Kapitel 16
Herbert blieb stehen und wandte sich wieder Alfred zu. "Alfred"
sagte er sanft. "Du bist wirklich ein Dummerchen." Er
strich über Alfreds Locken und lächelte ihn an. "Du
brauchst doch nicht auf den Friedhof. Es gibt nichts auf der Welt,
das ich mir mehr wünsche, als dass du wieder zu mir
zurückkommst. Warum glaubst du war ich so traurig als du gehen
solltest und warum habe ich dich gesucht? Ich liebe dich Alfred und
wenn du Sarah nicht mehr liebst dann bleib bei mir. Auch wenn du
meine Gefühle nicht erwiderst, mir ist es lieber dich bei mir zu
haben. Ohne dich ist alles leer. Ich brauche dein Lächeln..."
Er
hörte das Heulen der Wölfe jetzt ganz in ihrer Nähe
und zog Alfred erschrocken an sich. Fürsorglich hüllte er
ihn in seinen Umhang und sah sich um. Die Wölfe waren noch weit
genug entfernt, dass sie es zum Schloss schaffen konnten, aber sie
mussten sich beeilen. "Komm" sagte er und zog Alfred mit
sich durch den Schnee.
Alfred wurde plötzlich ganz warm, als er das hörte, und
seine Knie wurden ganz weich vor Erleichterung. Er konnte gar nichts
sagen, nur nicken. Er wusste zwar nicht, ob er Sarah nun noch liebte
oder nicht, aber in dem Moment schien das keine Rolle zu spielen.
Er
schrak auf, als er ein lautes Heulen hörte, und dicht neben
Herbert lief er durch den Schnee, in dessen Umhang eingehüllt.
Und er fühlte sich sooo viel besser. Er hatte nicht einmal mehr
wirklich Angst vor den Wölfen. Er vertraute völlig auf
Herbert, dass der ihn sicher ins Schloss bringen würde.
Was
natürlich stimmte. Alfred rieb sich zitternd die Hände und
pustete hinein, und er atmete auf, als Herbert die Tür hinter
ihnen schloss. Dankbar sah er ihn an.
"Danke, Herbert",
sagte er aus tiefstem Herzen. "Ich bin so froh, dass du nicht
mehr traurig bist..." Plötzlich ging ihm auf, dass es ihm
wichtiger war, Herbert glücklich zu sehen, als bei Sarah zu
sein. Es erstaunte ihn ein wenig, aber nur im ersten Moment. Dann
akzeptierte er es als Tatsache, und er lächelte Herbert an und
griff nach dessen Hand. Es war einfach nicht von der Hand zu weisen,
dass er sich bei ihm wohler fühlte als bei Sarah. Und das war
auch kein Wunder, so unterschiedlich wie sie ihn behandelten. "Badest
du mit mir?", fragte er leicht verträumt.
Bei diesen Worten presste Herbert Alfred gegen die Wand und küsste
ihn heftig auf die Lippen. Er ließ seine Zunge in Alfreds Mund
gleiten und presste sich fest an ihn, ein Bein zwischen Alfreds
drängend. Alfred küsste ihn, obwohl er völlig
überrumpelt war, instinktiv zurück. Erst nach einigen
Sekunden löste sich Herbert ziemlich atemlos von ihm.
"Oh
Cherie, wie sehr ich mir gewünscht habe dich das noch einmal
sagen zu hören" flüsterte er. Dann zog er Alfred
ziemlich bestimmt mit sich in Richtung des Badezimmers. Auf einmal
hatte er es sehr eilig.
Auf halbem Weg trat ihnen jedoch der Graf
entgegen, der sie streng ansah. "Was hat das zu bedeuten
Herbert?" fragte er scharf. "Warum hältst du dich
nicht an meine Anordnungen?"
"Aber Vater" begann
Herbert und sah flehend zu seinem Vater auf. "Alfred hat sich
von selbst dazu entschieden zu mir zurück zu kehren. Er hat
gemerkt, dass Sarah ihn nur ausnutzt. Nicht wahr, Alfred?"
Alfred starrte zum Grafen hoch und klammerte sich mit einer Hand an
Herberts Arm. Er nickte, und dann zwang er sich, zu sprechen. Wenn er
den Grafen sah, hatte er immer so einen Respekt, dass sein Hirn wie
leergefegt war.
