3. Kapitel

Legolas fühlte sich, als ob eine ganze Horde Orks über ihn hinweg getrampelt wären, doch die Hitze hatte seinen Körper verlassen und seine Erinnerungen, waren ebenfalls mit aller Deutlichkeit zurückgekehrt.
Er befand sich immer noch in Gefangenschaft, verwundet und alleine, getrennt von Tanhis und Gimli, dessen Schicksal er immer noch nicht kannte und das er wohl auch nicht so schnell erfahren würde. Die Orks, Variags und Haradrim hatten ihn hierher geschleppt, mehr tot als lebendig, und ihn zu ihrem Führer Rinyaviê gebracht, der durch ihn seinen Vater erpressen wollte, um Gondors Truppen zu schwächen.
Legolas stöhnte und dachte voll Sorge an Aragorn, der sich früher oder später dem Feind gegenüber sehen würde, sicher völlig unvorbereitet und mehr als alles andere stand für ihn fest, dass er schnellstens versuchen musste, zu entkommen, um den Freund zu warnen.

Noch eine Erinnerung kehrte dann zurück - der alte Mann, der ihn ganz offensichtlich gepflegt und vom Fieber befreit hatte! Legolas sah das Gesicht ganz klar vor sich und schließlich öffnete er die Augen und versuchte, sich aufzurichten, um den Raum nach seinem Retter abzusuchen, denn dessen war er sich sicher – ohne ihn hätte das Fieber sicherlich sein Leben gekostet.

Alcthon nahm die Bewegung hinter sich wahr und drehte sich von seinen Töpfen und Schüsseln weg, um nach dem Elben zu sehen, der nun seid vier Tagen tief und fest geschlafen hatte, nachdem er die Wunde mit der Giftpflanze behandelt hatte. Er fand ihn tatsächlich bei Bewusstsein, doch zeigten sich deutliche Spuren der vergangenen Strapazen in dem edlen, blassen Gesicht, dessen Augen ihn jetzt aus einer Mischung von Dankbarkeit, Vorsicht und Interesse musterten.
Alcthon versuchte es mit einem Lächeln und machte einen Schritt auf das Lager seines Patienten zu.
"Endlich seid ihr wieder bei Bewusstsein, Junge! Ich fragte mich schon, wie lange ihr noch schlafen wollt! Rinyaviê war schon äußerst aufgebracht, dass ich immer noch keine besseren Nachrichten für ihn hatte!"

Der Name des Haradrim reichte aus, um Legolas zur Vorsicht zu rufen und auch seinen Gegenüber wieder als das zu sehen, was er trotz seiner Hilfe war! Sein Feind, der ihn sicher nur deshalb gerettet hatte, um den Befehl seines Herrn nachzukommen und ihn dann wieder zu ihm zu bringen, was sicherlich seine Lage noch verschlechtern würde. Er konnte sich einfach zu gut an das erste Zusammentreffen erinnern, was ihm nur neue Qualen eingebracht hatte und seinen Zustand noch verschlimmert hatte, und jetzt, da es ihm besser ging, würde Rinyaviê gewiss noch mehr Freude daran haben, ihn seine Macht spüren zu lassen.
Deshalb beschloss Legolas, sich zurück zu halten und erst einmal abzuwarten.

"Wie fühlt ihr euch? Habt ihr noch Schmerzen?", forderte Alcthon zu wissen, doch der Elb sah ihn nur unverwandt an, ohne ihm etwas zu entgegnen.
"Ich weiß, dass ihr mich versteht, also gebt mir eine Antwort. Ich habe es verdient, dass ihr mir etwas Dankbarkeit entgegen bringt, immerhin habe ich fünf lange Tage und Nächte an eurem Lager gesessen und euch gepflegt, da kann ich eine Antwort verlangen!"

Fünf Tage, schoss es Legolas durch den Kopf. War er schon so lange hier?
Diese Erkenntnis veranlasste ihn dazu, sich weiter aufzurichten und augenblicklich zog sich sein Brustkorb unter Schmerzen zusammen und er sank zurück auf das Lager.
Er musste unbedingt einen Weg finden, hier heraus zu kommen und zu seinen Freunden zu gelangen, damit sie gemeinsam nach Gondor reiten konnten, um Aragorn zu warnen, wenn es dafür nicht schon zu spät war! Fünf Tage waren eine lange Zeit und weitere vier Tage, so schätzte Legolas, waren durch den Marsch verstrichen, was bedeutete, dass er neun Tage verloren hatte! Wenn Tanhis und Gimli noch lebten, dann waren sie wahrscheinlich schon halb verrückt vor Sorge oder hatten die Suche schon längst aufgegeben! Selbst wenn Rinyaviê sich schon bei seinem Vater gemeldet hatte, so hatten die Beiden wohl nichts davon erfahren!
Er dachte wieder an Tanhis und sofort erfüllte ihn ein wärmendes Gefühl und er entschied, dass es das Beste war, so viel wie nur möglich in Erfahrung zu bringen und so seine Chancen zu einer Flucht zu verbessern. Also kämpfte er sich wieder hoch und begegnete erneut dem Blick des Mannes, der ihn immer noch abwartend ansah.

"Wer seid ihr?", fragte Legolas statt eine Antwort zu geben.
Der Mann lachte amüsiert auf und trat neben das Lager, um prüfend die Verbände zu kontrollieren.
"Eigentlich seid ihr nicht in der Position hier die Fragen zu stellen, aber ich will mal nicht so sein! Ich heiße Alcthon – und ihr?"
"Legolas, aus dem Waldlandreich.", presste Legolas hervor, als Alcthon schmerzhaft die Wunde begutachtete und nicht gerade sanft den Verband erneuerte.
"Nun, Legolas, das sieht schon sehr viel besser aus, als noch vor wenigen Tagen! Ihr habt eine Menge Kraft in euch und die werdet ihr auch noch brauchen! Euer Vater hat Rinyaviê noch immer nicht seine Entscheidung mitgeteilt und er wird seinen Zorn sicher an euch auslassen, wenn er erfährt, dass ihr wieder bei Bewusstsein seid!"

Legolas versuchte, seine eigene Verwunderung zu verbergen. Thranduil hatte noch nicht entschieden? Das passte gar nicht zu seinem Vater, der sonst nur an das Wohl seines Volkes dachte und dessen Entscheidung für Legolas sicher gewesen war! Sollte er sich doch in seinem Vater getäuscht haben?
Alcthon unterbrach seine Gedanken und musterte Legolas eingehend.
Ich denke, ihr seid kräftig genug, um Rinyaviê holen zu lassen. Ich habe meine Pflicht getan und es wird Zeit, dass ich euch an ihn übergebe."
Er ging zu einem Regal und zog ein Bündel heraus, dass er Legolas zu warf und ihm bedeutete, es zu öffnen. Es enthielt eine einfache Tunika und Beinlinge, sowie Stiefel aus weichem Leder.
"Zieht das an!", murmelte er und verließ dann den Raum, um seinen Herrn zu holen.

Legolas schaute eine Weile hinter Alcthon her, der durch eine dunkle Öffnung in der Felswand verschwand, die durch einen Vorhang aus schwerem Stoff verdeckt war. Gedankenverloren hielt er den noch immer schmerzenden Brustkorb umschlungen, löste mit der anderen Hand die Kordel um das Bündel und zog die Kleidungsstücke heraus. Als er aufstand, um sich anzukleiden, zeigten sich jedoch die Folgen der Verletzung und der Schweiß brach ihm aus, während sich der Raum um ihn herum zu drehen begann und er sich schwankend gegen die Felswand lehnte.
So verharrte er einen Moment und der Schwindel verging langsam, abgelöst durch ein leichtes Zittern, das seinen ganzen Körper erfüllte. Er bedeckte mit der Hand die Augen, ließ sich auf den Boden sinken und versuchte, alleine mit der Kraft seines Willens, die Kontrolle über seinen Körper zurück zu gewinnen, was ihm nach einer unendlich langen Zeit auch ein wenig gelang. Das Zittern der Hände wollte nicht nachlassen, doch immerhin schaffte er es, sich Beinlinge und Stiefel überzustreifen, doch die Schmerzen der Stichwunde hinderten ihn daran, auch die Tunika anzuziehen und nach einigen Versuchen gab er schließlich leise fluchend auf.

Er hatte sich gerade geschafft, sich wieder auf das Lager zu ziehen, als er leise Schritte auf dem Gang vernahm, gefolgt von mehreren stampfenden Schritten, die diese begleiteten.
Legolas richtete sich so weit wie möglich auf, atmete noch einmal tief durch und richtete seinen Blick entschlossen auf den Vorhang, der auch im nächsten Augenblick zur Seite gezogen wurde.
Soll er nur kommen, dachte Legolas bei sich. Von ihm würde er nichts über Aragorns Heere oder die Verteidigungsanlagen der Stadt erfahren, oder sonst etwas, dass Rinyaviê bei einem Angriff nützlich sein konnte. Im Gegenteil! Er würde versuchen, soviel nur eben möglich über Rinyaviês Pläne heraus zu finden und dann zusehen, dass er so schnell wie es ging hier heraus kam, damit er Aragorn warnen konnte. Die Haradrim würden es noch bereuen, dass sie sich gegen Gondor auflehnten und er würde sie zu gerne für jede seiner Qualen zahlen lassen, erst recht, wenn sie Gimli oder Tanhis etwas angetan hatten!

Rinyaviê lachte hämisch auf, als er seinen Gefangenen mit entschlossenem, standhaftem Blick auf seinem Lager vorfand, denn es wäre für ihn auch zu langweilig gewesen, wenn der Elb sich einfach gefügt hätte. So bereitete es ihm viel mehr Spaß, ihn langsam zu brechen und in die Knie zu zwingen, bis er schließlich um Gnade betteln würde!

Vor zwei Tagen war ihre Gruppe am Dol Guldur angekommen und sie hatten umgehend damit begonnen, die ganze Umgebung genau zu erkunden. Zuerst hatte es so ausgesehen, als ob sie auch hier keinen Erfolg haben würden, aber dann war es der Zufall gewesen, der ihnen geholfen hatte.
Eine kleine Gruppe Orks hatte sich ihnen genähert und sie hatten es im letzten Moment geschafft, sich vor dem Feind zu verbergen und Gimli davon abzuhalten, sie gleich an Ort und Stelle mit einem Schwung seiner Axt zu enthaupten. Versteckt in einem Dickicht aus Dornengestrüpp hatten sie gesehen, wie sich die Gruppe auf die Ruinen zu bewegten, in den Innenhof des ehemaligen Turms traten und dort einen Felsbrocken mit geringer Kraftanstrengung zur Seite rollten. Ein finsterer Gang lag dahinter und mit Pechfackeln ausgestattet, waren die Orks darin verschwunden und hatten den Eingang wieder verschlossen.

