Betrogen!

Brian lehnte lässig an seinem Wagen und beobachtete die Menschen, die aus der Tür strömten. Die dunkle Sonnenbrille verbarg den unsicheren Blick. Es war vermutlich keine gute Idee gewesen, hierher zu kommen. Aber dafür war es jetzt zu spät. Justins blondes Haar glänzte in der Sonne, als er sich einen Weg durch die Menge bahnte. Er trug eine Reisetasche über der Schulter und eine Mappe, die vermutlich seinen Zeichenblock enthielt. Brian atmete noch einmal tief durch und trat dann einen Schritt auf Justin zu.

Als Justin aus dem Terminal trat, kniff er die Augen gegen die grelle Sonne zusammen. Der Flug war langweilig gewesen. Er hatte über Ethan und ihren Streit gebrütet und sich gefragt, ob er nicht vielleicht vorschnell abgereist war. Er hatte seinem Freund keine Chance gelassen, mit ihm zu reden. Erschöpft ließ er seine Reisetasche einen Moment auf den Boden gleiten und sah auf. Den Mann, der sich zielstrebig auf ihn zu bewegte, hätte er überall erkannt. Er trug eine verblichene Jeans, ein weißes Shirt und seine teuere Lederjacke. Justin stockte der Atem.

"Wie war der Flug?" fragte Brian und nahm seine Sonnenbrille ab. Er nahm Justins Tasche und nahm den Arm des verwirrten Blonden. Erst als sie im Auto saßen, konnte Justin wieder so weit denken, das er einen Satz formulieren konnte. "Was machst du hier?" Brian zuckte mit den Achseln. "Deiner Mum ist ein Termin dazwischen gekommen." "Ich hätte ein Taxi nehmen können." Brian sah ihn kurz an und wandte sich dann wieder der Straße zu. "Ich dachte, wir könnten reden." Justin nickte, noch verwirrter. Brian wollte reden?
Der Rest des Weges verlief in Schweigen. Beide Männern hingen ihren Gedanken nach. Brian parkte den Wagen und schweigend fuhren die beiden zu Brians Loft.

Eine Welle von Heimweh befiel Justin, sobald er das Loft betrat. Nichts hatte sich verändert und doch schien alles Fremd. Er erinnerte sich an die Stunden die er hier verbracht hatte. Er schluckte und ließ seine Tasche auf den Boden fallen. "Was zu Trinken?" Justin nickte und trat fast schüchtern - wie in ihrer ersten Nacht - in die Wohnung. Brian drückte ihm eine Flasche kalten Biers in die Hand und deutete mit dem Kopf zum Sofa. Justin folgte ihm wortlos und ließ sich auf der weißen Ledercouch nieder. "Also, was hat Ia...Ethan gesagt." "Wozu?" fragte Justin, mit seinen Gedanken immer noch in der Vergangenheit versunken. "Das du einfach abgereist bist." "Er war nicht begeistert." Brian nickte und betrachtete den Blonden verstohlen.
Justin sah müde aus. Die dunklen Schatten unter seinen blauen Augen ließen sein Gesicht noch blasser als sonst wirken. Ohne darüber nachzudenken streckte Brian seine Hand aus und berührte sanft Justins Wange. Die Haut fühlte sich weich und zart unter seinen Fingern an. Justin sah ihn erstaunt an. Wie vom Blitz getroffen zog Brian seine Hand weg und stand auf. Er trat zum Fenster und sah auf die Straßen hinaus.

"Glaubst du es war falsch?" fragte Justin plötzlich in die Stille hinein. Brian drehte sich nicht um, sonder wartete das Justin fortfuhr. "Alles aufzugeben und nach Chicago zu gehen, meine ich. Vielleicht hätte ich hier bleiben sollen." "Dann bereust du es," stellte Brian fest. Er drehte sich zu Justin um. "Es ist dein Leben Justin. Niemand kann darüber bestimmen, außer du. Du musst entscheiden, was richtig für dich ist. Nicht Ethan, nicht dein Mutter und erst recht nicht ich." Justin sah verletzt zur Seite. Insgeheim hatte er gehofft, das Brian ihm sagte er soll zurückkommen. Zurück zu ihm. "Ethan liebt mich." Brian nickte: "Das sagt er." Justin stand auf und begann unruhig hin und her zu gehen. "Er braucht mich." Brian schnaubte. Er konnte sich vorstellen, wozu Ian ihn brauchte. Um sein Ego zu steigern, Justin wie eine Trophäe zu zeigen. Doch das sagte er nicht. Er würde Justin nur verletzten und das wollte er nicht.
"Liebst du ihn?" fragte er statt dessen. Justin hielt in seinem umherwandern inne und starrte zu Boden. Brian seufzte und ging zu ihm. Er legte eine Hand auf seine Schulter und drehte ihn sanft zu sich. Justin sank in seine Umarmung.