"Ja", haspelte er hervor. "Sie hat
mich ins Dorf geschickt, um ihr ein neues Kleid zu bestellen, aber...
aber ich hab's nicht geschafft. Sie will gar nicht mich, Herr
Graf..."
Er sah immer noch aus riesigen Augen zu Herberts
Vater auf, und er fühlte sich sehr durch den Wind. Erst dieser
Höllentrip im Wald, dann seine Erkenntnisse über Sarah, und
dann dieser Kuss eben... Liebe Güte, der Kuss. Es hatte ihm den
Atem verschlagen, und seine Knie waren völlig weich geworden.
Nur Herbert konnte ihn so küssen. Und Alfred wollte mehr davon,
auf jeden Fall mehr.
Und jetzt auch noch der Graf. Wenn er ihn
jetzt wieder wegschicken würde, würde er einfach nur noch
dastehen können und sich in Tränen auflösen. Er wollte
nicht mehr dieses Hin und Her. Er wollte einfach nur in Ruhe bei
Herbert sein.
"Und da hast du gedacht du gehst wieder zurück zu meinem
Sohn" donnerte von Krolock. "Der ja immer alles für
dich tut, so dass du keinen Finger rühren musst?"
"Hör
auf Vater." sagte Herbert entschlossen und zog den zitternden
Alfred an sich. "Alfred ist zu mir zurückgekommen, weil er
sich bei mir wohler fühlt. Ich tue gern alles für ihn, weil
ich ihn liebe. Alfred bleibt bei mir, ich lasse ihn nicht mehr
wegschicken!"
Der Graf sah einen Moment lang so aus, als
wolle er widersprechen. Aber dann gab er nach. "Wie du willst
Herbert." Er musterte Alfred und seinen Sohn noch einen Moment
lang. Dann trat er auf Herbert zu, sah ihm fest in die Augen und gab
ihm schließlich einen flüchtigen Kuss auf die Stirn, bevor
er sie vorbeiließ.
Herbert wartete bis sie noch ein Stück
gegangen waren, dann lächelte er Alfred, der noch immer sehr
blass aussah freundlich an. "Du brauchst vor meinem Vater nicht
solche Angst zu haben" sagte er beschwichtigend. "Ich weiß,
dass er oft sehr streng wirkt, aber glaub mir, er hat ein gutes
Herz.
Sie waren an der Badezimmertür angelangt und Herbert
ließ Alfred den Vortritt.
Alfred zitterten die Knie. Jetzt war er wirklich völlig fertig
von dieser Nacht, und ihm sammelten sich schon wieder Tränen in
den Augen. Aber er schniefte und blinzelte und schaffte es, sie
drinnen zu behalten. Er wischte sich kurz über die Augen, dann
betrat er das Badezimmer.
"Danke, Herbert", murmelte er.
Er hatte einen dicken Kloß im Hals. "Aber ich fühle
mich so, als hätte dein Vater recht. Du machst ja wirklich alles
für mich, und ich mache gar nichts für dich. Ich würde
ja auch gern, aber selbst wenn ich versuchen würde, etwas für
dich zu tun, würde ich hinfallen oder mich verlaufen, oder..."
Er hatte sich den Pelzmantel und den Gehrock ausgezogen, und
jetzt wies er auf seine fehlerhaft zusammengeknoteten Verschnürungen.
"Siehst du?" Seine Stimme hörte sich schon ganz
weinerlich an. "Nicht einmal das kriege ich hin! Ich bin einfach
zu nichts gut!"
Er schluchzte laut auf, und dann warf er sich
Herbert in die Arme und fing zu heulen an.
"Alfred" Herbert war völlig überrascht von diesem
Ausbruch. Wahrscheinlich kam es daher, dass sein Vater eben so
gemeine Sachen zu Alfred gesagt hatte. Er würde mit ihm reden,
damit er das nie wieder tat.
"Alfred, wenn du nichts für
mich tust, wie kommt es dann, dass ich mich immer so viel glücklicher
fühle, wenn du bei mir bist?" fragte er. "Wenn du
neben mir bist ist es als würde die Sonne scheinen, sogar in der
Nacht. Ich habe mich noch nie so gefühlt, seit ich ein Vampir
bin. Und davor auch nicht. Mir ist es vollkommen egal, ob du es
schaffst ins Dorf zu gehen, im Dunkeln sehen kannst oder deine
Verschnürungen richtig knoten kannst. Das einzige was ich will
ist, dass du bei mir bist und lächelst, mein Liebling."
