wieder aufwachen!... Du MUSST
einfach!"
15
Kevin hatte Patricia
überredet nach Hause zu fahren. Ihm tat es selber leid, seinen
Sohn in dem Zustand, in dem er gerade war, allein zu lassen, aber er
wusste das sie im Moment nicht viel für ihn tun konnten. Kian
hatte sich, nachdem der Arzt gegangen war, hingelegt und wollte seine
Ruhe haben.
Kevin parkte in der Einfahrt und wenige Sekunden
später standen Colm, Marielle und Fenella in der Tür und
sahen ihre Eltern fragend an.
„Und?" Fenella hatte nach dem
Anruf ihres Vaters alles stehen und liegen lassen und war zu ihren
Geschwistern gefahren.
„Lasst uns erst mal rein gehen." Kevin
drängte alle ins Haus und schloss die Haustür.
„Warum
liegst du noch nicht im Bett Colm? Wir haben neun Uhr und morgen ist
Schule."
„Ich will erst wissen was mit Kian ist!" Colm
stand mit verschränkten Arme, vor seiner Mutter.
Patricia
blickte hilfesuchend zu ihrem Mann.
„Hör mal Colm, Kian ist
noch im Krankenhaus, die Ärzte wissen noch nicht genau was er
hat. Und jetzt gehst du bitte ins Bett, ja?" Kevin wuschelte seinem
jüngsten Sohn durch Haar.
Colm wirkte nicht überzeugt,
wusste aber, dass er jetzt nicht sehr viel erreichen würde, also
entschloss er sich ins Bett zu gehen.
„Gute Nacht!" Er gab
seinen Eltern jeweils einen Kuss und verschwand nach Oben.
Patricia
ging ins Wohnzimmer und lies sich in den alten Sessel, vorm Kamin,
sinken.
„Also, was ist wirklich los?"
„Die Ärzte
tippen auf eine Schwäche des Herzmuskels."
„Und was heißt
das nun?"
„Na ja, der Herzmuskel versorgt den Körper mit
Sauerstoff und Nährstoffen. Deshalb auch der Zusammenbruch
heute. Er hat einfach zu wenig Sauerstoff bekommen."
„Ja und
was machen die jetzt dagegen?"
„Der Arzt sagt man kann es mit
Medikamenten behandeln. Morgen wollen sie noch weitere Untersuchungen
mit Kian machen und dann sehen sie weiter."
„Seit mir nicht
böse, aber ich geh jetzt ins Bett! Gute Nacht!" Marielle stand
auf und ging, ohne eine Reaktion ihrer Eltern oder ihrer Schwester,
nach Oben.
„Gute Nacht Schatz!", rief Patricia ihr noch
hinterher.
Marielle schloss ihre Zimmertür hinter sich,
setzte sich an ihren Schreibtisch und schaltete den Computer ein. Sie
musste wissen, worum es bei dieser Schwäche genau ging.
Ihre
Eltern hatten Colm angelogen um ihn nicht zu beunruhigen, wie konnte
sie sich dann sicher sein, dass die Beiden sie nicht auch angelogen
hatten.
Marielle suchte also nach dem Thema geschwächter
Herzmuskel und wurde fündig.
Sie begann zu lesen. Das was
ihre Eltern sagten stimmte auf eine Art, diese Schwäche konnte
wirklich mit Medikamenten behandelt werden, aber in den schlimmsten
Fällen, konnten die Betroffenen nicht ohne eine
Herztransplantationen weiter leben.
Marielle legte sich auf ihr
Bett.
Ob ihre Eltern das wussten? War Kian auch so ein Fall, bei
dem nur noch eine Transplantation half?
Marielle war hin und her
gerissen, noch einmal runter ins Wohnzimmer zu gehen und ihre Eltern
zu frage, doch sie schlief über ihre Gedanken ein.
„Wisst
ihr wirklich nicht mehr?" Fenella war sich nicht ganz sicher, das
ihre Eltern die Karten, Marielle gegenüber, offen auf den Tisch
gelegt hatten.
„Nein, mehr wird sich morgen ergeben."
„Na
gut, dann fahr ich auch nach Hause. Bis Morgen!" Fenella
verabschiedete sich von ihren Eltern und stand schon in der Diele,
als Kevin sie noch mal rief.
„Fenella, kannst du vielleicht
Gillian anrufen? Damit die Jungs auch bescheid wissen?"
„Klar
Dad, mach ich!"
„Danke Schatz."
Fenella verlies das Haus,
ging zu ihrem Auto und stieg ein.
Warum sollte sie anrufen? Es war
jetzt sowieso egal wann sie nach Hause kam, Emilie schlief schon und
Daniel schaute bestimmt das Fußballspiel was heute lief. Sie
entschloss sich, schnell bei Gillian und Shane vorbei zu
fahren.
„Sagt mal, wo ist Kian eigentlich?" Gillian hatte
Nicole, kurz vor dem Anstoß des Fußballspiels ins Bett
gebracht und hatte sich danach mit einem guten Buch in die Badewanne
gelegt. Jetzt, eine Stunde später, kam sie wieder ins Wohnzimmer
und sah Mark, Shane und Kevin vor dem Fernseher sitzen, doch von
Kian, der auch kommen wollte, war keine Spur. Die Drei blickten von
dem Bildschirm zu Gillian.
„Was guckt ihr so?" Gillian war von
diesem Fußballwahn genervt. Sie sah ja ganz gern Fußball,
aber nicht mit den Männern. Es endete jedes Mal in einem
leichten Streit, weil Frauen ja angeblich, beim Fußball zu viel
redeten.
„Schatz, da bist du ja wieder. Jetzt weis ich was ich
vermisst habe."
„Pass bloß auf Shane Filan, sonst wirst
du heute Nacht wieder was vermissen! Weil du dann nämlich im
Gästezimmer oder auf der Couch schlafen darfst!"
Mark und
Kevin sahen sich an und mussten sich beherrschen nicht laut los zu
lachen.
Es klingelte an der Tür. Gillian drehte sich wortlos
um und ging die Tür öffnen.
„Fe? Was machst du denn
hier?" Gillian war überrascht das ausgerechnet ihre Cousine,
um die Uhrzeit, auf der Fußmatte stand.
„Hallo Gill, kann
ich vielleicht kurz mit dir reden?"
„Klar komm rein!"
Gillian ging ein Schritt zurück, lies sie rein und schloss die
Haustür.
„Lass uns ins Wohnzimmer gehen, falls die drei
Fußball guckende Kerle nicht stören?" Gillian
grinste.
„Kein Problem." Fenella versuchte mehr schlecht als
recht das Grinsen zu erwidern.
„Wir haben Besuch!" Gillian bot
Fenella einen Platz an und setzte sich dann selber.
„Hallo
Fenella, was machst du denn hier?"
„Ich war bei Mum und Dad.
Kian... er ist heute ins Krankenhaus eingeliefert worden."
„WAS?"
„Er ist beim Fußball spielen mit Colm
zusammengebrochen."
„Und was hat er?"
„Die Ärzte
haben eine Schwäche des Herzmuskels diagnostiziert."
Alle
Vier sahen Fenella geschockt an.
Wie konnte Kian an so was kommen?
Ausgerechnet Kian?
16
Alexander hatte Lilly spät
am Abend nach Hause gefahren und ihr angeboten die Nacht bei ihr zu
bleiben, doch Lilly hatte abgelehnt und ihren Bruder zu Jessica nach
Hause geschickt. Sie wollte allein sein.
Als Lilly am nächsten
Morgen wach wurde, fiel ihr Blick erst auf die leere Bettseite neben
ihr und dann auf den Radiowecker, der auf ihrem Nachtisch stand. 6.45
Uhr.
Sie hatte sich die ganze Nacht von links nach rechts und
wieder zurück gewälzt und war wohl in den frühen
Morgenstunden eingeschlafen. Mit schweren Knochen stieg sie aus dem
Bett.
Vom vielen weinen hatte sie Kopfschmerzen bekommen.
Sie
trat ins Badezimmer und blickte flüchtig in den Spiegel. Sie war
ganz blass.
Auf dem Weg in die Küche, sah sie die Nachricht
auf dem Anrufbeantworter.
Sie streckte die Hand aus, um den
Wiedergabeknopf zu betätigen, doch sie zögerte. Was wenn es
das Krankenhaus mit schlechten Nachrichten war? Aber vielleicht
wollte das Krankenhaus ihr auch mitteilen, das es Kevin besser ging.
Entschlossen drückte Lilly auf den Knopf.
„Hallo ihr
Beiden! Na verbringt ihr den ersten Tag, als Mann und Frau in trauter
Zweisamkeit und nicht Zuhause? Wir wünschen euch viel Spaß
dabei, aber meldet euch doch mal! Wir haben noch was für euch!
Schönen Abend noch!" Yvonnes Stimme schallte aus dem
Anrufbeantworter.
Lilly lies sich die Wand hinunter zu Boden
gleiten. Ihr liefen schon wieder die Tränen über die
Wangen.
„Es hätte so schön werden könne!",
schluchzte sie und schaute ins Leere.
„Morgen mein Schatz!"
Alexander küsste seine Frau, als diese die Küche
betrat.
„Morgen Alex. Ich hab dich gestern gar nicht mehr kommen
hören. Wie geht es Kevin?" Jessica setzte sich an den
gedeckten Frühstückstisch.
„Die Ärzte haben ihn
operiert. Er hatte einen Hirnblutung und die Ärzte haben ihn
nach der OP in ein künstliches Koma gelegt."
„Oh mein
Gott! Und wie geht es Lilly jetzt?"
„Sie ist gestern im
Krankenhaus zusammen geklappt."
„Und da lasst ihr sie allein
Zuhause!" Jessica war entsetzt darüber, das Lilly in ihrem
Zustand allein Zuhause war und niemanden zum reden hatte.
„Ich
wollte ja bei ihr bleiben, aber sie wollte gestern Abend allein
sein." Alexander machte sich selber Vorwürfe, wie er seine
Schwester, die Nacht über, allein Zuhause lassen konnte. Er
hätte, trotz ihres Wunsches, bei ihr bleiben sollen.
„Alex,
mach dir doch jetzt kein schlechtes Gewissen! Du bist auf Lillys
Wunsch eingegangen und hast sie allein gelassen, so wie sie es
wollte." Sie nahm seine Hand und streichelte ihm über den
Handrücken.
„Jess, du hast doch Recht. Manchmal bin ich ein
echter Idiot." Alexander wollte aufspringen, sich ins Auto setzten
und zu Lilly fahren.
„Na los geh schon! Dein Sohn und ich werden
frühstücken und dann auch ins Krankenhaus
kommen!"
„Wirklich?"
„Nun geh schon! Kümmere dich
um Lilly." Jessica gab ihm noch einen Kuss und hörte dann
Sekunden später die Haustür ins Schloss fallen.
„Lilly?
Mach die Tür auf!" Alexander hatte nun schon zum wiederholten
mal geklingelt und keine Reaktion aus der Wohnung vernehmen
können.
Lilly saß, nun schon seit über zwei
Stunden, auf dem Boden an die Wand gelehnt und weinte leise vor sich
hin.
„Lilly, nun mach schon auf. Bitte!" Er hämmerte
gegen die Tür.
Lillys Kopfschmerzen waren in den letzten zwei
Stunden noch schlimmer geworden und jedes mal wenn ihr Bruder an der
Tür hämmerte, fühlte es sich in ihrem Kopf an, als
wenn sie ihn mit voller Wucht vor die Wand hauen würde.
„Alex,
ich will allein sein! Geh!" Sie versuchte zu schreien, doch es war
nur ein Schluchzen.
„Ich werde nicht eher gehen, bis ich mich
davon überzeugt habe, das es dir gut geht!"
„Mir geht es
super. Wie soll es einem auch gehen, wenn sein Partner einen Tag nach
der Hochzeit einen Autounfall hat und im Koma liegt? Ich sag dir, das
ist ein super Gefühl!"
„Komm schon, Süße.
Mach bitte die Tür auf! Lass mich dir doch helfen!"
Lilly
stand auf, ging zur Tür und öffnete.
„Bist du jetzt
zufrieden?"
Alexander war entsetzt. Da stand seine kleine
Schwester in den Sachen die sie gestern schon an hatte, unnatürlich
blas und total verheulten Augen.
„Lilly..." Er fand keine
Worte, stattdessen nahm es sie in den Arm.
Womit hatte sie das
nur verdient? Sie sollte mit ihrem frisch angetautem Mann Zeit
verbringen und nicht um sein Leben bangen.
17
Kian
saß im Krankenhausgarten und beobachtete die Leute, die an ihm
vorbei liefen.
Am Morgen hatten die Ärzte eine Reihe von
Untersuchungen mit ihm gemacht und nun saß er hier und dachte
nach.
Was hatte er nur falsch gemacht?
Die Frage beschäftigte
ich seit dem Morgen. Seit Doktor Thompson ihn aufgeklärt
hatte.
„Mister Egan", hörte er ihn immer wieder sagen.
„Falls die Medikamente nicht anschlagen und ihr Zustand sich
verschlechtert, müssen sie mit dem Äußersten
rechnen."
Kian hatte ihn nur fragend angesehen.
„Das
Äußerste wäre in ihrem Fall eine
Herztransplantation."
Kian fühlte sich, als wenn ihm
jemand, mit voller Wucht, ins Gesicht geschlagen hatte. Er fühlte
sich benommen.
„Da sind sie ja." Kian vernahm Doktor
Thompsons Stimme irgendwo hinter sich.
„Ich habe gute
Nachrichten für sie. Wir werde sie noch zwei, drei Tage, zur
Beobachtung, bei uns behalten um zu sehen, wie sie auf die
Medikamente reagieren und dann können sie nach Hause."
Doktor
Thompson setzte sich neben ihn, auf die Bank.
„Wirklich?"
Kians Miene hellte sich schlagartig
auf.
„Wirklich!"
Alexander hatte
Lilly überredet wenigstens einen Tee und etwas Zwieback zu
essen, bevor er mit ihr ins Krankenhaus gefahren war.
Sie gingen,
Seite an Seite, die langen Gänge zur Intensivstation entlang,
zogen die sterilen Kittel über und betraten dann das Zimmer
indem Kevin lag.
Lilly setzte sich auf dem Stuhl neben dem Bett,
nahm Kevins Hand und weinte still vor sich hin.
Alexander stand,
etwas abseits, in der Ecke und betrachtete seinen Schwager. Wie er da
an den ganzen Schläuchen und Geräten lag, die ihn am Leben
erhielten. Sofern man das leben nennen konnte.
„Misses
McNight, das sind die Sachen ihres Mannes." Die Oberschwester
reichte Lilly eine Tüte.
„Danke."
„Bevor ich es
vergesse, Doktor Burke wollte noch mit ihnen sprechen."
Lilly
sah von der Oberschwester zu ihrem Bruder.
„Wenn du willst komme
ich mit!" Alexander vernahm ein leichtes Nicken seiner
Schwester.
„Sein Büro ist am Ende des Gangs auf der rechten
Seite."
Lilly klopfte zaghaft, als sie von Drinnen ein
„Herein" vernahm, öffnete sie die Tür.
„Entschuldigung
Doktor Burke, die Oberschwester hat gesagt sie wollten mit mir
sprechen?"
„Misses McNight, Mister Richards, kommen sie doch
bitte rein und setzten sie sich." Doktor Burke deutete auf die
Beiden Stühle vor seinem Schreibtisch.
„Danke."
„Misses
McNight, ich will nicht lange drum herum reden. Wussten sie, das ihr
Mann einen Organspendeausweis und eine Patientenverfügung
hat?"
„Ich... ja... aber...die haben wir alle in der Tasche.
Das war vor Jahren eine fixe Idee in unserem Freundeskreis. Sehen
sie." Lilly wühlte in ihrer Tasche und reichte ihm ihren
Spenderausweis.
„Es geht auch eher um die Patientenverfügung.
Misses McNight wenn ihr Mann nicht wieder aus dem künstlichen
Koma erwacht, oder sich sein Zustand drastisch verschlechtert, werden
wir die Geräte, die ihn am leben erhalten abstellen. Dies war
sein Wunsch, als er dieser Verfügung aufgesetzt hat und diesen
Wunsch sollten sie respektieren."
Wie konnte dieser Mann nur so
etwas reden? Natürlich wäre es nicht Kevins Wunsch, sie
allein auf dieser Welt zu lassen.
„Das können sie nicht
machen!", schrie sie und verlies das Büro.
Lilly rannte den
Gang entlang, Richtung Aufzug. Kurz vorm Aufzug stieß sie mit
einer Frau zusammen.
„Können sie nicht auf... – Lilly?
Was ist denn los?" Vor Jessica stand ihre Schwägerin. Total
aufgelöst.
„Jess... hilf mir... sie wollen ihn sterben
lassen!"
18
2 Wochen später
Kian
wachte früh am Morgen auf. Er konnte nicht mehr schlafen. Mit
viel Anstrengung setzte er sich im Bett auf. Warum konnten die
Medikamente denn nicht langsam mal wirken?
Seit dem er aus dem
Krankenhaus entlassen worden war, ging das jeden Morgen so. Er fühlte
sich total ausgelaugt, als wenn er mehrer Kilometer gelaufen
wäre.
Nachdem er gestern wieder einen Zusammenbruch hatte,
hatte er einen Termin bei Doktor Thompson gemacht. Dieser hatte ihn
direkt für den nächsten Morgen ins Krankenhaus bestellt.
„Guten Morgen Mister Egan." Doktor Thompson betrat das
Untersuchungszimmer, in das, die Oberschwester, Kian zuvor geschickt
hatte.
„Morgen Doktor Thompson."
„Wie geht's es
ihnen?"
„Nicht wirklich gut."
„War der Zusammenbruch
gestern genauso wie die letzten?"
„Ja... Nein, bei den letzten
Malen hab ich mich körperlich Betätigt und gestern bin ich
einfach so zusammen gesackt."
„Wir werden noch einmal mit
ihnen Untersuchungen anstellen. Gehen sie bitte noch nicht sofort vom
schlimmsten aus."
Lilly schlief, wie
schon in den letzten Nächten, wieder einmal sehr unruhig.
Noch
lebte Kevin, aber wie lange noch?
Sie wurde vom klingeln des
Telefons wach. Lilly sprang aus dem Bett, rannte ins Wohnzimmer und
ging ans Telefon.
„McNight?"
„Guten Morgen, General
Hospital. Misses McNight, ich rufe im Auftrag von Doktor Burke an, er
bittet sie, so schnell wie möglich ins Krankenhaus zu
kommen."
„Was ist mit meinem Mann?"
„Ich kann es ihnen
leider nicht sagen, bitte kommen sie ins Krankenhaus."
Ehe Lilly
noch etwas sagen konnte, war die Leitung schon unterbrochen
worden.
Lilly tauschte ihren Schlafanzug gegen einen Jeans und
ein T-Shirt, nahm ihre Tasche und verlies die Wohnung.
Auf der
Fahrt zum Krankenhaus konzentrierte sie sich auf die Straße. Es
kostete sie sehr viel Anstrengung nicht an Kevin zu denken, doch sie
kam keine 10 Minuten später am Krankenhaus an.
Vor Kevins
Zimmer lief sie Doktor Burke in die Arme.
„Was ist mit
ihm?"
„Misses McNight, wollen wir uns vielleicht setzen?"
„Ich
will mich nicht setzen, ich will wissen was mit meinem Mann ist!"
„Es
gab heute in den frühen Morgenstunden Komplikationen. Er hatte
noch einmal eine Hirnblutung."
„Ist er... tot?" Der Klos in
Lillys Hals wurde immer größer.
„Nein, er lebt, aber
ihr Mann ist hirntot."
„Was soll das heißen?"
„Ihr
Mann wird nie wieder das Bewusstsein erlangen und da er eine
Patientenverfügung hat, werden wir die Beatmungsmaschinen in den
nächsten Stunden abschalten."
„Das können sie nicht
machen. Das ist Mord."
„Versuchen sie doch den Wusch ihres
Mannes zu akzeptieren. Ich weis es ist sehr schwer, aber es war sein
Wunsch."
19
Doktor Thompson und drei weitere
Kollegen saßen im Ärzte Zimmer, als eine Schwester kurz an
der offenstehenden Tür klopfte.
„Doktor Thompson, die
Untersuchungsergebnisse von Kian Egan." Sie reichte dem Doktor die
Unterlagen.
„Danke Schwester."
Doktor Thompson begann
sofort die Ergebnisse zu lesen.
„Das gibt es doch nicht!"
„Was
ist, schlechte Nachrichten?" Phillip Brown, der den Patienten und
seine Geschichte, mittlerweile kannte, sah seine Kollegen fragend
an.
„Sein Zustand hat sich drastisch verschlechtert. Wenn er
kein neues Herz bekommt, können noch mehr Organe geschädigt
werden, da sein Körper jetzt schon nicht mehr mit genug
Sauerstoff versorgt wird."
„Haben sie ihn nicht vor zwei
Wochen entlassen?"
„Ja, da sah es auch noch nicht so aus, als
wenn er ein Spenderherz berauchen würde."
„Ich werde
gleich mal bei Eurotransplant anrufen und ihn auf eine Liste setzten
lassen." Phillip griff zum Telefon.
„Und ich werde die
schlechte Nachricht überbringen." Doktor Thompson verlies das
Ärztezimmer.
„Da sind sie ja!" Doktor Thompson war
durchs halbe Krankenhaus gelaufen und hatte Kian gesucht. In der
Cafeteria fand er ihn letztlich.
„Doktor Thompson, setzten sie
sich doch. Ich hab es oben nicht mehr ausgehalten und da dachte ich
mir, warten kann ich auch hier."
Doktor Thompson setzte sich ihm
gegenüber.
„Kian, ich habe schlechte Nachrichten für
sie. Ich werde die Karten offen auf den Tisch legen. Sie benötigen
ein neues Herz."
Kian schluckte schwer.
„Aber mir geht es
doch ganz gut. Ich meine gut, ich bin noch einmal zusammengeklappt
und fühle mich schwach, aber das ist doch noch lange keine
Gründe, dafür das ich ein neues Herz brauche."
