Kapitel 2

Herbert erwachte bei Anbruch der Nacht. Im ersten Moment wunderte er sich, warum er sich so müde fühlte, doch dann erinnerte er sich daran, wie ereignisreich die letzte Nacht gewesen war. Er richtete sich auf einen Ellenbogen auf und sah auf Alfred herab, der sich ganz klein zusammengerollt und an die Sargwand gepresst hatte. Liebevoll streichelte er ihm über die Haare.

Er war froh, dass er heute nicht allein sein musste. Oft waren besonders die Winternächte im Schloss endlos lang und langweilig. Die anderen Vampire kamen meistens nur zu den allmonatlichen Mitternachtsbällen aus ihren Särgen, oder wenn sie Hunger hatten. Jedenfalls waren sein Vater und er oft alleine. Und die Stimmung des Grafen war immer besonders niedergedrückt, wenn er ein neues Opfer zum Vampir gemacht, ein neues Ziel erreicht hatte. Herbert konnte ihn verstehen. Niemals erschien einem das ewige Leben sinnloser, als wenn man wieder einmal das erreicht hatte was man sich vorgenommen hatte und dann das Interesse verlor. Die Melancholie seines Vaters würde andauern bis dieser ein neues Opfer gefunden hatte, für das es sich lohnte zu lieben. Und sei es auch nur für ein paar Nächte. Wenn die unstillbare Gier wieder erwachte, hatte auch das Leben wieder einen Sinn.
Aber er hatte jetzt Alfred, dessen Herz er noch immer nicht gewonnen hatte. Alfred war das, was sich Herbert schon lange gewünscht hatte. Er war aufrichtig, treu, bescheiden und liebenswürdig. Nicht einmal als Vampir hatte er etwas von seiner naiven Unschuld verloren und das war beachtlich . . .

Herbert beschloss Alfred schlafen zu lassen, während er sich ankleidete. dafür brauchte er jede Nacht, selbst wenn sie nicht einmal Besuch hatten eine gute Stunde. Jetzt allerdings hängte er noch mal eine halbe Stunde dran. Erst als er vollkommen zufrieden mit sich war ging er zurück zum Sarg.

Alfred schlief immer noch tief und fest. Das war ungewöhnlich. Normalerweise wurden Vampire von selbst wach, sobald die Nacht anbrach. "Alfred" flüsterte er. "Liebling, eine neue Nacht ist angebrochen, die nur uns beiden gehört."

Alfred schlug mühsam die Augen auf, aber dann war er auf einen Schlag hellwach und setzte sich ruckartig auf. Nach einem Blick auf Herbert stand er sofort auf, um zu sehen ob der Graf schon erwacht war. Der Sarg war noch zu, aber vielleicht war er trotzdem schon aufgestanden. Sicher wollte er sich Sarah auf irgendeine Weise willig machen. Das würde er zu verhindern wissen.

Er warf sich in die Brust und stieg entschlossen aus dem Sarg. "Ich muss dich korrigieren", sagte er zu Herbert, während er an ihm vorbeimarschierte. "Ich gehe jetzt zu Sarah. Ich werde ihr ein wenig Vernunft einreden und sie dann retten", informierte er Herbert und stolperte über einen Kerzenständer. Es war derselbe wie gestern, und wie hätte er ihn auch sehen sollen? Es war so dunkel hier! Ein paar Kerzen um den Kerzenständer zu beleuchten wären nicht schlecht gewesen . . .

Alfred rappelte sich auf, stellte den Ständer wieder hin und sah sich um, ob der Graf vielleicht jetzt davon aufgewacht war. Das Grab war ruhig wie vorher.

"Naja . . . ich gehe jetzt!", sagte Alfred wieder.

Herbert verschränkte die Arme und sah Alfred zu. "Der Ausgang der Gruft ist in der anderen Richtung" sagte er hilfsbereit. Alfred stolperte nach links, sich vorsichtig vorantastend. "Nein, da auch nicht. Dort." Herbert zeigte in eine Richtung und Alfred drehte sich prompt in die andere.