Er
wiegte Alfred beruhigend in seinen Armen. "Es macht mich
glücklich wenn du bei mir bist."
Alfred schluchzte noch eine Weile vor sich hin, aber eigentlich nur,
weil es so schön war, wie Herbert ihn in seinen Armen wiegte.
Dessen Worte machten, dass es ihm gleich viel besser ging, und er
drückte sein Gesicht gegen Herberts Schulter und schniefte
leicht, bevor er aufsah und sich die Tränen wegwischte.
"Du
sagst so schöne Sachen zu mir", sagte er und lächelte
ein bisschen. "Und... und bei dir fühle ich mich viel
wohler als bei Sarah. Das habe ich gemerkt."
Wohl fühlen
traf es nicht einmal so ganz. Wenn er bei Herbert war, wurde ihm ganz
warm im Bauch, und er fühlte sich so sicher und beschützt.
Das hatte er nie gekannt, aber jetzt liebte er es.
Und er liebte
es vor allem, so nahe bei Herbert zu sein. So wie jetzt. Er wollte
immer die Hand ausstrecken und seine Haut berühren, weil er sie
so wunderschön fand und sie seine Finger einfach magisch anzog.
Auch jetzt wieder.
Er hob die Hand und berührte mit den
Fingern Herberts Wange, bevor er sich ein wenig hochreckte und ihn
schüchtern auf die Lippen küsste.
Herbert küsste Alfred zurück und löste dabei geschickt
die Verschnürungen von dessen Hose. Dann wanderten seine Hände
höher und er öffnete auch die Knöpfe von Alfreds Hemd
bis er es ihm über die Schultern streifen konnte. Die ganze Zeit
über löste er den Kuss nicht. Alfred fühlte sich noch
immer am ganzen Körper kalt an. Eigentlich froren Vampire nicht
so leicht, aber auch das traf auf Alfred offensichtlich nicht zu. Er
war mit Abstand der menschlichste Vampir der Herbert je begegnet war.
Nur widerwillig ließ er Alfred los, um das Badewasser
einlaufen zu lassen. Dann entkleidete er sich selbst, ohne den Blick
von Alfred zu nehmen. Verschwenderisch kippte er schließlich
alle möglichen Essenzen in das Badewasser.
"Komm
Liebling" sagte er dann lächelnd an Alfred gewandt.
Alfred stieg langsam in die Wanne und seufzte auf, als das warme
Wasser ihn vollkommen umhüllte und seinen kalten Körper
wieder auftaute. Er lehnte sich entspannt zurück und lächelte
glücklich.
Jetzt endlich fühlte es sich wieder so an,
als wäre er dort, wo er hingehörte. Herbert ließ ihn
einfach so sein, wie er war. Er verteidigte ihn, er rettete ihn - er
liebte ihn. Das war so ein schönes Gefühl, und Alfred
fragte sich, wie er das verdient hatte.
Einen Moment lang dachte
er noch daran, wie es wäre, wenn Sarah ihn so lieben würde.
Aber das tat sie nun einmal nicht, und er hatte keinen Platz in sich
für den Kummer, den ihm das eigentlich hätte bereiten
sollen. Er war viel zu sehr angefüllt mit Zufriedenheit und
Wärme und Dankbarkeit. Und Zuneigung zu Herbert. Ihm verdankte
er wirklich alles.
Er rutschte etwas beiseite, als Herbert auch
hinein kam, aber dann drängte er sich sofort wieder an ihn und
lehnte den Kopf an seine Schulter. Es war vollkommen - nur eines
bereitete ihm noch Sorgen.
"Ich werde nachher Sarah sagen
müssen, dass ich - nicht wieder komme", sagte er ein wenig
betrübt, und er hoffte ängstlich, dass Herbert nicht wieder
wütend werden würde, weil er wieder von Sarah anfing. "Wird
sie denn die Zimmer behalten dürfen?" Er fürchtete
sich vor Sarahs Zorn, wenn sie von seiner Entscheidung erfuhr. Aber
sie konnte doch nicht erwarten, dass er bei ihr blieb, wenn sie ihn
nur herumschubste und schlecht behandelte. Selbst er hatte einen Rest
Würde.