„Ihnen
kommt es nicht so schlimm vor, aber ihr Körper empfindet es als
schlimm. Ihre Organe bekommen nicht mehr die Menge an Sauerstoff, die
sie benötigen."
Kian sah seinen Gegenüber
durchdringend an. Meinte er das jetzt ernst? Er selber konnte doch am
besten einschätzen wie es ihm ging und er empfand nur diese
körperliche Schwäche, mehr nicht.
„Was haben sie jetzt
genau vor?"
„Mein Kollege ist gerade dabei sie auf eine Liste
bei Eurotransplant setzten zu lassen. Sie müssen hier beleiben,
sie werden eine zusätzliche Dosis an Sauerstoff bekommen und
sobald ein Spenderherz zu Verfügung steht, werden wir es ihnen
einpflanzen."
„Ihnen wird es bestimmt nichts ausmachen wenn
ich noch eine zweite Meinung einholen werde, bevor sie mir ein
fremdes Herz einpflanzen." Kian stand auf, drehte sich um und ging
Richtung Ausgang.
„Kian, warten sie!" Doktor Thompson rannte
ihm hinterher.
Kian beschleunigte seinen Schritt, rempelte noch
fast einen Mann auf Krücken um und verlies dann das
Krankenhaus.
Plötzlich rang er nach Luft, ihm sackten die
Beine weg und er ging zu Boden.
Doktor Thompson war sofort bei
ihm.
„Kian hören sie mich? – Schwester eine
Trage!"
20
„Wenn sie wollen, können sie sich von
ihrem Mann verabschieden!" Lilly saß wie ein Häufchen
Elend im Schwesternzimmer. Die Oberschwester saß ihr
gegenüber.
„Aber ich muss doch meine Schwiegereltern
anrufen und es ihnen sagen."
„Was halten sie davon, wenn ich
das für sie mache und sie zu ihrem Mann gehen und noch einmal
allein mit ihm sind?"
„Ich weis nicht ob ich das
kann."
„Überlegen sie es sich, ich werde in etwa einer
Stunde bei Kevins Eltern anrufen, dann haben sie Zeit es sich zu
überlegen." Die Oberschwester stand auf und lies Lilly allein
zurück.
„Hallo mein Liebste." Lilly stand an Kevins
Bett und hielt seine reglose Hand in ihrer.
„Warum wachst du
nicht einfach wieder auf? Du willst doch auch nicht, das ich hier
allein zurück bleibe. Ich kann nicht mal 48 Stunden ohne dich
sein, wie soll ich dann ohne dich weiter leben?"
Lilly fühlte
wie eine einsame Träne über ihre Wange lief. In den letzten
Tagen und Wochen hatte sie so oft geweint, sie konnte einfach
nicht
mehr.
„Wir haben unser ganzes Leben doch noch vor uns."
Lilly
setzte sich auf dem Stuhl neben seinem Bett und betrachtete ihn, sog
jedes Merkmal, das sie schon so oft gesehen hatte, noch einmal in
sich auf.
James saß in seinem Büro Zuhause, über
irgendwelchen Unterlagen. Er starrte jetzt schon eine viertel Stunde
auf das gleiche Blatt, doch verstanden was darauf geschrieben stand,
hatte er nicht.
Jedes mal wenn er sich zu konzentrieren versuchte,
misslang es ihm und er dachte an seinen Sohn.
Als das Telefon
schellte zuckte er kurz zusammen. Wer das wohl war, am anderen Ende
der Leitung? Lilly? Das Krankenhaus? Er würde wohl oder übel
ran gehen müssen um es zu erfahren.
„McNight,
hallo?"
„General Hospital. Mister McNight, es geht um
ihren Sohn. Könnten sie und ihre Frau so schnell wie möglich
ins Krankenhaus kommen?"
„Was ist mit Kevin?"
„Bitte
kommen sie ins Krankenhaus."
„Ich... wir sind unterwegs."
James beendete das Gespräch.
„Miranda, zieh dich an! Wir
fahren ins Krankenhaus!"
„Lilly, was ist passiert? Das
Krankenhaus hat angerufen und gesagt, wir sollen so schnell wie
möglich kommen."
„Hallo ihr Beiden. Es gab heute Nacht
Komplikationen, er hatte noch eine Hirnblutung."
„Und?"
„Miranda, James, sie wollen die Maschinen abschalten. Kevin ist
hirntot."
„Das können sie doch nicht machen!" Miranda
wurde kreidebleich.
„Doch können sie und so weh es auch
tut, für Kevin wird es besser sein."
„Lilly, das ist doch
jetzt nicht dein erst?" James war enttäuscht von seiner
Schwiegertochter.
„Doch, ich meine es so wie ich es gesagt habe.
Ich lass euch jetzt mit ihm allein." Lilly verlies das Zimmer.
Sie
setzte sich, im Krankenhausgarten auf eine Bank und beobachtete das
rege Treiben.
Eine Stunde saß sie reglos da, bevor sie
aufstand und den schwersten Gang ihres Lebens machte.
„Doktor
Burke, bitte stellen sie die Maschinen ab!" Lilly stand ohne
Vorankündigung mitten im Ärztezimmer.
„Sind sie sich
sicher?"
„Ist man sich bei so etwas sicher? – Wenn seine
Eltern sich von ihm verabschiedet haben, dann stellen sie es
ab."
„Dann kommen sie."
Miranda sah ihre
Schwiegertochter und Doktor Burke auf das Zimmer zukommen.
„James,
sie will es wirklich tun! Wieso nur?"
„Schatz, Lilly kann doch
auch nichts ändern. Es war Kevins Wunsch, als er die
Patientenverfügung aufgesetzt hat."
„Deswegen muss er
doch nicht immer noch so denken."
„Morgen, Mister und Misses
McNight."
Doktor Burke reichte den Beiden die Hand.
Für
einige Sekunden herrschte Stille, nur das piepsen der Maschinen war
zu hören.
„Ich werde jetzt die Maschinen abschallten und
ich versichere ihnen, er wird nichts merken."
James nahm seine
Frau, die wieder begonnen hatte zu schluchzen, in den Arm.
Lilly
trat an das Bett ran, beugte sich über Kevin und hielt dich vor
seinem Gesicht inne.
„Ich liebe dich, Kevin.", flüsterte
sie und küsste ihn ein letztes mal auf die Stirn.
21
6
Monate später
Kian saß in dem Zimmer, das er nun fast
fünf ein halb Monate bewohnt hatte.
Heute war es also so
weit, er würde endlich wieder nach Hause zu seiner Familie und
seinen Freunden fahren. Außer seine Eltern, die ihn jedes
Wochenende besucht hatten, hatte er keinen gesehen.
Er hatte klar
gestellt, das er keinen sehen wollte und das sehr deutlich. Anfangs
war er ein richtiges Ekel gewesen, doch im Laufe der Zeit war er ganz
langsam wieder der Alte geworden.
Es klopfte und ehe Kian
reagieren konnte, wurde die Tür geöffnet und Dave steckte
den Kopf ins Zimmer.
„Dave!" Kian sprang vom Bett und ging auf
ihn zu.
„Schön dich zu sehen Kian!"
„Was machst du
hier?"
„Ach weist du, ich war in der Nähe und da dachte
ich mir, hol ich doch Kian ab." Dave grinste. Doch Kians Miene
verfinsterte sich schlagartig.
„Was ist los? Ich dachte du
freust dich?"
„Tu ich ja auch, aber ich dachte... na ja, egal,
falsch gedacht. Lass uns los, ich will so schnell wie möglich
hier raus." Kian griff nach der Tasche auf dem Bett.
„Lass
mal, das mach ich!"
Kian ging mit gesenktem Kopf aus dem
Zimmer.
„Wenn du wüsstest, was noch alles auf dich wartet."
Murmelte Dave und verlies ebenfalls das Zimmer.
„Also dann, auf
nach Sligo!"
„Tschüss mein
Schatz. – Tschüss mein kleiner, pass gut auf deine Mommy auf!"
„Tschüss Alex, bis nachher." Jessica küsste ihren
Mann.
Das Telefon schellte.
„Ich geh schon ran, fahr du
nur."
Alexader verschwand Richtung Diele und Jessica griff nach
dem Telefon.
„Richards, hallo?"
„Hallo
Jess, hier ist Lilly."
Jessica war mehr als überrascht
die Stimme ihrer Schwägerin zu hören. Seit fünf
Monaten hatte sie nichts von sich hören lassen, außer die
unverfängliche Postkarten, die sie aus allen Teilen der Welt
schickte. Ihren Neffen hatte Lilly noch nie gesehen.
„Lilly! Wie
geht's es dir?"
„Gut geht's mir. Und wie geht es
euch?"
„Alex ist auf dem Weg in die Firma und ich verbringe
mein Dasein momentan als Fulltime-Mommy."
„Was macht Thomas
so?"
„Der entwickelt sich prächtig! – Sag mal Lilly,
welchen Teil der Erde machst du gerade unsicher?"
„Ich bin
gerade in Dublin gelandet."
„Jetzt im Ernst?"
„Ja, Mum
hat mir gesagt das ihr umgezogen seit. Ich werde mir jetzt meinen
Koffer schnappen und mich ins nächste Taxi zu euch setzen. Ich
bin so gespannt auf meinen ersten Neffen."
„Das ist ja
großartig! Na dann bis gleich!"
„Ciao." Jessica
vernahm ein Knacken in der Leitung und legte auf.
Jessica konnte
es nicht fassen. Monate lang hatte sie überhaupt nichts von
Lilly gehört und jetzt gleich würde sie ihre Schwägerin
wieder in die Arme schließen können.
„Mein Schatz,
weist du wen du jetzt gleich kennen lernst? Deine Tante. – Ja Tante
Lilly kommt zu besuch, am besten wir rufen Daddy an und erzählen
ihm das Lilly kommt."
Jessica, die das Telefon immer noch in der
Hand hielt, drückte die Kurzwahltaste für Alexanders
Handynummer.
22
„Stehen die im Stau oder was?"
Mark wurde langsam ungeduldig.
Schon am Nachmittag waren sie alle
zu Kian gefahren um Patricia und Kevin beim schmücken des Hauses
zu helfen. Jetzt war es mittlerweile halb sieben und Dave hatte sich
immer noch nicht gemeldet.
„Die kommen schon noch." Gillian
hatte den Satz noch nicht ganz ausgesprochen, als Nicky Handy
schellte.
„Na also wer sagt's denn." Nicky nahm das Gespräch
an. Alle sahen ihn gespannt an, keiner sagte einen Mucks.
„Okay
Leute, sie sind in fünf Minuten hier."
„Na endlich. –
Marielle mach das Licht aus."
„So da wären wir. Ich
trag dir die Tasche noch schnell rein und dann lass ich dich in
Ruhe." Dave stieg aus dem Auto.
„Ja klar, kein Grund zu feiern
das ihr mich nach Monaten wieder seht und ich wieder einigermaßen
fit bin.", murmelte Kian vor sich hin.
„Kommst du, oder willst
du im Auto schlafen?", rief Dave der schon fast an Kians Haustür
war.
„Komm ja schon!" Auch Kian stieg aus und ging, den Weg
durch den Vorgarten, zur Haustür, entlang.
Dave verriegelte
das Auto und wandte sich zu Kian, der damit beschäftigt war die
Haustür aufzuschließen.
„Na dann komm mal mit rein."
Dave folgte Kian ins Innere des Hauses und schloss die Tür
hinter sich.
„Ach Kian, ehe ich es vergesse. Ich sollte dir doch
sagen, das du Besuch hast!"
„Ich? Sag mal geht's dir gut,
Dave?" Kian sah von Dave in sein Wohnzimmer, aus diesem ihm Seine
Familie und Freunde entgegen lachten.
„Was macht ihr denn
hier?"
„Na was glaubst du denn? Hast du wirklich gedacht, wir
schmeißen keine Willkommensparty wenn du nach Monaten wieder
nach Hause kommst?"
Jessica, Lilly und Alexander
saßen und den Küchentisch herum.
Den ganzen Tag hatten
Jessica und Alexander erzählt wie die ersten Monate mit Thomas
gelaufen waren.
„So, jetzt haben wir den ganzen Tag erzählt,
nun bist du dran." Alexander schenke seiner Schwester Wein
nach.
„Alex, willst du mich abfüllen? Eigentlich wollte ich
heute noch nach Sligo."
„Quatsch, du bleibst natürlich
hier." Jessica duldete keinen Wiederspruch.
„Also gut. Wo soll
ich anfangen?"
„Hmm.. wie wäre es wenn du von Vorn
anfängst?" Alexander grinste.
„Na gut. Ihr wisst ja von
Mum und Dad das ich es, hier in Irland, nicht mehr ausgehalten habe.
Ich hab mich in den nächsten Flieger nach Spanien gesetzt und
bin bei Franziska und Valentin untergetaucht. Die Beiden haben mich
in Ruhe gelassen und irgendwann ging es mir besser. Und dann dachte
ich, entweder du fliegst wieder zurück und erträgst wieder
die mitleidigen Blicke, oder du machst eine Rundreise durch Europa.
Am nächsten Tag habe ich mir einen Wagen geliehen und bin nach
Südfrankreich gefahren. So ging es weiter, ich habe mir Belgien,
die Niederlande, Deutschland, die Schweiz und noch viel mehr
angesehen. Habe viele Kulturen kennen gelernt und letzte Woche hab
ich dann Heimweh bekommen. Da wusste ich auf einmal, es ist Zeit
wieder nach Hause zu kommen um meine Familie und meine Freunde wieder
zusehen."
„Du hast dich also wieder gefangen?" Alexander
hatte den Verdacht, dass Lilly nur die Starke spielte und sich Abends
im Bett immer noch die Augen ausheulte.
„Mir geht es gut. –
Seit mir nicht böse, aber ich würde jetzt gern schlafen
gehen."
„Klar, komm ich zeig dir das Gästezimmer."
Jessica und Lilly verschwanden nach Oben.
„Jess?"
Alexander sah seine Frau an, die in seine Armen lag und schon fast
eingeschlafen war.
„Hmm..."
„Glaubst du, Lilly geht es
wirklich gut?"
„Ich weis es nicht, klar hilft Abstand, um den
Schmerz zu verdrängen, aber deshalb ist er noch lange nicht
weg."
„Was hältst du davon, wenn wir anbieten ins
Gartenhäuschen zu ziehen? Sie stört niemanden und muss
nicht direkt wieder in ihre Wohnung zurück."
„Mich musst
du nicht frage, mich stört Lilly nicht. Du musst sie fragen ob
sie will! – Jetzt lass uns schlafen, unser Sohn hält noch
nicht viel vom ausschlafen."
„Gute Nacht Jess."
„Gute
Nacht."1 Woche später
Kian war gerade dabei den
Frühstückstisch zu decken, als das Telefon schellte.
„Egan,
hallo?"
„Morgen Kian."
„Nicky? Warum rufst du so früh
an? Ist was passiert?"
„Nein, alles okay. Wie sieht's aus,
kommst du vorbei?"
„Heute?"
„Klar heute! Die Anderen
kommen auch. Also?"
„Klar komm ich. - Wann?"
„Na ich
würde sagen, so gegen Nachmittag. Gina überlegt schon den
ganzen Morgen ob sie einen Kuchen backen soll."
„Sag ihr sie
soll sich keine Umstände machen. – Bist nachher dann."
„Ciao
Kian." Nicky legte auf.
Kian wurde das Gefühl einfach nicht
los das seine Freunde sich um ihn sorgten.
Anfangs war es ja noch
ganz unterhaltsam, aber er war jetzt eine Woche wieder Zuhause und
hatte mehr Zeit mit seinen Freunden verbracht, als allein.
Alle
wollten das er sie besuchte, oder sie besuchten ihn.
Heute bei
Nicky und Georgina war der richtige Zeitpunkt um klar zu stellen, das
es ihm gut ging und er nicht jeden Tag einen oder gar mehrer
Aufpasser brauchte.
23
Nachdem Jessica und Alexander
Lilly überredet hatten, in das voll eingerichtete Gartenhaus zu
ziehen, war alles ganz schnell gegangen.
Alexader war mit ihr nach
Sligo gefahren, die beiden hatte Lillys Sachen zusammen gepackt und
alles in die Beiden Autos verladen.
Das auspacken und einrichten
dauerte schon etwas länger, doch gestern war Lilly endlich
fertig geworden. All ihre Sachen waren verstaut und das Häuschen
war richtig wohnlich und gemütlich geworden.
An diesem
Samstag saß Lilly, in eine dicke Decke gewickelt, in ihrem
Ohrensessel und war in das Buch vertieft, was sie in der Hand
hielt.
Alexander würde erst heute Abend von seiner
Dienstreise zurück kommen und Jessica war mit Thomas zu ihren
Eltern gefahren. Sie hatte Lilly angeboten mitzukommen, doch Lilly
wollte nach den ganzen Tagen, die sie in Gesellschaft von ihrer
Schwägerin und ihres Neffen verbracht hatte, endlich mal wieder
allein sein.
„Jess? Alex? Ist einer Zuhause?" Lilly hörte
eine weibliche Stimme im Garten.
Sie stand auf und ging raus um
nachzusehen wer dort war.
„Hallo? Wer sind sie? Was machen sie
hier?" Die Frau kam auf Lilly zu.
„Das selbe könnte ich
sie fragen."
„Ich hab aber zu erst gefragt." Die Fremde
verschränkte die Arm vor der Brust.
„Also gut, ich bin
Lilly McNight, und sie?"
„Georgina Byrne. – Was machen sie
auf dem Grundstück der Familie Richards?"
„Misses Byrne,
ich bin die Schwester von Alex."
„Oh... Alex hat viel von
dir... äh von ihnen erzählt."
„Dir ist schon gut!
Ich hoffe nur Gutes."
„Ja. Wir sind Nachbar, ich wohne mit
meinem Mann nebenan."
„Dann ist das ihr Hund, der immer durch
das Lock im Zaun kommt?"
„Keano, ja. Er findet es hier drüben
toll, ich hoffe er stört dich nicht?"
„Nein, er bekommt
seine Streicheleinheit und dann verschwindet er wieder. – Falls du
ihn such, hier ist er nicht."
„Nein. Eigentlich suche ich
Jess."
„Die ist nicht da, tut mir leid."
„Mist!"
„Kann
ich dir vielleicht helfen?"
„Kannst du backen?"
„Na ja,
nicht unbedingt eine Sahnetorte, aber einen Käsekuchen und ein
paar Waffeln krieg ich hin."
„Das ist ja spitze! Ähm...
könntest du mir vielleicht ein Gefallen tun?"
„Nun ja,
mein Buch kann warten, also könnte ich dir beim backen helfen."
Grinste Lilly.
„Super, am besten du kommst mit rüber zu
uns!"
„Na dann mal los." Lilly zog die Tür den
Gartenhäuschen hinter sich zu und folgte Georgina.
„Und?
Hast du Jess gefunden?" Eine männliche Stimme drang aus dem
Zimmer das an die große Diele grenzte.
„Nein, aber ich
hab trotzdem eine Retterin gefunden."
„Ach ja? Auf der Straße,
oder wie?" Der Mann zu dem die Stimme gehörte kam in die
Diele.
„Darf ich vorstellen, Lilly das ist mein Mann Nicky.
Nicky das ist Lilly McNight, Alex Schwester."
„Hallo, freut
mich dich endlich mal persönlich kenne zu lernen." Nicky
reichte ihr die Hand.
„Alex muss ja ganz schön viel von mir
erzählt haben."
„Das hat er und er hat nicht zu viel
versprochen!" Georgina ging grinsend Richtung Küche.
„Na
dann mal los!" Lilly war ihr gefolgt.
„Am besten du sagst mir
was ich machen musst und dann kannst du auch wieder los. Ich will
dich nicht aufhalten!"
„Ich hatte eh nichts vor. Wenn ich
einmal hier bin, kann ich dir auch helfen."
„Du musst..."
„Ist
schon gut, ich war in den letzten Tagen immer mit Menschen zusammen
und heute war ich allein. Wahrscheinlich wäre mir die Decke auf
den Kopf gefallen, wenn du nicht gekommen wärst. Also los
geht's!"
„Okay."
Eine Stunde später war der
Kuchen im Ofen, das Waffeleisen und der Teig standen einsatzbereit
auf der Arbeitsplatte.
„War gar nicht so schwer." Georgina
klopfte das Mehl von ihrer Hose
„Backen ist ja auch nicht
schwer!"
„Na? Das letzte mal als Gina gebacken hat, war der
Kuchen steinhart." Nicky lehnte im Türrahmen.
„Wahrscheinlich
lag DAS aber eher daran das die Eieruhr kaputt war, als an Ginas
Backkünsten."
„Siehst du Schatz, das erzähl ich dir
schon all die Jahre."
„Das ihr Frauen auch immer einen
Sündenbock haben müsst. Eieruhren haben auch Gefühle,
denkt mal drüber nach." Nicky sagte das tot ernst, begann dann
aber doch an zu lachen. Lilly und Georgina stimmten mit ein.
„Na
ja, ich werd dann mal wieder Rüber gehen."
„Du gehst
nirgendwo hin. Du hast mir beim backen geholfen, dann bleibst du auch
zum Kaffe. Unsere Freunde müsste auch gleich da sein."
„Ich
werde doch nur stören."
„Quatsch! Gina hat Recht.
Außerdem beißen unsere Freunde nicht!"
„Also gut,
dann geh ich mir schnell was anderes anziehen und komm dann
wieder."
„Bis gleich."
Lilly verschwand durch die
Hintertür.
24
Lilly hatte sich eine andere Jeans und
einen Pullover angezogen und Jessica noch eine Nachricht hinterlassen
wo sie steckte. Jetzt schlüpfte sie wieder durch das Loch im
Zaun, das durch den täglichen Gebrauch von Keano eine stattlich
Größe angenommen hatte.
Kian hatte gerade das Auto
abgestellt, als er die fremde Frau durch ein Loch in Zaun auf das
Anwesen kommen sah.
