Ich liebe dich!
Die Wohnung war dunkel und verlassen, als Justin eintrat. Er schaltete das Licht ein und fuhr erschrocken zusammen, als er Ethan auf dem Sofa sitzen sah. "Gott, du hast mich erschreckt! Warum sitzt du im Dunkeln?" Justin zog seine Jacke aus und trat näher zu Ethan. "Ich habe nachgedacht," antwortete Ethan tonlos. Justin setzte sich in den Sessel und sah Ethan an. Er wirkte vollkommen gefühllos und kalt. "Warst du bei ihm?" fragte er in der emotionslosen Stimme, die Justin eine Gänsehaut verursachte. "Was...?" Ethan sah auf und taxierte Justin. "Bei ihm - Brian! Deshalb bist doch nach Pittsburgh geflogen, oder? Deshalb war dein Handy die ganze Zeit aus, deshalb hast du nicht angerufen." Justin schluckte. Er hatte gehofft, ruhig und sachlich mit Ethan reden zu können. Am Besten ohne Brian ins Spiel zu bringen. "Ethan," begann Justin, doch Ethan hob eine Hand. "Ich will es nicht hören. Pack deine Sachen und verschwinde." "Ethan, bitte. Lass es mich erklären." Ethan lachte auf. "Was willst du erklären? Wie sehr es dir leid tut? Dass du mich nicht verletzten wolltest? Dass Brian nur ein Freund ist? Oh bitte, spar mir das. Ich dachte, wenn wir hier sind, kann Brian nicht mehr zwischen uns kommen. Aber du hast uns nie eine faire Chance gegeben! Er stand immer zwischen uns. Ein unsichtbarer Schatten, der mich von dir ferngehalten hat. Aber bitte, er kann dich haben. Lauf doch zurück zu ihm! Lass dich wieder von ihm benutzen! Das kannst du ja so gut!" Sprachlos sah Justin zu, wie Ethan seine Jacke nahm und zur Wohnungstür ging. "Wenn ich zurück komme, will ich, das du verschwunden bist. Leg den Schlüssel auf den Tisch." Er zog die Tür mit einem lauten Knall hinter sich zu.
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Er hatte nicht viel zu packen. Ein großer Teil seiner Sachen war bei Daphne untergebracht. Seufzend sah er sich in der kleinen Wohnung um. Er war hier nie glücklich gewesen.
Online hatte Justin einen Last-Minute-Flug nach Pittsburgh gebucht und Daphne eine kurze Mail geschrieben. Sie hatte sofort geantwortet und würde ihn am Flughafen abholen. Er konnte erst mal bei ihr unterkommen. "Das war's," murmelte er vor sich hin. Er legte den Schlüssel zusammen mit dem Brief für Ethan auf den Tisch.
Er wusste nicht ob Ethan den Brief je lesen würde, aber Justin schuldete ihm eine Erklärung. Vielleicht würde Ethan irgendwann einsehen, dass sie nie zusammen gepasst hatten.
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Brian lehnte an der Theke im Babylon und beobachtete die Tänzer. Die Musik war laut und viel zu fröhlich für seine Stimmung. Er lehrte ein weiteres Glas Scotch und signalisierte dem Barkeeper, dass er nachfüllen soll. Ein gutaussehender Mann in engen Jeans schob sich an ihn heran. "Lust zu tanzen," flüsterte er Brian ins Ohr und ließ seine Hand auffordernd über dessen Brust gleiten. Brian schüttelte ablehnend den Kopf und widmete sich seinem Drink.
"Hast du das gesehen?" flüsterte Emmet Michael zu. "Das war der Vierte heute Abend. Er hat sich nicht einmal von der Stelle gerührt, seid er hier ist." Michael beobachtete Brian und schüttelte den Kopf. "Vielleicht war noch nicht der Richtige dabei. Du weißt, wie wählerisch Brian ist." Emmet zog eine Braue nach oben. Er konnte sich denken, warum Brian alle Angebote ausgeschlagen hatte. Justin war am Wochenende in der Stadt gewesen. Sie hatten sich zu einem schnellen Kaffee getroffen und Justin hatte erwähnt, dass er Brian gesehen hatte. Aber natürlich wusste Michael nichts davon. Er war viel zu sehr mit Ben beschäftigt, um die Sorgen seines besten Freundes zu sehen.