Wenn es nach Herbert gegangen wäre, dann wäre Sarah in
hohem Bogen aus dem Schloss geflogen, nachdem sie Alfred in
Lebensgefahr gebracht hatte. Aber er wollte auch nicht, dass Alfred
wegen ihr ein zu schlechtes Gewissen hatte und deswegen das
Zusammensein mit ihm nicht richtig genießen konnte.
"Ich
denke sie kann die Zimmer behalten" sagte er deshalb Zähne
knirschend. "Das Schloss ist eigentlich viel zu groß für
drei Personen. Wir werden sie nicht einmal bemerken, wenn wir nicht
wollen."
Er war viel zu glücklich darüber, dass
Alfred wieder bei ihm war um sich darüber zu ärgern, dass
Sarah auch noch dafür belohnt wurde, dass sie Alfred in Gefahr
gebracht hatte. Zu etwas war es ja gut gewesen. Immerhin wusste
Alfred jetzt, dass er nicht mehr zu ihr gehörte.
Liebevoll
sah er den Jungen an, der sich jetzt wieder an ihn gekuschelt hatte.
Er hatte sich beruhigt und lächelte jetzt auch wieder leicht.
Das war einfach ein zu schöner Anblick. Er hätte Alfred
jetzt gerne mit irgendetwas eine Freude gemacht um dieses strahlende
Lächeln noch einmal zu sehen.
"Ich hab mich einsam
gefühlt ohne dich Alfred."
"Ich habe dich auch vermisst", sagte Alfred, der mit
geschlossenen Augen an Herbert lehnte und glücklich lächelte.
Dann wurde er ernst und sah auf, direkt in Herberts Gesicht. "Ich
hatte so ein schlechtes Gefühl, als ich wusste, dass du traurig
warst. Und ich musste immer daran denken, wie du mir vorgelesen und
auf dem Klavier für mich gespielt hast! Wirklich Herbert, so
nett wie du war noch nie jemand zu mir."
Er strahlte ihn
wieder an, setzte sich auf und schlang ihm die Arme um den Hals.
Irgendwie kam ihm das bei Herbert so normal vor, und wenn ein Mann
einen anderen lieben konnte, dann war es sicher auch nicht schlimm,
einem so nahe zu sein, wenn einem das gefiel.
Es gefiel ihm
nämlich ganz außerordentlich, Herbert zu berühren,
ebenso wie ihn anzusehen. Als er Klavier gespielt hatte, waren
Alfreds Augen manchmal ganz trocken geworden, weil er nicht
geblinzelt hatte, aus Angst, auch nur eine Sekunde lang diesen
Anblick zu verpassen. Herbert war schön, mehr als das. Er war
der schönste Mann, den Alfred je gesehen hatte.
Fasziniert
streckte er die Hand aus und fuhr leicht mit den Fingerspitzen über
Herberts Lippen. Beinahe neugierig und doch fasziniert strich er über
seine Wangen, seine Stirn, seine Nase und dann wieder über seine
Lippen und sein Kinn, seinen Hals... Er lächelte. Es war so
schön, Herbert anzufassen.
Herbert schloss verzückt die Augen um Alfreds Berührungen
besser genießen zu können. Es war so schön, dass er
jetzt nicht nur nicht mehr vor ihm zurückschreckte, sondern von
selbst den Kontakt zu ihm suchte. Zärtlich küsste er
Alfreds Fingerspitzen, als dieser seine Lippen berührte. Dann
streckte er ebenfalls die Hände nach Alfred aus. Er streichelte
seine Arme, seinen Hals und über seine Brust. dann öffnete
er lächelnd die Augen und sah Alfred an, der ihn ebenfalls
ansah. Und wie er ihn ansah!
Fasziniert, gefangen und ... zum
ersten Mal war da etwas von diesem Funkeln in Alfreds Blick, dass er
sonst nur gehabt hatte, wenn er Sarah ansah. Konnte es sein, dass er
langsam begann Herberts Gefühle zu erwidern.
"Du bist
so schön, dass ich dir das Herz brechen und dir meines dafür
geben möchte" flüsterte er.