Jetzt folgten sie der Gruppe durch die langen, gewunden Gänge und mehr als einmal, wären sie beinahe weiteren Orks in die Arme gelaufen, die wache hielten, doch Aragorn und Tanhis hatten sie jedes Mal rechtzeitig gehört.
Außerdem mussten sie sich vor den Unebenheiten im Boden und herausragenden Felsen in Acht nehmen und immer wieder taten sich Löcher vor ihnen auf, deren Grund nicht zu erkennen war. Tanhis dachte immer wieder an Legolas und was für Qualen er auf diesem Marsch durch die Tunnel ausgestanden haben mochte, verletzt, dem Feind hilflos ausgeliefert und eingesperrt in der erdrückenden Enge. Ein Schauer jagte ihr über den Rücken und sie versuchte, ihr eigenes Unbehagen zu verdrängen, indem sie an die Wälder und Wiesen dachte, den weiten, strahlend blauen Himmel und die Vögel, die dort ihre Kreise zogen, doch so recht wollte auch das nicht helfen. Elben hatten eben nichts unter der Erde verloren, sie gehörten einfach in nicht hierher!

Gimli hingegen war ganz in seinem Element und er genoss dies auch sichtlich, denn immer wieder blieb er stehen und begutachtete Kristalle und Edelsteine, die in den Felswänden funkelten und wie unzählige, kleine Sterne das Licht ihrer Fackeln zurückwarfen. Mehr als einmal musste Aragorn ihn weiterziehen, damit er sich von der Pracht losriss und sich dabei die Ausführungen des Zwergen anhören, der sein Wissen über jeden Schatz der Erde zum Besten gab, auch wenn ihm niemand richtig zuhörten.
So hatten sie eine weite Strecke hinter sich gebracht, als ihnen die Veränderung in der Luft zeigte, dass sie sich dem Ende des Tunnels, dem sie gerade folgten, näherten und Aragorn hielt an und lauschte in die Finsternis hinein.

Als er auch Minuten später kein Geräusch vernahm, bedeutete er seinen Begleitern, zu warten und entfernte sich, verschwand schließlich in der Finsternis, bis Tanhis selbst den Klang seiner Schritte nicht mehr vernehmen konnte. Es verstrich eine geraume Zeit, bis Aragorn schließlich zurück kehrte und sein Gesicht zeigte deutlich, dass er keine guten Nachrichten brachte.
"Ein kleines Stück weiter öffnet sich der Gang in ein Gewölbe und es gibt nur eine Möglichkeit, den Weg von dort aus fortzusetzen. Wir müssen eine Schlucht herunter, deren Grund ich nicht zu sehen vermag und ich bezweifel, dass unsere Seile lang genug sein werden. Wir müssen entweder den Abstieg ungesichert wagen, - oder umkehren..."
Tanhis hatte bei seinen Worten in die Dunkelheit geblickt, doch nun wandte sie abrupt den Kopf und blickte Aragorn verzweifelt an, der ihrem Blick ruhig begegnete und ihr dann stumm zunickte.
"Ich verstehe!", murmelte er und richtete sich dann an Gandalf, den er ein Stück von den Hobbits und Gimli fort zog.
"Für die Hobbits und Gimli wird der Abstieg ein nicht zu bewältigendes Hindernis sein, Gandalf! Selbst für Tanhis und mich wird es gefährlich sein, aber sie wird sich nicht davon abbringen lassen!"
"Was schlägst du also vor?" Gandalf sah ihn abwartend an.
"Es wird wohl das Beste sein, wenn ihr umkehrt. Einen anderen Weg zu finden halte ich für unmöglich, denn in diesem Gewirr der Gänge, würdet ihr euch nur verlaufen!"
Gandalf bedachte Aragorns Vorschlag und seufzte. Er wusste jetzt schon, wie Frodo, Sam und Gimli reagieren würden, aber er vertraute Aragorns Urteil und keinem von ihnen war damit gedient, wenn sie abstürzten, schon gar nicht Legolas.
"Gut! Es gibt wohl keine andere Möglichkeit, auch wenn wir uns jetzt auf einiges gefasst machen dürfen. Die Drei werden sicher nicht begeistert sein, dass sie zurück bleiben müssen!"

Ihre Befürchtungen diesbezüglich stellten sich als richtig heraus! Gimli tobte und hätte mit seinem Geschrei sicher alle Horden Orks auf sich gezogen, wenn Aragorn ihn nicht mit barschen Worten zum Schweigen gebracht hätte. Selbst danach fluchte er immer noch still vor sich hin und bedachte Aragorn und Gandalf immer wieder mit strafenden Blicken.
Frodo und Sam waren auch nicht angetan von der Tatsache, dass sie bei Legolas' Rettung nicht helfen konnten, doch sie schätzten ihre Kräfte und Fähigkeiten richtig ein und wussten, dass sie Tanhis und Aragorn nur aufhalten würden und das würde sie vielleicht wichtige Zeit kosten.
So dauerte es nicht lange und Tanhis und Aragorn machten sich bereit, den Weg fortzusetzen, begleitet von den hoffnungsvollen Blicken der Freunde und Gimlis wütendem Blick!

Tanhis warf vorsichtig einen Blick über ihre Schulter und versuchte, in der Dunkelheit etwas aus zu machen, doch es stellte sich als vergeblich heraus. Sie klammerte sich auf dem schmalen Absatz der Felswand fest und krallte ihre Finger mit aller Kraftanstrengung an der unebenen Oberfläche fest, sodass ihre Knöchel weiß hervortraten.
Aragorn befand sich nur ein kurzes Stück über ihr und er ließ sich Stück für Stück, immer nach Halt suchend, die Wand hinunter, bis er schließlich sein Ziel erreichte und sich neben ihr auf dem Sims gegen den Fels presste.
Ohne ein Wort wechseln zu müssen, verstanden sie einander und gemeinsam wagten sie schließlich, nach einer kurzen Verschnaufpause, den weiteren Abstieg. Hin und wieder traten sie kleinere Steine los, auf die sie vorsichtig ihre Füße absetzten und jedes Mal fuhr ihnen dabei ein gehöriger Schreck durch die Glieder, denn sie mussten jedes Mal ihren Schwung abfangen, um nicht in die Tiefe zu stürzen. Einige Zeit später vernahmen sie knurrende Stimmen von Orks, die ihnen zeigten, dass sie bald den Grund der Schlucht erreichten und sie wechselten einen vielsagenden Blick.

Es würde zu einem Kampf kommen, noch bevor sie den Boden erreicht hatten, denn die Gesprächfetzen kamen immer aus der gleichen Richtung, was auf einige Wachposten schließen ließ.
Als die Gruppe endlich in ihr Blickfeld kam, genügte wieder ein kurzer Augenkontakt mit Aragorn und Tanhis konnte seine Absichten erkennen. Gleichzeitig stießen sie sich von der Felswand ab, drehten sich noch im Sprung und rissen ihre völlig überraschten Gegner um. Schnell und flink hatte Tanhis ihre beiden Feinde mit gezielten Stößen ihres Dolches getötet und auch Aragorn hatte wenige Probleme mit seinen Angreifern. Schwer atmend, vom Abstieg und Kampf, blieben sie einen Moment regungslos zwischen den leblosen Körpern stehen und Aragorn ließ seinen Blick über die Höhlenwände schweifen.
"Komm! Rasch, wir dürfen keine Zeit verlieren!" Er packte Tanhis' Hand und zog sie in die Richtung, wo er einen Durchgang ausgemacht hatte.

Frodo warf einen verstohlenen Seitenblick auf Sam, der genauso niedergeschlagen die Schultern hängen ließ, wie Gimli und Gandalf, die einige Meter vor ihnen durch den Tunnel gingen.
Frodo hatte sich zuerst den Anweisungen von Aragorn gefügt und er hatte sich ebenso nutzlos und überflüssig gefühlt, wie die Anderen es jetzt sicher taten, doch mit jedem Schritt, den sie sich weiter von der Schlucht entfernten, war seine Entschlossenheit gewachsen und hatte einen Plan in seinem Kopf wach gerufen. Er war nicht so weit gekommen, um dann kurz vor den Ziel einfach umzukehren! Das brachte er nicht über sich!
Verstohlen stieß er Sam seinen Ellenbogen in die Rippen, was diesem sofort einen Protest entlockte. Sam warf ihm einen finsteren Blick zu und rieb sich die Seite, um den Schmerz zu vertreiben.
"Was soll das, Herr Frodo?"
"Scht! Sei leise! Ich habe mir etwas überlegt, aber dafür brauche ich deine Hilfe, Sam! Ich werde nicht einfach umkehren und abwarten! Wenn ich mich richtig erinnere, so kommt bald eine Tunnelöffnung, direkt vor einer langen Biegung. Es sollte doch möglich sein, noch einen anderen Weg zu finden, der uns an den Grund der Schlucht, oder sogar das Lager der Haradrim führt. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass es nur diesen einen Weg gibt! Außerdem können wir doch nicht Aragorn und Tanhis mit einer ganzen Horde Feinde alleine lassen! Sie können gewiss Unterstützung gebrauchen, wenn sie Legolas erst gefunden haben und ihn hier heraus schaffen müssen! Lass uns zurück bleiben und uns dann in den Gang schleichen. Gandalf und Gimli werden erst etwas merken, wenn wir längst verschwunden sind!"

Sam sah Frodo misstrauisch an. Ihm gefiel es ganz und gar nicht, sich alleine durch die dunklen Tunnel zu schleichen, gegen Streichers Anweisung und ohne eine Ahnung, wohin sie gelangen würden, aber er dachte auch an die Anderen und machte sich immer noch Sorgen um sie. Deren Chancen würden steigen, wenn sie ihnen zur Unterstützung zur Seite eilten, denn je nach dem in welcher Verfassung Legolas war, würde sich die Flucht und Verteidigung als äußerst schwierig erweisen. Aber waren zwei kleine Hobbits da die richtige Hilfe? Sicher waren sie schon oft wegen ihrer Größe unterschätzt worden, aber gegen hochgewachsene Haradrim zu kämpfen war im Vergleich zu Orks schon ein gewaltiger Unterschied.
Sam sah zu Gandalf und Gimli vor sich, stellte sich ihre Reaktion vor, wenn sie ihr verschwinden bemerkten und dachte wieder an den dunklen Tunnel, dessen Vorstellung schon genügte, um ihm einen Schauer über den Rücken zu jagen.