Herbert schüttelte den Kopf. "Glaubst du nicht, dass es ein wenig einfacher wäre, wenn du dich von mir nach oben begleiten lässt?" fragte er. "Außerdem solltest du dich vielleicht zuerst baden und anziehen. Ich leihe dir gerne etwas von mir und wenn du möchtest lasse ich dir ein wunderbares warmes Bad ein." Er ging lächelnd zu Alfred. "Du brauchst dir keine Sorgen zu machen wegen meinem Vater. Er ist längst aufgestanden und wahrscheinlich studiert er Bücher in der Bibliothek. Wegen Sarah muss ich dich allerdings enttäuschen. Die gewöhnlichen Vampire erwachen nur wenn mein Vater es wünscht, oder sie sehr hungrig sind. Und da Sarah sich gestern Abend an dir satt getrunken hat kann es dauern bis sie wieder aufwacht. Ich bringe dich allerdings zu ihrem Grab wenn du es möchtest, mein Süßer. Soll ich dir zunächst in der Wanne den Rücken einseifen?" Er beugte sich verführerisch über Alfred.

Alfred wich einen Schritt zurück und bog den Rücken durch, als Herbert sich so über ihn beugte. "Nein!", sagte er sofort. "Und ein Bad -" 'brauche ich auch nicht', hatte er sagen wollen, aber eigentlich brauchte er schon eins. Sein letztes war schon eine Weile her. Der Professor hatte ihm ja nie Zeit gelassen für so etwas, und ehrlich gesagt hatte Alfred sich manchmal gewundert, wie ein so aufgeklärter Mann gleichzeitig so wenig Sinn für Hygiene haben konnte. "Ein... ein Bad wäre trotzdem nett", schloss er also und hoffte einfach mal, dass er dort wenigstens seine Privatsphäre haben würde. Allerdings wusste er nicht, ob er Herberts Angebot mit den Kleidern annehmen sollte. Wenn er ihn so ansah, war mehr als deutlich, dass sie nicht den gleichen Geschmack teilten. Und außerdem war Herbert größer als Alfred.
"Und ich weiß nicht, ob... ob deine Sachen mir passen würden", drückte er es vorsichtig aus. Er wollte lieber nicht sagen, dass er nie so etwas mit so vielen Rüschen und glänzenden Stoffen tragen würde.

Herbert lächelte wissend, da er Alfreds wahre Motive sehr wohl durchschaute. "Keine Angst, ich habe auch Sachen die dir sowohl passen, als auch zu dir passen." erklärte er. Tatsächlich hatte er gleich als er Alfred das erste Mal gesehen hatte ein ganzes Kleidersortiment für ihn anfertigen lassen. Auch für den Ball hatte er ihm einen wunderschönen Anzug nähen lassen und es tat ihm immer noch leid, dass Alfred ihn nicht getragen hatte. Aber beim nächsten Ball würde sich die Gelegenheit sicherlich ergeben.

"Um ganz ehrlich zu sein habe ich ein paar Kleidungsstücke für dich anfertigen lassen." erklärte er. "Ich suche gerne etwas heraus, während du es dir schon mal in der Wanne bequem machst. Er eilte ins Badezimmer, erinnerte sich dann, dass Alfred ja scheinbar nicht besonders gut in der Dunkelheit sehen konnte und kehrte zurück um ihn an der Hand in das prächtige Badezimmer zu führen. Es war noch schöner und prunkvoller als das welches der Graf Sarah zur Verfügung gestellt hatte.

Herbert zündete aufmerksam sämtliche Kerzen an den vielen Kerzenständern an und ließ dann das Wasser einlaufen, während Alfred sich staunend umsah.
Nachdem Herbert noch ein paar wohlduftende Badezusätze in die Wanne gegeben hatte machte er eine einladende Handbewegung.
"Bis gleich, Cherie. Mach es dir bequem. Ich bin gleich wieder bei dir."

Alfred staunte, als er dieses Badezimmer sah. Er war ja schon beeindruckt gewesen von dem, in dem er Sarah getroffen hatte, aber das hier war noch um einiges größer. Es hätte zu einem Palast gepasst. Ehrfürchtig blieb Alfred stehen, bis Herbert ihm mit seiner Geste klar machte, dass es fertig war. Zögernd trat Alfred heran.
"Danke", sagte er und sah dann Herbert nach, als er hinausging. Er hatte keine Ahnung, was Herbert mit 'gleich wieder bei dir' gemeint hatte, und er hoffte nicht, dass er auch noch mit reinkommen würde. Groß genug war die Wanne jedenfalls.

Sich immer wieder nervös umschauend zog er sich aus, legte seine Sachen so ordentlich es ging auf einen Stuhl, der aussah als wäre er beleidigt über die Lumpen, die Alfred da auf ihm ausbreitete, und dann stieg er ins warme Wasser.