Alfred wurde rot, als Herbert das zu ihm sagte. Und in seiner Brust
fühlte es sich ganz warm an, was ganz sicher nicht vom Wasser
kam.
"Ich möchte lieber meins behalten", flüsterte
er. "Es fühlt sich gerade so gut an."
Er hatte
seine Fingerspitzen immer noch sanft auf Herberts Lippen. Er hatte
zwischendurch genießerisch die Augen geschlossen, als Herberts
Hände ihn gestreichelt hatten, aber davor hatte er fasziniert
Herberts Züge betrachtet. Er sah wunderschön aus, wenn er
die Augen geschlossen hatte. Aber als er sie wieder öffnete,
machte Alfreds Magen etwas komisches, was sich beinahe anfühlte
wie ein Salto. Herbert hatte die schönsten hellblauen Augen, die
Alfred je gesehen hatte.
Er beugte sich leicht vor und küsste
Herbert fast scheu auf die Wange. Es fühlte sich toll an, diese
Haut mit den Lippen zu berühren, und es gab ihm ein wundervolles
Gefühl, zu wissen, dass Herbert es mochte, von ihm berührt
zu werden.
"Herbert, du bist wirklich wunderschön",
flüsterte er andächtig gegen dessen Haut.
Herbert hätte die Gunst des Momentes ehrlich gesagt gerne
ausgenutzt. Er war sich auch ziemlich sicher, dass Alfred jetzt alles
mit sich hätte machen lassen. Aber man merkte ihm auch an, dass
er erschöpft war. Jetzt wo sie wieder vereint waren würde
es noch viele Momente wie diesen geben und er wollte, dass es für
Alfred so schön wie möglich wurde. Jetzt allerdings würde
bald der Morgen dämmern und Alfred brauchte nach all den
Strapazen unbedingt Schlaf.
Also stieg Herbert als erster aus der
Wanne und nahm eins der weichen riesigen Handtücher, das er für
Alfred offen hielt. Als dieser aus der Wanne stieg hüllte er ihn
darin ein und trocknete ihn dann am ganzen Körper ab.
Alfred
überließ sich ihm vertrauensvoll. Er war jetzt so müde,
dass er kaum noch stehen konnte. Kurzerhand hob Herbert ihn auf seine
Arme und trug ihn zurück in die Gruft.
Alfred fielen bereits die Augen zu, als Herbert ihn auf seine Arme
hob, aber er war immer noch wach genug, um es zu genießen. So
hatte ihn noch nie jemand getragen, dachte er, während er sich
wohlig an Herbert kuschelte. Dieser brachte ihn in den Sarg, legte
sich dann neben ihn und schloss den Deckel.
In der Dunkelheit
fühlte er sofort Herberts Arme um sich, und er kuschelte sich an
ihn und seufzte glücklich. Eigentlich hatte er noch zu Sarah
gehen wollen, aber Sarah... Wer war schon Sarah?
Sein Lächeln
wurde immer breiter, und er streckte eine Hand aus, um Herbert zu
berühren, während er einschlief. Diese Nacht träumte
er ausnehmend gut, und er wachte mit demselben Lächeln wieder
auf, mit dem er eingeschlafen war.
Herbert, der immer erwachte sobald die letzten Strahlen der Sonne
erloschen waren saß bereits angekleidet auf den Stufen die zu
ihrem Sarg hinaufführten. Er hatte wundervoll geschlafen an
diesem tag und auch das Erwachen war wunderschön gewesen. er war
bereits oben im Schloss gewesen und hatte festgestellt, dass das
Wetter sich heute Nacht etwas gebessert hatte. Es schneite im Moment
nicht und vielleicht konnten sie nachher endlich mal einen
Spaziergang im Schnee machen. Er musste sowieso noch am Friedhof
vorbei, wo er etwas wichtiges zu erledigen hatte. Und er hatte einen
neuen silbernen Umhang, der gestern zusammen mit Alfreds Mantel
angekommen war. Den wollte er wirklich gern tragen, während er
mit Alfred im Mondschein spazieren ging.
Sein Vater der immer
noch vor ihm erwachte schien das Schloss bereits verlassen zu haben.
Jedenfalls hatte er ihn nirgendwo gesehen. Wahrscheinlich würde
Alfred ganz froh darüber sein...