Frodo hatte seinen Blick unverwandt auf Sams Gesicht gerichtet und sah deutlich, wie seine Gefühle und sein Verstand miteinander rangen, doch dann drehte er sich zu ihm und sah ihn entschlossen an.
"In Ordnung, Herr Frodo! Ich gehe mit, sonst würdest du es noch fertig bringen und machst dich alleine auf die Suche! Also los!"
Frodo nickte erleichtert und fasste Sam an der Hand. Gemeinsam blieben sie immer weiter hinter dem Zauberer und Gimli zurück, die so in ein e Unterhaltung vertieft waren, dass sie die Freunde gar nicht beachteten und schließlich zeigte sich an ihrer rechten Seite die Öffnung des Tunnels und der Gang beschrieb eine lange Linkskurve. Ohne einen Laut zu verursachen, blieben die Hobbits stehen, beobachteten, wie die Freunde ihren Weg fortsetzten, dann um die Kurve gingen und ihrem Blickfeld entschwanden, bis sie nur noch ihr Stimmengemurmel vernahmen, dass bald auch verstummte. Entschlossen zog Frodo Sam in den Tunnel und begann zu rennen, damit sie rasch einen größeren Abstand zu den Freunden gewannen und diese ihnen nicht so schnell folgen konnten. Frodo hoffte, dass ihnen ihr fehlen nicht so schnell auffallen würde und er dankte den Valar, dass Sam bei ihm war. Gemeinsam würden sie es schaffen!

Legolas ließ Rinyaviê keinen Moment aus den Augen, der vor ihm auf und ab ging und es sichtlich genoss, dass der Elb ihm hilflos ausgeliefert war. Die Wachen hatten Legolas fest an den Armen gepackt und hielten ihn aufrecht, damit ihr Herr ihn noch besser schikanieren konnte, was er auch zur genüge tat. Dabei achtete er jedoch genauestens darauf, dass er ihn nur an den Stellen schlug, wo sich keine seiner Verletzungen befanden, denn er konnte es sich nicht leisten, noch einmal so lange zu warten, bis der Gefangene wieder ansprechbar war.

Legolas schmeckte das Blut, dass von seiner aufgesprungenen Lippe perlte und sein ganzer Körper war angespannt, um die Kraft der Schläge, so gut es eben ging, abzufangen, doch er merkte, dass er diese Kraft nicht mehr lange aufbringen konnte. Auf jede nicht beantwortete Frage, folgte ein Schlag von Rinyaviê, doch egal wie sehr dieser ihn auch quälen würde, von ihm würde er nichts über Minas Tirith und Aragorn erfahren und schließlich war Legolas sich sicher, dass Rinyaviê ihn noch brauchte. Er hatte selbst gesagt, dass er Thranduil und Aragorn mit seiner Gefangenschaft erpressen wollte und dazu brauchte er ihn lebend, also würde er früher oder später diese Folterungen beenden.

Im nächsten Moment packte Rinyaviê ihn an den Haaren und riss seinen Kopf in den Nacken, um Legolas in die Augen zu sehen.
"Was denkst du Bürschchen? Hast du etwa noch Hoffnung, dass dir jemand zur Hilfe kommt? Dein Freund Aragorn vielleicht? Ha! Der ist viel zu sehr damit beschäftigt, seine kleinen Dörfer zu beschützen! Für dich hat er keine Zeit! Und Thranduil wird ihm sicher schon von deiner Gefangennahme berichtet haben! Ich hoffe, dein Vater wird sich bald dazu herab lassen, uns seine Entscheidung zukommen zu lassen, sonst werde ich ihm wohl den Ernst der Lage begreiflich werden lassen und ihm ein kleines Präsent zukommen lassen! Es wäre doch zu schade, einen solchen prachtvollen, vollkommenen Körper verstümmeln zu müssen!"
Dabei ließ Rinyaviê die Klinge seines Messers mit leichtem Druck den Hals von Legolas entlang fahren, hinauf bis an sein Ohr, wo er den Druck verstärkte und einen Schnitt auf der Wange hinterließ, aus dem langsam das Blut herablief.

Legolas verzog keine Mine und hielt dem Blick seines Peinigers stand, während sich ein leichtes Lächeln auf seine Lippen legte. Rinyaviê versteinerte als er es entdeckte und umgehend trat die Zornesröte in sein Gesicht und er holte zu einen neuen Schlag aus, den er mit voller Wucht auf Legolas niederfahren ließ der sich mit einem Stöhnen zusammenkrümmte.
"Dir wird das Grinsen noch vergehen!", zischte Rinyaviê und auf sein Zeichen hin, ließen die Wachposten Legolas fallen und verließen hinter ihrem Anführer den Raum. Zwei andere blieben an dem Durchlass zurück, um so vor einem Fluchversuch abzuschrecken.

Alcthon hatte das ganze Geschehen von seinem Tisch aus verfolgt und trat jetzt neben Legolas und half ihm wortlos auf die Beine und stützte ihn, um ihn zu dem Lager zurück zu führen. Er ließ seinen Blick prüfend über die Verbände schweifen, doch Rinyaviê war vorsichtig gewesen und so blieb Alcthon weitere Arbeit erspart. Er wollte sich der Schnittwunde an der Wange widmen, doch die Hand des Elben hielt ihn mit nicht vermuteter Schnelligkeit davon ab und er sah verwundert zu ihm hoch.

"Lasst! Das ist nicht nötig! Wenn ihr mir wirklich helfen wollt, dann helft mir, hier heraus zu kommen, bevor Rinyaviê eure ganze Mühe wieder zunichte macht!"
Alcthon bemerkte das leichte Zittern, sowohl in der Hand, als auch in der Stimme des Elben und betrachtete eingehend sein Gesicht, bevor er sich aus dem Griff befreite und ihm einen verachtenden Blick zuwarf.
"Ihr verlangt viel von eurem Feind, aber ich werde meinem Herrn nicht verraten. Doch ich sehe, was euch zu so einer Bitte hinreißt! Ihr werdet schwächer, wenn ihr noch länger unter der Erde verweilt, richtig? Es stimmt also, dass ihr eure Lebenskraft auch aus der Natur erlangt, die ebenso wichtig für euch ist, wie die Luft zum atmen."
Legolas erwiederte darauf nichts, doch sein Blick reichte Alcthon als Antwort auf seine Vermutung.
"Ruht euch aus und hofft, dass euer Vater nicht mehr zu lange wartet!"
Er wandte sich ab und ließ Legolas alleine in der Höhle zurück.

Legolas sank an der Felswand entlang auf den Boden und betrachtete stumm seine Hände, die einfach nicht aufhören wollten zu zittern und ballte sie schließlich zur Faust. Er lehnte den Kopf in den Nacken und schloss die Augen, was augenblicklich dazu führte, dass er Tanhis' Gesicht sah, die ihn sanft anlächelte. Dieser Anblick verschaffte ihm neue Hoffnung und Zuversicht und er stellte sich vor, wie er sie wieder in den Armen hielt, alleine, auf der kleinen Lichtung in Düsterwald.
Doch diese Illusion verblasste zusehendst und nur zu deutlich trat das dunkle, enge Gewölbe an seine Stelle, dass es ihm unmöglich machte, sich auch nur länger als wenige Minuten an den Wald zu erinnern.

Ein plötzlich unerwartetes Geräusch ließ ihn verharren und er sah zu dem Vorhang, der beinahe jedes Geräusch verschluckte, doch nach einer Weile vernahm er es ganz deutlich – das Klirren von Schwertklinge auf Schwertklinge!
Rasch näherte sich der Kampflärm, begleitet von Schritten und plötzlich stürzte einer der Wachleute durch die Öffnung und riss den Vorhang mit sich, was einen Blick auf den leeren Gang enthüllte. Der zweite Wachmann lief auf etwas zu, führte einige Schläge aus und brach schließlich zusammen.
Legolas hielt den Atem an, als er die zierliche Gestalt erkannte und versuchte, sich wieder aufzurichten, breitete die Arme aus, um Tanhis aufzufangen, die auf ihn zu gelaufen kam und sich schluchzend in seine Arme warf. Legolas fing sie auf und zog sie fest an sich, hielt sie eng umschlungen und achtete nicht auf die Schmerzen, die ihre Umarmung in seinem Brustkorb auslösten. Er war viel zu froh darüber, dass er sie wieder bei sich hatte und konnte es selbst noch nicht richtig fassen.

Es war kein sonderlich günstiger Zeitpunkt für Tränen, doch sie kamen trotzdem, heiß und feucht, und liefen ungehindert über ihre Wangen. Sie hatte geglaubt, sie würde ihn nie wiedersehen und jetzt saß sie hier und hielt ihn in ihren Armen. Die Welle der Erleichterung riss sie fast mit sich, doch sie kämpfte entschieden dagegen an, denn es blieb ihnen nicht die Zeit, sich länger als erforderlich aufzuhalten. Sie rief sich ins Gedächtnis, dass sie eine Kriegerin war und hier, um Legolas zu befreien, nicht, um hier mit ihm dem Feind in die Hände zu fallen.
Sie beruhigte sich und löste sich aus seiner Umarmung, blickte ihn an und wischte sich die Tränen aus den Augen. Prüfend sah sie ihn an und berührte den Schnitt an seiner Wange. Obwohl ihre Berührung ganz sacht war, zuckte er zusammen, umfing ihre Hand mit seiner und lächelte sie an.
"Es ist nicht so schlimm! Komm, wir müssen hier weg!"
Sie nickte und erst jetzt stellte sie fest, wie blass und schwach er war. Sie erfasste die unzähligen blauen Flecken und Prellungen und musterte die Verbände, die seinen Brustkorb verhüllten. Vorsichtig schob sie die Wickel beiseite und untersuchte die Wunde im Rücken und tastete seine Rippen ab. Sanft umfasste Legolas jedoch ihren Arm und mit einer Bedächtigkeit, die Tanhis erst verwundert registrierte, hob er die Hand an ihre Stirn, strich mit den Fingern langsam über ihr Gesicht, den Nasenrücken herunter bis zur Nasenspitze, wobei er ihren Blick unverwandt fest hielt. Schließlich strich er mit dem Daumen über ihre zarten Lippen, dann mit den Fingerspitzen über ihre Wange und endlich beugte er sich zu ihr herunter und drückte seinen Mund auf ihren.
Als er sich wieder von ihr löste lag ein schwaches Lächeln auf seinem Gesicht.
"Das war es, was mich die ganze Zeit über am Leben gehalten hat, Tanhis! Ich wollte dich noch einmal wiedersehen – um das zu tun!"
Erst jetzt bemerkte sie sein Zittern und für einen kurzen Moment schwankte er, doch Tanhis bot ihm Halt und er lehnte seinen Kopf gegen ihre Schulter.
"Verflucht", murmelte sie, schob ihn ein Stück von sich und half ihm, sich zu erheben und die Tunika über zu streifen, die immer noch auf dem Lager lag.
"Wir haben keine Zeit mehr. Komm!"
Nur zu gerne hätte sie ihm noch etwas Ruhe gegönnt, doch es half alles nichts, sie mussten zusehen, dass sie so schnell wie möglich aus diesem Loch hier heraus kamen und gemeinsam begaben sie sich dann zum Ausgang, wobei Tanhis sich bemühte, sich ihre Sorge nicht anmerken zu lassen.