Sofort breitete sich ein Lächeln auf seinem Gesicht aus, denn diese Wärme tat unglaublich gut. Wohlig seufzend ließ er sich zurücksinken und schloss die Augen. Hier duftete es schöner als an irgendeinem Ort, wo er je gewesen war, und es war so schön warm und gemütlich nach der Nacht im kalten Sarg. Alfred summte leise vor sich hin, mit geschlossenen Augen immer noch zur Decke lächelnd.

Herbert brauchte eine Weile um die Kleider für Alfred auszuwählen. Sie waren alle so schön, dass er sich kaum entscheiden konnte. Der Hofschneider, der auch für Herberts Kleidung verantwortlich war, war wirklich sehr begabt. Schließlich entschied er sich für ein paar enge dunkelrote Hosen aus einem ganz leicht glänzenden Stoff den Herbert selbst ausgewählt hatte, ein weißes Hemd und einen passenden dunkelgrünen Gehrock. Außerdem elegante schwarze Stiefel. Alfred würde fantastisch aussehen.

Die Sachen über einem Arm und die Stiefel in der Hand ging er zurück ins Badezimmer, wo er lächelnd in der Tür stehen blieb. Alfred lag bis zum Kinn im Schaum und summte zufrieden vor sich hin.
Herbert trat geräuschlos näher, so dass Alfred zusammenzuckte, als er ihn ansprach. "Es scheint dir ja zu gefallen. Das freut mich." Er ließ sich auf dem Wannenrand nieder und ließ eine Hand leicht in das Wasser baumeln. "Leg dich zurück, ich wasche dir die Haare" sagte er und griff nach einer Flasche mit Rosen-Lavendel-Shampoo.

Alfred fuhr auf, dass das Wasser in der Wanne schwappte, als er plötzlich wieder Herberts Stimme ganz nah bei sich hörte. Aber als der ihm sagte, er solle sich zurücklehnen, tat er es gehorsam und fühlte kurz darauf Herberts Finger an seinen Haaren. Er machte die Augen zu, damit er keinen Schaum in die Augen bekam.
"Ich möchte nachher gerne zu Sarahs - Grab gehen", sagte er. Er fand es merkwürdig, dazu Grab zu sagen, wenn der, der darin lag, nicht mal richtig tot war. "Ist es wirklich so zugig auf dem Friedhof? Wird sie dort nicht frieren? Kann sie nicht irgendwo anders schlafen? Ich . . . ich tausche auch mit ihr!" Er sah hoffnungsvoll zu Herbert auf und bekam prompt Schaum ins Auge. Mit einer Hand wischte er ihn weg, sah Herbert aber immer noch an. Er hoffte jedoch auf zwei verschiedene Dinge: Einmal, dass Sarah wirklich einen bequemeren Platz kriegen würde. Und einmal, dass er dafür nicht würde tauschen müssen. Denn er wollte ja nun auch nicht auf dem zugigen Friedhof liegen... Ganz allein... Zwischen lauter Vampiren die er überhaupt nicht kannte.

"Geht das?", fragte er und sah an Herbert vorbei zu dem Stuhl, über dessen Lehne seine neuen Kleider lagen. Selbst von hier aus sahen sie so edel aus, dass Alfred sich gleich etwas schäbiger vorkam.

Herbert wandte seinen Blick zur Decke, als Alfred schon wieder Sarah erwähnte, fuhr aber fort seine Haare einzuschäumen. "Also in meinen Sarg nehme ich sie ganz sicher nicht" erklärte er schaudernd. "Das kommt überhaupt nicht in Frage. Und was das andere angeht musst du dich an meinen Vater wenden. Er ist für sie verantwortlich und nicht ich. Ich denke allerdings er wird auf gar keinen Fall dulden, dass ein einfacher Vampir in seinem Schloss übernachtet. Es sei denn ich bitte ihn darum, so wie bei dir. Und ihr ist sicher nicht kalt. Man spürt nichts während man schläft. Beim nächsten Mitternachtsball wirst du sie wieder sehen. Solange darfst du meine Gesellschaft genießen." Er bedeutete Alfred seinen Kopf zurück zu legen und spülte dessen Locken im warmen Wasser aus. Alfred schloss die Augen und Herbert betrachtete fasziniert seine langen goldenen Wimpern, die es ihm sofort angetan hatten. Alfred hatte überhaupt keine Ahnung wie schön er war. Herbert war so froh, dass sein Vater den Jungen für ihn entdeckt hatte. an der Seite dieses verkalkten Professors wäre sein Leben völlig weggeworfen gewesen.