Jetzt hörte er, dass
sich im Sarg etwas bewegte und sprang auf. Alfred hatte sich bereits
aufgesetzt und sah verschlafen nach ben. "Guten Abend Liebling"
sagte Herbert liebevoll und reichte ihm die Hand.
Alfred rieb sich die Augen und ergriff dann Herberts Hand, der ihm
aus dem Sarg half. Alfred sah, dass er schon angezogen war, und er
selbst war ganz nackt, wegen dem Bad gestern. Errötend wandte er
sich ab und zog sich rasch seine Kleider über.
"Bist du
schon lange auf?", fragte er, als er wich wieder umdrehte, um
sich bei den Verschnürungen helfen zu lassen. Er sah, dass
Herbert einmal wieder sehr erlesen gekleidet war, und er trug einen
wunderschönen silbernen Umhang, den Alfred noch nicht an ihm
gesehen hatte. Er streckte die Hand danach aus und fuhr über den
Stoff.
"Ooohh...", machte er leise und bewundernd.
Herbert blühte förmlich auf unter Alfreds Bewunderung. Der
Stoff war aber auch wirklich besonders schön und irisierend.
Vielleicht würde er diesen Umhang auch am nächsten Ball
tragen...
"Wenn er dir gefällt lasse ich dir auch so
einen machen" sagte er und drehte sich einmal um sich selbst. er
liebte Stoffe aller Art, besonders glänzende. "Dieser Stoff
würde auch wunderbar zu dem Anzug passen, den ich dir für
den Ball habe herstellen lassen..."
"Ich weiß nicht, ob ein Umhang mir so gut stehen würde
wie dir", sagte Alfred etwas verlegen, und das meinte er auch
so. Herbert war einfach perfekt für diese Art der Kleidung,
dieses elegante, aristokratische. Er selbst würde über so
einen Umhang nur stolpern oder sich darin verheddern.
Trotzdem sah
er bewundernd zu, wie Herbert sich einmal um sich selbst drehte. Er
sah wirklich phantastisch aus.
"Was werden wir tun?",
fragte er erwartungsvoll. Er war es mittlerweile gewohnt, sich
Herbert zu überlassen, und ihm war nur recht, dass dieser immer
die Führung übernahm
Herbert war erfreut darüber, dass Alfred nicht sofort damit
anfing, dass er zu Sarah wollte. Er hatte eigentlich fest damit
gerechnet. aber so war es ihm umso lieber. Vielleicht war dieser
verhasste Name ja jetzt ein für alle Mal aus seinem Leben
verschwunden.
Er beugte sich zu Alfred hinunter und legte ihm
einen Arm um die Schultern. "heute Nacht möchte ich mit dir
im Licht des Mondes spazieren gehen" sagte er voller
Begeisterung. "Du sollst sehen wie der Schnee unter uns glitzert
und wie das Schloss sich gegen den Nachthimmel erhebt. Keine Angst.
Dein Pelzmantel und ich werden dich schon gegen die Kälte
schützen..."
Alfred nickte erfreut und lief neben Herbert her, der ihn sicher
durch die Dunkelheit führte. Aber plötzlich fiel ihm etwas
ein, und er blieb stehen. Für einen Moment wusste er nicht
genau, ob er es sagen oder lieber einfach schweigen und weitergehen
sollte. Aber schweren Herzens entschied er sich doch
dafür.
"Herbert", sagte er zögerlich. "Ich
will wirklich gern mit dir im Schnee Spazieren gehen. Aber... aber
ich sollte wenigstens Sarah sagen, dass... dass ich nicht mehr zu ihr
gehe."
Ein bisschen traurig war er schon, wenn er daran
dachte, dass er nun nie mit Sarah zusammen sein würde. Aber
Herbert tröstete ihn darüber hinweg. Er hatte auch ein
wenig Bammel davor, Sarah zu sagen dass... ja, was eigentlich? Dass
er bei Herbert bleiben würde? Wie würde sie das finden? Sie
hatte es schon so schlimm gefunden, als er gesagt hatte, dass er
Herbert geküsst hatte, obwohl er nicht recht wusste, warum. Er
hatte ein merkwürdiges Gefühl dabei, ihr sagen zu müssen
dass er Herberts Gesellschaft jetzt ihrer vorzog.