Er musterte sie. In der Jeans und dem
Pullover, den sie trug sah sie elegant aus. Das braune lockige Haar,
reichten bis zu den Armbeugen. Ihr Gesicht konnte er leider vom Auto
aus nicht sehen.
Was machte sie überhaupt hier, dachte er
und steig aus.
„Entschuldigung, Miss? Was machen sie hier?"
Lilly drehte sich um, als sie hinter sich eine männliche Stimme
hörte
„Ich bin hier zum Kaffe eingeladen, sie müssen..."
Kian unterbrach sie.
„Ich kann mir nicht vorstellen, das sie bei
Mister und Misses Byrne zum Kaffe eingeladen sind."
„Ach ja,
und warum nicht?"
„Weil sie dann, wie jeder andere Gast, durch
das Tor da unten hätten kommen können, wenn sie allerdings
nicht eingeladen sind, erklärt das, warum sie vom neben
Grundstück, durch den Zaun steigen."
„Ich wohne auf
diesem Grundstück und durch das Loch im Zaun bin ich nur
geschlüpft, weil ich keine Lust hatte den langen Weg zu
laufen."
„Ich glaube ihnen kein Wort."
„Wie wäre
es wenn wir einfach den Hausherren fragen, ob ich eingeladen
bin?"
Kian wollte gerade auf die Tür zu gehen, als selbe
sich öffnete und Nicky im Türrahmen erschien.
„Kian,
da bist du ja! Und Lilly hast du auch schon kennen gelernt. – Kommt
rein!"
Lilly ging grinsend an Kian vorbei und folgte Nicky ins
Haus.
„Lilly da bist du ja, wir dachten schon du kommst
nicht wieder.", grinste Georgina, als Lilly das Wohnzimmer
betrat.
„Lilly und Kian haben sich nur vor der Tür schon
mal unterhalten." Nicky sah von Lilly zu Kian der nun auch ins
Wohnzimmer kam.
Während Kian die anderen Anwesenden
freundschaftlich begrüßte, stand Lilly etwas verloren in
dem großen Wohnzimmer.
„Also Leute, das ist Lilly, meine
Retterin in der Not. Das es heute Kuchen gibt hat ihr allein Lilly zu
verdanken. – Lilly das sind Shane und Gil, Mark und Kevin ja und
Kian kennst du ja bereits."
„Wenn wir uns jetzt alle
kennen, können wir doch auch essen." Nicky sah fragend in die
Runde.
„Gina, hast du ihm wieder nichts zu essen gegeben?",
grinste Shane.
„Ihr wisst doch, mein Mann bekommt nur was
essbares zu Gesicht, wenn Besuch kommt. – Los, ab ins Esszimmer mit
euch!"
Sie setzten sich alle um den großen, ovalen
Tisch, auf dem ein riesiger Strauss, gelber und weißer, Tulpen
stand.
Kian hatte den Platz neben Lilly eingenommen und lächelte
sie flüchtig an.
„Es tut mir leid, das ich dir nicht
geglaubt habe."
„Schon gut, mir würde es wahrscheinlich
auch etwas komisch vorkommen, wenn eine wildfremde Person durch ein
Loch im Zaun auf das Grundstück meiner Freunde gelangen
würde."
Georgina reichte jedem ein Stück von dem
Kuchen.
„Der schmeckt wunderbar, so leckeren Käsekuchen
macht eigentlich nur meine Mutter.", sagte Mark begeistert.
„Das
Rezept hab ich mal von meiner Schwiegermutter bekommen."
Kian
verschluckte sich an einem Stückchen Kuchen.
„Sie sind
verheiratet?"
„Ich war... ich bin... mein Mann ist
gestorben."
Es wurde still, keiner hatte mit so einer Antwort
gerechnet.
„Das tut mir leid."
„Du konntest es ja nicht
wissen.", sagte Lilly abwegig. 25
„Lilly, wo warst
du denn?" Jessica kam auf Lilly zu gelaufen, als diese wieder durch
das Loch im Zaun schlüpfte.
„Ich war bei Gina und
Nicky."
„Oh, wir haben uns sorgen gemacht."
„Das dachte
ich mir, deshalb hab ich ja auch einen Zettel da gelassen, aber
anscheinend hast du den nicht gesehen."
„Na ja, ich war noch
nicht im Haus. Nachdem ich nach Hause gekommen bin, wollte ich mich
bei dir zurück melden und hab dich im Gartenhäuschen nicht
gefunden."
„Und da dachtest du, Lilly hat sich bestimmt von
den nächsten Klippen gestürzt."
„Nein, ich hab mir
einfach nur sorgen gemacht."
„Schon verstanden, Jess."
„Na
ja, ich werd Thomas dann mal ins Bett bringen. Guten Nacht
Lilly."
„Gute Nacht Jess!" Lilly verschwand im inneren der
Häuschens.
Lilly lies sich in den Ohrensessel fallen.
Sie
hatte an diesem Tag zum ersten mal die Wahrheit ausgesprochen ohne
danach in eines dieser tiefen Löcher zu fallen. Sie hatte laut
ausgesprochen das ihr Mann tot war und es hatte ihr nicht mehr solch
einen stechenden Schmerz versetzt wie noch vor vier Wochen.
Es
hatte ihr gut getan wieder in der Gesellschaft von Leuten zu sein,
die nicht zu ihrer Familie gehörten. Der Nachmittag hatte sich
noch ganz lustig gestaltet.
Alle waren nett zu Lilly gewesen und
hatten ihr nicht die üblichen mitleidigen Blicke zu geworfen wie
die Anderen, die sie nach Kevins Tod getroffen hatte. Vor allem Kian
ging ihr nicht mehr aus dem Kopf.
Lilly hatte die
ganze Nacht wach gelegen und nachgedacht. Sie war entschlossen ihren
Beruf endlich aufzunehmen. Sie konnte nicht ewig von dem Geld leben,
das Kevin ihr hinterlassen hatte und sie wollte auch nicht davon
leben. Diese Geld sollte für sie Beide sein, nicht nur für
sie. Und schon gar nicht, weil Lilly nicht ihr eigenes Geld verdiente
um sich über Wasser zu halten. Außerdem wollte sie Jessica
und ihrem Bruder Miete für das Häuschen zahlen. Sie wollte
kein Mitleid mehr und schon gar nicht wollte sie von der
Großzügigkeit Anderer leben.
Entschlossen griff sie zum
Telefon und wählte die Nummer ihrer Eltern.
„Richards,
hallo?" Lilly hörte die Stimme ihrer Mutter am anderen
Ende.
„Morgen Mum."
„Lilly? Was ist los? Warum rufst du
an?"
„Mum, ich wollte euch heute mal besuchen kommen."
„Du
weist doch, Schatz. Du kannst kommen wann du willst."
„Ich
weis, wie wäre es wenn wir uns zum Mittagessen treffen?"
„Gern,
sagen wir um eins in der Firma?"
„Klingt super. Bis nachher
Mum."
„Bis nachher Lilly."
Es war
viertel vor eins, als Lilly ihr Auto auf dem Firmenparkplatz
abstellte.
Zielstrebig ging sie auf das Gebäude zu, indem
sich das Architekturbüro ihrer Eltern befand.
Sie betrat das
Gebäude, grüßte im vorbeigehen die Empfangsdame und
stieg in den Fahrstuhl.
Vor dem Büro ihrer Mutter stoppte
sie. Sie klopfte an.
„Herein. – Lilly, ich bin sofort fertig.
Kleinen Moment noch."
„Kein Problem, lass dir Zeit." Lilly
setzte sich auf einen der Stühle, die vor dem Schreibtisch ihrer
Mutter standen.
„Viel zu tun?" Lilly sah die Entwürfe,
die ihre Mutter begutachtete.
„Das kannst du laut sagen. Seit
Alice und Nadine in den Mutterschaftsurlaub gegangen sind geht es
hier drunter und drüber. Dein Vater weigert sich zwei neue
Kräfte einzustellen, also schieben wir alle extra
Schichten."
„Also könntet ihr jemanden gebrauchen?"
„Ja,
wieso kennst du jemanden?"
„Wie wäre es denn mit
mir?"
„Du willst wirklich arbeiten? Hör mal Lilly, wenn
du Geld brauchst, dein Vater und ich können dir unter die Arme
greifen."
„Nein Mum! Darum geht es ja gar nicht. Ich will was
zu tun haben. Hätte ich keine Rundreise durch Europa gemacht,
würde ich schon längst bei euch arbeiten. Und als ich mir
das Gartenhäuschen von Jess und Alex eingerichtet habe, ist mir
wieder in den Sinn gekommen, warum ich Architektur studiert
habe."
„Wie wäre es, wenn wir beim essen über deinen
Arbeitsvertrag sprechen."
Lillys Kopf schnellte herum, im
Türrahmen stand ihr Vater.
„Heißt das, ich hab den
Job?"
„Ich konnte meiner Prinzessin doch noch nie was
abschlagen." Grinste Colin.
„Danke Dad." Lilly umarmte ihren
Vater.
Fenella ging um das Haus ihres Bruders herum. Sie hatte geklingelt, doch Kian hatte nicht geöffnet. Nun sah sie durch die Fenster ins Innere des Hauses. Er scheint wirklich nicht da zu sein, dachte sie und ging zurück zu ihrem Auto.
„Fenella? Was machst du denn hier?" Kian ging
schnellen Schrittes auf seine Schwester zu.
„Kian, da bist du
ja."
„Ich musste nachdenken und da bin ich im Park spazieren
gegangen und was machst du hier?"
„Ich wollte dich zum essen
einladen."
„Schickt Mum dich?"
„Nein. Daniel hat mir
einen Korb gegeben und da..."
„... muss dein Bruder
herhalten?"
„Genau, also was ist? Hast du Lust auf
italienisches Essen und ein Gespräch mit deiner
Schwester?"
„Gern."
„Na dann, worauf wartest du noch?
Ab ins Auto und los geht's."
Kian und Fenella betraten das
kleine, gemütliche, italienische Restaurante in der
Innenstadt.
„Fenella, sind sie heute ohne ihren Mann
hier?"
„Hallo Alberto. – Ja, ich habe heute meinen Bruder
mitgeschleppt."
„Na dann kommen sie mal mit." Alberto führte
sie zu einem Tisch und verschwand wieder.
„Sag mal seit ihr
öfter hier?"
„Eigentlich jeden Tag. Du weist doch was ich
von kochen halte und da Emilie immer im Kindergarten isst gehen
Daniel und ich meistens essen."
„Wenn das Mum wüsste.",
schmunzelte Kian.
„Es wäre toll wenn sie es nicht erfahren
würde. Sie würde nur predigen das ich meiner Familie was
anständiges kochen sollte. Du kennst sie doch."
„Oh
ja."
„So, jetzt erzähl doch mal, was hat dich so
beschäftigt."
„Ich war gestern bei Nicky und Gina und da
bin ich einer unglaublichen Frau begegnet."
„Unglaublich sagst
du?"
„Ja. Fe, ich hab die halbe Nacht wach gelegen und
überlegt, ob ich Gina nach ihrer Telefonnummer fragen
soll."
„Und? Hast du?"
„Nein, die ganze Sache ist
kompliziert. Ihr Mann ist vor einem halben Jahr gestorben, sie wird
einen Teufel tun und sich mit mir treffen."
„Woher willst du
das denn wissen? Hör mal, du hast doch nichts zu verlieren.
Entweder sie geht mit dir aus oder eben nicht."
„Vielleicht
hast du Recht."
„Ganz bestimmt hab ich Recht, ich bin deine
Schwester.", grinste sie.
Fenella ging um das
Haus ihres Bruders herum. Sie hatte geklingelt, doch Kian hatte nicht
geöffnet. Nun sah sie durch die Fenster ins Innere des Hauses.
Er scheint wirklich nicht da zu sein, dachte sie und ging zurück
zu ihrem Auto.„Fenella? Was machst du denn hier?" Kian ging
schnellen Schrittes auf seine Schwester zu.„Kian, da bist du
ja."„Ich musste nachdenken und da bin ich im Park spazieren
gegangen und was machst du hier?"„Ich wollte dich zum essen
einladen."„Schickt Mum dich?"„Nein. Daniel hat mir einen Korb
gegeben und da..."„... muss dein Bruder herhalten?"„Genau,
also was ist? Hast du Lust auf italienisches Essen und ein Gespräch
mit deiner Schwester?"„Gern."„Na dann, worauf wartest du
noch? Ab ins Auto und los geht's."Kian und Fenella betraten das
kleine, gemütliche, italienische Restaurante in der
Innenstadt.„Fenella, sind sie heute ohne ihren Mann hier?"„Hallo
Alberto. – Ja, ich habe heute meinen Bruder mitgeschleppt."„Na
dann kommen sie mal mit." Alberto führte sie zu einem Tisch
und verschwand wieder.„Sag mal seit ihr öfter
hier?"„Eigentlich jeden Tag. Du weist doch was ich von kochen
halte und da Emilie immer im Kindergarten isst gehen Daniel und ich
meistens essen."„Wenn das Mum wüsste.", schmunzelte
Kian.„Es wäre toll wenn sie es nicht erfahren würde. Sie
würde nur predigen das ich meiner Familie was anständiges
kochen sollte. Du kennst sie doch."„Oh ja."„So, jetzt erzähl
doch mal, was hat dich so beschäftigt."„Ich war gestern bei
Nicky und Gina und da bin ich einer unglaublichen Frau
begegnet."„Unglaublich sagst du?"„Ja. Fe, ich hab die halbe
Nacht wach gelegen und überlegt, ob ich Gina nach ihrer
Telefonnummer fragen soll."„Und? Hast du?"„Nein, die ganze
Sache ist kompliziert. Ihr Mann ist vor einem halben Jahr gestorben,
sie wird einen Teufel tun und sich mit mir treffen."„Woher willst
du das denn wissen? Hör mal, du hast doch nichts zu verlieren.
Entweder sie geht mit dir aus oder eben nicht."„Vielleicht hast
du Recht."„Ganz bestimmt hab ich Recht, ich bin deine
Schwester.", grinste sie.
27
„Hallo Alberto, wir hätten
gern einen Tisch für drei Personen."
„Mister Richards! –
Natürlich, wenn sie mir bitte folgen würden." Alberto
führte die Drei zu einen Tisch der unmittelbar neben dem stand,
an den er Minuten zuvor erst Fenella und Kian geführt hatte.
„Ich bring ihnen gleich die Karten.", meinte er und wandte
sich dem anderen Tisch zu.
„Haben sie schon gewählt?"
Alberto blickte fragend von Fenella zu Kian.
„Ja, ich hätte
gern die Lasagne und dazu noch eine Apelschorle."
„Ich schließ
mich meiner Schwester an." Kian reichte Alberto seine Karte.
Dieser
verschwand wieder.
Hatte Lilly gerade richtig gehört? War
das Kians Stimme gewesen, die sie da hinter sich gehört hatte.
Zaghaft drehte sie sich um und sah nur einen Hinterkopf. Haarschnitt
und Haarfarbe hätten zu Kian gepasst.
Sollte sie es wagen und
ihn einfach ansprechen?
Fenella sah die junge Frau, an dem
Nachbartisch.
Sie starrte Kian an. Fenella ahnte schon was gleich
passieren würde, die junge Frau würde nach einer Serviette
und einem Kugelschreiber greifen und Kian um ein Autorgramm
bitten.
„Kian, die Frau da hinter dir, starrt dich schon eine
Zeit lang an", flüsterte sie.
Kian verdrehte die Augen eher
er sich umdrehte.
Lilly wollte gerade den Mund aufmachen, als
Kian sich zu ihr umdrehte.
„Lilly? Du hier? Das ist aber ein
Zufall!" Er schenkte ihr eines seiner schönsten Lächeln
und Lilly wurde schlagartig heiß und kalt.
„Kian, hallo.
Das wir uns so schnell wieder sehen hätte ich nicht
gedacht."
Colin und Ruth sahen sich fragen an. Woher kannte Lilly den Mann nur. Sie Beide hatten ihn zwar schon mal irgendwo gesehen, aber nicht in Verbindung mit ihrer Tochter.
Fenella
sah verwundert von ihrem Bruder zu der Frau, die er Lilly genannt
hatte.
War das die Frau von gestern? Die von der er zuvor noch
erzählt hatte?
Lilly blickte zu der Frau die mit Kian am
Tisch saß.
Ist das etwa seine Freundin, schoss es ihr in
den Kopf.
Er hatte am Abend zuvor nichts von einer Freundin oder
der gleichen gesprochen.
„Sag mal Lilly, willst du uns den
Herrn nicht vorstellen?" Colin, der endlich wissen wollte woher
seine Tochter diesen Mann kannte, handelte sich für diese Frage
einen strafenden Blick von seiner Frau ein.
„Ja, ähm...
Mum, Dad, das ist Kian Egan... wir heben uns gestern kenngelernt...
Kian, das sind meine Eltern Ruth und Colin Richards."
„Angenehm",
meinte Kian und reichte den Beiden die Hand.
Ruth sah von dem
jungen Mann zu seiner hübschen Begleiterin.
Fenella sah
den Blick und ergriff das Wort.
„Wenn Kian mich nicht vorstellt,
muss ich das eben selber tun", lächelte sie. „Ich bin
Fenella Lew, Kians große Schwester."
Lilly war sichtlich
erleichtert.
Alberto kam mit dem Essen.
„Na ja, man sieht
sich", meinte Kian und setzte sich wieder richtig auf seinen
Stuhl.
„Ja klar." Lilly drehte sich enttäuscht um.
Kian
hätte sich ohrfeigen können, was blöderes hätte
er ja wohl nicht sagen können. Dabei hatte er sich gefreut sie
wieder zu sehen.
Damit hatte sich die Sache ja wohl erledigt.
Lilly konnte er abschreiben.
Lilly war von sich selbst und
Kian enttäuscht.
Er schien nicht wirklich erfreut gewesen zu
sein, sie wieder zu sehen und Lilly konnte das auch irgendwie
verstehen. Immerhin hatte sie es nicht geschafft einen vernünftigen
Satz heraus zu bringen.
Fenella sah, wie Lilly in der
Damentoilette verschwand.
Sie legte ihr Besteck auf den Teller,
nahm ihre Handtasche und folgte ihr.
Lilly wusch sich gerade die
Hände, als Fenella die Damentoilette betrat.
„Lilly, kann
ich mal mit ihnen reden?"
„Ja klar, worum geht es denn?"
„Um
Kian. Hören sie, sie müssen ihm noch eine Chance geben.
Bevor sie kamen hat er mir von gestern Abend erzählt. Er war
begeistert von dem Abend und von ihnen, er wollte Gina sogar nach
ihrer Nummer fragen, hatte dann aber Skrupel wegen... na ja... wegen
ihrem Mann."
„Verstehe. Und was soll ich, ihrer Meinung nach,
jetzt machen?"
„Hören sie, am Donnerstag ist Kians
Geburtstag, wir haben für ihn eine Überraschungsparty
geplant. Was halten sie davon wenn sie auch zu dieser Party
kommen?"
„Ich?... Ich weis nicht." Lilly zögerte, was
wenn Kian sie wirklich nicht wieder sehen wollte.
„Kian würde
sich bestimmt sehr freuen. – Sie können es sich ja überlegen."
Fenella fischte ein Stück Papier und einen Kugelschreiber aus
ihrer Handtasche, kritzelte Datum, Uhrzeit und Adresse drauf und
reichte ihn Lilly.
28
„Lilly? Bist du da?"
Jessica klopfte an der Tür des Gartenhäuschens.
„Ja,
komm rein."
„Hey, störe ich?"
„Nein, ich bin so
wieso nicht bei der Sache."
„Was wolltest du denn machen?"
Jessica setzte sich in den Ohrensessel.
„Ich hab mich heute mit
Mum und Dad getroffen, vor dir steht die neue Mitarbeiterin im
Architekturbüro Richards"
„Nein, das ist ja super."
Jessica umarmte ihre Schwägerin.
„Ja und jetzt hab ich
schon die ersten Probleme."
„Warum? Was ist denn los?"
„Na
ja, ich hab Mum und Dad gebeten mich, in Sachen Arbeit, wie eine
Mitarbeiterin zu behandeln und nicht wie ihre Tochter."
„Und
jetzt bereust du es schon?"
„Nein... Doch... Ich weis auch
nicht, ich soll bis morgen ein Paar Entwürfe machen, aber meine
Gedanken schweifen immer ab."
„Willst du vielleicht drüber
reden?"
„Ich hab dir doch erzählt das ich gestern bei
Gina und Nicky war."
„Ja, und?"
„Na ja, ich hab Kian
kennen gelernt, wir haben uns ganz angeregt unterhalten und seit
gestern ist er mir nicht mehr aus dem Kopf gegangen. Und als ich
heute mit Mum und Dad bei Alberto essen war, hab ich ihn mit seiner
Schwester dort getroffen. Er hat nichts gescheites gesagt, eben so
wenig wie ich."
„Und jetzt grübelst du, ob und wie du
noch mal mit ihm in Kontakt treten kannst?"
„Nicht ganz, seine
Schwester hat mich zu seiner Geburtstagsparty am Donnerstag
eingeladen."
„Aber das ist doch super. – Oder etwa
nicht?"
„Ich weis es ja eben nicht. Seit zwei Stunden überlege
ich nun schon ob ich zu dieser Party gehen soll und ob es nicht noch
zu früh ist."
„Lilly, ob es zu früh ist, sich wieder
mit einem Mann zu treffen ist ganz allein deine Sache, da kann dir
niemand rein reden. Du musst wissen wann der richtige Zeitpunkt ist.
Es ist dein Leben und du entscheidest was und wie du es
machst."
Lilly seufzte. Wo war nur ihr Selbstbewusstsein? Sie
mochte Kian, warum sollte sie also nicht zu seiner Party
gehen.
„Danke fürs zuhören, Jess."
„Kein
Problem. – Sag mal, du weist aber schon wen du dir da geangelt
hast?" Jessica grinste.
„Also erstens hab ich ihn mir nicht
geangelt und zweitens weis ich nicht wovon du gerade redest. Weist du
mal wieder was, was an mir vorüber gegangen ist?"