Auf dem Gang trafen sie auf Aragorn, der dort gewartet hatte, um weitere Angreifer abwehren zu können, bis Tanhis und Legolas kamen. Als Legolas ihn erblickte, zog er überrascht die Augenbrauen hoch, doch Aragorn lächelte ihn nur an und sagte bestimmt:
"Keine Zeit für Erklärungen, mellon nin! Machen wir, dass wir dich so schnell wie nur möglich hier raus bringen!" Er musterte Legolas nur kurz, ließ sich keinen seiner Gedanken beim Anblick des Freundes anmerken und warf Tanhis dann einen vielsagenden Blick zu. Damit drehte er sich um und führte sie in einen weiteren Tunnel hinein, zielsicher den Rückweg antretend.

Frodo folgte unbeirrt dem Verlauf des Haupttunnels, während Sam missmutig hinter ihm her trottete und leise vor sich hin schimpfte. Wie lange sie nun schon durch die Finsternis liefen, wusste Frodo nicht, aber sein Gefühl sagte ihm, dass sie auf dem richtigen Weg waren und sicher bald auf Aragorn und Tanhis treffen würden – und vielleicht auch auf Legolas!
Es wurde merklich wärmer und die Luft war angefüllt mit allerlei Gerüchen, hauptsächlich dem Gestank der Orks, und Stich begann schließlich auch schwach in seiner Hand zu leuchten, was Sam augenblicklich zum Schweigen brachte.

Frodo fühlte die Hitze der Aufregung seinen Körper herauf wandern und sein Herz klopfte so wild, dass es ihm fast aus der Brust sprang. Dicht an die Felswand gedrückt, schoben sie sich weiter, bei jedem Schritt darauf bedacht, nicht das kleinste Geräusch zu verursachen, bis sie eine scharfe Kurve erreichten.
Frodo lauerte vorsichtig um die Ecke und erblickte ein kleines Gewölbe, in dem mehrere Tunnel mündeten, doch es war in völlige Dunkelheit getaucht und leer. Nicht ein Ork oder Haradrim war zu sehen, was ihn angesichts seines Schwertes in Verwunderung versetzte. Er wollte sich gerade wieder Sam zuwenden, als ihn der Klang von mehreren Schritten ans Ohr drang, der von den Felswänden widerhallte und im nächsten Moment erfasste er einen schwachen Lichtschein, den die Öffnung eines Ganges erhellte.

Sam trat in dem Augenblick neben ihn, als ihre drei Freunde in die Halle stolperten, wobei Aragorn und Tanhis immer wieder Pfeile in die Richtung abfeuerten, aus der sie gekommen waren und die gellenden Schreie der Getroffenen zeugten von ihren Verfolgern.
Frodo und Sam brauchten sich nicht einmal anzusehen, um sich abzusprechen, ohne zu zögern rannten sie mit gezogenen Schwertern an die Seite der Freunde.

Aragorn drehte sich um, um einen Blick auf Legolas zu werfen, der sich keuchend gegen die Felswand gelehnt hatte und dabei fiel sein Blick auf die Hobbits wie aus dem Nichts auftauchten und auf sie zu eilten.
"Was...!", setzte er an, doch Frodo ließ ihn nicht zu Wort kommen, warf sich noch im Lauf gegen ihn und rettete ihn so vor einem der surrenden Pfeile, der ihn sonst getroffen hätte.
Gleichzeitig kamen sie wieder auf die Beine, ergriffen ihre Schwerter, die ihnen beim Sturz aus der Hand gefallen waren und streckten die ersten Orks nieder, die das Ende des Tunnels erreicht hatten. Zu Fünft versuchten sie die Verfolger zurückzudrängen, was ihnen Aufgrund der Enge des Tunnels auch Anfangs gelang, doch bald drängten sich immer mehr Orks und auch Haradrim gegen sie und es war schnell klar, dass sie nicht mehr lange stand halten konnten.
Ein rascher Blick auf Legolas machte Aragorn deutlich, dass den Elb zusehendst die Kräfte schwanden und er wusste, was zu tun war.

"Tanhis! Bring ihn hier raus! Die Hobbits und ich werden den Ansturm noch eine Weile abhalten können!", schrie er ihr zu und ihr nicken zeigte ihm, dass sie verstanden hatte.
Sie ergriff umgehend die Hand von Legolas und zog ihn mit sich. Aus den Augenwinkeln sah sie, wie auch aus den anderen Tunneln einige Variags und Orks stürmten und sich die Freunde mutig in deren Weg stellten, um ihnen die Flucht zu ermöglichen und endlich verschluckte sie der niedrige Durchgang und sie waren vorerst in Sicherheit.

Völlig außer Atem nach ihrem langen Lauf, hielten Tanhis und Legolas am Ende des Tunnels an, der sich in zwei Richtungen gabelte. Während ihrer Flucht, hatten sie einige Orks abwehren müssen, die vereinzelt durch den Tunnel gestreunt waren, doch nun war alles in Stille getaucht und nichts deutete auf Verfolger hin.
"Und nun?", wollte Legolas wissen und ließ sich mit einem schmerzerfüllten Aufkeuchen gegen die Tunnelwand sinken, wobei er seine Mitte umschlang. Schweiß perlte an seinen Schläfen entlang und Tanhis sah die Erschöpfung in seinem Gesicht und beschloss, ihm einen Augenblick Zeit zu gönnen, um zu verweilen.
Sie ging vor ihm in die Hocke und legte ihm zärtlich ihre Handfläche an die Wange, während sie ihm tief in die Augen sah, von unendlicher Erleichterung durchflutet, dass er wieder bei ihr war.

Legolas fühlte sich am Rande seiner Kräfte, doch ihm war auch bewusst, dass er durchhalten musste, um endlich wieder einen Ausweg aus diesem Labyrinth von Gängen und Tunneln zu finden. Trotz seiner Schwäche erfüllte ihn auch ein zuversichtliches Gefühl, dass ihn überkommen hatte, als er Tanhis endlich wieder in den Armen gehalten hatte. Sie zu fühlen hatte mehr als alles andere bewirkt, dass er sich schon viel besser fühlte, als es jedes Heilkraut vermocht hätte und doch brauchte er diese kurze Pause, um wieder seinen Atem auf ein erträgliches Maß zu senken, damit ihn das Luftholen nicht mehr so schmerzte.
Tanhis hob den Kopf und blickte ihn an und ihre Augen leuchteten jetzt in einem dunklen Grün, als er bemerkte, dass sie auf die Stelle in seinem Gesicht starrte, wo ihn Rinyaviês Klinge verletzt hatte.
Immer noch lief ein wenig Blut seine Wange herunter und er machte Anstalten, es mit dem Ärmel seiner Tunika wegzuwischen, doch sie hielt ihn hastig zurück.

"Warte! Ich habe Athelas-Salbe dabei!" Sie griff in die Tasche ihres Bündels, das sie auf dem Rücken trug und zog ein gefaltetes Blatt heraus, das die heilende Salbe enthielt.
"Komm, das wird helfen!" Tanhis ließ sich vor ihm im Schneidersitz nieder, beugte sich zu ihm vor, als sie den Saum ihrer Tunika mit Wasser aus ihrer Flasche befeuchtet hatte, und begann, die Wunde vorsichtig zu säubern. Dabei rutschte eine lange Strähne ihres Haares aus dem Gewirr auf ihrem Kopf, doch sie richtete ihre ganze Aufmerksamkeit auf das Versorgen des Schnitts, dass es ihr gar nicht in den Sinn kam, diese wieder an ihren Platz zu schieben. Die Fingerspitzen auf Legolas' Wunde, wo sie inzwischen die Salbe verrieb, hielt Tanhis plötzlich mitten in der Bewegung inne, doch es war Legolas, der blitzschnell reagierte.

So schnell es die Schmerzen zuließen, hatte Legolas den Bogen aus dem Köcher von Tanhis' Rücken gezogen und den ersten Pfeil abgeschossen, der den herannahenden Ork mit einem kreischenden Schrei regelrecht an der Felswand festnagelte. Er stöhnte im Todeskampf, bis schließlich auch die letzten Zuckungen verebbten und er schlaff zusammensank.
Tanhis hatte sich mit klopfendem Herzen zusammengekauert, um Legolas eine bessere Sicht zu geben, als er jetzt auch zwei weitere Orks zu Fall brachte.
Hastig zog er sie dann in die Höhe, durchwühlte ihr Bündel und zog einen Gegenstand heraus, den sie im fahlen Licht als ein Säckchen mit Heilkräutern ausmachte.
"Durch den rechten Tunnel!", wies er sie an, spießte den Beutel mit dem Pfeil auf und spannte den Bogen. Als er ihn in den anderen Tunnel abschoss, rieselten die Blüten und Blätter aus den Riss auf den Boden und hinterließen eine falsche Spur für die schnell näher kommenden Verfolger.
Legolas ergriff Tanhis' Hand, fuhr herum und zog sie mit sich, in der Hoffnung, die Orks mochten auf diesen Trick hereinfallen, um ihnen einen Vorsprung zu lassen.