Emmet bahnte sich einen Weg durch die verschwitzen Körper und lehnte sich schließlich neben Brian an die Bar. Er bestellte einen Cosmo und ließ die Augen ebenfalls über die Tanzfläche schweifen. Eine Weile schwiegen sie. "Sag schon, warum du hier bist," sagte Brian schließlich. Emmet schlürfte seinen Cosmo und sah seinen Freund dann schließlich an. "Ich weiß, dass er hier war. Und das ihr euch gesehen habt." Brian reagierte nicht, nicht das Emmet das erwartet hätte. "Habt ihr euch gestritten?" Der Dunkelhaarige zuckte mit den Schultern. Emmet seufzte. Er konnte nicht verstehen, warum Brian so stur war und seinen Gefühle für Justin leugnete. Jeder mit Augen im Kopf konnte sehen, wie sehr er ihn liebte. Alle außer Michael. "Er will mit Ethan Schluss machen." Brian drehte sich zu ihm. "Warum erzählst du mir das? Emmet lächelte ihn unschuldig an. "Ich dachte, es würde dich interessieren, dass er wieder nach Hause kommt."
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"Das Schlimmste ist, dass er Recht hat." Daphne schüttelte den Kopf. "Nicht mit allem. Wie geht es jetzt weiter?" Justin seufzte. "Wenn ich das wüsste." Daphne gähnte und sah auf die Uhr. Es war kurz nach 2 mitten in der Nacht. Sie hatte Justin vor über 3 Stunden vom Flughafen abgeholt. "Ich finde, wir sollten jetzt erst mal schlafen. Morgen sehen wir dann weiter." Justin nickte und ging in sein kleines Zimmer.
Lange Zeit lag er wach und starrte zur Decke. Er wünschte sich, der Abschied von Ethan wäre anders abgelaufen. Er wünschte, er hätte ihm erklären können, warum ihre Beziehung gescheitert war. Justin seufzte und drehte sich auf die andere Seite, doch der Schlaf blieb aus. Nach einer halben Stunden sinnlosen Herumwälzens stand er auf und schaltete seinen Laptop ein.
Er war überrascht, als er eine Mail von Brian fand. Nachdem er nicht auf seine Mail reagiert hatte, hatte Justin angenommen, dass alles inzwischen gesagt war. Nervös öffnete er die Mail und fing an zu lesen.
Von: B.
"Wo wir beim Danksagen sind, sollte ich es auch tun. Ich danke dir, dass du immer an mich geglaubt hast. Ich danke dir, dass du nie aufgegeben hast. Ich danke dir, für die Hoffnung, die du mir geschenkt hast. Ich habe nie einen Menschen an mich rangelassen, außer Mikey und Linds. Aber die Beiden sind anders. Doch du, du hast eine Sekunde, einen Blick gebraucht um sämtliche Mauern einzureißen, die ich so mühsam errichtet hatte.
Ich bin ein Arschloch und meistens stört es mich nicht. Aber du hast mir gezeigt, dass ich nicht so sein muss. Du hast versucht einen besseren Menschen aus mir zu machen. Dafür möchte ich dir danken. Ich weiß, ich hätte dir diese Dinge schon viel früher sagen sollen. Aber du kennst mich. Wenn mir jemand zu nah kommt, beiße ich um mich und verletzte die Menschen, die mir am meisten bedeuten.
Ich liebe dich Justin. Auch, wenn ich es dir vermutlich niemals sagen kann. Auch, wenn es vermutlich viel zu spät ist. Ich habe dich immer geliebt, schon in unserer ersten Nacht. Ich bin dir nach New York gefolgt, weil ich die geliebt habe und Angst hatte, dass du für immer aus meinen Leben verschwindest. Der Abschlussball - ich wollte es dir sagen. Gott, ich wollte es dir so gern sagen, aber ich war, wie immer, zu feige. Und dann war es zu spät.
Manchmal wünschte ich, wir könnten die Zeit zurückdrehen. Noch einmal von vorne beginnen.
Emmet hat mir erzählt, dass du mit Ethan Schluss gemacht hast. Das ist gut. Und das sage ich nicht nur aus egoistischen Gründen, sondern weil er nicht gut für dich war. Er wollte dich ändern. Du solltest dich für niemanden ändern, Justin. Weder für einen Ethan noch für mich.
Ich habe ein Angebot bekommen. Vangard eröffnet ein Tochterunternehmen in London. Ich soll die Firma aufbauen. Es ist meine große Chance. Mein Flug geht heute früh. Ich weiß, dass du mich verstehst. Das man für seine Träume kämpfen und manchmal auch Opfer bringen muss.
Ich habe einen Briefumschlag mit dem Schlüssel zum Loft in Daphnes Briefkasten geworfen. Ich werde es in der nächsten Zeit nicht brauchen und da bei Daphne nicht genug Platz für deine Sachen ist... Die Miete ist bezahlt, du brauchst dich um nichts zu kümmern. Auf dem Küchentresen findest du auch einen Scheck, der die nächsten Gebühren für die PIFA abdecken sollte.
In Liebe,
Brian"