„Ihr
habt also gestern Abend nicht darüber gesprochen was ihr so
beruflich macht?"
„Nein. Hätten wir das vielleicht tun
sollen?"
„Nö, ich mein ja nur. Hätte ja schließlich
sein können."
„Jess, mach es doch nicht so spannend, rück
schon raus mit damit. Du weist doch was."
„Ich seh schon, du
tappst wirklich im Dunkeln. Hast du schon mal was von Westlife
gehört?"
„Nein." Lilly schüttelte den Kopf.
„Sollte man davon gehört haben?"
„Na ja, wie man's
nimmt."
Lilly verstand nur noch Bahnhof.
„Mensch Lilly, die
vier Jungs sind in einer der angesagtesten Bands in Europa."
„Du
willst mich doch auf den Arm nehmen."
„Nein, wirklich nicht.
Als die Nachbarin von gegenüber Alex und mir die Sache erzählt
hat, haben wir auf gedacht die spinnt, aber dann hab ich den Namen
mal bei Google eingegeben, du glaubst nicht wie viele Erfolg die
haben."
29
3 Tage später
Lilly bog in die
Straße ein, die Fenella auf den Zettel geschrieben hatte.
Sie
hatte noch lange, nach dem Gespräch mit Jessica, darüber
nachgedacht, ob sie wirklich zu dieser Party gehen sollte. Letztlich
hatte sie sich aber entschieden hin zu gehen, auch wenn die Chance
bestand das Kian nicht erfreut war sie zu sehen.
„20.. 22.. 24..
26, hier muss es sein." Lilly parkte in der Parklücke, direkt
vor dem Haus.
„Na wirklich viel los ist hier aber nicht."
Lilly sah auf ihre Armbanduhr und prüfte nochmals Datum, Uhrzeit
und die Adresse. Sie war pünktlich auf die Minute, der richtige
Tag war auch und vor dem richtigen Haus stand sie ebenfalls.
Vielleicht war die Party ja auch abgesagt oder verschoben worden und
keiner hatte ihr Bescheid gesagt, warum auch, offiziell war sie ja
nicht eingeladen.
„Lilly?"
Sie erschrak, als sie neben
sich eine männliche Stimme vernahm. Lilly öffnete die Tür
und stieg aus.
„Nicky... Gina... Hey!"
„Lilly
was machst du hier?"
„Ich? Wahrscheinlich mache ich das selbe
wie ihr."
„Du gehst zu Kians Geburtstagsparty?" Nicky klang
skeptisch.
„Warum denn nicht? – Aber wie es scheint wurde das
ganze sowieso abgesagt, immerhin hört es sich nicht so an, als
wenn da drin ne Party steigt."
„Wäre ja auch ziemlich
doof, immerhin sollte es ja auch ne Überraschung werden."
„Ja
genau, und wenn wir jetzt hier noch weiter stehen, dann sieht Kian
uns und die Überraschung ist hin." Georgina ging Richtung
Haustür. Nicky und Lilly folgten ihr.
Kian
parkte in der Einfahrt seiner Eltern.
Niemand hatte den Tag über
angerufen um ihm zum Geburtstag zu gratulieren. Keiner war vorbei
gekommen, noch nicht mal eine E-Mail war in seinem Postfach
gewesen.
Am Nachmittag hatte dann doch sein Telefon geschellt. Es
war Marielle gewesen, die gefragt hatte ob er zum wöchentlichen
Spiele-Abend kommen würde.
Danach war Kian davon überzeugt
gewesen, das Alle seinen Geburtstag vergessen hatten. Seine kleine
Schwester hätte es nicht fertig gebracht den Mund zu halten,
hätte sie es nicht wirklich vergessen. Scheinbar war es Allen
entfallen.
Den ganzen Tag hatte Kian auf der Couch vor dem
Fernsehen verbracht und Abends hatte er sich dann doch aufgerafft und
war zu seinen Eltern gefahren.
Er stieg aus und ging Richtung
Haustür. Als er von weitem die offenstehende Haustür sah,
beschleunigte er seine Schritte und betrat das Haus.
„MUM, DAD?
Ist einer Zuhause?", schrie er.
Er sah erst im Obergeschoss
nach, dann in der Küche und schließlich stand er vor der
geschlossenen Wohnzimmertür.
Kian hatte ein flaues Gefühl
in der Magengegend, als er die Tür öffnete und nach dem
Lichtschalter tastete. Endlich gefunden, schaltete er das Licht
an.
„ÜBERRASCHUNG!" Das gesamte Wohnzimmer war voller
Menschen, Allen voran seine Familie.
„Was... was macht ihr alle
hier?"
„Alles Liebe zum Geburtstag, mein Junge." Patricia
gab ihm einen Kuss auf die Wange, ehe er von seinem Vater in eine
Umarmung gezogen wurde.
„Was wir hier machen kann ich dir
sagen." Nicky grinste. „Wir feiern deinen Geburtstag, wenn du
willst, kannst du dir ein Drink nehmen und mitfeiern. – Komm her
und lass die drücken, du alter Mann."
„Immerhin bin ich
noch nicht so alt wie du, Byrne."
„Du weist doch, man ist
immer so alt wie man sich fühlt."
„Ich weis nur, das DU
immer das letzte Wort haben musst.", lachte Kian.
„Ich würde
sagen, „Auf Kian"." Shane erhob sein Glas.
„Auf Kian."
Die restlichen Gäste taten es ihm gleich.
„Lilly? Du
bist auch hier?" Kian ging durch dir Menge auf Lilly zu.
„Ja.
Herzlichen Glückwunsch. – Fenella hat mich eingeladen, ich
hoffe es stört dich nicht?"
„Nein! Ganz im Gegenteil. Ich
freue mich sehr das du da bist." Kian hätte Fenella knutschen
können.
„Lilly, das da Montag, bei Alberto. Ich weis auch
nicht was mit mir los war, ich glaube es war ein
Schüchternheitsanfall, wie ich ihn als Teenager immer hatte."
Kian lächelte.
Da war es wieder. Lilly lief es warm und kalt
den Rücken runter und sie konnte nichts dagegen tun.
„Ich...
Wir hatten Beide so einen Anfall würde ich sagen."
„Also
vergessen wir diesen Anfall und machen da weiter, wo wir Sonntag
aufgehört haben?"
„Das klingt sehr gut." Lilly hätte
Freudensprünge machen können.
„Hey, ihr Beiden? Wollt
ihr nur quatschen, oder auch feiern?" Fenella kam zu ihnen.
„Wir
feiern natürlich." Kian legte einen Arm um Fenellas
Schulter.
„Ja, ich geh mir mal was neues zu trinken holen."
Lilly verschwand Richtung Küche.
„Danke das du deinen
Bruder, mal wieder, gerettet hast.", flüsterte Kian und küsste
ihre Schläfen.
„Mach ich doch gerne.", grinste
Fenella.
30
Lilly stellte den Wecker aus. Sie quälte
sich aus dem Bett ins Bad.
„Warum musstest du auch so lange
beleiben?", murmelte sie.
Nach einer kalten Dusche, einem
starken Kaffe und einer Aspirin sah die Welt schon wieder ganz anders
aus.
Lilly saß am Frühstückstisch, biss in ihr
Brötchen und lies den gestrigen Abend noch einmal Revue
passieren.
„Lilly?" Jessica klopfte an der Tür.
„Komm
rein."
„Morgen." Jessica betrat, mit Thomas auf dem Arm, das
Häuschen.
„Morgen ihr Beiden."
„Na wie war es
gestern?"
„Schön. – Willst du auch einen
Kaffe?"
„Gern."
„Nun erzähl doch mal.", meinte
Jessica, als Lilly ihr die Tasse Kaffe reichte und sich wieder auf
ihren Platz setzte.
„Was soll ich erzählen? Es war ein
schöner Abend, der Abend war sogar so schön, das ich erst
um eins Zuhause war."
„Mensch Lilly, jetzt lass dir doch nicht
alles aus der Nase ziehen. Hat Kian sich gefreut das du da
warst?"
„Ja." Lilly Lächelte.
„Was hat das jetzt
zu bedeuten?"
„Wir treffen uns heute Abend und gehen bei
Alberto essen."
„Das ist doch super, oder etwa nicht?"
„Doch
klar."
„Das hört sich sehr nach einem ABER an."
„Quatsch,
ich freu mich auf heute Abend."
„Morgen."
Kian kam noch im Habschlaf in die Küche.
„Guten Morgen."
Nicky und Georgina, die die Nacht im Gästezimmer übernachtete
hatten, saßen schon am gedeckten Frühstückstisch.
„Ich
sag euch, nie wieder eine Überraschungsparty." Kian setzte
sich auf einen der Stühle.
„Warum, war doch ganz
lustig."
„Wo du Recht hast."
„Und?" Nicky sah Kian
fragend an.
„Was UND?"
„Na, was war das gestern Abend mit
Lilly?"
„Gar nichts war mit Lilly. Wir haben uns lediglich
nett unterhalten."
„Klar, so sah das auch aus."
„Ich
frag mich was du so gesehen hast? Wir haben uns unterhalten und uns
für heute Abend verabredet."
„Um euer Gespräch von
gestern zu vertiefen?"
„Vielleicht! Dir werd ich das ganz
bestimmt nicht auf die Nase binden, Byrne."
„Jetzt reg dich
mal ab. Ich will doch nur nicht, das du mit Lilly das gleiche
Spielchen spielst wie mit den anderen Frauen, die nach Jodi in dein
Leben getreten sind."
„Ich wüsste nicht was dich das
angeht."
„Was Nicky eigentlich sagen will ist, das Lillys
Bruder froh ist, das es Lilly wieder besser geht." Georgina meldete
sich zu Wort.
„Sagt mal, was traut ihr mir eigentlich
zu?"
„Kian, wir wissen wie lieb und nett du bist, aber Lilly
ist... sensibel. Sie hat in den letzten Monaten einiges
mitgemacht."
„Ja ich weis. Hört mal, ich glaube zwar
nicht das Lilly euch als Aufpasser brauch, aber wenn es euch
beruhigt, ich verspreche euch, das ich nicht mit ihr spielen werde.
Okay?"
Nicky und Georgina nickten zufrieden.
31
„Lilly,
da bist du ja! Ich dachte schon, du würdest mich versetzen."
Kian lehnte an seinem Auto.
„Es tut mir schrecklich leid! Ich
hasse es zu spät zu kommen, aber irgendwie lief heute nichts wie
es sollte."
„Hör mal, du hättest auch einfach
anrufen und unser Treffe verschieben können."
„Nein, ich
hab mich ja auf unser Treffen gefreut."
„Na dann lass uns rein
gehen." Kian öffnete die Tür zum Restaurante und Lilly
ging, dicht gefolgt von ihm, hinein.
Nachdem der Kellner sie
zu einem Tisch geführt hatte und die Beiden ihre Getränke
bestellt hatten, verschwand er wieder.
„So, und nun erzähl
mal, wer hat dich aufgehalten?"
„Willst du das jetzt wirklich
wissen?"
„Würde ich sonst fragen? Du musst natürlich
nichts erzählen."
„Erst bin ich nicht früh genug
von dem Kunden los gekommen, also bin ich nach Hause gehetzt hab mich
umgezogen und als ich fertig war, sollte ich nur kurz Thomas auf den
Arm nehmen, tja und ausgerechnet in dem Moment musste er natürlich
auf meine rote Bluse spucken."
Kian lachte.
„Ein Blick von
dem Kleinen und der Ärger darüber das ich mich jetzt noch
mal umziehen musste und dementsprechend natürlich zu spät
kommen würde war wieder vergessen."
„Ja so sind Sie halt.
Man kann nicht lange böse auf Sie sein."
„Ich rede die
ganze Zeit von mir, wie war es gestern Abend noch?"
„Du hast
nicht mehr viel verpasst. Der letzte Rest hat sich auch auf den
Heimweg gemacht und Gina und Nicky haben im Gästezimmer
übernachtet."
„Ich hätte die Beiden ja auch mit nach
Dublin nehmen könne, das fiel mir allerdings erst auf halber
Strecke ein."
„Du hättest ja auch in Sligo bleiben
können. Irgendein leeres Bett hätte sich bestimmt noch
gefunden."
„Ich weis, aber ich meide Sligo immer noch. Ich
weis es ist irgendwie kindisch, aber die Stadt erinnert mich immer
wieder an die alten Zeit und somit..." Lilly brach abrupt ab und
schluckte schwer.
„... am deinen Mann!"
„Können wir
das Thema wechseln?" Lilly wollte nicht darüber reden. Im
Übrigen war es sowieso einfach das Thema zu verdrängen als
sich damit auseinander zu setzen.
„Klar, ich wollte dir keines
Falls zu nahe treten." Das Gespräch führte in die völlig
falsche Richtung, so empfand es Kian. Aber ihr toter Ehemann gehörte
genauso zu Lilly wie der Rest ihrer Vergangenheit. Und sollte das
Schicksal es so wollen, und die Beiden würde eine gemeinsame
Zukunft haben, dann würden sie Beide nicht einfach so ein Thema
wechseln können nur weil es unangenehm war darüber zu
reden.
„Woran denkst du?" Lilly sah das Kian immer mehr in
seinen Gedanken versank und entschloss sich einfach gerade raus zu
fragen.
„An Gegenwart und Zukunft."
Lilly sah ihn fragend
an.
„Vergiss es einfach. Manchmal schweifen meine Gedanken
völlig von dem Thema ab, mit dem ich mich zu der Zeit befasse,
kennst du das?"
„Nur zu gut."
Der Kellner brachte die
Getränke und nahm die Bestellung auf.
Danach wurde das
Gespräch der Beiden ziemlich belanglos.
Das Gespräch
war zwar irgendwie persönlich, aber es hatte nur im weitesten
Sinne etwas mit ihnen selbst zu tun.
Lilly erzählt von ihrem
Beruf, wie sie das Gartenhäuschen umgebaut hatte und von ihrer
Reise durch Europa. Kian erzählte viel von seiner Familie, wie
es war mit so vielen Geschwistern aufzuwachsen und was so alles los
war, wenn zu Weihnachten die ganze Familie bei seinen Eltern im
Wohnzimmer saß.
32
1 Woche später
Kian
war mit seinem Latein am Ende.
Lilly hatte sich seit dem Date –
wenn man es so nennen konnte – nicht mehr bei ihm gemeldet.
Was
hatte er bloß falsch gemacht?
Dabei war der Abend doch
eigentlich ganz nett gewesen. Sie hatten sich über Gott und die
Welt unterhalten und viel gelacht.
Um ihrer beider Vergangenheiten
hatten sie einen großen Bogen gemacht. Vielleicht war ja gerade
das der Fehler gewesen. Sie hatten ein dreistündiges Gespräch
geführt und wusste nicht viel mehr voneinander, wie vor dem
Gespräch.
Tief in seinen Gedanken versunken bemerkte er erst
das Klingen seines Telefons, als der Anrufer schon wieder auflegen
wollte.
„Ja, hallo?"
„Mensch Junge endlich! Ich dachte
schon du wärst nicht Zuhause." Kevin Egan schien erleichtert
seinen Sohn erreicht zu haben.
„Dad, was ist denn
passiert?"
„Hör mal Kian, kannst du mir einen Gefallen
tun? Colm hat die Windpocken und ich wollte zur Notapotheke um ihm
was gegen den Juckreiz zu besorgen, ich will ihn aber auch nicht
allein lassen."
„Wo sind denn Mum und Marielle?"
„Die
verbringe den Abend in Dublin. Du weist schon, so ein
Mutter-Tochter-Abend."
„Klar Dad. Ich besorg so ein Mittel und
bring es euch. Welche Apotheke hat geöffnet?"
„Die in der
Innenstadt. – Danke Junge, bis gleich." Kevin hatte schon
aufgelegt.
Kian machte sich auf den Weg.
„Dich schickt
der Himmel."
Kian sah seinem Vater an, wie stressig Colm sein
konnte – vor allem wenn er krank war.
„Nicht der Himmel
sondern der Apotheker. Du sollst das wie einen Badezusatz benutzen
und Colm dann etwa eine halbe Stunde darin baden." Kian reichte
seinem Vater den Behälter.
„Kannst du Colm vielleicht
solange daran hindern zu kratzen, bis das Badewasser fertig
ist?"
„Klar." Kian ging, gefolgt von seinem Vater, die
Treppe hoch. Kevin verschwand im Bad, Kian klopfte kurz an Colms
Zimmertür und betrat dann das Zimmer.
„Hey
Sportsfreund."
„Kian." Colm war mit einem Satz aus dem Bett,
als er seinen großen Bruder sah.
„Na so schlecht kann es
dir ja nicht gehen."
„Ich bin fit, wenn bloß diese
verdammte jucken nicht wäre."
„Du darfst nicht kratzen,
Colm. Dann bleiben Narben zurück. Verstanden?"
Colm nickte,
aber Kian ahnte, würde er das Zimmer verlassen, würde Colm
hundertprozentig doch kratzen.
„So dein Badewasser ist
fertig. Mach das du in die Badewanne kommst. In 30 Minuten sag ich
dir bescheid." Kevin kam ins Zimmer.
Colm ging maulend ins
Bad.
Jetzt oder nie, dachte Lilly und griff entschlossen zum
Telefon.
Sie hatte schon, wie die unzähligen Male zuvor,
Kians Handynummer gewählt, jetzt musste sie nur noch den grünen
Knopf zum anrufen drücken.
Diesmal tat sie es
wirklich.
Sekunden vergingen – Lilly kam es wie eine Ewigkeit
vor – doch dann hob er endlich ab.
„Egan, hallo?"
Sollte
sie jetzt wirklich etwas sagen? Jetzt konnte sie noch auflegen.
Quatsch, sie war doch keine 15 mehr.
„Hallo? Ist da
jemand?"
„Hallo Kian, hier ist Lilly." Jetzt hatte sie es
also wirklich über sich gebracht.
„Lilly, hallo. Wie
geht's?"
„Gut. – Hör mal Kian, ich wollte dich
fragen, ob du Zeit und Lust hast morgen Abend was mit mir zu
machen?"
Kian war wie vom Blitz getroffen. Erst meldete sie sich
eine Woche gar nicht und dann wollte sie sich wieder mit ihm
treffen.
„Kian? Bist du noch dran?"
„Ja... ähm klar.
Ich würde mich freuen."
„Das ist schön. Dann komm
ich also morgen Abend bei dir vorbei, okay?"
„Okay, bis morgen
dann."
„Ja bis morgen. Schönen Abend noch."
„Danke
dir auch."
Lilly legte auf.
„Ich hab meine zweite
Verabredung mit ihm und diesmal werde ich es nicht vergeigen.",
murmelte sie vor sich hin und lies sich rücklings aufs Bett
fallen.
33
Kian saß auf der Couch und sah
desinteressiert zum Fernseher.
Den ganzen Tag schon juckte es ihm
am ganzen Körper und vereinzelte Pocken hatte er auch.
Es
klingelte an der Tür.
„Wer zum Teufel ist das nun?",
murmelte er vor sich hin und ging zur Tür.
„Hallo Kian."
Lilly war irritiert, Kian machte nicht den Eindruck, als hätte
er auf sie gewartet.
„Lilly, was machst du denn... oh Mist! –
Wir waren verabredet, richtig?"
Lilly nickte.
„Dich hab
ich ja total vergessen."
„Wenn es dir gerade nicht passt, kann
ich auch ein anderes Mal wieder kommen." Lilly wusste selbst nicht
was in sie gefahren war, doch sie drehte sich um und schlenderte die
Einfahrt entlang, zurück zu ihrem Auto.
„Lilly, warte doch.
Bitte!" Kian holte sie ein und hielt sie am Arm fest. „Tut mir
wirklich schrecklich leid das ich unsere Verabredung vergessen hab.
Komm doch bitte mit rein."
Lilly zögerte ehe sie der Bitte
nachkam und ihm ins Haus folgte.
„Sag mal geht's dir nicht
gut, Kian?" Lilly saß aus auf der Couch und beobachtete Kian
dabei, wie er ihnen Wein eingoss und sich dabei immer mal wieder
irgendwo kratzte.
„Doch! Wieso?" Er setzte sich neben sie und
reichte ihr ein Glas Wein.
„Danke. – Na weil du dich ewig
kratzt."
„Ich weis auch nicht. Ich hab so komische Pocken und
die jucken wie verrückt."
„Du hast doch nicht etwa
Windpocken?", fragte Lilly scherzhaft.
„Windpocken? Ich? Colm
hat Sie, aber ich doch nicht!"
„Hattest du sie denn schon?"
„Was? Die Windpocken? Nicht das ich wüsste. – Mist, die
sind anstecken, oder?" Kian sah sie fragend an.
„Nur für
die, die sie noch nicht hatten!" Lilly grinste. Sie ahnte das Kian
sie noch nicht gehabt hatte.
„Ich hatte noch keine."
„Jetzt
schon! Du darfst nicht kratzten, hörst du!"
„Ja, ich
weis. – Lilly es tut mir leid. Unsere Treffen verlaufen irgendwie
nie so wie geplant. Es ist Samstagabend, ruf eine deiner Freundinnen
an und mach dir einen schönen Abend. Ich hab es nicht anders
verdient, immerhin hab ich unser Treffen vergessen."
Eine meiner
Freundinnen? Die gehen wahrscheinlich noch nicht mal ans Telefon,
dachte Lilly.
„Also erstens, kannst du ja wohl wenig dafür
das du die Windpocke hast, zweitens ist es nicht nur deine Schuld das
unsere Treffen nicht immer ganz nach Plan verlaufen und drittens will
ich diesen Samstagabend nicht mit einer meiner Freundinnen
verbringen, sondern mit dir."
Kians Lippen näherten sich
bedrohlich nahe, denen von Lilly.
„Also gut! Ich werde dir jetzt
was gegen den Juckreiz und etwas zu essen besorgen. Bin gleich wieder
da und wehe du kratzt!" Lilly stand auf, griff nach ihrer
Handtasche und verlies das Haus.
„Na prima, wenn sie wieder
kommt hast du verdammtes Glück, Egan.", sagte er laut zu sich
selbst.