Es wird immer schlimmer, dachte Tanhis verzweifelt und lief weiter den engen Pfad entlang hinter Legolas her, der sich sichtlich dazu zwang, nicht langsamer zu werden. Noch hörten sie nur ihren eigenen, schnellen Atem und ihre Schritte auf dem sandigen Boden, was bedeutete, dass die Feinde auf Legolas' Trick herein gefallen waren, doch sie durften dennoch nicht anhalten. Zu groß war die Gefahr, dass sie ihnen doch noch folgen konnten und dann war es besser, soviel Abstand wie nur möglich zwischen sie gebracht zu haben.

Sie liefen weiter durch das Gewirr von Gängen und wichen schließlich vom Hauptweg ab, in einen kleineren Tunnel, um einer Horde Variags zu entgehen, die sich ihnen in den Weg stellen wollten, doch Tanhis war glücklicherweise noch rechtzeitig auf sie aufmerksam geworden. Dieser Pfad erwies sich jedoch schnell als recht mühselig, denn immer wieder hatten sich Felsbrocken aus den Wänden gelöst und behinderten sie im Weiterkommen, doch der Weg führte auch bergan, was Tanhis als gutes Zeichen sah, denn sie war zuversichtlich, dass sie bald einen Ausgang erreichen würden.
Nach einer geraumen Zeit öffneten sich unzählige Spalten und Risse an den Seiten des Tunnels und aus einigen blies kalt ein frischer Wind und trug auch hin und wieder den schwachen Duft von feuchter Erde mit sich, der Tanhis' Zuversicht noch mehr steigerte. Sie wurde schließlich immer schneller, ihre Schritte immer ausschweifender, bis sie Legolas überholte und die Führung übernahm, von einer neuen Sicherheit erfasst, die sie in eine ganz bestimmte Richtung zog. Sie spürte regelrecht, dass es nicht mehr weit war, bis sie das Tageslicht wieder sehen würden, die Bäume und Wälder, die sie auch nach diesen kurzen Tagen unter der Erde schon schmerzlich vermisste. Wie mochte es Legolas dann ergehen, der bereits so lange auf diese Kraft verzichten musste!

Ihre Gedanken fanden im nächsten Augenblick eine Bestätigung, als sie Legolas Hand auf ihrem Arm fühlte und als sie sich zu ihm umwandte konnte sie sofort sehen, was ihn dazu bewogen hatte, anzuhalten.
Er war am Ende seiner Kräfte, unfähig auch nur einen Schritt weiter zu gehen und sein Atem ging in kurzen, heftigen Stößen. Als ob sein Zustand alleine nicht schon genug Anlass zur Sorge war, vernahm sie plötzlich den stampfenden Schritt neuer Verfolger und von Panik erfüllt suchte sie ihre Umgebung nach einem Versteck ab, machte einen breiten Riss in der Felswand aus und zog Legolas entschlossen mit sich.
Unterdrückt fluchend kroch sie in den Spalt, zwängte sich so tief herein, wie es eben ging und Legolas folgte ihr gerade noch rechtzeitig. Genau in dem Moment als er sich hinter ihr durch die Ritze quetschte, kam eine ganze Horde Variags an der Öffnung vorbei. Mit klopfenden Herzen und angehaltenem Atem saßen sie ganz still da.

Tanhis schaute zu Legolas. Er beobachtete noch immer angespannt den Tunnel, seine Züge in konzentrierter Aufmerksamkeit gezeichnet, während das flackernde Licht der vorbeidrängenden Fackeln abwechselnd sein Gesicht in Licht und Schatten tauchten. Als die letzte Fackel draußen vor dem Spalt vorbei tanzte, ließ Legolas von der Beobachtung der Feinde ab und wandte sich zu Tanhis um. Im nächsten Moment verstarben auch die letzten Schritte ihrer Gegner und alle Anspannung wich aus seinem Gesicht und er sank in sich zusammen, mit einem völlig erschöpften Gesichtsausdruck, der Tanhis wieder seinen Zustand ins Gedächtnis rief.

Sie mussten eine Rast einlegen, sonst würde Legolas nicht in der Lage sein, dieses Tempo weiter durchzustehen und so nutzte sie die Gelegenheit und mühte sich ab, ein kleines Feuer zu entfachen.
Ihr Versteck hatte sich, obwohl es von Außen nicht den Anschein erweckte, als durchaus geräumig erwiesen und schließlich war es ihr auch gelungen, die kleinen Zweige zu entzünden. Bald hielt sie einen Becher mit dampfendem Tee vor Legolas', der ihn dankbar entgegen nahm. Sie achtete darauf, dass er das Meiste davon trank, reichte ihm auch noch ein Stück Lembas, das er jedoch nach wenigen Bissen zu ihr zurück reichte.

Legolas lehnte sich für einen kurzen Augenblick mit geschlossenen Augen gegen die Felswand und fühlte, wie der Tee seine Wirkung entfaltete und ihn vorübergehend mit Wärme durchflutete. Er hielt seinen Arm gegen seine Rippen gepresst und in seinem Kopf überschlugen sich die Gedanken, doch langsam fühlte er sich wieder dazu imstande, ihre Lage zu überdenken.
Wie viele Orks konnten sie in einem offenen Kampf überwältigen, wenn keine Haradrim oder Variags bei ihnen waren? Nicht genug, lautete die ernüchternde Antwort. Selbst wenn sie mit Pfeil und Bogen einen Großteil unschädlich machen konnten, blieben noch genug übrig, die sie mit ihren Schwertern angreifen würden. Und was war mit der nächsten Horde? Oder der übernächsten? Sie konnten sich nicht den ganzen Weg freikämpfen, dazu waren sie bei weitem nicht in der Lage, selbst dann nicht, wenn es ihm besser gegangen wäre! Wenn es noch einmal zu einem Kampf kam, dann wäre es ein Kampf auf Leben und Tod; und komme was wolle, er würde nicht zulassen, dass Tanhis gefangen genommen wurde oder gar verletzt oder getötet.

"Legolas?", fragte Tanhis besorgt und riss ihn aus seinen Gedanken. Er drehte sich zu ihr um und ihre Hand legte sich zärtlich auf seine Wange. "Du frierst ja!"
Es stimmte. Sein ganzer Körper zitterte wieder und Tanhis rutschte zu ihm heran und zog ihn an sich, um ihn zu wärmen.
"Wir können nicht länger hier bleiben.", sagte er nach einer Weile und löste sich aus ihrer Umarmung. Sie wusste, das er recht hatte, doch als sie jetzt in seine Augen sah, fand sie einen beängstigenden Ausdruck darin und seine nächsten Worte waren ein Beweis dafür.
"Ich werde bis zum letzten Atemzug kämpfen, um dich zu beschützen! Versprich mir, dass du, sollte es dazu kommen, fliehen wirst und dich in Sicherheit bringst!"
Seine Hand umschloss die ihre um seinen Worten mehr Nachdruck zu verleihen. "Du bist viel zu schnell, um von ihnen gefangen genommen zu werden!"
"Ich werde dich nicht verlassen! Und keiner von uns wird sterben! Wir werden schon bald den Ausgang erreicht haben und dann werden wir in Sicherheit sein!"
"Tanhis! Tu es, weil du mir so viel bedeutest! Ich könnte es nicht ertragen, wenn..."
"Genau aus diesem Grund werde ich es NICHT tun!", erklärte sie entschieden und schlang ihre Hand um seinen Nacken und zog ihn zu sich, um ihn einen Kuss auf die Lippen zu drücken. Zu müde für einen weiteren Protest, ließ er sich von ihr in die Felsmulde drücken und sie kuschelte sich an ihn.

Legolas erwachte, geweckt durch ihre Stimme, die von unzähligen kleinen Küssen auf sein Gesicht begleitet wurden. Er fühlte sich, als hätte er tagelang geschlafen, einen langen, traumlosen Schlaf, der ihm Kopfschmerzen verursacht hatte.
"Es wird Zeit, dass wir weiter gehen!", flüsterte sie.
Legolas richtete sich auf und hielt seine pochende Schläfen, doch er sah, dass Tanhis bereits alles gepackt hatte und abmarschbereit war, sodass er sich fragte, ob sie überhaupt auch nur eine Minute geschlafen hatte. Wenn nicht, so merkte man es ihr in keiner Weise an, im Gegenteil, sie schlug sogar ein noch schnelleres Marschtempo an, als vorher.

Aragorn und die Hobbits hatten ihre ganze Kraft aufbringen müssen, um die unzähligen Orks, Haradrim und Variags zu schlagen, doch nach einigen kleineren Verletzungen und enormen Zeitaufwand, hatten sie auch den letzten Feind niedergestreckt und konnten den Rückzug antreten. Als sie nach Stunden, und unzähligen, engen Tunneln später, wieder auf den Hauptweg gelangt waren, waren sie zu ihrer Verwunderung wieder auf Gimli und Gandalf getroffen, die den beiden Hobbits einen erzürnten Blick zuwarfen.
Doch schnell war ihr Ärger verflogen, als sie sich im Laufen berichten ließen, was geschehen war und sie wandten sich ihrem nächsten Ziel zu. Sie mussten Legolas und Tanhis finden, die sicher auf der Suche nach einem Ausgang waren. Alle hofften, dass sie dabei nicht von den Feinden entdeckt wurden, denn zu Zweit konnten sie einem großen Angriff sicher nicht abwehren und so eilten sie los, um die Freunde zu finden. Aragorn führte sie und bald fand er eine Spur, die er eindeutig den beiden Elben zuordnen konnte und von neuer Zuversicht erfüllt, setzten sie ihren Weg fort.

Frodo blieb immer dicht hinter Aragorn, immer von der Hoffnung erfüllt, Legolas und Tanhis hinter der nächsten Biegung zu erblicken, doch es verstrich wieder eine unendlich lange Zeit, in der sie ihnen nicht begegneten. Glücklicherweise deutete jedoch auch alles darauf hin, dass sich ab einem gewissen Abschnitt, auch keine Feinde mehr in diesem Tunnel befanden und Frodo konnte sein Glück gar nicht fassen, als er plötzlich den schwachen Sonnenschein vor sich entdeckte, der ihn nach dem langen Aufenthalt unter der Erde blendete.

