Die ersten paar Wochen in Chicago waren aufregend und anstrengend. Ethan und Justin hatten ein kleines Appartement in der Nähe des Philharmonie gefunden. Ethan war überglücklich und steckte Justin mit seiner positiven Energie. Ein paar Wochen vergingen, ohne das Justin an Brian dachte oder von ihm träumte. Doch irgendwann kam die Realität mit Macht zurück.
Ethan verbrachte immer mehr Zeit beim Üben und Proben und Justin war die meiste Zeit allein. Allein in einer Stadt, in der er niemanden kannte. Justin verbrachte viel Zeit durch die Straßen zu wandern und zu zeichnen. Seine Gedanken schienen immer häufiger zu Brian zurückzukehren und die Zweifel kehrten mit Macht zurück.
"Justin?" Der Blonde lag auf dem gebrauchten Sofa und starrte an die Decke. "Justin?" Ethan kniete sich vor das Sofa und betrachtete seinen Freund. "Wir sollten die Decke streichen," sagte Justin tonlos. "Was?" fragte Ethan verwirrt und warf einen Blick an die Decke. "Justin, die komplette Wohnung wurde vor unserem Einzug renoviert. Warum willst du die Decke streichen?" Justin zuckte mit den Achseln. Entnervet stand Ethan auf und starrte Justin an. "Was zum Teufel ist los mit dir? Seit Tagen ist es kaum mit dir auszuhalten!" "Oh, das ist lustig," antwortete Justin sarkastisch und sah Ethan zum ersten Mal an. "Du meinst in den wenigen Minuten täglich, die du mit mir verbringst?" "Was soll das Justin? Du weißt genau, das ich die Zeit zum Proben brauche." Justin nickte und holte eine Flasche Wasser aus dem Kühlschrank. Er hatte nicht wirklich Lust mit Ethan zu reden. Wären sie noch in Pittsburgh, wäre er vermutlich zu Daphne gegangen oder tanzen. Aber hier wusste er nicht mal einen guten Club. Ethan seufzte und zog Justin in seine Arme. "Es tut mir leid. Ich hab dich vernachlässigt. Es muss schwer für dich sein, ohne deine Freunde. Hör zu, wir gehen morgen mit der Truppe Essen. Warum kommst du nicht einfach mit?" Justin sah ihn wenig überzeugt an, nickte aber. Es war besser als einen weiteren Abend allein zu verbringen.
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Der Abend war eine einzige Katastrophe. Das einzige Thema war Musik, Musik und noch mal Musik. Nach zwei Stunden beugte Justin sich zu Ethan und flüsterte. "Ich gehe." Ethan nickte nur und konzentrierte sich weiter auf Trend, der von seiner neuen Geige schwärmte. Justin schnappte sich seine Jacke und verließ fluchtartig das Gebäude.
Erleichtert sog er die kühle Nachtluft ein und fummelte aus seiner Jeans eine Zigarette. Ethan hasste es, das er rauchte. Ethan hasste es auch, das er trank.
Langsam ging Justin durch die Straßen in Richtung ihrer Wohnung. Er machte kein Licht, als er das dunkle Appartement betrat. Er ließ sich auf das Sofa fallen und schloss die Augen. Er erinnert sich plötzlich an einen Abend nach dem Chris Hopps Vorfall.
Er war mitten in der Nacht aufgewacht. Das Loft war komplett dunkel gewesen und Brian schlief nicht neben ihm. Die Luft schien plötzlich viel zu dick zum Atmen zu sein und er spürte, wie ihm kalter Schweiß den Rücken hinunter lief. "Justin?" Erst Brians Stimme konnte ihn aus seiner Panik reißen. Brian schloss ihn in die Arme und flüsterte beruhigend in sein Ohr: "Sshh, es ist alles ok. Ich war nur im Bad."
Justin wusste nicht, warum er ausgerechnet jetzt daran denken musste, aber ihm wurde klar, wie sehr er Brian vermisste. Am liebsten würde er sofort in ein Flugzeug nach Pittsburgh steigen und seine große Liebe um Verzeihung bitten, ihn Anflehen ihn zurückzunehmen. Aber dazu hatte er zuviel Stolz. Außerdem bezweifelte er, das Brian ihn jemals zurücknehmen würde. Vermutlich war der dunkelhaarige froh, ihn endlich los zu sein. Bittere Tränen traten in Justins Augen als er sich bewusst wurde, das er vermutlich den größten Fehler seines Lebens begannen hatte, als er mit Ethan ging.
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"Nochmals danke. Du hast uns das Leben gerettet." Brian nickte. Linds hob Gus auf den Arm. "Warst du auch schön brav Gus?" Gus schloss die Augen und bettete seinen Kopf an die Schulter seiner Mutter. Innerhalb weniger Sekunden war der kleine Junge fest eingeschlafen. "Ich hoffe, wir haben dir nicht den Abend ruiniert." Brian schüttelte den Kopf und deutet mit dem Kopf zu seinem Computer. "Ich muss noch Arbeiten..." Linds nickte und ging in Richtung Tür. Kurz vorher blieb sie stehen und drehte sich noch einmal um. "Hast du was von Justin gehört? Er hatte versprochen sich zu melden, aber..." Brian sah sie ausdruckslos an. "Nein und ich erwarte auch nicht von ihm zu hören." Linds nickte zerknirscht. Justin war noch immer ein heikles Thema für Brian. Kaum einer erwähnte den Blonden in seiner Gegenwart und tat es doch mal jemand, wurde er mit einer kalten Antwort abgespeist.