Was war das denn gewesen? Ein Schritt weiter und wir
hätten uns geküsst. Aber ist es nicht genau das was ich
will? Ja! Na toll und warum verschwinde ich dann einfach wenn ich dem
Ziel so nah bin?
„Schluss jetzt damit! Nachher kannst du weiter
darüber nachdenken, doch jetzt konzentrierst du dich auf den
Verkehr.", mahnte Lilly sich selbst.
Kian war erfreut, als
er eine halbe Stunde später seine Haustür öffnete und
Lilly dort vorfand.
„Lilly, da bist du ja wieder!"
„Klar,
hab ich doch gesagt." Lilly ging an ihm vorbei, ins
Wohnzimmer.
„So, das ist zum Baden." Lilly reichte Kian eine
kleine Flasche, gefüllt mit Pulver.
„Ja, so was hatte Colm
auch, aber bei ihm hat es nicht wirklich was gebracht."
„Glaub
mir, es hilft!"
„Hat man dir das in der Apotheke
verklickert?"
„Nein, das ist von mir. Ich bin schnell bei mir
vorbei gefahren und hab es geholt."
„Du willst mich doch auf
den Arm nehmen! Nie im Leben, warst du in Dublin."
„Nein, ich
hab das aus unsere... meiner... Wohnung in Sligo."
„Ach so."
Kian drehte die Flasche, in seinen Händen, hin und her.
„Ja,
aus der Wohnung in der ich mit Kevin gewohnt habe. Die Wohnung und
auch er sind meine Vergangenheit, aber wir leben ja bekanntlich in
der Gegenwart. Also worauf wartest du noch? Ab in die Badewanne! Ich
koch uns in der Zwischenzeit war Leckeres."
Kian musterte Lilly
durchdringen. Hatte sie das gerade so gemeint wie sie es gesagt
hatte? WIR leben in der Gegnwart?
„Also gut! Ich bin dann mal
Oben!"
„Okay."
Kian verschwand nach Oben.
Lilly
machte sich währenddessen in der Küche zu schaffen.
„Was
duftet denn hier so gut?" Kian kam in die Küche.
„Das was
du riechst ist Käse-Schinkensauce."
„Also wenn das so gut
schmeckt wie es riecht..." Kian stützte seine Hände,
links und rechts, von Lilly auf der Arbeitsplatte ab.
„Sag mal,
was wird das wenn es fertig ist? Willst du mich etwa ablenken?"
Lilly drehte sich herum und sah ihm direkt in die Augen.
„Lässt
du dich denn ablenken?", grinste Kian.
„Kommt drauf an, wie
man mich ablenkt!" Lilly grinste ebenfalls.
„Einen Versuch es
ist wert." Kians Lippen kamen, wie schon einmal an diesem Abend,
Lillys bedrohlich nahe, doch dieses Mal unternahm sie nichts dagegen.
Als sich seine Lippen dann auf ihre legten, durchfuhr Lilly ein
Gefühl des Glückes. Sie schloss die Augen, genoss den
Augenblick und hoffte er würde nie vorüber
gehen.
34
Lilly wachte auf. Sie sah sich im Zimmer
um.
Es war also doch kein Traum gewesen. Sie war in Kians
Schlafzimmer, lag in seinem Bett, doch von ihm war keine Spur.
Sie
stieg aus dem Bett, zog sein Shirt an, das mit ihren andern Sachen
auf dem Boden verteilt lag, und schlich runter.
In der Küche
fand sie Kian, doch dieser hatte sie gar nicht bemerkt.
Lilly
lehnte im Türrahmen und beobachtete ihn dabei, wie es den
Frühstückstisch deckte.
Sie erinnerte sich an die letzte
Nacht, vor allem daran das sie mitten in der Nacht in Kians Arme
aufgewacht war. Sie hatte einen Traum gehabt, indem Kevin ihr
vorgeworfen hatte sie betrogen zu haben. Lilly war völlig fertig
gewesen und wollte mitten in der Nacht noch zurück nach Dublin
fahren, doch Kian hatte sie überredet zu bleiben. Sie hatte ihm
von dem Traum erzählt und er hat sie letztlich davon überzeugt,
das Kevin sie nur glücklich sehen wollte, jetzt wo er nicht mehr
bei ihr sein konnte.
Kian hat Recht gehabt. Kevin hätte mir
so etwas nie wirklich vorgeworfen, dachte Lilly.
„Guten
Morgen." Kian schlag seine Arme um ihre Taille und küsste
sie.
„Guten Morgen."
„Hast du gut geschlafen?" Kian
hatte die Situation der Nacht immer noch vor Augen.
„Nach dem
Zwischenfall, ja. – Danke noch mal. Ohne dich würde ich
wahrscheinlich jetzt noch durch die Straßen von Sligo irren,
grübeln und mir die Augen aus dem Kopf heulen." In Lillys
Augen traten ein paar Tränen.
„Hey", er sah sie an. „Das
war reiner Eigennutz, immerhin hätte ich sonst die halbe Nacht
allein schlafen müssen."
„Ach so ist das! Vielleicht
sollte ich dir einen Hund schenken, damit du armer Kerl nicht mehr
allein schlafen musst, egal ob ich da bin oder nicht. Wie wäre
das?" Lilly lächelte.
„Glaub mir, dich kann so schnell
keiner ersetzen." Er küsste Lilly auf die Stirn.
Jetzt
hatte sie einen noch größeren Kloß im Hals. Gestern
hatte sie noch gedacht, ich bin dabei mich in diesen Mann Hals über
Kopf zu verlieben, doch jetzt wurde ihr klar das es schon passiert
war.
„So, und nun lass uns frühstücken." Kian löste
sich von ihr.
„Ausgleiche Gerechtigkeit wäre ja, wenn wir
dein Essen auch stehen lassen würden, wie meins gestern."
Lilly grinste frech.
„Na du bist mir
Eine. Ich kann aber leider nicht von Luft uns Liebe leben, also
frühstücken wir?"
„In Ordnung. Mal sehen ob dein
Rührei schmeckt." Lilly setzte sich an den Tisch.
„Und
schmeckt es?" Kian grinste, als Lilly nach einen Nachschlag
nahm.
„Du kannst fragen stellen. Du kannst mir nicht zufällig
das Rezept verraten?"
Kian schüttelte den Kopf.
„Bitte.
Das ist wunderbar, so würde ich mein Rührei gern öfter
essen."
„Tut mir leid, aber das ist ein Geheimrezept der
Familie Egan, aber wenn du es gern öfter essen würdet hätte
ich da eine Idee."
„Ach ja? Welche?"
„Du könntest
öfter mit mir frühstücken."
„Ich glaube das ist
keine schlechte Idee. – Du schuldest mir übrigens noch eine
Antwort."
„Ach ja, auf welche Frage denn?"
„Die Narbe
auf deinem Oberkörper, woher stammt sie?"
„Du willst es
nicht wissen. – Ich sollte den Tisch abräumen. Du kannst
duschen wenn du willst. Fühl dich ganz wie Zuhause." Kian war
dabei das dreckige Geschirr zusammen zu räumen.
„Kian, was
ist los? Wieso weichst du der Frage immer aus?"
„Tu ich doch
gar nicht. Ich will einfach nur Ordnung schaffen." Zielstrebig ging
er durch die Küche und verstaute die einzelnen Sachen wieder in
der Schränken.
Lilly verstand nicht warum er darum so ein
großes Geheimnis machte.
„Also gut, es bringt eh nichts.
Ich geh duschen, vielleicht bist du danach etwas gesprächiger."
Sie ging an ihm vorbei, aus der Küche.
„Verdammt!",
fluchte Kian.
Lilly lies sich neben Kian auf die Couch sinken.
Sie hielt die Herzmedikament die sie durch Zufall, im
Badezimmerschränkchen gefunden hatte, in der Hand.
„Kian,
die habe ich gefunden." Sie reichte im die Schachtel mit den
Medikamenten.
Dieser nahm sie Wortlos entgegen.
„Willst du es
mir nicht einfach erzählen?", fragte sie und lehnte ihren kopf
an seine Schulter.
„Was soll's, ich hatte vor etwa einen
halben Jahr eine Herztransplantation. Die Dinger hier, brauch ich nur
noch ganz selten." Er hielt die Medikamente hoch.
„Was?"
Lilly setzte sich auf und sah ihn geschockt an. In ihr stieg die
Angst auf, sie könnte Kian auch wieder verlieren.
„Keine
Angst, ich bin fast völlig gesund. Mein Körper hat das Herz
angenommen, ich verdanke irgendeinem Mann mein Leben."
Lilly
dachte daran, ob irgendwo auf der Welt, Leute wie Kian dachten. Leute
die eines von Kevins gespendeten Organen bekommen hatten.
„Du
denkst an die Menschen die Kevins Organe bekommen haben,
stimmt's?"
„Ja. Er hat mit seiner Entscheidung einen
Organspendeausweis zu haben, irgendwelchen Menschen da draußen
das Leben gerettet."
Sie verbrachten den Vormittag damit, aneinander gekuschelt, auf der Couch zu sitzen und sich irgendwelche DVD's aus Kians Sammlung ansahen.
„Da vermisst mich
jemand.", meinte Lilly als am frühen Nachmittag ihr Handy
schellte.
Kian reichte ihr ihre Handtasche und verschwant in die
Küche um noch eine Heiße Schokolade zu machen.
Sie nahm
das Gespräch an. „McNight, hallo?"
„Hallo
Lilly, ich bin's Mum."
„Hallo Mum, was
gibt's?"
„Lilly, du musst unbedingt heute Abend nach
London."
„London? Warum? Wolltest du nicht nach
London?"
„Schon, aber hier geht alles drunter und drüber
wegen der Geburtstagsfeier deines Vaters."
„Also gut. Wann
geht der Flieger?"
„In etwa vier Stunden. Die Unterlagen hab
ich dir per E-Mail zugeschickt. Es geht um ein altes Herrenhaus,
nördlich von London. Der Leihwagen steht am Flughafen bereit.
Lilly, es wäre wirklich sehr wichtig."
„Schon gut, ich
fliege ja. Ich mache mich auf den Weg nach Dublin packe ein paar
Sachen und fahr dann zum Flughafen, in Ordnung?"
„Wo bist du
denn gerade?"
„Ich bin heute Nacht in Sligo geblieben. Ich
muss dann aber auch Schluss machen. Bis dann Mum, wir
telefonieren."
„Tschüss Lilly."
Lilly beendete das
Gespräch.
„Deine Mutter?" Kian stellte die zwei Tassen
auf den Tisch und setzte sich wieder zu Lilly.
„Jap. So leid es
mir tut, aber ich muss jetzt los. In vier Stunden geht mein Flieger
nach London."
„Aber... ich dachte..."
„Ich weis es
kommt kurzfristig, aber meine Mutter braucht meine Hilfe."
„Schon
klar."
„Sei mir nicht böse. Ich melde mich bei dir jeden
Abend, versprochen!"
„Also gut. Ändern kann man es eh
nicht!"
„Ich muss dann aber auch los, leider." Lilly suchte
ihre Sachen zusammen.
„Also dann, ich ruf nachher an." Sie
standen in der Diele, Lilly bereit zu gehen.
„Pass auf dich
auf." Kian zog sie in eine Umarmung.
„Mach ich. Ich denke ich
bin bis Mittwoch wieder da."
„Okay. – Bis Mittwoch."
Die
Beiden küssten sich minutenlang ehe Lilly sich vor ihm löste
und sich auf den Weg zu ihrem Auto machte.35
2 Tage
später
Lilly lag auf dem großen Hotelbett und las die
erste Seite ihres neune Buches. Ihr Termin war früh zu ende
gewesen und so hatte sie noch eine Shoppingtour durch London gemacht.
Sie schreckte auf, als ihr Handy neben ihr zu vibrieren
begann.
„McNight, hallo?"
„Na du, wie geht's?" Kians
Stimme drang in Lillys Ohr.
„Kian! Mir geht's super, vor allem
weil es morgen endlich wieder nach Irland geht, und bei dir? Was
machen die Windpocken?"
„Sie gehen langsam weg. Der Arzt
meinte es besteht nur noch eine geringe Ansteckungsgefahr."
„Na
prima, hör mal ich hab mir was überlegt. Wie wäre es
wenn du mit zu der Geburtstagsparty meines Vaters kommst?"
Kian
zögerte. „Lilly ich weis nicht. Immerhin ist das eine
Familienfeier. Ich würde mir völlig Fehl am Platz
vorkommen, weil ich keinen kenne."
„Bin ich keiner? Außerdem
bin ich auch einfach auf deiner Geburtstagsparty aufgetaucht."
„Das
war doch was vollkommen anderes."
„Ach komm schon. Wird
bestimmt lustig, außerdem kennen meine Eltern dich doch eh
schon."
„Ich überleg es mir, okay? – Wir war dein
Tag?"
„War ganz in Ordnung. Ich hab nen Shoppingtrip durch
London gemacht."
„Wie? Ich denke du bist zum arbeiten in
London und nicht zu deinem Vergnügen?"
„Da kannst du mal
sehen, wie schnell ich arbeite. – Und wie war deiner?"
„Ich
habe einen Privatdetektiv angagiert."
„Was soll er denn
herausfinden?"
„Wer der Mann war, dem ich es zu verdanken
habe, das ich heute hier sitze und mit dir telefonieren
kann."
„Willst du mit den Angehörigen in Kontakt treten,
sollte der Detektiv etwas rausfinden?" Lilly war nicht begeistert
von Kians Idee. Sie dachte daran, was wohl wäre, wenn irgendwann
mal Jemand vor ihrer Tür stehen würde und sich als der Mann
vorstellen würde, der Kevins Herz eingepflanzt bekommen
hatte.
„Ich weis es noch nicht, Lilly. Das werde ich
entscheiden, wenn die Zeit reif dafür ist."
„Ja, es ist
ja auch ganz allein deine Sache, mich geht es nichts an. – Mein
Flug geht morgen sehr früh, lass uns jetzt Schluss mache,
ja!"
„Klar, schlaf gut. Bis morgen. Bye."
„Du auch.
Bye." Lilly legte auf.
„Manchmal solltest du dir selber
gehörig in der Hintern treten, Lilly!", fluchte sie.
Was
war denn bloß wieder in sie gefahren? Den ganzen Tag freute sie
sich auf diese Telefonat und dann beendet sie es, nur wegen einer
Lappalie. Einer Meinungsverschiedenheit.
Diese Beziehung – oder
wie man es auch immer nennen sollte – war kompliziert. Nein, sie
war zum scheitern verurteilt, würde Lilly ihre Vergangenheit
nicht endlich ruhen lassen.
Sie liebte Kevin natürlich noch
sehr, aber er war nun nicht mehr da. In Sligo dagegen wartete ein
wunderbarer Mann auf sie. Kian verstand sie, er nahm Rücksicht
auf ihre Situation und er weilte unter den Lebenden. Jedes mal, wenn
sie an Kian dachte wurde ihr mehr und mehr klar, das sie sich in ihn
verliebt hatte und das würde sie ihm sagen. Morgen, nach der
Landung in Dublin, würde sie in ihr Auto steigen, nach Sligo
fahren und Kian ihre Gefühle offenbaren.
„Lew,
hallo?"
„Fe, hier ist Kian."
„Hallo Bruderherz, na was
hast du auf dem Herzen?"
„Wie kommst du drauf, das ich was auf
dem Herzen haben könnte?"
„Das hört man an deiner
Stimme. Nun erzähl schon."
„Ich hab gerade mit Lilly
telefoniert."
„Na wenn du deshalb so drauf bist, dann verbiete
ich dir, noch mal mit ihr zu sprechen!"
„Fe, es ist wirklich
Ernst."
„Dich hat es wohl richtig erwischt, was?"
„Das
kannst du laut sagen."
„Ne mein Lieber, nicht ich sollte es
sagen, sondern du und zwar solltest du es Lilly sagen."
„Wenn
dass das Problem wäre."
„Und was ist das Problem, wenn
nicht das?"
„Ich hab einen Privatdetektiv angagiert. Er soll
für mich raus finden, wer der Mann war, dem ich mein Leben
verdanke."
„Ich verstehe nicht ganz wo da das Problem
liegt."
„Ich habe Lilly gegenüber geäußert,
das ich vielleicht Kontakt zu den Angehörigen aufnehmen
will."
„Und da ist ihr das mit ihrem Mann wieder hoch
gekommen!"
„Ja. Sie hat nur noch Gute Nacht und Tschüss
gesagt und dann aufgelegt."
„Ach Kian, zerbrich dir nicht den
Kopf, Lilly bereut ihre Reaktion längst wieder. Am besten du
fährst so schnell wie möglich zu ihr und redest mit ihr in
aller Ruhe, aber vor allem sagst du ihr was du für sie
fühlst."
36
Als Lilly am nächsten Morgen
aufwachte fühlte sie sich Mies.
Ihre Nase lief, ihr Hals
schmerzte und immer wieder bekam sie Hustenanfälle. Klarer fall
von einer Grippe.
Sie machte sich fertig, rief bei der Rezeption
an, die schickten einen Pagen hinauf um ihr Gepäck nach unten zu
bringen und eine anderthalb Stunden später saß sie in der
Maschine nach Dublin.
Den Besuch bei Kian werde ich mir wohl oder
übel sparen und mich stattdessen ins Bett legen, damit ich
schnellst möglich wieder fit bin.
Lilly war total in ihre
Gedanken versunken, als die Stewardess zu ihr kam.
„M'am
möchten sie Tee oder Kaffe?"
„Einen Tee, bitte."
Die
Stewardess reichte ihr die Tasse Tee und widmete sich den andern
Fluggästen.
„Endlich!" Lilly stellte ihren Koffer
neben der Tür ab, entledigte sich ihrer Jacke und setzte Tee
auf.
Die Koffer konnten bis morgen warten, Besuch würde heute
sowieso nicht mehr kommen, dachte sie und tauschte Jeans und Shirt
gegen ihren bequemen Hausanzug.
Mit dem Tee und ihrem Buch setzte
sie sich auf die Couch, kuschelte sich in eine Decke und begann zu
lesen. Schon nach einer halben Seite war sie eingeschlafen.
Kian
parkte vor dem Haus von Alexander und Jessica. Lillys Kombi stand in
der Einfahrt.
Er stieg aus, verriegelte das Auto und ging die
Einfahrt entlang in den Garten.
Das Gartenhäuschen, von dem
Lilly ihm erzählt hatte, war nicht zu übersehen.
Er
klopfte an die Tür. Nichts rührte sich.
„Lilly,
bist du da?" Noch mal klopfte er.
Lilly wurde durch das Klopfen
an der Tür geweckt.
Sie stand auf, ging zur Tür und
öffnete.
„Kian, was machst du denn hier?" Lilly war
überrascht, ausgerechnet Kian vorzufinden.
„Du scheinst
nicht sehr erfreut.", bemerkte er.
„Doch! Ich freu mich, aber
ich hab nicht mehr mit Besuch gerechnet. Deshalb sehe ich auch so
aus." Sie sah an sich hinunter.
„Du hörst dich krank
an."
„Stimmt, ich hab mir eine Grippe eingefangen. Eigentlich
wollte ich direkt vom Flughafen nach Sligo zu dir, aber ich wollte
dich nicht auch noch mit meiner Grippe anstecken."
„Du
wolltest zu mir?", fragte er überrascht.
„Ja, ich wollte
mit dir reden. – Komm doch erst mal rein, aber sieh dich bitte
nicht um! Es herrscht Chaos." Lilly machte ein einlassende
Handbewegung und schloss hinter ihm die Tür.
„Wow, du
verstehst wirklich etwas von deinem Beruf."
„Danke. – Setz
dich doch. Willst du was trinken?"
„Gern. Einen Tee, wenn's
geht?" Kian setzte sich auf die Couch.
„Klar. Leg meine Decke
und das Buch einfach an die Seite, wenn es dich stört."
„So,
hier ist der Tee. Willst du Gebäck?" Lilly stellte den Tee ab
und wollte wieder zur Küchenzeile.
„Nein, ich will das du
dich jetzt zu mir setzt , damit wir endlich reden können." Er
hielt sie am Arm fest.
Lilly setzte sich neben ihn.
„Na dann
fang mal an, Kian."
„Wegen gestern, ich hätte wissen
müssen das du nicht sehr begeistert von der Idee bist. Ich
meine, je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr kann ich dich
verstehen."
„Und ich kann dich nun verstehen. Klar das du
wissen willst, wer der Mann war, dem du zu verdanken hast das du
heute hier sitzen kannst."
„Das wolltest du mir sagen?"
„Na
ja, nicht ganz." Lilly zögerte.
„Nur zu. Ich höre
ganz gespannt zu." Kian lächelte auffordert.
„Also gut,
ist jetzt auch egal. Kian, ich habe ein halbes Jahr zurückgezogen
irgendwo in Europa gelebt, irgendwann habe ich Zweifel gekriegt ob
dass das ist was ich will. Es war nicht das was ich wollte. Kaum war
ich wieder Zuhause, bist du mir über den Weg gelaufen und
seitdem kreuzen sich unsere Wege immer öfter. Ich hätte nie
gedacht, das ich nach Kevins Tod noch einmal so fühlen würde,
aber bei dir habe ich diese Gefühl wieder. Kian ich habe mich in
dich verliebt." Lilly hatte sich alles von der Seele geredet und
war erleichtert. Egal wie Kian nun reagieren würde, sie hatte
ihr Glück versucht.
Kian sah sie eine Zeit lang an. War das
möglich? Konnte er wirklich in noch nicht mal einem Jahr so viel
Glück haben? Erst diese Herztransplantation, die erfolgreich
verlief und jetzt das mit Lilly.
„Kian, wenn ich dich
überrumpelt habe, tut es mir leid. Ich hatte mich gerade warm
geredet, da hab ich dir meine Gefühle für dich gleich mit
erzählt." Lilly grinste, doch er erkannte ein paar Tränen
in ihren Augen und über ihre Wangen laufen.
Er wischte die
Tränen weg eher er sie küsste.
„Da ich leider nicht so
gut reden kann wie du, lasse ich Taten sprechen."