Eine Weile standen sie nur da. Eng umschlungen, die Augen geschlossen. Keiner wollte den anderen wieder loslassen. Justin sah aus tränenverschleierten Augen zu Brian hoch. Brian las alles in Justins Augen, was er wissen musste. Stürmisch senkte er seine Lippen auf die von Justin. Der Kuss war leidenschaftlich und voller schmerzhaften süßen Erinnerungen. Eine Träne lief über Justins Wange als er sich enger an Brians Körper schmiegte. Brians Hand vergrub sich in den blonden Locken und vertiefte den Kuss, eroberte zurück, was einst ihm gehörte und nun einem anderen... Brian riss die Augen auf und stieß Justin von sich. Wie konnte er nur so dumm sein? "Brian?" Justin schaute ihn tief verletzt an. Brian antwortete nicht, sondern wich noch weiter von ihm zurück. "Verschwinde." brachte er schließlich hervor. Eine weitere Träne lief über Justins Wange, als er seine Sachen schnappte und das Loft verließ. Er warf einen kurzen Blick zurück bevor er die Tür schloss. Brian stand immer noch an der selben Stelle. Doch Justin glaubte, auch in den Augen des Älteren Tränen zu sehen.

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Daphne öffnete die Tür und sah Justin erstaunt an. "Justin, wie schön..." Erst auf den zweiten Blick bemerkte, sie die roten Augen und die Tränenspuren auf seinem Gesicht. Schnell zog sie ihren besten Freund in ihre Wohnung. Sie nahm ihm die Jacke ab und drückte ihn auf ihr Sofa. Aus der Küche holte sie ein Glas Wasser. Justin blickte auf, als sie ihm das Glas reichte. "Ich bin ein Idiot. Ein kompletter, wahnsinniger und nicht zu heilender Idiot." Daphne schüttelte den Kopf und legte Justin einen Arm um die Schulter. "Was ist los"
Justin schluckte und riss sich zusammen. Er benahm sich wie ein Teenager. Er lachte laut auf. Verdammt, er war noch ein Teenager! Daphne sah ihn besorgt an. Der blonde schüttelte den Kopf. "Also, was machst du hier?" Justin zuckte mit den Schultern. "Ich wollte euch besuchen." Daphne nickte und zog eine Augenbraue hoch. "Ok, und jetzt: warum bist du wirklich hier?" Justin seufzte. Daphne hatte er nie was vormachen können. "Ethan und ich, wir hatten einen Streit." "Jeder streitet sich mal." Justin schüttelte den Kopf. "Ich hab.. ich hab ihn beschuldigt mich zu betrügen." Daphne zog scharf die Luft ein. "Und das schlimmste ist, ich bin derjenige der ihn hintergeht. Ich hab wieder Kontakt zu Brian." Daphne nickte nur und ließ ihren Freund weitererzählen. "...Und Brian hat mir geraten Abstand zu gewinnen. Also bin ich hergeflogen. Meine Mum wollte mich abholen, aber... Brian hat mich mit zu sich genommen und wir haben geredet und plötzlich hat er mich geküsst. Gott Daphne, was bin ich für ein Mensch. Ich fliege nach Hause, um über meine Beziehung nachzudenken und betrüge Ethan bei der ersten Gelegenheit. Und Brian, er hat mich plötzlich weggestoßen, als wäre ich zu wieder. Er hat mich angesehen, wie ein lästiges Insekt. Und dann hat er mich rausgeschmissen." Die Tränen liefen nun wieder über seine Wange und seine Hände zitterten unkontrolliert. "Daph, was soll ich nur machen?"

"Du legst dich jetzt erst mal hin," sagte Daphne bestimmend. Schlaf würde Justin bestimmt gut tun. "Komm, du kannst in meinem Zimmer schlafen. Ich muss sowieso noch lernen." Justin nickte erschöpft und folgte seiner Freundin.

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"Wie konntest du mir das antun?" Ethan starrte ihn wütend an. Sein Gesicht war in rotes Licht getaucht, sein Augen sahen voller Hass auf ihn herab. "Du bist ein Nichts. Ein hinterhältiges, kleines Nichts." Ethans Gesicht verschwand und seine Mum tauchte auf. Sie hielt ein Taschentuch in der Hand und sah ihn enttäuscht an. "Wie konnte ich mich nur so in die täuschen, Justin. Ich dachte, du wärst Erwachsen. Aber du bist immer noch ein kleiner Junge, der mit seinem Kopf durch die Wand will. Du solltest dich schämen." Justin kauerte sich zusammen und presste die Hände auf die Ohren. Doch die Stimmen blieben, diesmal war es Daphne. "Du ekelst mich an. Wenn man jemanden wie dich zum Freund hat, braucht man keinen Feind." Justin hielt die Augen fest verschlossen. Das ist ein Traum, sagte er sich. Vorsichtig sah er nach oben, als die Stimmen verstummten. "Na Taylor, wie geht es deinem Kopf?" Ein Baseballschläger raste auf ihn zu.
Justin erwachte mit einem Schrei auf den Lippen. Es war Monate her, das er von Chris Hobbs geträumt hatte. Wenn er einen dieser Träume gehabt hatte, hatte Brian ihn einfach in den Arm genommen und gehalten. Die ganze Nacht. Keiner der beiden hatte geschlafen, sie hatte einfach nur eng beieinander gelegen und sich vergewissert, das sie in Sicherheit waren. Jetzt war Justin allein mit seinen Träumen.