Widerwillig riss er seinen Blick von Alfred los und stand auf. "Ich warte draußen auf dich" sagte er höflich. "Wenn du mit den Sachen nicht zurecht kommst, zögere nicht mich zu rufen."

Alfred nickte und wartete, bis Herbert aus dem Zimmer gegangen war. Dann seifte er sich genüsslich ein, dreimal weil es so schön war, und stieg anschließend aus der Wanne. An der Wand hing ein großes, weiches rosa Handtuch, mit dem er sich abtrocknete. Er wickelte es sich um die Schultern, während er ehrfürchtig an den Stuhl herantrat, die Hand ausstreckte und mit den Fingern über den Stoff fuhr.
Er war so weich und samtig, und Alfred lächelte. Es hätte ihm fast genügt, hier zu stehen und den Stoff zu streicheln, so glücklich machte ihn das. Aber dann hing er das Handtuch wieder auf und zog sich zuerst die Unterwäsche an, die auch dabei gewesen war. Sie fühlte sich geschmeidig und weich an, nicht so wie die kratzigen Sachen, die er bisher immer getragen hatte. Es fühlte sich fast so an, als hätte man überhaupt nichts an.

Er sah nervös zur Tür, dann lief er in der Unterhose einmal durchs Bad, einfach, weil das Gefühl so toll war. Leise vor sich hinsummend hielt er die Hose vor sich in die Luft, um sie zu bewundern, bevor er sie überzog. Sie passte wie angegossen, sie saß als wäre er drin geboren - nur mit der Verschnürung kam er absolut nicht zurecht. Je mehr er es versuchte, umso mehr verhedderte er, und schließlich gab er es auf und öffnete die Tür einen Spalt.

"Herbert?", rief er leise. "Ich bekomme die Hose nicht zu." Er wurde ein bisschen rot.

Herbert hatte draußen vor der Tür an der Wand gelehnt und geduldig gewartet. Er freute sich darauf, Alfred in den Sachen zu sehen, die er für ihn ausgesucht hatte. Ein wenig überrascht, aber auch erfreut sah er auf, als Alfred nach ihm rief.
"Ich komme" sagte er und öffnete die Tür. Dafür wie lange Alfred gebraucht hatte war er nicht gerade besonders weit gekommen, aber Herbert war das nur Recht. So konnte er dessen bloßen Oberkörper bewundern. Alfred war zwar mager aber durchaus muskulös. Dass er immer die schweren Taschen des Professors hatte schleppen müssen machte sich bemerkbar. Bewundernd ließ er seine Blicke einen Moment lang über Alfreds Brust und Arme wandern, dann sah er ein wenig irritiert auf. "Was wolltest du?" fragte er.

Alfred wies ein wenig hilflos auf die Verschnürung seiner Hose. Sie war in der tat ein wenig kompliziert.

"Warte, ich helfe dir" sagte Herbert sofort und kniete vor Alfred nieder. Zwar hätte er die Hose natürlich lieber geöffnet, als sie zu verschließen, aber er hatte beschlossen bei Alfred nichts mehr zu überstürzen, sondern sein Herz langsam zu gewinnen. Trotzdem ließ er sich mit der Verschnürung etwas mehr Zeit als nötig gewesen wäre. Seine geschickten Finger schlossen auch noch die prunkvolle Gürtelschnalle aus Silber, bevor er sich wieder aufrichtete.
"Schau nur wie schön du bist" rief er bewundernd aus. "Zu schade, dass du dich nicht mehr in einem Spiegel betrachten kannst."

Alfred sah etwas verlegen an sich herab und nahm dann schnell das Oberteil vom Stuhl, um es sich überzuziehen. Das Hemd hatte verflixt viele Knöpfe, und als Alfred für einen schon fast eine Minute brauchte, half Herbert ihm wieder. Der machte das so professionell, dass Alfred sich fragte, ob er das je auch so hinkriegen würde. Allerdings hatte er auch noch nie etwas mit so vielen Knöpfen getragen.