„Heißt
das..."
„...das ich mich auch in dich verliebt habe."
37
Lilly wurde von den vereinzelten Sonnenstrahlen, die ihr
ins Gesicht schienen, geweckt.
Unsicher, ob der letzte Abend nur
ein Traum gewesen war, drehte sie sich nach rechts, doch es war kein
Traum. Neben ihr lag Kian und beobachtete sie.
„Na gut
geschlafen?"
„Sehr gut." Sie kuschelte sich an ihr und legte
ihren Kopf auf seine Brust. „Du kannst dir gar nicht vorstellen wie
schön es ist, morgens nicht in einem leeren, kaltem Bett
aufzuwachen."
„Ehrlich gesagt will ich es mir gar nicht
vorstellen." Er spielte mit einer ihrer Haarsträhnen.
„Lilly,
warum bist du noch nicht in der Firma?" Jessica kam ins Haus
gestürmt.
Ehe einer der Beiden sich auch nur ein einziges
Kleidungsstück anziehen konnte, stand sie schon im
Schlafzimmer.
„Könntest du bitte... oh..." Sie lief rot
an, als sie die Beiden – die Bettdecken bis zum Kinn hochgezogen –
liegen sah.
„Guten Morgen Jess. Was könnte ich?" Lilly
sah ihre Schwägerin mit einer Mischung aus Ärgernis und
Scharm an.
„Ich... ich wusste ja nicht das du besuch hast... ich
meine dann wäre ich natürlich nicht einfach in dein
Schlafzimmer... Es tut mir schrecklich leid."
„Jess, was
wolltest du?" Lilly sah zu Kian, der immer tiefer unter die
Bettdecke rutschte und die Lippen aufeinander presste um nicht laut
loszulachen.
„Dein Kombi... könntest du ihn aus der
Einfahrt fahren, damit ich aus der Garage fahren kann?"
„Ja
natürlich, ich komme sofort." Lilly wartete darauf das ihre
Schwägerin wieder verschwand, doch diese machte keine
Anstalten.
„Ist noch etwas?", fragte Lilly.
„Ich...
Nein... Ich werde mal Kaffe aufsetzen." Mit diesen Worten
verschwand sie aus dem Schlafzimmer.
Einen Moment schwiegen sich
Beide an.
„Entschuldige, normal geht das hier nicht so ab."
Lilly sammelte ihre Sachen zusammen.
„Hey, du musst dich nicht
für deine Familie entschuldigen. Ich glaube so ein Auftritt ist
noch keine erspart geblieben." Er sah ihr lächelt hinterher,
als sie im Bad verschwand.
Als Kian aus dem Schlafzimmer kam,
goss Jessica gerade in eine der drei, bereit gestellten Tassen,
Kaffe.
„Bekomme ich auch einen?", fragte er.
Sie hatte ihn
nicht bemerkt und zuckte erschrocken zusammen.
„Ja. – Hören
sie, es tut mir wirklich schrecklich leid das ich gerade einfach
reingeplatzt bin." Jessica reichte ihm die Tasse.
„Na ja, es
war ein schlechter Start. Was halten sie davon wenn wir das da gerade
vergessen und noch mal anfangen? Ich bin Kian." Er streckte ihr
seine rechte Hand entgegen.
„Jessica... oder einfach nur Jess."
Sie schüttelte seine Hand.
„Wie ich sehe, habt ihr euch
bekannt gemacht?" Lilly kam zu den Beiden.
„Ja. Wir haben die
Sache von gerade vergessen, vielleicht solltest du es auch einfach
tun. Alle Beteiligten haben bestimmt daraus gelernt. Jess kommt
bestimmt nie wieder ohne zu klopfen in dein Schlafzimmer und um dem
im Voraus vorzubeugen, schließt du das nächste mal einfach
die Tür ab."
„Von welchem Vorfall redest du?", fragte
Lilly.
Sie lachten.
„Na ja, ich muss dann auch mal los. –
Ach ehe ich es vergessen, fahren wir nachher zusammen nach Sligo?"
Jessica hatte an der Tür gestoppt und sich noch mal zu den
Beiden umgedreht.
„Also, ich wollte direkt von der Firma aus zu
Mum und Dad."
„Ach so, na gut. Dann sehen wir uns ja heute
Abend."
„Ich werde allein kommen, außer natürlich
Kian überlegt es sich noch mal!" Lilly sah von ihrer
Schwägerin zu Kian.
„Wie? Kian, du kommst doch hoffentlich
auch!"
„Ich hatte es dir doch erklärt, Lilly. Es ist
eine Familienfeier auf der ich nichts verloren habe und außerdem
kenne ich dort doch keinen!" Kian war verärgert darüber,
das Lilly sein klares „Nein", von gestern Abend, nicht
akzeptierte.
„Du kennst Lilly, nun kennst du auch mich und mit
Alex machen wir dich auch noch bekannt. Es gibt keinen, der bei der
Feier heute Abend nicht Willkommen ist. Du siehst, es bleibt dir
nichts übrig, als mitzukommen. – Ich seh euch dann nachher."
Sie drehte sich auf dem Absatz um und verlies das Häuschen.
„Und,
was habe ich dir gesagt? Glaub mir, es wird ein schöner Abend.
Du lernst meine Familie kennen und ich kann dich allen vorstellen."
„Als was?" Kian sah sie fragend an.
„Bitte was? Wie
meinst du das jetzt?"
„Na als was willst du mich vorstellen?
Als deinen neuen Kumpel, den du einfach so mitbringst, weil er sonst
den Abend allein verbracht hätte oder als den Mann in den du
dich verliebt hast?"
„Was soll das jetzt, Kian?"
„Nichts.
Ich will dich doch nur nicht in eine Situation bringen, in der du
etwas sagst, was du später vielleicht bereust oder für die
du noch nicht bereit bist."
„Wieso sollte ich es hinterher
bereuen? Heute Abend werde ich dich meiner Familie vorstellen, als
der Mann in den ich mich Hals über Kopf verliebt habe und egal
was sie sagen, es wird nichts ändern. Ich habe dir doch gestern
schon gesagt, nach Kevins Tod habe ich nicht daran geglaubt noch
einmal jemanden zu finden der mich versteht, der mich so nimmt wie
ich bin und der für mich da ist wenn ich ihn brauche. Jemanden
bei dem ich mich geborgen fühle. Und die, die es mir nicht
gönnen das ich wieder glücklich bin, haben in meinem Leben
eh nicht viel verloren."
„Hoffentlich bereust du diese
Einstellung nicht irgendwann mal.", meinte Kian skeptisch.
„Werde
ich bestimmt nicht." Sie legte ihre Arme um seinen Hals und küsste
ihn.
38
Lilly parkte vor dem Haus ihrer
Eltern.
„Fertig?", sie sah fragen zu Kian.
„Noch können
wir das ganze abblasen. Ich mache einen Abendspaziergang nach Hause
und nachher kommst du zu mir und wir verbringen den restlichen Abend
zusammen."
„Nein! Wir gehen da jetzt zusammen rein. Mir kann
niemand etwas vorwerfen. Und eingeladen hat meine Mum dich
auch."
„Lilly...", er griff nach ihrer Hand. „... das
stimmt alles, aber was wenn es einfach nicht so läuft wie du es
dir vorstellst."
„Kian, jetzt lass uns doch nicht schon wieder
damit anfangen. Ich will jetzt mit dir da rein gehen, also was
ist?"
„An mir soll es nicht scheitern." Kian bemühte
sich ein Lächeln auf die Lippen zu bekommen.
Da seit ihr
ja! – Hallo Schatz... Mister Egan, es freut mich sie
wiederzusehen." Ruth Richards küsste ihre Tochter und reichte
Kian die Hand, als Beide das Haus betraten.
„Hallo Misses
Richards, danke für die Einladung."
„Nichts zu danken,
sie sind bei uns Herzlich Willkommen. – Entschuldigt mich, ich muss
mal eben in die Küche. Lilly du weist wo alles ist."
„Klar
Mum."
Ruth verschwand Richtung Küche.
Das Wetter war
den ganzen Tag gut gewesen, sodass die Gäste auf der Veranda
saßen.
„Hallo zusammen! – Wo hat sich das
Geburtstagskind versteckt?" Lilly sah sich suchend um.
„Na wo
soll der schon stecken, Lilly!" Tony, ein alter Freund von Collin
Richards, deutete hinter Lilly.
Diese drehte sich um und sah ihren
Vater am Grill stehen.
„Daddy, alles liebe zum Geburtstag."
Lilly drückte ihrem Vater einen Kuss auf die Wange.
„Danke
mein Schatz! Wie ich sehe hast du jemanden mitgebracht!"
„Ja,
ihr kennt euch ja schon."
„Alles Gute zum Geburtstag, Mister
Richards." Gratulierte Kian.
„Danke. – Setzt euch
doch."
„Nein Dad, du setzt dich jetzt zu deinen Gästen
und ich grille für dich weiter."
„Aber..." Collin war
nicht begeistert von der Idee seiner Tochter.
„Keine Wiederrede!
Es ist dein Geburtstag, also genieße ihn auch. – Und dich
kann ich hier jetzt auch nicht gebrauchen.", meinte Lilly an Kian
gerichtet. Sie küsste ihn flüchtig und nahm die
Grillschürze und die Zange von ihrem Vater entgegen.
„Tja,
da sind sie jetzt wohl erst mal abgeschrieben.", grinste
Collin.
„Das würd ich auch sagen."
„Nutzen wir die
Gelegenheit und trinken etwas. – Auch ein Guinness, Mister
Egan?"
„Gern, aber nur wenn sie mich Kian nennen."
„Geht
in Ordnung, Kian." Collin reichte Kian eine Flasche.
Lilly
beobachtete das Schauspiel der Beiden grinsend.
„So
Schwesterherz, jetzt setzt du dich auch mal hin und isst in Ruhe
etwas. Ich mach hier für dich weiter." Alexander nahm seiner
Schwester die Grillzange aus der Hand.
„Also gut. Hier hast du
die Schürze, damit du dir dein schönes Polohemd nicht
versaust." Lilly reichte Sie ihm.
„Schon zu spät, mein
lieber Sohn fand es wohl nicht so schön wie du."
Lilly sah
den Milchflecken auf dem Hemd.
Grinsend setzte sie sich zu ihrer
Schwägerin.
„Sag mal Jess, wo ist Kian?"
„Der wollte
noch etwas zu trinken holen."
„Danke." Lilly machte sich auf
den Weg in die Küche.
Schon ein paar Meter vor der Küche
hörte sie Stimmen.
„... Sie meinen einfach den Platz
meines Sohnes einnehmen zu können, aber das werde ich nicht zu
lassen." Die Stimme identifizierte Lilly, als die von
Miranda.
„Beruhigen sie sich doch erst mal. Ich nehme gar keinen
Platz ein, schon gar nicht den von ihrem Sohn." Nun hörte sie
Kians Stimme.
Lilly war wie gelähmt. Sie hatte Miranda seit
der Beerdigung nicht mehr gesehen und hatte auch nicht gewusst das
sie zu der Feier kommen wollte.
„Wahrscheinlich machen sie sich
ein schönes Leben mit Lilly, natürlich mit dem Geld, das
Kevin Lilly hinterlassen hat. Ich wusste schon immer das sie ihn nur
wegen seines Geldes geheiratete hat."
„Misses McNight..."
„Ach
hören sie doch auf, verschwinden sie von hier!"
Das ging zu
weit, Miranda hatte kein Recht Kian aus dem Haus zu werfen.
„Jetzt
hörst du mir mal gut zu, ja!" Lilly ergriff endlich das
Wort.
„Ich kann machen was ich will und mit wem ich will. Von
Kevins Geld habe ich eine Zeit lang gelebt, das stimmt, aber nur um
mich wieder einigermaßen zu fangen. Aber mittlerweile brauche
ich das Geld nicht mehr und Kian schon gar nicht."
„Ich
will..."
„Stopp Miranda, jetzt rede ich! Das ich mich so sehr
in dir täuschen konnte, hätte ich nicht zu vermuten gewagt.
Ich habe Kevin aus Liebe geheiratete, ich hätte ihn also auch
geheiratete wenn er arm wie eine Maus gewesen wäre... Kevin
wollte immer das ich glücklich bin und das bin ich mit Kian. Als
du dich an der Schulter deines Mannes ausgeweint hast, bin ich allein
durch die Welt gezogen. Warum sollte ich nicht meine zweite große
Liebe finden?... Und noch etwas, du hast ganz bestimmt nicht das
Recht Jemanden aus dem Haus meiner Eltern zu werfen."
Miranda
verschwand Erbittert aus der Küche.
„Das hättest
du nicht tun müssen, Lilly."
„Doch Kian, genau das musste
ich jetzt tun."
„Du hast doch selbst gesagt, sie sein sehr
nett. Sie hat es bestimmt nur gesagt, weil sie gekränkt war uns
zusammen zu sehen."
„Es ist mir völlig egal. Ich habe
gesagt es interessiert mich nicht, was die anderen davon halten und
das tut es auch nicht. – Jetzt lass uns den Vorfall bitte
vergessen. Nimm mich liebe in den Arm."
„Na komm her." Kian
breitete die Arme aus und Lilly kuschelte sich an ihm.
Es war die
richtige Entscheidung, die Lilly getroffen hatte. Kian war der
Richtige und früher oder später würde das auch Miranda
einsehen, dachte Lilly.39
2 Wochen später
Lilly
saß an ihrem Schreibtisch Zuhause, als es an der Tür
klopfte.
„Komm rein! Ist offen", rief sie.
„Hey." Kian
betrat das Gartenhäuschen.
„Hey! Du bist ganz schön
früh dran. – Zum kochen bin ich noch nicht gekommen."
„Das
dachte ich mir und deshalb habe ich Pizza mitgebracht." Er stellte
die Tüte, mit den Pizzen, auf den Esstisch.
„Prima! Ich bin
hier gleich fertig." Lilly konzentrierte sich wieder auf die
Unterlagen.
„Deine Begrüßungen waren auch schon
mal... intensiver.", murmelte er und begann den Tisch zu
decken.
„Du hast Recht. Das kann warten!" Lilly lies den Stift
sinken, ging auf Kian zu und küsste ihn.
„Intensive
genug?", fragte Lilly.
„Ich weis nicht so genau. Vielleicht
könntest du noch mal...?" Kian grinste.
„Kian..." Lilly
knuffte ihn liebevoll in die Seite.
„Autsch... Ich glaube es war
intensive genug, ja."
„Das wollte ich hören." Noch
einmal küsste sie ihn kurz, ehe sie ihre Aufmerksamkeit auf die
Pizzen richtete.
„Lilly, ich muss mit dir reden." Kian klang
ernst.
„Nur zu. Was ist los?"
„Die Jungs haben mich
gefragt, ob wie ein neues Album aufnehmen."
„Wo liegt das
Problem? Es ist doch toll wenn ihr wieder zusammen auf der Bühne
steht und geplant hattest du es doch auch."
„Lilly du stellst
dir das ganz toll vor, aber da hängen jede Menge anderer Sachen
mit dran. So ein Album nimmt sich nicht von allein auf und verkaufen
tut es sich erst recht nicht von allein."
„Das ist mir klar,
aber ich verstehe immer noch nicht wo das Problem liegt."
„Es
ist einfach so, das eine Beziehung sehr unter so was leidet. Immerhin
kann ich nicht pünktlich Feierabend machen und ich bin viel
unterwegs."
„Es ist dein Leben, mit den Jungs auf der Bühen
zu stehen und vor einem tobendem Publikum zu singen, das kannst du
nicht einfach niederlegen, nur weil du Angst hast das unsere
Beziehung darunter leiden könnte. Außerdem, wofür
gibt es Telefone, E-Mails und natürlich Flugzeuge!"
„Es
stimmt schon was du sagst, aber du gehst auch einer Arbeit nach, die
ziemlich zeitaufwendig ist.", gab er zu bedenken.
„Im Moment
schon, aber das liegt auch daran, das ich mich erst richtig
einarbeiten muss und weil Mum und Dad momentan Urlaub machen. Wenn du
durch die Weltgeschichte reist hat sich das alles wieder
normalisiert. Glaub mir, Laptops und Handys funktionieren auch in
Hotelzimmern."
„Du meinst also wirklich, ich sollte es
machen?"
„Würde ich es sonst sagen? Es ist wirklich mein
voller Ernst, Kian. Und sollte die Sehnsucht irgendwann zu groß
sein, verspreche ich dir, setze ich mich in den nächsten Flieger
zu dir."
40
Kian legte die Post auf den kleinen Tisch in
der Diele, hang seine Jacke an die Garderobe auf und setzte sich
Sekunden später, mit der Post auf die Couch.
Während er
die Post durchging lies er das Band seines Anrufbeantworters
ablaufen.
„Sie haben zwei Nachrichten... Nachricht eins... Hallo
Schatz, bin schon wieder aus Südfrankreich zurück. Wenn es
bei dir heute nicht allzu spät wird, ruf doch noch mal an.
Ansonsten bleibt es dabei, morgen Abend bei dir. Ich liebe dich."
Lillys Stimme drang aus dem kleinen Lautsprecher.
Kian griff nach
dem Telefon auf der Station und war schon dabei Lillys Nummer zu
wählen, als die zweite Nachricht abgespielt wurde.
„Nachricht
zwei... Mister Egan? Ich habe vielversprechende Ergebnisse für
sie. Der Mann den sie suchen, war zu 98 ein gewisser Kevin McNight.
Nach meinen Erkenntnissen, war er verheiratet, aber kinderlos. Bitte
rufen sie mich doch in den nächsten Tage zurück. -
Danke."
Kian lief ein kalter Schauer über den
Rücken.
Konnte es solche Zufälle geben? Trug er wirklich
das Herz von Lillys Mann in sich?
Kian musste mit jemandem reden -
am liebsten mit Lilly - doch diesen Gedanken verwarf er ziemlich
schnell wieder.
„Nicole schläft tief und fest." Shane
trat in die Küche uns beobachtete seine Frau amüsiert,
dabei wie sie fluchend vor dem Herd stand.
„Du wirst es nicht
glauben, aber das Essen ist auch gleich soweit."
Es läutete
an der Haustür.
„Besuch? Jetzt noch?" Gillian sah genervt
auf die Uhr. Um die Zeit konnte das nichts gutes mehr bedeuten.
„Ich
geh mal nachsehen." Shane verschwand Richtung Diele.
„Kian,
was machst du denn hier?"
„Hallo Shane. Kann ich vielleicht
rein kommen?"
„Klar, wir wollten gerade noch etwas
essen."
„Wenn ich störe, kann ich auch wieder
gehen."
„Quatsch du bleibst natürlich."
Die Beiden
gingen zu Gillian in die Küche.
„"Kian! Hey!" Gillian
umarmte ihn.
„Hallo Gill! Wie gesagt, ich wollte euch nicht beim
essen stören."
„Du isst natürlich mit uns. Setzt
dich doch." Gillian holte ein drittes Gedeck.
„Wo hast du
Lilly gelassen?" Shane setzte sich an den Esstisch.
„Die ist
heute aus Südfrankreich zurück gekommen und ist in Dublin
geblieben."
„Rück raus mit der Sprache Kian. Was ist
los?"
„Na ja, ich musste mit jemanden reden." Gestand
Kian.
„Na dann leg mal los. Was gibt's?"
„Es ist gar
nicht so einfach es zu erklären. Ich kann es ja selber kaum
fassen."
„Hattet ihr etwas Streit, du und Lilly?" Gillian
stellte zwei Töpfe mit dampfenden Inhalt auf den
Tisch.
„Nein!... Lillys Mann... Ich habe... Er hat..."
„Jetzt
beruhigst du dich erst mal, weil so verstehen wir wahrscheinlich
morgen früh noch nicht was eigentlich los ist."
„Mein
Herz ist sein Herz... Das Herz von Lillys Mann."
Shane und
Gillian begriffen nicht sofort.
„Moment mal, willst du sagen,
dass du das Herz von Lillys verstorbenen Mann bekommen hast?"
Kian
nickte.
„Das kann doch nicht wahr sein. Das ist bestimmt ein
blöder Zufall, mehr nicht."
„Shane, meinst du wirklich es
gibt zwei Männer mit dem Namen Kevin McNight, die ca. zur
gleichen Zeit starben und ihre Organe spendeten? Oder ist es
vielleicht Zufall, das beide verheiratet und kinderlos waren? Es
besteht kein Zweifel."
Shane schüttelte nur den Kopf.
„Hast
du schon mit Lilly darüber gesprochen?", fragte
Gillian.
„Meinst du ich bin verrückt? Ich liebe Lilly und
will mit ihr zusammen sein, wenn sie raus bekommt, das ich Kevins
Herz bekommen habe, dann verlässt sie mich doch."
„Woher
willst du das wissen? Ich meine was kannst du dafür, das du
Kevins Herz in dir trägst?"
„Sie verlässt mich! Ihr
kennt sie nicht, wenn es um die Vergangenheit geht, um ihre und
Kevins Vergangenheit."
„Aber Kian, sie liebt dich. Sie liebt
dich so wie du bist, aber sie liebt dich auch weil du der Kian bist,
den wir alle lieben. Sie liebt dich wegen deiner ganz besonderen Art,
wegen deiner wunderschönen Augen, wegen deiner Gabe mit andere
Menschen umzugehen, aber sie liebt dich doch nicht wegen
irgendwelcher Organe die du in dir trägst. Wie sollte sie dich
dann deswegen nicht lieben?" Gillian verstand einfach nicht, wovor
Kian solche Angst hatte.
„Gill hat Recht, du musst unbedingt mit
Lilly reden, am besten so schnell wie möglich."
„Sagt mal
wollt ihr mich einfach nicht verstehen? Ich WILL Lilly nicht
verlieren!"
„Willst du denn, das eure Beziehung auf einer
riesengroßen Lüge aufgebaut wird?... Ich kann dir sagen,
warum sie dich verlassen wird. Sie wird dich verlassen, weil diese
Lüge dich immer verfolgen wird und irgendwann wird das ganze
raus kommen und dann, mein Lieber, ist Lilly weg. Bloß weist du
was in zwei Jahren ist? Vielleicht habt ihr geheiratet und euer
erstes Kind ist auch schon zur Welt gekommen und dann kommt alles
raus, was dann Kian?" Gillian sah ihn fragen an.