Aragorn atmete ebenfalls erleichtert aus und zwängte sich als erster durch die Öffnung um ins Freie zu gelangen. Er hatte sich noch nicht ganz hindurch gezogen, als er plötzlich mit Wucht herumgerissen wurde, als eine Person sich gegen ihn warf und in exakt dem Moment, als er das Aufblitzen einer Klinge im Licht der Sonne erfasste, spürte er auch schon den brennenden Schmerz, der ihn beim Abwehren des Stoßes durch das Handgelenk fuhr. Es war reiner Instinkt, der ihn in die Lage versetzte, den nächsten Schlag abzufangen und die Dolchhand zu umfangen, den Schwung des Gegners zu nutzen und ihn über die Schulter zu werfen, um sich dann auf ihn zu rollen, wobei er ihn fest auf den Boden drückte.
Als er jedoch sah, wer ihn angegriffen hatte und unter ihm lag, lockerte sich sein Griff umgehend und er gab Legolas frei, den dieser Angriff sichtlich mehr Anstrengung gekostet hatte, als er im Stande war, aufzubringen. Aragorn sah auch die Verzweiflung und Hilflosigkeit, die den Freund zu diesem Angriff getrieben hatte, sodass er nicht einmal in der Lage gewesen war, Freund von Feind zu unterscheiden. Er sah auch die grenzenlose Erschöpfung und sofort beeilte sich Aragorn, ihm beim Aufstehen zu helfen und sah ihn besorgt an, während endlich auch die Anderen durch die Öffnung traten und ebenso Tanhis an ihre Seite eilte, die Legolas sofort umfing um ihn zu stützen.

"Aragorn!", stieß Legolas hervor. "Verzeih, aber ich habe gedacht, dass ihr eine Horde Orks seid, die uns verfolgen!"
Aragorn versuchte ein aufmunterndes Lächeln, doch seine Äußerung zeigte ihm auch, dass Legolas durch die lange Gefangennahme einige seiner elbischen Fähigkeiten eingebüßt hatte, sonst hätte er den Unterschied wohl schon von weitem Gehört. Der Freund musste dringend zur Ruhe kommen um sich zu erholen und nach Lôrien gebracht werden!
"Wenn das so ist, dann hättest du mich töten sollen, - aber ich bin froh, dass dir das missglückt ist!", entgegnete Aragorn, wischte sich das Blut vom Handgelenk und ein kurzer Blick zeigte ihm, dass er lediglich eine leichte Schnittwunde davon getragen hatte. Wieder musterte er Legolas und fand die Bestätigung für den schlechten Zustand des Elben, der sich kaum noch auf den Beinen halten konnte.
"Kommt, wir sollten aufbrechen! Von hier aus bis nach Lôrien ist es zwar nicht so weit, doch ich will nicht wissen, wie schnell sich unsere Feinde an eine Verfolgung machen werden. Es wird ihnen nicht gefallen, dass wir entkommen sind und wir müssen den Wald erreichen, bevor sie uns einholen!"

Aragorn ging zu Gandalf und wechselte rasch einige Worte mit ihm, darauf bedacht, das niemand etwas davon mitbekam, dann wechselte er einen fragenden Blick mit Legolas, der nur bestätigend nickte und schließlich brachen sie auf.
Aragorn führte die Gruppe, gefolgt von Tanhis, Legolas und Gimli, der ununterbrochen seine Freude über das Wiedersehen seines Freundes kund tat, dann gliederten sich die Hobbits in die Kette ein und Gandalf bildete das Ende. Sie kamen Anfangs recht beschwerlich voran, doch bald gelangten sie auf einen ausgetretenen Pfad der stetig bergab führte und von den umliegenden Felsen geschützt wurde. Sie folgten ihm bis zu einer Weggabelung, hielten sich nach Süden und einige Stunden später erstreckten sich vor ihnen die Schwertel Felder am Fuße des Schattengebirges und in weiter Ferne erhoben sich die ersten Bäume von Lôrien.

Aragorn nahm sich nicht die Zeit, die Schönheit des Landes im Glanz der Nachmittagssonne zu bewundern, sondern schritt unbeirrt auf seinem Weg fort, entlang des Gebirges. Er wollte unter allen Umständen vor Einbruch der Nacht im Reich der Elben angelangt sein und wenn sie dieses Tempo beibehielten, konnten sie es durchaus schaffen. Prüfend warf er immer wieder einen Blick über seine Schulter auf Legolas, der sich jedoch verbissen vorwärts kämpfte und sich dabei auf Tanhis stützte.
Aragorn durchflutete beim Anblick des Freundes immer wieder eine Welle der Erleichterung und er dankte im Stillen den Valar, dass sie ihn rechtzeitig gefunden hatten. All seine Befürchtungen, die ihn immer wieder eingeholt hatten, waren nicht bestätigt worden und er war zuversichtlich, dass der Elb sich schnell wieder erholen würde, wenn sie erst die Wälder Lóriens erreicht hatten. Tanhis würde ihm außerdem den nötigen Beistand und die Pflege geben.
Ein Lächeln stahl sich auf Aragorns Gesicht, als er an die Elbin dachte. Schon bei ihrem ersten Zusammentreffen hatte er gespürt, was in dieser zierlichen Person steckte und in den Höhlen hatte sie seine Einschätzung auch bestätigt. Sie war flink und schnell, begriff sehr rasch und hatte sich ihm genau angepasst, sodass sie nicht einmal Worte bedurft hatten, um sich abzusprechen. Nur so war es ihnen möglich gewesen, Legolas zu finden und unzählige Feinde mühelos zu überwältigen.
Sie und Legolas gaben ein hübsches Paar ab und von ganzem Herzen hoffte Aragorn, dass der Elb mit ihr sein eigenes Glück gefunden hatte und sie nach dieser Sache endlich die Ruhe finden würden, die sie sich verdient hatten.

Bei Einbruch der Dämmerung hatten sie endlich die Grenzen nach Lôrien überschritten und wurden von einer Gruppe Waldelben empfangen, die schon nach ihnen Ausschau gehalten hatten. Sie führten Pferde für sie mit sich, die sie das letzte Stück ihres Weges trugen und so den erschöpften Gefährten etwas Erholung boten. Vor allem Legolas nahm diese Geste der Unterstützung dankend entgegen und war sichtlich erleichtert, dass er keinen Schritt mehr hinter sich bringen musste.
Tanhis bestand darauf, hinter ihm zu sitzen und schmiegte sich an ihn, während sie ihn mit ihrem Mantel einhüllte um ihm noch etwas ihrer Wärme abzugeben, denn ihr war nicht entgangen, dass er immer noch am ganzen Leib zitterte und sie hoffte, ihm so endlich Linderung zu verschaffen. Sie schob ihre Hände vor seine Brust und er umfasste ihre Finger und drückte einen flüchtigen Kuss darauf. Nach einer Weile überkam Tanhis die Müdigkeit und eng an Legolas geschmiegt, durch das leichte Schwanken des Pferdes, sank sie schließlich in einen leichten Schlaf.

Legolas fühlte, wie Tanhis hinter ihm langsam entspannte und als ihre Hände in seinen Schoß sanken, wusste er, dass sie endlich eingeschlafen war. Ihr Kopf lehnte gegen seine Schulter und er wagte sich nicht zu bewegen, aus Angst, die kleinste Regung könnte sie wieder wecken, auch wenn es ihn einige Anstrengung kostete, sich aufrecht im Sattel zu halten. Viel zu langsam wollte die Erschöpfung aus ihm weichen, er war einfach zu lange unter der Erde gewesen und selbst die Kraft, die hier in Lôrien herrschte, vermochte nicht, ihm Linderung zu verschaffen. Doch er versuchte sein Möglichstes, um dagegen anzukämpfen, denn er musste unbedingt noch mit Aragorn reden und ihm alles über Rinyaviê erzählen und was dieser von seinem Vater gefordert hatte. Bis jetzt hatten sie noch keine Gelegenheit dazu gehabt, doch noch mehr Zeit durfte er nicht mehr verstreichen lassen, denn sonst konnte es zu spät sein.
Erleichtert sah Legolas hinter den Bäumen nun die ersten Lichter aufleuchten, die von der Kolonie stammten und er trieb sein Pferd noch etwas an.

Auf der Lichtung wurden sie schon erwartet und als die Tiere anhielten, erwachte Tanhis aus ihrem Schlummer ließ sich herab gleiten, rieb sich den Schlaf aus den Augen und ergriff Legolas Hand. Gemeinsam mit den Anderen machten sie sich auf den Weg zu der großen Halle, um sich ein Lager für die Nacht zuweisen zu lassen, doch als sie die Treppe erreichten hielt sie eine wohlbekannte Stimme zurück.
"Legolas! Du wirst bereits erwartet, damit du uns Bericht über unseren Feind geben kannst! Herr Aragorn. Gandalf. Ihr werdet auch anwesend sein müssen!"
Legolas war beim Klang der Stimme seines Vaters leicht zusammen gezuckt und drehte sich langsam zu ihm herum. Er war nicht im geringste darauf vorbereitet gewesen, ihn hier anzutreffen und er konnte seinen Blick nicht von Thranduil lösen. Er suchte nach einem kleinen Hinweis im Gesicht seines Vaters, ob dieser auch nur eine Spur der Freude über seine Rettung empfand, doch es war lediglich gezeichnet, von der königlichen Würde, die es immer schon erfüllt hatte.
Die Enttäuschung raubte ihm fast seine letzte Kraft und er sah seinen Vater nur stumm an, unfähig, sich auch nur einen Zentimeter von der Stelle zu rühren.

"Legolas! Hast du mich nicht verstanden? Man erwartet dich! Ausruhen kannst du später, es wird Zeit!"
Aragorn war der erste, der seine Stimme wieder fand und er trat einen Schritt auf Thranduil zu.
"Herr! Euer Sohn hat einiges durchgemacht. Gönnt ihm den Rest der Nacht, um wieder etwas zu Kräften zu kommen. Er wurde verletzt und der Rückweg war lang!"
Thranduil begegnete Aragorns Blick mit erstaunlicher Ruhe, doch seine nächsten Worte zeigten deutlich, dass er sich nicht erweichen ließ.
"Wir wissen, was er durchgemacht hat, Herr Aragorn! Doch es ist seine Pflicht, an das Wohl seines Volkes zu denken und es über sein eigenes Wohlergehen zu stellen! Und nun folgt mir!"