Zum Schluss zog er sich den Gehrock über und die Stiefel an, und er streckte bewundernd Arme und Beine aus und strahlte Herbert an.
"Es ist wunderschön!", sagte er. "Vielen Dank." Dann verschwand das Strahlen, und er sah zur Tür. "Können wir jetzt zu Sarah gehen? Ich würde sie zu gern sehen, kann man sie nicht wecken? Ich hatte gar keine Gelegenheit, mit ihr zu reden, seit das passiert ist..."
Er griff sich wieder an den Hals und sah Herbert bittend an. Ehrlich gesagt hätte er schon gerne gehabt, dass Sarah ihn so sah, in seiner eleganten Kleidung. Wahrscheinlich hätte er von Anfang an viel mehr Eindruck auf sie machen können, wenn er so gekleidet gewesen wäre. Sicher war sie nur auf von Krolock hereingefallen, weil er so gut angezogen war. Und jetzt würde er sie beeindrucken, und sie würde mit ihm fliehen. Obwohl . . .

Alfred sah sich um. Wenn sie flohen, mussten sie tage - nein, nächtelang durch Wald und Schnee. Hier hatte er ein luxuriöses Bad bekommen und neue Anziehsachen. Wenn sie flohen, würden sie vielleicht nächtelang keine Nahrung finden. Hier ließ sogar Herbert persönlich ihn von sich trinken.

Alfred sah Herbert an und runzelte die Stirn. Eigentlich war er ja schon ganz schön nett zu ihm. Auch wenn er zuerst nicht erfreut darüber gewesen war, bei ihm im Sarg aufzuwachen, konnte er jetzt eigentlich dankbar sein. Auf dem Friedhof ganz alleine aufzuwachen wäre noch viel schrecklicher gewesen.

Herbert sah Alfred einen Moment lang fast traurig an. Es überraschte ihn, wie wenig die Verwandlung zum Vampir Alfred verändert hatte. Die meisten wurden sofort etwas skrupelloser und auch experimentierfreudiger. Sobald die öde Menschlichkeit sie nicht mehr an Konventionen und Verbote band schlugen sie erstmal über die Stränge.

Bei Alfred war das ganz anders. Nicht einmal das Bad und die neue Kleidung hatte ihn von seinem Ziel Sarah zu sehen ablenken können. Es war scheinbar unmöglich ihn zu blenden. In seiner ganzen Naivität war er dennoch zielstrebiger als sie alle.
Ihm musste wirklich viel an Sarah liegen, dachte Herbert. Und sie wusste es so wenig zu schätzen.

Es gab natürlich die Möglichkeit auch die anderen Vampire gewaltsam zu wecken. Sie waren ja nicht tot, sondern schliefen lediglich sehr tief. Er selbst hatte schon öfter Vincent aufgeweckt, wenn die Nächte im Schloss zu lang und einsam wurden. Aber ob es gut für Alfred war, Sarah als Vampir zu begegnen?

Herbert wusste, dass ihr nicht besonders viel an Alfred lag, aber da sie schon als Mensch nicht unbedingt sehr zartfühlend und rücksichtsvoll gewesen war würde sie als Vampir alle ihre Reize einsetzen, um ihn schamlos auszunutzen. Und Alfred würde ganz sicher darauf hereinfallen. Er hatte ein viel zu gutes Herz . . . Er strich sich über den Stoff seiner Jacke und lächelte. Sicher hatte er jetzt viel bessere Chancen, von ihr so wahrgenommen zu werden, wie er sich das wünschte.

Eines Tages würde er ihr jedoch sowieso begegnen und desto länger er sie nicht sah, desto größer würde seine Sehnsucht nach ihr werden.

"Wenn du sie wirklich unbedingt sehen willst, erfülle ich dir diesen Wunsch." sagte Herbert leise.

"Danke!", sagte Alfred und strahlte ihn an. "Dann lass uns gleich gehen, sicher fragt sie sich auch, wo ich bin! Vielleicht macht sie sich Sorgen!" Er eilte durch die Badezimmertür, blieb draußen jedoch sofort wieder stehen, weil es dort viel dunkler war und er kaum etwas sehen konnte. Ungeduldig drehte er sich nach Herbert um. Der sah nicht begeistert aus, dass er ihn jetzt zu Sarah bringen musste, aber immerhin tat er es. Alfred klopfte das Herz bis zum Hals. Was sie wohl sagen würde, wenn sie ihn so sah? Er strich sich über den Stoff seiner Jacke und lächelte. Sicher hatte er jetzt viel bessere Chancen, von ihr so wahrgenommen zu werden, wie er sich das wünschte.


Vielen Dank für die Reviews Jagura und Gräflicher-Trottel (Klasse Nickname). Wir werden uns bemühen schnelle updates zu machen.