„Ich... ich
weis es nicht!"
„Ich aber Kian! Sie wird dich verlassen,
weil du sie belogen hast. Und ich will dir noch etwas sagen, Kian.
Wäre ich dann an Lillys Stelle, würde ich es wahrscheinlich
nicht anders machen!"
„Wenn ihr Beide nichts sagt, dann wird
es nie rauskommen."
„Jetzt sollen wir auch noch dein Geheimnis
hüten und Lilly bei jedem Aufeinandertreffen anlügen?"
„Schatz,
jetzt beruhigst du dich erst mal wieder. Kian ist erwachsen, er kann
tun und lassen was er will!" Shane legte beschwichtigend seine Hand
auf ihre.
„Ach macht doch was ihr wollt. Ich gehe schlafen, ehe
ich noch mehr solcher Geheimnisse hüten muss." Gillian stand
auf und verschwand nach Oben.
„Kian, du weis das sie Recht
hat. Irgendwann kommt alles raus und dann ziehst du auf jeden Fall
den kürzeren."
„Ich will ihr doch einfach nicht weh
tun."
„Meinst du, es tut ihr weniger weh, wenn sie es nach
Tagen, Monaten oder gar Jahren raus bekommt? Sie scheint dich jetzt
schon sehr zu lieben, wie ist es dann erst nach weiteren Monaten?...
Kian, Lilly hat eine große Enttäuschung hinter sich, wie
muss es dann für sie sein, noch ein zweites Mal enttäuscht
zu werden?"
„Also gut, ich werde es ihr sagen, wenn ein guter
Zeitpunkt dazu gekommen ist, aber bitte lasst mir wenigstens die
Chance es ihr zu sagen, vor allem Gill."
„Du kennst doch deine
Cousine, aber ich denke sie wird es nicht tun, wenn du sagst das du
es tust."
„Ich werde es tun. Ich kann nur noch nicht
versprechen, das es heute oder morgen sein wird, okay?"
„Ja,
wir werden nichts sagen. Versprochen."
41
Lilly
saß, mal wieder allein, abends vorm Fernseher. Auf das was lief
konnte sie sich nicht konzentrieren, ihre Gedanke schweiften immer
wieder ab.
Seit einer Woche ging das jetzt schon so. Wenn Lilly
morgens aufstand, war Kian gerade im Begriff zu gehen und abends kam
er meinst erst spät nach Hause.
Vor Lillys Abreise nach
Südfrankreich hatten sie ausgemacht, das Lilly danach erst mal
eine Zeit bei Kian bleiben würde.
Alles hätte seine
Vorteile gehabt, Lillys Weg zur Arbeit war wesendlich kürzer und
sie hätte mehr Zeit mit Kian verbring können. Doch wie
sollte sie Zeit mit ihm verbringen, wenn sie ihn selten zu Gesicht
bekam.
Ihre Beziehung war noch sehr frisch, das sah Lilly ja ein,
aber er hatte vorher doch auch gern Zeit mit ihr verbracht. Nach
ihrer Rückkehr aus Südfrankreich, hatte er sich vollkommen
ihr gegenüber verändert. Was war bloß während
ihrer Abwesenheit passiert?
„Lilly?... Träumst du?" Kian
stand vor ihr.
„Ich hab dich gar nicht kommen hören."
„Das
tut mir leid, aber ich habe aus der Diele schon gerufen. Du warst
abwesen." Er küsste sie.
„Ja, ähm... mir gingen ein
paar Sachen durch den Kopf."
„Etwas bestimmtes?"
„Nichts
wichtiges. Man kann seine Gedanken halt nicht abschalten, wie das
Licht in seinem Büro."
„Verfolgt dich deine Arbeit mal
wieder bis nach Hause?"
„Lass uns einfach nicht drüber
reden! - Wie war dein Tag?"
„Ich wusste gar nicht mehr wie
sehr ich diese Tourvorbereitungen gehasst habe."
„So schlimm?"
Lilly kuschelte sich an Kian.
„Das Ergebnis zählt. Ehe ich
es vergesse. Shane und Gill habe uns morgen zum grillen
eingeladen."
„Ich hab morgen am späten Nachmittag noch
einen Termin, der vielleicht etwas länger dauert. Ich komm dann
von der Firma direkt dorthin."
„Prima. - Sei mir bitte nicht
böse, aber ich geh ins Bett, ich bin tot müde." Er küsste
sie flüchtig und verschwand dann in die Diele.
Das konnte
doch nicht wahr sein? Lilly fühlte sich, als wenn die Beiden
schon Jahre verheiratete wären.
Lilly konnte es sich selber
nicht erklären, doch sie verspürte plötzlich das
Verlangen aus ihrem Portemonnaie die alten Bilder von Kevin und ihr
mal wieder durch zusehen.
Sie stand also auf, holte es aus ihrer
Handtasche und aus dem Portemonnaie kamen die Bilder zum
Vorschein.
„Kevin, weist du noch damals, als ich mich in Timothy
verknallt hatte?" Sie strich mit dem Zeigefinger über die
Konturen von Kevin.
„Du hast gesagt, er wäre nichts für
mich und ich habe gefragt wie du darauf kommen würdest. Darauf
hast du nur gesagt, weil keiner so gut zu dir passt wie ich. Wir
waren gerade mal zwölf und doch wusste ich in dem Moment, wenn
ich mal heirate, dann den! Na ja, so ist es ja dann letztlich auch
gekommen." Eine Träne rollte über Lillys Wange.
„Kevin,
meinst du Kian ist etwas für mich? Meinst du er passt zu mir?...
Du denkst jetzt da Oben wahrscheinlich auch, jetzt redet die schon
mit mir, als säße ich lebend vor ihr, und die habe ich
geheiratet." Lilly lächelte.
Lilly lies ihren Finger weiter
über das Foto gleiten und schlief darüber irgendwann
ein.
„Lilly, wach auf!" Sie hörte eine vertraute
Stimme die ihr leise ins Ohr flüsterte.
„Kevin? Wie? Was...
was tust du hier?" Lilly saß kerzengrade in ihrem Bett. In
dem Bett, das sie zusammen mit Kevin gekauft und aufgebaut hatte, in
der Wohnung die sie mit Kevin zusammen bezogen hatte und neben ihr
saß Kevin.
„Du hast mir doch Fragen gestellt und ich weis
doch, wie sehr du es hasst, wenn deine Fragen nicht beantwortete
werden.", grinste er.
„Wie ist es damals zu diesem Unfall
gekommen? Trägt jemand die Schuld an deinem Tod?" Dies waren
die Fragen, die Lilly ihn fragen wollte, sollte sie ich wieder sehen,
irgendwann im Jenseits,
„Keiner hat Schuld, Lilly. Es ist
passiert, damit müssen wir beide jetzt leben. Hör mir jetzt
zu Lilly. Du wolltest von mir wissen, ob Kian zu dir passt. Ich sage
dir, es könnte niemanden geben der besser für dich wäre,
als Kian. Lilly lass ihn nicht gehen, egal was passiert. Hörst
du? EGAL was noch so passiert, verzeih es ihm. Er tut es für
dich und weis einfach nicht mehr was richtig und was falsch
ist."
„Bist du sauer auf mich, weil ich...?"
„Lilly,
Schatz, niemand kann es dir vorwerfen, NIEMAND! Nicht mal meine
geliebte Mutter, sie wird auch noch einsehen, das ihr Beide für
einander bestimmt seit. Hör mir jetzt bitte zu, meine Zeit läuft
ab. Werde mit Kian glücklich, wenn es sich ergibt heirate ihn
und bekommt zusammen die Kinder die wir immer wollten und vielleicht
erzählst du ihnen ja mal von deinen Jungenfreund, mit dem du so
viele tollen und verrückte Dinge in deiner Schulzeit erlebt
hast. Ich werde dich beobachten mein Schatz, und ich werde dich immer
lieben. Lebe dein Leben, so wie du es immer wolltest und vergiss
nicht, wir sehen uns wieder." Seine Lippen trafen auf ihre, doch
das Gefühl von Früher war nicht mehr da, dafür eines
das Zufriedenheit, das sich in ihrem ganzen Körper
verbreitete.
„Noch etwas, melde dich doch mal wieder bei unseren
Freunden! Sie haben auch gelitten, es war für euch allen nicht
einfach, aber wir waren doch alle Freunde. Ich werde doch nicht die
Person sein, die uns alle zusammen gehalten hat, oder?" So schnell
wie er aufgetaucht war, verschwand Kevin auch wieder und Lilly saß
allein in dem Bett.
„Kevin!" Lilly schreckte hoch.
Sie
lag auf der Couch in Kians Wohnzimmer, von Kevin keine Spur. In der
Hand hielt sie das Foto von Kevin, ihr und den anderen sechs.
Sollte
es alles nur ein Traum gewesen wein? Es hatte so real
gewirkt.
42
Lilly saß in ihrem Büro und
versuchte nun schon zum zigsten Mal sich auf ihre Arbeit zu
konzentrieren, doch es gelang ihr nicht. Immer wieder hatte sie ihren
Traum von letzter Nacht vor Augen.
Sollte sie sich wirklich mal
wieder bei ihren alten Freunden melden? Sie kannten sich immerhin
schon seit der Grundschule und waren immer gute Freunde gewesen.
Sie
griff nach ihrem Handy und blätterte durch ihr Telefonbuch.
Lauras Nummer erschien als erste, der sechs, auf dem Display. Lilly
ging auf anrufen und nach zweimaligem Klingeln ging jemand
ran.
„Hallo?" Lilly hörte Lauras Stimme.
„Hallo
Laura, ich bin's Lilly."
Lilly hörte wie am anderen Ende
der Leitung, Laura schwer schluckte.
„Laura? Bist du noch
dran?"
„Ja... ja natürlich. Lilly schön von dir zu
hören, du hast dich ja immerhin ewig nicht bei uns
gemeldet."
„Es tut mir leid, das ich so lange nicht von mir
hören lassen hab, aber ich brauchte den Abstand einfach."
„Und
jetzt brauchst du wieder Gesellschaft?"
„Ich wollte mich
einfach mal wieder bei meinen Freunden melden. Vielleicht mal wieder
was mit euch machen? Mich mit euch aussprechen. – Laura ich weis,
das es nicht faire war euch die kalte Schulter zu zeigen, nach seinem
Tod. Aber bitte, versucht mich bitte auch ein wenig zu verstehen, ich
habe den Menschen, den ich so sehr liebte von jetzt auf gleich
verloren. Ich möchte doch einfach nur wieder mit euch in Kontakt
treten."
„Wie steht's mit morgen Abend? Wir treffen uns im
Howard Pub so wie früher."
„Laura, morgen ist sein
Geburtstag... ich weis nicht..."
„Deswegen treffen wir uns ja
morgen alle, wir wollen auf seinen Geburtstag anstoßen und in
Gedanken bei ihm sein. Du kannst es dir ja überlegen, ob du
kommst oder nicht. Wir würden uns auf jeden Fall freuen."
Nun
war Lilly die Jenige, die schwer schluckte.
„Ich werde da
sein."
„Okay... Morgen Abend so gegen acht im Howard Pub...
Ach Lilly, wenn du willst kannst du deinen Kian ja mitbringen, damit
wir ihn kennen lernen. Immerhin interessiert es uns doch sehr, wer
dein Herz erobert hat."
„Woher... Mum."
„Richtig, deine
Mum hat Sophies Mum getroffen und erzählt das es dir gut ginge
und das du einen neuen Freund hättest."
„Ich werde ihn
fragen, ob er mitkommt. Also dann Laura, bis morgen Abend. Bye."
„Bye
Lilly."
Kian würde sie nur fragen, wenn er sie nicht
wieder allein auf der Couch sitzen lassen würde.
Da fiel ihr
das Grillen am Abend bei Shane und Gillian ein. Heute würde sie
also keine Gelegenheit haben um mit ihn zu reden und morgen Abend nun
auch nicht mehr.
Sie wollte endlich wissen was mit ihm los
war.
„Na, was ist los mit dir?" Dave setzte sich neben
Kian auf eine der Treppenstufen.
Kian war Minuten zuvor aus dem
Studio geflüchtet, mit der Ausrede, er müsse schnellstens
frische Luft schnappen.
„Nichts ist mit mir."
„Du bist ja
förmlich geflüchtet, gerade."
„Ja, weil man es da
drin einfach nicht länger aushalten konnte. Ich zumindest
nicht." , antwortete Kian genervt.
„Schon gut. Reg dich wieder
ab. Ich wollte dir nichts. Du kannst hier draußen sitzen
bleiben so lange dir danach ist, aber deine Probleme werden davon
auch nicht kleiner."
Es herrschte ein kurzes Schweigen zwischen
den Beiden.
„Woher willst du überhaupt wissen, das ich
Probleme habe?"
„Das sieht man dir an der Nasenspitze an,
Kian."
„Mir geht es gut. Es läuft alles super und damit
das auch weiter so ist geh ich da jetzt wieder rein." Kian stand
auf und verschwand in dem Gebäude.
„Na wenn du meinst, das
sich alles in Luft auflöst?... Du wirst es irgendwann besser
wissen.", murmelte Dave vor sich hin, ehe er Kian folgte.
43
Lilly ging um das Haus der Filans herum, durch
den Garten und gelang direkt auf die Terrasse.
„Lilly, da bist
du ja endlich!" Gillian umarmte sie.
„Entschuldigt, dieser
Kunde hat aus der Wandfarbe seines neuen Wohnzimmers einen Staatsakt
gemacht." Lilly setzte sich genervt in einen der
Gartenstühle.
„Macht doch nichts. So spät bist du ja
gar nicht dran." Shane machte eine abfällige
Handbewegung.
„Ist Kian gar nicht da?" Lilly sah sich suchend
um.
„Doch klar, was denkst du denn? Der ist gerade auf die
Toilette verschwunden.", erklärte Georgina.
„Na wundern
würde es mich nicht.", murmelte Lilly vor sich hin.
Dave,
der sich von Gillian hatte breitschlagen lassen hatte, mit rein zu
kommen und auch was zu essen, musterte Lilly.
Lilly bemerkte das
Augenpaar, das auf ihr ruhte, wandte sich zu Dave und streckte ihm
ihre rechte Hand entgegen.
„Sie müssen Dave sein, ich bin
Lilly."
„Freut mich sie kennen zu lernen, Lilly." Dave
ergriff ihre Hand und schüttelte sie.
„Sie haben also
unserem Kian den Kopf verdreht?" Dave grinste.
„Ja das hab ich
wohl.", bestätigte Lilly.
„Hallo mein Schatz." Kian
trat aus dem Haus raus auf die Terrasse, küsste Lilly und setzte
sich dann neben sie, in den Gartenstuhl.
„Hallo." Auf Lillys
Lippen bildete sich ein leichtes Lächeln, doch ehe Kian es
erwidern konnte wandte sie sich wieder den Anderen zu.
Während
des Essens unterhielten sie sich alles über belanglose
Dinge.
Kian kapselte sich ab und hatte den Geschichtsausdruck, der
den Menschen die ihn gut kannten signalisierte, das er in Gedanken
versunken war.
Lilly beobachtete ihn eine Weile und nahm sich vor
morgen mit ihm zu sprechen. Ihn zu fragen, was in letzter Zeit mit
ihm los war? Worüber er sich so den Kopf zerbrach? Und warum es
sich von ihr zurückzog.
Nach dem Essen saßen sie
alle noch gemütlich zusammen.
Alle amüsierten sich,
alle außer Kian. Er saß immer noch in Gedanken versunken
am Tisch.
Als durch das Babyphon, Nicoles Weinen alle in ihren
Unterhaltungen inne halten lies, stand Shane auf und verschwand im
Haus um nachzusehen was Nicole hatte. Kian folgte ihm.
Er musste
unbedingt mit Shane reden, ihm sagen das er Lilly noch nicht die
Wahrheit sagen wollte, nein das er ihr die Wahrheit nie sagen
konnte.
Nicole beruhigte sich wieder, nachdem sie ihren Vater
sah.
„Mäuschen, hast du schlecht geträumt?" Shane
strich ihr liebevoll über die Wange und zog ihre Spieluhr auf.
Nicole schloss nach ein paar Minuten wieder zufrieden die
Augen.
„Shane, ich muss mit dir reden!" Kian stand im
Türrahmen von Nicoles Zimmer.
Unter auf der Terrasse
hörten plötzlich alle zu was Kian mit Shane zu bereden
hatte.
Gillian die nicht annähernd ahnte was Kian zu sagen
hatte, hörte ebenfalls gespannt zu.
„... es ihr einfach
nicht sagen. Sie wird mich dafür hassen." Lilly hörte
Kians Stimme, sie wurde noch hellhöriger. War das die Antwort
auf die Frage, die sich seit einer Woche stellte? Darauf, warum Kian
sich so zurückzog. Hatte er etwa eine Andere?
„Willst du
sie ihr Leben lang belügen? Sie in dem Glauben lassen das alles
in Ordnung ist?"
Gillian verstand endlich worum es ging und
wollte zum Babyphon greifen um es auszuschalten, doch Lilly die näher
dran saß, ergriff es vor ihr und hielt es nun fest in beiden
Händen.
„Shane, so versteh mich doch. Ich kann es ihr
einfach nicht sagen."
„Du hast also angst davor das sie dich
hassen wird, ja? Was meinst du, wofür wird sie dich mehr hassen?
Dafür das du das Herz ihres Mannes bekommen hast, oder..."
Lilly
schnellte hoch. Hatte sie das gerade wirklich gehört? Das durfte
doch nicht wahr sein! Kian der Mann in den sie sich so unsterblich
verliebt hatte, hatte das Herz von Kevin.
„Nein... Warum ich?
Hasst du mich so sehr, das du mir immer mein Glück nehmen
musst?" Lilly schrie, sie neigte den Kopf nach Oben und schrie
Richtung Himmel.
Kian und Shane sahen sich entsetzt an. Das
war Lilly die da schrie.
„Oh nein, das Babyphon." Shanes Blick
blieb auf dem Babyphon, auf der Kommode unmittelbar neben der Tür,
haften.
Kian begriff was Shane meinte und rannte runter raus auf
die Terrasse.
„Lilly, ich kann dir das alles erklären."
Kian ging langsam auf Lilly zu, wollte nach ihrer Hand greifen, doch
Lilly zog sie weg.
„Fass mich nicht an. - Wann hattest du vor es
mir zu sagen?", schrie Lilly.
„Lilly... Bitte!...",
schluchzte Kian.
„WANN wolltest du es mir sagen? Nächste
Woche? Nächstes Jahr? Nie?"
„Lilly, hör mir bitte
zu!"
„Nein Kian, es ist gesagt worden, was gesagt werden
musste. Ich hätte mich nicht auf dich einlassen dürfen,
dann wäre mir viel erspart worden."
„Das meinst du doch
nicht ernst! Du sagtest du liebst mich!"
„Nein Kian, ich liebe
den Mann, der du vorgabst zu sein, doch letztlich nicht bist."
„Lilly
ich liebe dich."
„Lass mich in ruhe, schmeiß meine
Nummer und Adresse weg. Ich will dich nie wieder sehen."
Diese
Worte waren in Kians Ohre fast unerträglich.
Lilly drehte
sich um und durchquerte den Garten.
„Lilly, bleib doch bitte
stehen." Gillian lief ihr hinterher.
„Wisst ihr was? Ich
dachte wirklich wir wären so etwas wie Freunde, aber wer brauch
schon solche Freunde wenn er Feinde haben kann?" Damit verlies sie
den Garten.
Sie setzte sich in ihr Auto und fuhr erst stundenlang
verzweifelt durch Sligo, ehe sie in die Straße einbog in der
ihre Wohnung war. Die Wohnung, in der sie letzte Nacht in ihrem Traum
gewesen war.
44
Ein Monat war nun seit dem Vorfall,
wie es Lilly immer nannte, vergangen.
Ein Monat in dem Beide sich
nicht gesehen hatte. Ein Monat in dem Beide nicht miteinander geredet
hatten. Ein Monat in dem Beiden versuchten ihr Leben so normal wie
möglich weiter zu führen. Und ein Monat in dem es ihnen
nicht gelange, nicht jede frei Minute die sie hatten, an dem Anderen
zu denken.
„Lilly?... Schatz, hörst du mich?... Hallo!"
Ruth Richards stand neben ihrer Tochter, doch diese war so in
Gedanken versunken, das sie es nicht mitbekam. Erst als ihre Mutter
sie sanft an die Schulter tippte schreckte Lilly aus ihren
Gedanken.
„Mum, musst du mich immer so erschrecken?"
„Ich
habe dich mehr als einmal angesprochen, aber du hast mich nicht
gehört. Was sollte ich deiner Meinung also tun?"
„Entschuldige
Mum, war nicht so gemeint! - Warum bist du hier?"
„Ich wollte
mir die Entwürfe für den Miller Auftrag ansehen, du
scheinst nicht sehr weit damit gekommen zu sein."
Lilly sah
schuldbewusst auf das Blatt, auf dem so gut wie nichts, seit dem
Morgen verändert worden war.
„Lilly, hör mal. So geht
das nicht. Du kannst deine Aufträge gern abgeben, wenn du dafür
gerade nicht den Kopf hast, aber wenn du sagst du machst den Auftrag,
dann verlassen wir uns auf dich. Versteh mich bitte nicht falsch,
aber Mister Miller ist so wieso so... pingelig!"
„Ich weis das
ja Mum, aber ich kann nicht einfach so einen Auftrag, der mir gegeben
wird, verweigern. Du weist, ich wollte nicht als die Tochter vom Chef
meine Karriere machen, sondern als Lilly McNight."
„Ja, dein
Vater und ich verstehen das ja auch, doch du musst an diesem Auftrag
arbeit, oder ihn abgeben."
„Ich werde weiter daran arbeiten
und wenn ich Überstunden schieben muss."