Langsam löste Legolas sich von Tanhis' Hand und versuchte, die Fassung zu waren und sich nicht anmerken zu lassen, wie sehr ihn das Verhalten seines Vaters traf, der sich jetzt von ihnen abwandte und sich auf den Weg zum Rat machte.
Aragorn seufzte neben ihm und legte dann eine Hand auf seine Schulter.
"Es scheint, als würden wir dem nicht entgehen können! Komm, lass es uns hinter uns bringen!"
Gandalf, Aragorn und Legolas ließen den Rest der Gruppe zurück, die immer noch wie versteinert auf den Stufen standen und ihren Freunden hinterher blickten. Als sie hinter den Bäumen verschwanden, begann Gimli, seinem Ärger Luft zu machen.
"Das darf doch nicht wahr sein! Dieser Thranduil ist doch ungeheuerlich! Sieht er denn nicht, wie es Legolas geht? Er hat das kalte Herz eines Haradrim, jawohl!"
Frodo stimmte Gimli mit einem Nicken zu, doch auch er war zu erschöpft, um noch irgendetwas darauf zu erwidern, ebenso wie Sam. Sie waren einfach zu müde, auch wenn sie ebenso dachten wie Gimli.

Tanhis nahm das alles um sich herum nur gering wahr. Sie starrte noch immer hinter der kleinen Gruppe her, selbst, als sie schon nicht mehr zu sehen waren. Dieser Thranduil war doch einfach nicht zu durchschauen! Fast hatte sie geglaubt, dass ihm Legolas doch etwas bedeutete, dass er sich nicht minder um ihn sorgte, wie sie, Gimli oder einer der übrigen Freunde, doch eben hatte er all ihre Einschätzungen widerlegt! War er denn so blind, dass er nicht sah, wie schlecht es Legolas immer noch ging? Was war aus seinen Vorsätzen geworden, die er ihr im Wald noch anvertraut hatte? Hatte er sie so schnell wieder vergessen?
Oder wollte er sich vor den anderen nicht die Blöße geben, sich wie ein Vater zu verhalten? Bedeutete ihm seine Königswürde wirklich mehr, als die Gefühle seines Sohnes?
Tanhis hatte deutlich die Enttäuschung an Legolas bemerkt, als sein Vater ihn in keiner Weise mit einer anderen Aufmerksamkeit bedacht hatte, als den eines Kundschafters, der Informationen über ihren Gegner herausgefunden hatte!
Ihre Wut gegen Thranduil bahnte sich ihren Weg zurück in ihr Inneres, wo sie diese nach ihrem Gespräch verbannt hatte und sie schwor sich, dem König der Waldelben nicht mehr so leicht zu glauben! Und sie würde ihm bei der passenden Gelegenheit auch noch gründlich die Meinung sagen – darauf konnte sich Thranduil schon jetzt gefasst machen!

Im Verhandlungsraum hatten sich alle hoch angesehenen Elben versammelt, fast alle Vertreter ihrer Stämme, darunter auch Elrond aus Bruchtal, dem die Freude über ihre Wiederkehr im Gesicht geschrieben stand, was Legolas jedoch einen neuen Stich versetzte. Selbst Elrond war in der Lage, seinen Gefühlen und der Erleichterung Ausdruck zu verleihen! Man sah sogar die Sorge, die ihn bei Legolas' Anblick erfasste und er wies einige bereitstehende Wachen dazu an, Stühle und Wasser für die drei Freunde bringen zu lassen.
Alle Anwesenden saßen um die Tafel eines runden Tisches, in die weiten, fließenden Gewänder ihres Volkes gekleidet und betrachteten die Gefährten mit großem Interesse.
Nachdem sie mit allem versorgt waren, erhob sich Celeborn, Herr von Lôrien, aus seinem Stuhl und begrüßte alle freundlich, bevor er Legolas dazu aufforderte, seinen Bericht zu beginnen.

Legolas erzählte über alles, an das er sich noch erinnern konnte, denn vieles hatte er nur bei schwachem Bewusstsein erfasst, doch er bemühte sich, alle Fragen der Ratsmitglieder zu beantworten. Bald steigerten sich jedoch wieder seine Kopfschmerzen und er konnte einigen Worten nur mit Mühe folgen, was ihm immer wieder den tadelnden Blick seines Vaters einbrachte.
Aragorn griff immer öfter in die Gespräche ein, denn er merkte nur zu genau, dass der Elb diese Art von Verhör nicht mehr lange durchstehen würde und schilderte ausführlich die Geschehnisse ihrer Flucht, um damit auf die Strapazen ihrer Heimreise aufmerksam zu machen. Nach etwa zwei Stunden erhob er sich schließlich und blickte entschlossen in die Runde, bis er Thranduil fest in die Augen sah.
"Ihr hört, dass wir viele Gefahren und Anstrengungen hinter uns haben! Deshalb bitte ich den Rat um Entschuldigung, dass wir uns nun verabschieden werden. Wir benötigen mehr als alles andere nun unsere Ruhe! Morgen werden wir gerne wieder für ihre Fragen zur Verfügung stehen. Mit eurer Erlaubnis, Herr Celeborn..."
Aragorn verneigte sich voll Ehrfurcht vor dem Elben, der ihm mit einer Handbewegung die Erlaubnis erteilte, dass sie sich entfernen durften.
Aragorn warf Thranduil noch einen stummen Blick zu, bevor er sich Gandalf zuwandte und sie Legolas aus der Halle begleiteten.

Thranduil folgte ihnen mit seinen Blicken und seufzte. Legolas hatte nicht im mindesten ihre Fragen zufrieden stellend beantworten können und so wussten sie immer noch nicht, auf was genau sich das Volk der Elben gefasst machen musste. Nicht einmal über die Größe des Heers hatte er genaue Angaben machen können.
Natürlich hatte er gesehen, dass sein Sohn recht mitgenommen aussah, doch er musste lernen, an seine Pflichten zu denken; er war immerhin ein Prinz und würde irgendwann vielleicht an seiner Stelle über Düsterwald herrschen! Schwäche war etwas, dass sich kein König leisten durfte, dass hatte er ihm schon so oft versucht verständlich zu machen.
Wieder seufzte er. Wusste der Junge denn nicht, dass er es nur gut mit ihm meinte? Nein, lautete die sichere Antwort. Er hatte es in Legolas' Augen gesehen, als er ihn dazu aufgefordert hatte, sich zum Rat zu begeben. Sicher wollte Legolas lieber bei seinen Freunden bleiben, doch die Zeit drängte. Sie mussten vorbereitet sein, wenn der Feind sich zu einem raschen Angriff entschloss.
Und doch verspürte Thranduil auch etwas Sorge in seinem Herzen, als er sich Legolas' Anblick wieder vor Augen rief.

Erst als sie den Raum verlassen hatten, fand Legolas nicht mehr die Kraft, sich auch nur noch eine Minute auf den Beinen zu halten. Er schwankte, sank auf die Knie und Aragorn konnte ihn gerade noch packen, bevor er bewusstlos zu Boden sank. Ohne große Mühe hob er den Elb auf die Arme und trug ihn in das ihnen zugewiesene Lager, wo Gimli, Frodo und Sam schliefen und von Tanhis erwartet wurden.
Als sie Legolas erblickte, eilte sie Aragorn mit Entsetzen entgegen, doch Gandalf bedeutete ihr, dass er bei Aragorn in den besten Händen war, der ihn auch schon sacht auf eines der Lager bettete und ihn mit geübten Griffen untersuchte. Nach einer Weile richtete er sich erleichtert auf.
"Es geht ihm soweit gut. Er ist nur völlig entkräftet und braucht Ruhe und Schlaf. Morgen wird es ihm gewiss besser gehen!", dabei sah er Tanhis aufmunternd an. "Vielleicht sollten wir Gimli besser heraustragen! Sein Schnarchen ist jetzt das Einzige, was Legolas noch stören könnte!"
Ein schwaches Lächeln stahl sich bei dieser Bemerkung über ihr Gesicht und sie sah zu Gimli und den Hobbits herüber, die schon eingeschlafen waren, als ihre Köpfe noch nicht einmal die Kissen berührt hatten.
"Wir sollten jetzt auch zur Ruhe gehen.", äußerte Gandalf. "Dies ist vielleicht die letzte Nacht, in der wir uns noch nicht im offenen Krieg befinden! Wir alle werden unsere Kräfte noch brauchen, denn dieser Rinyaviê wird furchtbar wütend sein, da bin ich mir sicher!"
Aragorn nickte, doch Tanhis sah wieder zu Legolas herüber, der blass, aber ruhig auf seinem Lager ruhte. Sie würde keinen Schlaf finden, da war sie sich sicher und sie fluchte über Thranduils Verhalten, der Legolas nicht sofort die dringend erforderliche Ruhe gegönnt hatte.
Aragorn schien ihre Gedanken zu erraten und ergriff das Wort.
"Verurteile Thranduil nicht zu sehr! Die Zeit drängt und es gilt ein ganzes Volk zu schützen. Gandalf hat recht mit seiner Annahme, denn schon bald wird Rinyaviê für einen Angriff bereit sein und wir müssen es ebenfalls sein, wenn wir eine Chance haben wollen, einen Sieg davon zu tragen. Selbst wenn Thranduil gewollt hätte, er hätte es Legolas nicht ersparen können, dem Rat gegenüber zu treten."
"Aber er hätte sich wenigstens nach seinem Befinden erkundigen können! Er besitzt nicht im mindesten Feingefühl, sonst hätte er gemerkt, wie viel es Legolas bedeutet hätte!"
Aragorn nickte, doch es stand nun einmal nicht in ihrer Macht, etwas an dem Verhältnis von Vater und Sohn zu ändern. Er legte Tanhis als Zeichen seines Verständnisses über ihre Wut die Hand auf die Schulter und ließ sie an Legolas' Seite zurück, gefolgt von Gandalf.

Das helle Licht des Tagesanbruchs fiel weich und wohltuend auf Legolas Gesicht und vertrieb die dunklen Erinnerungen an die qualvollen Tage unter der Erde mit Leichtigkeit. Er rollte sich mit noch geschlossenen Augen herum und spürte zu seiner Erleichterung, dass Tanhis an seiner Seite lag und er legte den Arm um sie und zog sie ein Stück näher an sich heran, um sein Gesicht in ihrem Haar zu vergraben, dass herrlich nach Blüten und Honig duftete und ihm ihre Anwesenheit schon beim Erwachen verraten hatte.
Bei dieser Erkenntnis verzogen sich seine Lippen zu einem Lächeln, denn das bedeutete, dass seine Sinne langsam wieder mit all ihrer Schärfe zurückkehrten, auch wenn er immer noch fühlte, dass er noch nicht wieder seine volle Kraft erlangt hatte.
Tanhis räkelte sich verschlafen in seinen Armen, wandte ihm dann ihr Gesicht zu und er spürte ihren prüfenden Blick auf sich ruhen, bevor sie ihm sanft einen Kuss auf die Stirn drückte.
"Van mathach?" (Wie geht es dir?), fragte ihn dann ihre zärtliche Stimme und er öffnete blinzelnd die Augen.
"Sagen wir, ich habe mich schon besser gefühlt! Die Wunden schmerzen noch etwas und ich spüre jeden Muskel in mir, aber es ist erträglich. Ich spüre wie die Kraft langsam wiederkommt!"