Erleichtert schloss Brian hinter Linds die Tür. Er hatten den Nachmittag mit Gus genossen. Er hatte ihn abgelenkt von den Gedanken und Erinnerungen, die in seinem Kopf herumspuckten. Er lehnte seinen Kopf an die kühle Metalltür und schloss die Augen. Er hatte Kopfschmerzen und war hundemüde. Er hatte seit Tagen, wenn er ehrlich war Wochen, nicht mehr richtig geschlafen. Seit dem Tag, an dem er Justins Brief gelesen hatte. Die Worte wiederholten sich in einer unendlichen Schleife in seinem Kopf und Bilder des jungen Blonden verfolgten ihn, sobald er die Augen schloss.
Nie, in seinem ganzen Leben, hätte er gedacht das ihm so etwas einmal passieren würde. Er war glücklich gewesen, mit seinen One-Night-Stands, seiner keine Beziehungsregel. Und dann war Justin wie ein Tornado in sein Leben gerast und hatte ihn verändert. Doch dann war Ethan gekommen und hatte Justin seine süßen Worte ins Ohr geflüstert. Und Justin hatte ihm geglaubt. Was Brian ihm gegeben hatte, war nicht genug.
Am Anfang hatte er versucht sein Leben wieder so zu leben, wie vor Justin. Doch er konnte es nicht. Überall holten ihn die Erinnerungen ein und seine Bettpartner konnten keinem Vergleich mit dem Blonden stand halten. Seit dieser Erkenntnis hielt er sich fern vom Babylon. Seine Freunde, vor allem Michael, wunderten sich über die plötzliche Veränderung. Brian zog sich immer mehr von ihm zurück. Michael gab immer noch Justin an allem die Schuld und schien jedes Mal eine wahre Schimpfkanonade auf ihn loszulassen. Brian hatte genug davon. Er wusste, das er genauso Schuld war wie Justin, wenn nicht mehr.
Das Klingeln seines Handys riss ihn aus den Gedanken. Ein Blick auf das Display ließ ihn innerlich mit den Zähnen knirschen. Wenn man vom Teufel sprach... "Was willst du?" fragte er rüde. "Ich wollte fragen, ob wir uns nachher im Woodys treffen. Ich hätte Lust auf eine Runde Billard." "Ich hab zu tun." Er konnte regelrecht sehen wie Michael anfing zu Schmollen. "Ach komm schon. Du kommst kaum noch ins Diner oder zu unseren Familienessen und das Babylon meidest du total. Wir sehen uns kaum noch." Brian rollte mit den Augen. Manchmal hörte sich Michael wirklich wie ein verzogenes Kind an. "Ich kann nicht!" sagte er bestimmt und unterbrach die Verbindung. Er hatte wirklich keinen Nerv auf Michael und den Rest der Gang.
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"Justin?" Ethan knallte die Wohnungstür zu und schaltete das Licht ein. "Was zum Teufel war das? Was denkst du dir eigentlich?" Justin schaute ihm ruhig entgegen. "Was meinst du?" "Was ich meine? Du hast mich einfach sitzen lassen, vor meinen Freunden!" Justin schüttelte den Kopf. "Ich habe dir gesagt das ich gehe. Deine Freunde haben mich komplett ignoriert und ich habe mich zu Tode gelangweilt." Ethan starrte ihn weiter wütend an. "Es war bestimmt nicht so schlimm, das du es nicht ein bisschen länger ausgehalten hättest. Meine Freunde waren enttäuscht. Du hast nicht mal versucht mit ihnen ins Gespräch zu kommen." Justin fühlte das er ebenfalls wütend wurde, versuchte aber ruhig zu bleiben. "Was hätte ich denn tun sollen. Alles worüber ihr geredet habt, war eure Musik. Als ich versucht habe über so etwas triviales wie einen Kinofilm zu sprechen, haben mich alle angeguckt als wäre ich vom Mond." "Oh ja natürlich. Konversation ist vermutlich nicht deine Stärke. Bei Brian brauchtest du dieses Talent nämlich bestimmt nicht"
Schockiert schaute Justin Ethan an. "Lass Brian aus dem Spiel. Du hast keine Ahnung, wie meine Beziehung mit Brian war." Ethan lachte höhnisch. "Beziehung? Das ich nicht lache. Du bist ihm gefolgt wie ein Sklave." Justin schüttelte den Kopf. "Du kennst ihn nicht. Du hast absolut keine Ahnung!" Justin nahm seine Jacke und verließ die Wohnung so schnell er konnte. Heiße Tränen liefen ihm die Wange herunter und er fühlte sich wie damals im Sommercamp mit 5 Jahren, als er vor Heimweh fast umgekommen wäre.