„Gut, das wollte
ich doch gehört haben. Aber für heute nimmst du dir
trotzdem frei. Mach was schönes, geh von mir aus mal wieder
shoppen."
„Mum, ich weis nicht."
„Ich aber Lilly. Das
sag ich nicht als deine Chefin, sondern als deine Mutter. Also ab mit
dir. Ich will dich hier heute nicht mehr sehen, verstanden?"
„Ja
Mum. - Danke. Bis nachher." Lilly küsste ihre Mutter auf die
Wange, nahm ihre Handtasche und ging aus dem Büro.
„Also
gut Jungs, ich bin weg. Da drüben ist ein nettes Cafe in dem ich
jetzt verschwinde und erst mal frühstücken werde. - Viel
Spaß!" Dave grinste.
„Hahaha, bist du heute wieder
lustig Dave. Wir werden bestimmt ganz viel Spaß haben, du weist
doch wie lustig Louis immer ist." Nicky verdrehte die Augen.
„Ciao
Jungs. Ruft kurz durch, wenn ihr fertig seit, dann steht der Wagen in
zwei Minuten vor der Tür." Dave überlies die Jungs ihrem
eigenen Schicksal. Ihn hatte die Besprechung mit Louis am Vortag,
gereicht.
„Nicky, hast du sie die letzten Tag gesehen?"
Kian sah fragen zu Nicky, der nur den Kopf schüttelte.
„Seit
dem Tag vor drei Wochen, als sie mit einer Reisetasche weggefahren
ist, haben wir sie nicht mehr gesehen. Jess, sagt sie wohnt wieder in
der Wohnung in Sligo.", erklärte Nicky.
„Na prima! Ich
krieg die Frau einfach nicht mehr aus dem Kopf." Kian vergrub sein
Gesicht in seinen Händen.
Lilly hatte sich kurzer Hand
entschieden ihren freien Tag dazu zu nutzen um die letzten Sachen aus
dem Gartenhäuschen abzuholen, doch vorher wollte sie in ihrem
Lieblingscafe noch frühstücken.
Sie betrat das Cafe und
musste mit bedauern feststellen das auf den ersten Blick alle Tische
besetzt waren. In eine Ecke, ganz hinten im Laden entdeckte sie doch
noch einen freien Tisch. Sie ging zielstrebig darauf zu, doch ein
Mann war schneller als sie und setzte sich einfach auf den freien
Stuhl.
„Mister, ich habe den Tisch als erstes gesehen. Würden
sie also so freundlich sein und ihn mir überlassen!"
„Miss,
ich habe gleich eine wichtigen Termin. Suchen sie sich doch einfach
eine anderen Tisch, ja?" Der Mann sah sie an und da erkannt Lilly
ihn erst.
„Dave?", fragte sie unsicher.
„Lilly, setzt sie
sich doch zu mir." Er stand auf, überlies Lilly seinen Stuhl
und organisierte von einem anderen Tisch noch einen freien
Stuhl.
„Was treibt sie her?", fragte sie ihn.
„Oh, ich
hab die Jungs zu Louis gebracht. Die dürfen sich mit dem alten
Stinkstiefel rumärgern, während ich frühstücke."
„Wie geht es ihm?" Lilly wollte die Frage belanglos stellen,
doch es gelang ihr nicht.
„Wie soll es ihm schon gehen. Er würde
gern die Zeit zurück drehen."
Lilly schluckte. In ihrem
Hals entstand gerade ein großer Kloß. Sie nickte
stumm.
„Lilly, es geht mich wirklich nichts an, aber ich habe an
dem Abend, vor einem Monat mit Gillian geredet. Kian wusste wirklich
nicht was er tun sollte. Er war zweifelt."
„Sie haben Recht
Dave! Es geht sie nichts, aber auch rein gar nichts an!
–Entschuldigung, mich interessiert es ja wie es ihm geht. Warum er
das getan hat?" In Lillys Augen bildeten sich Tränen.
„Dann
fragen sie ihn selbst. Er sitz da Oben und hört wahrscheinlich
nicht mal ansatzweise dem zu, was Louis erzählt." Dave deutete
auf das Gebäude auf der anderen Straßenseite.
„Ich
habe Angst ihm gegenüber zu treten. Ich habe Angst, das er mich
nicht mehr sehen will, so wie ich mich ihm gegenüber benommen
habe. Mir ist klar geworden, das er nichts dafür kann. Wie
sollte er verhindern, Kevins Herz eingepflanzt zu bekommen. Und ich
habe ja auch so reagiert, wie er es sich gedacht hat."
„Lilly,
gehen sie da rein, reden sie mit ihm. Schlimmer als jetzt kann es
wohl kaum werden, oder?" Dave lächelte sie aufmunternd an.
„Sie haben Recht. Ich werde mit ihm reden.", meinte Lilly
entschlossen.
„Das werden die Jungs sein.", erklärte
Dave, das klingeln seines Handys.
Lilly sah Dave an während
er telefonierte. Das es nicht um die Jungs ging, brauchte er ihr
nicht zu sagen. Seine Mine wurde immer besorgter.
„Ja Dad, ich
bin schon unterwegs." Mit diesen Worten beendete er das
Telefonat.
„Etwas schlimmes?" Lilly biss sich auf die Zunge,
wie konnte sie nur undiskret sein?
„Meine Mutter liegt im
Krankenhaus, sie hatte einen Herzinfarkt."
„Um Gottes Willen.
Worauf warten sie noch, fahren sie zu ihr ins Krankenhaus."
„Das
geht nicht, ich spätestens einer halben Stunde muss ich die
Jungs zu einem Termin fahren."
„Fahren kann ich auch, nur
Bodyguardqualitäten besitze ich nicht besonders viele."
„Sie
würden die Jungs wirklich zu diesem Termin fahren?" Dave sah
sie erstaunt an.
„Na worauf warten sie noch. Schicken sie einen
ihrer Leute zu diesem Fernsehstudio, für den Fall das dort
verrückte Fans auf die Jungs warten, geben sie mir den
Schlüssel, da wir nicht alle in meine Kombi passen, und fahren
sie endlich zum Krankenhaus." Lilly gab ihm den Schlüssel ihre
Wagens.
„Der schwarze Volvo-Kombi vor der Tür.", erklärte
sie.
„Der schwarze VW-Bus mit den getönten Scheiben, da
draußen.", meinte Dave und reichte Lilly auch einen
Autoschlüssel.
„Na dann los!"
„Ich weis gar nicht
wie ich ihnen danken soll?"
„Gar nicht! Sie fahren zu ihrer
Mutter und bringen mein Auto heute Abend zu Nicky und
Georgina."
„Danke!", rief er nochmals, als er das Cafe
verlies.
Da saß Lilly also nun und wartete darauf das die
Jungs aus dem Eingang kommen würden.
45
Es
verging eine halbe Stunde. Das Cafe füllte sich immer mehr und
Lilly beschloss im Auto zu warten. Dort würde sie ihre Ruhe
haben und konnte überlegen wie sie Kian gegenübertreten
würde. Oder sollte vielleicht nicht an das Zusammentreffen,
gleich denken. Immerhin konnte sie ja schlecht einen Rückzieher
machen.
Letztlich entschloss sie sich doch dafür im Auto zu
warten. Sie bezahlte und verlies das Cafe.
„... und da ich
ja weis wie sehr ihr diese Besprechungen mögt, beende ich das
jetzt hier. Einige von euch scheinen nicht ganz anwesend zu sein."
Louis Blick blieb auf Kian ruhe, der unentwegt auf seine Uhr
sah.
„Kian, wir sind erlöst.", murmelte Mark, der Kian
ebenfalls zwischendurch beobachtet hatte, und stand auf.
„Und
jetzt noch dieser Fernsehauftritt.", meinte Nicky, als sie alle
vier Louis Büro verließen.
Lilly hatte gerade
unmittelbar vor dem Gebäude, in dem Louis Büro war,
geparkt, als sie die Vier aus dem Gebäude kommen sah.
Shane
sah sich kurz suchend um, entdeckte den VW-Bus und alle Vier gingen
zielstrebig auf den Wagen zu. Die Schiebetür wurde geöffnet
und die Jungs stiegen ein.
„Dave sei froh das du dich in ein
Cafe setzten und frühstücken durftest."
„Tut mir
leid euch zu enttäuschen, aber Dave bin ich leider nicht."
Lilly wandte ihren Kopf nach hinten und sah in vier verdutzte
Gesichter.
„Lilly.", murmelte Kian und schluckte.
„Hallo
zusammen. Ich hab Dave drüben im Cafe getroffen, wir haben uns
unterhalten. Er ist leider verhindert. Und wofür könnte ich
meinen freien Tag eher nutzen, als euch durch die Gegend zu fahren.",
erklärte Lilly.
„Ich fahr mit dem Taxi. Wir sehen uns ja
dann." Kian, der direkt an der Tür saß, stieg aus dem
Wagen und ging den Bürgersteig entlang, auf der Suche nach einem
Taxi.
Was war in ihn gefahren? Er hatte sich doch einen Monat
lang danach gesehnt, Lilly endlich wieder zu sehen, doch gerade
musste er einfach weg. Raus aus diesem Auto, weg von ihr, weg vor den
Anderen.
„Kian, bleib bitte stehen!" Lilly lief ihm
hinterher.
Kian beschleunigte seien Schritte.
„Kian... BITTE!
Ich kann nicht so schnell. Meine Schuhe lassen es heute einfach nicht
zu dir hinterher zu rennen. BITTE!", schrie sie.
Die Leute auf
dem Bürgersteig musterten sie und schüttelten nur die
Köpfe.
Kian wollte immer noch nicht stehen bleiben.
„Was
sehen Sie mich so an? Würden sie dem Mann, den Sie über
alles lieben und dem Sie Unrecht getan haben nicht hinterher laufen?
Alles versuchen, damit er Sie anhört. Auch wenn Sie es erst spät
begriffen hätten, ist es doch besser spät mit ihm reden zu
wollen, als nie mit ihm zu reden." Erst hatte sie eine wildfremde
Frau angesehen, die stehen geblieben war, um Lilly zu mustern, doch
dann hatte sie sich an Kian gewandt und dieser war stehen geblieben.
Da stand er also, mit dem Rücken zu ihr.
„Kian, bitte lass
uns reden! Wenn du mir nichts mehr zu sagen hast, okay. Aber dann
lass mich bitte reden, lass mich versuche es dir zu erklären!
Bitte." Lilly war auf Kian zu gegangen, ihre Stimme hatte wieder
ihre normalen Lautstärke und die Passanten waren auch weiter
gegangen.
„Also gut, lass uns reden. Meinst du, du kannst es
jemals vergessen? Es mich nicht bei jeder Gelegenheit, die sich
bietet, mir aus versehen vorwerfen?" Kian drehte sich zu ihr
um.
Lilly traten Tränen in die Augen. Hatte sie ihr Glück
nun doch entgültig zerstört? Hatte Kian Recht, würde
sie es ihm vorhalten, wenn auch nur aus versehen?
„Kian, können
wir das nicht... Ich kann es dir nicht versprechen, aber wenn du mir
die Chance dazu gibst, werde ich alles versuchen, damit wir wieder
glücklich werden."
Er wischte ihr stumm die Tränen
weg, die Lilly über die Wangen liefen.
„Lass es uns
versuchen." Es war nicht mehr als ein Flüstern, das Kian über
die Lippen brachte, ehe er seine Arme um Lilly schlang.
Da
standen sie also, mitten auf Dublinsstraßen. Die Welt um sie
drehte sich weiter, doch die beiden nahmen das nicht wahr. Dieses
Gefühl sollte ein Laben lang anhalten.
Die Passanten gingen
an den Beiden vorbei, als wären sie gar nicht da. Für sie
waren die Beiden nur ein frisch verliebtes Paar, doch für Kian
und Lilly, war es der Beginn etwas wundervollem, etwas das ewig
halten sollte.
46
Epilog
Lilly kniete vor Kevins
Grab. Sie hatte ein paar Blumen im Morgengraun gepflügt und sie
auf sein Grab gelegt.
Es war einige Zeit vergangen und die Szene,
als sie und Kian eng umschlugen auf dem Bürgersteig gestanden
hatten, gehörte zu ihrer gemeinsamen Vergangenheit.
Ein Jahr,
war dies nun her. Ein Jahr, das sie und Kian gemeinsam verbracht
hatte.
Heute war es soweit, heute würde sie sich das Ja-Wort
geben.
„Lilly, wir kommen jetzt rein!"
Lilly saß
in ihrem alten Zimmer auf ihrem alten Bett und betrachtete das
Brautkleid, das am Kleiderschrank, ihr gegenüber hing.
Gillian,
Georgina, Jessica, Laura, Yvonne, Sophie und ihre Mutter betraten das
Zimmer.
„Sagt mal, meint ihr nicht, das es ein bisschen eng hier
drin wird?", fragte Lilly grinsend.
„Der Raum ist groß
genug, mach dir darüber mal keine Sorgen.", erklärte
Yvonne.
„Lampenfieber oder Torschlusspanik?", fragte Jessica
grinsend.
Lilly schüttelte den Kopf. „Nein, Kian ist der
Richtige."
„Na dann schlüpf mal in dein Hochzeitskleid.",
meinte Sophie und reichte es ihr.
„Ich verschwinde schnell in
euer Schlafzimmer, Mum." Lilly verschwand in die Diele.
Lilly
zog das Kleid an und betrachtete sich im Spiegel.
Das Oberteil
war coursagenartig und vereinzelt mit Perlen verziert und das
Unterteil wurde nach unter hin etwas voluminöser. Es war nicht
schneeweiß, sondern ganz in Elfenbein.
Sie drehte sich
einmal um ihre eigene Achse, bevor sie wieder in ihr Zimmer
ging.
„Wow... das ist... der Wahnsinn.", murmelte
Georgina.
„Danke. Hab ich es doch gut ausgesucht, auch ohne
euren Rat?" Lilly hatte sich nicht für zwei ihrer Freundinnen
entscheiden könne, und alle wollte sie auf keinen Fall mit ins
Brautgeschäft schleppen, als war sie allein losgezogen.
„Es
ist wie für dich gemacht!", gestand Laura.
„So, lasst uns
anfangen. Wir wollen doch nicht zu spät kommen."
„Lilly,
beruhig dich. Ohne die Braut fängt keiner an. Glaub mir.",
lächelte Gillian.
„Ja, ich weis. Trotzdem." Lilly
schlüpfte in ihre Schuhe.
„Also gut. Wir haben lange
überlegt, welchen alten Gegenstand du mit in deine neue Zukunft
nehmen sollst und letztlich ist uns nur eines eingefallen." Ruth
lies an ihrem Zeigerfinger ein goldene Kette mit Lillys altem Ehering
baumeln.
„Oh Mum... das... das ist... wundervoll." Lilly
kämpfte mit den Tränen. Der Mascara sollte zwar Wasserfest
sein, aber man musste es ja nicht direkt drauf anlegen.
„Du hast
ihn heute Morgen abgelegt, nachdem du vom Friedhof kamst. Jetzt
kannst du ihn immer bei dir tragen." Ihre Mutter trat hinter sie
und legte ihr die Kette um.
„Vielen Dank... euch allen. Ihr seit
wunderbar!"
„Moment, wir sind ja noch nicht fertig. - Ich habe
in meiner Schmuckschatulle gesucht und dachte mir, die Ohrringe leist
du Lilly." Jessica reichte ihrer Schwägerin die Ohrringe, mit
jeweils einem Diamanten besetzt.
„Danke, du bekommst sie
zurück." Lilly steckte sie an.
„So, etwas Blaues sollte
es ein. Mir ist leider nur das übliche in den Sinn gekommen."
Laura reichte ihrer Freundin einen kleine Karton.
Lilly
beförderte ein Blaues Strumpf daraus zu Tage. Nachdem es an dem
vorgesehen Platz war, reichte Georgina ihr eine kleine
Schatulle.
„Und natürlich etwas neues. Es ist von uns allen
und soll dir von nun an, Zeit deines Lebens, Glück bringen.",
erklärte Sophie.
Lilly öffnete die Schatulle. In ihr lag
ein Armband mit lauter kleiner Glücksklee- und Hufeisenanhänger.
Lilly konnte ihre Tränen nun nicht mehr zurück
halten.
„Ich danke euch allen so sehr. Ihr seit alle
wunderbar.", schluchzte sie.
„Hey, nicht weinen. Mach das
Atmband um und dann ab mit dir. Dein Dad wartete unten auch dich."
Yvonne reichte ihr ein Taschentuch.
Collin stand unterdessen
in der Einfahrt und wartete darauf, das Lilly aus dem Haus kommen
würde. Die weiße Limousine war pünktlich da gewesen,
doch seine Tochter verspätete sich.
Als sie dann aus der
Haustür trat, war Collin sprachlos.
Es kam ihm wie gestern
vor, als er sie und Ruth aus dem Krankenhaus nach Hause geholt hatte
und heute würde sein kleines Mädchen heiraten.
„Schatz,
du siehst wunderschön aus." Collin küsste sie auf die
Stirn.
„Danke Daddy."
„Ich will ja nicht drängen,
aber wenn wir nicht langsam fahren, dann kommen wir doch noch zu
spät."
„Dave! Das ist ja eine Überraschung dich hier
zu sehen." Lilly umarmte ihn.
„Na hör mal, das lass ich
mir doch nicht entgehen. Du siehst wunderbar aus, Kian wird Augen
machen. - Die Braut, die Brauteltern und Jessica fahren mit mir, alle
anderen fahren mit dem VW-Bus dort vor. Los Kinders beeilt euch, oder
wollt ihr den armen Bräutigam noch länger warten lassen?",
rief Dave den anderen zu.
Alle außer Lilly und Collin
betraten die Kirche.
Lilly harkte sich bei ihrem Vater unter und
Beide warteten nun darauf, das Drinnen der Hochzeitsmarsch angespielt
wurde.
„Ich hab dich lieb mein Schatz.", meinte Collin und
griff zusätzlich noch nach Lillys Hand.
„Ich dich auch
Daddy." Lilly Stimme versagte schon zum zweiten Mal an diesem
Morgen.
Der Hochzeitsmarsch erfüllte die Kirche, die Türen
wurden geöffnet und Collin führte seine Tochter den langen
Weg, zum Altar.
Kian trat von einen Fuß auf den anderen.
Die Kirche war voller Gäste die sich in den vielen Bänken
der Kirche Platz gefunden hatten.
„Ganz ruhig Kian..." Shane
konnte seinen Satz nicht beenden, denn der Hochzeitsmarsch erklang
endlich.
Alle wandten gespannt die Köpfe zur Tür. Und
auch Kian sah gespannt zu seiner Braut, die von ihrem Vater den
langen Kirchengang entlang geführt wurde.
Sie war
wunderschön.
Sie und Collin hielten vor dem Altar, Collin
machte Lilly den Schleier aus dem Gesicht und küsste sie kurz
auf die Wange, ehe er sich neben seine Frau setzte.
Lilly trat
neben Kian, er griff nach ihrer Hand. Beide lächelten sich
an.
„Wir haben und heute hier versammelt und Lilly Richards
und Kian Egan in den Heiligen Bund der Ehe zu begleiten. Ich wurde
von beiden in den Vorgesprächen gebeten es so kurz wie möglich
zu machen." Der Pfarrer lächelte kurz. „Nun ja, diesen
Wunsch werde ich natürlich versuchen zu erfüllen, doch
bevor ich anfange, möchte eine andere Person dem Brautpaar noch
etwas mit auf den Weg geben."
Man hörte schnelle Schritte
und das regelmäßige klicken von Absätzen. Lilly und
Kian drehten sich zum Kirchgang um, da keiner der Beiden ahnte wer
die Person sein könnte. Auf sie zu gelaufen kam Miranda.
Lilly
und Kian sahen sich gegenseitig fragend an.
„Liebe Lilly,
lieber Kian, liebe Gäste. Wenn sie sich fragen sollten wer ich
bin, es tut hier nicht zur Sache. Hier und heute geht es einzig um
Lilly und Kian. Ich habe beiden unrecht getan und dies tut mir
unendlich leid." Miranda setzte ihre Brille auf und schlug die
Bibel auf.
„Die stammt aus dem Brief ab die Korinther:
Die
Liebe ist langmütig und freundlich, die Liebe eifert nicht, die
Liebe treibt nicht Mutwillen, sie blähet sich nicht, sie stellet
sich nicht ungebärdig, sie suchet nicht das ihre, sie lässt
sich nicht erbittern, sie rechnet das Böse nicht zu, sie freuet
sich nicht an Ungerechtigkeit, sie freuet sich aber an Wahrheit; sie
verträgt alles, sie glaubet alles, sie hoffet alles, sie duldet
alles.
Möge euer beider Liebe, so sein wie diese Liebe."
Miranda klappte die Bibel wieder zu und nahm ihre Brille von der
Nase.
Lilly umarte sie herzlich und Kian schüttelte ihr
dankend die Hand.
„So, nun bin ich wohl wieder dran. Ich bitte
einen Trauzeugen die Ringe her zu bringen."
Nicky reichte sie
dem Pfarrer.
„Lilly Elizabeth Richards willst du Kian John
Francis Egan zu deinen Ehemann nehmen? Ihn lieben und ehren, in
Gesundheit wie in Krankheit, in Reichtum wie in Armut, in guten wie
in schlechten Zeiten?"
„Ja, ich will." Lilly lächelte
und steckte Kian seinen Ring an.
„Kian John Francis Egan willst
du Lilly Elizabeth Richards zu deiner Ehefrau nehmen? Sie lieben und
ehren, in Gesundheit wie in Krankheit, in Reichtum wie in Armut, in
guten wie in schlechten Zeiten?"
„Ja, ich will." Kian
steckte Lilly ihren Ring an.
„Kraft meines Amtes erkläre
ich euch hier und jetzt vor Zeugen zu rechtmäßig verbunden
Eheleuten. Was Gott zusammen gefügt hat, das soll der Mensch
nicht trennen."
Kian machte einen Schritt auf Lilly zu, nahm
ihre Hände in seine und sie küssten sich.
Die Kirche
wurde von Applaus erfüllt.
The End