"Und die wirst du auch schneller wieder brauchen, als dir lieb sein wird!", ertönte plötzlich Gimlis Stimme, der sich ihrem Lager näherte. "Eben sind Späher wiedergekehrt, die berichten, dass sich Rinyaviês Truppen auf den Weg nach Minas Tirith gemacht haben. Wir machen gerade alles für einen schnellen Aufbruch fertig."
Schlagartig war Legolas wieder hellwach und auf den Beinen, was Tanhis zu einem kritischen Blick veranlasste, doch sie wusste, dass Legolas nichts davon abhalten würde, seinem Freund beizustehen und so schwieg sie. Rasch kleideten sie sich an und folgten Gimli, der auf sie vor ihrem Lager wartete und machten sich auf den Weg zu den Anderen, die schon eifrig damit beschäftigt waren, ihre Tiere zu beladen.

Frodo erblickte sie als Erster und stieß Sam an, der sich an den Satteltaschen des Ponys zu schaffen machte und nichts um sich herum mit seiner Aufmerksamkeit bedachte. Auch nach Frodos Versuch, zeigte er nicht die kleinsten Anstalten, seine Tätigkeit zu unterbrechen und so zuckte Frodo nur mit den Schultern, und eilte an Aragorn Seite, der Legolas mit einem Lächeln entgegen blickte.
"Legolas! Welch Freude, dich wieder auf den Beinen zu sehen! Ich hoffe, es geht dir besser!"
"Maê, mellon nin! Hennaid evyr!" (Ja, mein Freund! Vielen Dank!) , entgegnete Legolas und Aragorn wusste, dass er damit auch für seine Rettung dankte und nickte ihm zu.
Er musterte den Freund eingehen und sah noch immer die Folgen der langen Gefangenschaft in seinem Gesicht, doch er wirkte bei weitem nicht mehr so schwach und zerschunden, wie noch am Vortag. Die Ruhe hatte ihm sichtliche Linderung gebracht, ebenso wie die Kräfte der Bäume von Lôrien.
"Das sind gute Neuigkeiten, aber ich möchte dir sagen, dass ich es verstehen kann, wenn du dennoch nicht mit uns nach Minas Tirith kommst! Sicher würde dir ein Aufenthalt hier noch gut tun."
"Nein, Aragorn! Mein Platz ist an der Seite meiner Freunde. Gebt mir und Tanhis nur noch die Zeit, unsere Sachen zu packen und die Tiere zu holen, dann können wir aufbrechen!"
Gimli lachte bei diesen Worten schallend los.
"Das brauchst du nicht! Ich habe schon alles für eure Begleitung richten lassen! Ich wusste doch, dass du nicht hier bleiben würdest!"

So kam es, dass sich die Gemeinschaft schon eine Stunde später zur Abreise bereit war und nachdem sie sich von Celeborn verabschiedet hatten, machten sie sich auf den Weg.
Legolas warf noch einen letzten Blick auf das Lager seines Volkes, wo sich auch schon alles für einen Aufbruch nach Gondor vorbereitete. Er hatte es bewusst vermieden, seinem Vater noch einmal gegenüber zu treten, denn er wollte sich erst über einige Dinge

klar werden, bevor es zu einem Gespräch zwischen ihnen kommen würde. Entschlossen wandte er sich ab und trieb sein Pferd neben Tanhis' Stute, die sich schon der kleinen Gruppe angeschlossen hatte.

Tanhis überkam wieder die Vorfreude, wenn sie an die Weiße Stadt dachte, die sie schon immer einmal hatte sehen wollen, aber auch auf die Herrin Arwen war sie sehr gespannt. Sie hatte schon viele Erzählungen über die hübsche und weise Elbin gehört, die Aragorn als Gemahlin zur Seite stand und sie freute sich, sie endlich kennen zu lernen.
Aber das größte Glück war es, Legolas wieder sicher an ihrer Seite zu haben, ihn jederzeit berühren zu können und seiner Nähe bewusst zu sein, die sie mit Wärme füllte. Sie konnte fast nicht den Blick von ihm wenden, als fürchtete sie, dass sie jeden Augenblick aus einem Traum erwachen könnte und er nicht mehr neben ihr war.
Sie versuchte, sich jeden seiner Züge genau einzuprägen und ließ ihren Blick immer wieder über sein Gesicht wandern, bis er schließlich an der Schnittwunde an der Wange hängen blieb und ihr die Qualen und Folterungen, die er durch die Haradrim erlitten hatte, wieder ins Gedächtnis rief. Die Wunde hatte sich erstaunlich schnell geschlossen und war nicht mehr, als ein geröteter Strich, der zwischen Wange und Ohr verlief, doch er jagte ihr einen Schauer über den Rücken, zeigte er doch zu deutlich, welche Absicht hinter dieser Tätigkeit gelegen hatte. Sie musterte Legolas nun mit anderen Augen und fand noch immer eine Spur der Erschöpfung in seinen Augen, als er sich unerwartet zu ihr wandte und ihre Blicke sich trafen. Falls er jedoch den Grund für ihre genaue Betrachtung vermutete, so ließ er es sich nicht anmerken, sondern ergriff nur mit einem leichten Lächeln ihre Hand und ritt weiter stumm neben ihr her.

Am Mittag des zweiten Tages ihrer Reise gelangten sie an den Rand des Fangorn, der sich zu ihrer Rechten erstreckte, dicht und undurchdringlich. Sein Anblick reichte aus, um Gimli sofort dazu zu bewegen, Tanhis alles über ihre Erlebnisse während ihrer Suche nach Merry und Pippin zu erzählen und Tanhis lauschte mit großem Interesse. Bis zum Einbruch der Dunkelheit hatte der Zwerg ihr bis ins Kleinste alles geschildert und nur das Richten des Lagers unterbrach ihn endlich in seinen Ausführungen. Bald saßen sie alle um das knisternde Feuer herum, während der Wind leise in den Bäumen rauschte, und verspeisten ihre Mahlzeit, während sie lachten und scherzten, doch bald legte sich die Müdigkeit über alle und sie legten sich schlafen, während Aragorn die erste Wache übernahm.

Legolas lag neben Tanhis, die schon bald in seinen Armen eingeschlafen war, doch er selbst konnte keine Ruhe finden. Schon am Morgen hatte sich ein warnendes Prickeln in seinem Rücken breit gemacht und er hatte sich immer wieder umgesehen und nach Verfolgern Ausschau gehalten, doch er hatte nichts entdecken können, so sehr er sich auch angestrengt hatte. Trotzdem lauschte er jetzt auf jedes der Geräusche um ihn herum und bei jedem Knacken und Ächzen der Bäume horchte er gespannt auf. Schließlich hielt er es nicht mehr länger aus und bettete Tanhis behutsam auf seinen Umhang und gesellte sich zu Aragorn, der etwas abseits des Lagers saß und sein Schwert schärfte. Als er Legolas kommen hörte, blickte er kurz auf, fuhr dann aber mit seiner Arbeit fort und wartete, bis sich der Elb neben ihn gesetzt hatte.
"Du hast es auch bemerkt, oder?", fragte er schließlich unvermittelt. "Ich habe gesehen, dass du dich ständig umgesehen hast. Konntest du etwas ausmachen?"
"Nein, aber ich bin mir fast sicher, dass da draußen irgend etwas ist. Ich kann es fühlen!"
Aragorn lächelte und er nickte wissend.
"Das ist ein gutes Zeichen! Du fühlst dich besser, nicht?"
"Ja, aber ich halte es nicht für ein gutes Zeichen, dass ich etwas fühle. Der Feind verfolgt uns und wir müssen auf alles vorbereitet sein! Rinyaviê ist listig! Er hat es schon einmal geschafft, seine Männer viel zu nah an uns heran zu bringen und es ist das gleiche Gefühl, dass ich damals empfunden habe, als sie Gimli, Tanhis und mich auf der Lichtung angriffen, was mich jetzt erfüllt. Sie sind näher, als wir vermuten, dessen bin ich mir sicher!"
"Ich hatte auch so eine Ahnung, aber hinter uns erstreckt sich die weite Ebene! Wo sollten sie sich da vor deinen Augen verbergen? Und ich halte es für unwahrscheinlich, dass sie den Weg in den Fangorn wagen! Sie kennen die Legenden um die Ents, die seid ihrer Hilfe im Ringkrieg noch mehr Kraft erlangt haben! Das würde Rinyaviê nicht wagen!"
"Vermutlich hast du recht! Meine Sinne sind vielleicht doch noch nicht ganz genesen, aber wir sollten dennoch vorsichtig sein!"
"Das werden wir! Morgen überqueren wir den Fluss Entwasser, dann sind wir in Rohan. Eomer hat seine Grenzen gut geschützt und wir können unbehelligt den Rest des Weges hinter uns bringen!"
Legolas nickte, doch er schwor sich, trotz allem, die Nacht über kein Auge zu schließen. Er wurde einfach das Gefühl nicht los, dass sie beobachtet wurden.

Die ganze Nacht über blieb alles um sie herum ruhig und sie setzten unbehelligt am Morgen ihren Weg fort, begleitet von den wärmenden Strahlen der Sonne, die sich am Horizont erhob. Keine Wolke zeigte sich am Himmel und die Sicht war gut, sie konnten weit in das Land blicken, das sich vor ihnen ausbreitete.
Sie passierten gegen Mittag den Fluss, folgten seinem Lauf und genossen das friedliche Plätschern und Rauschen. Sein Strom glitzerte im Licht der Sonne und an den Ufern wuchsen üppiges Gras und Blumen, deren Blüten eine Vielzahl von Farben hatten. Die Landschaft zeigte ihre ganze Vielfalt, die ihren ganz eigenen Reiz hatte und nichts mit den Wäldern der Elbenreiche gemein hatten, doch sie faszinierte besonders Tanhis, die diesen Teil Mittelerdes noch nie gesehen hatte.
Legolas beantwortete geduldig jeder ihrer Fragen und auch Sam tat mit geschwellter Brust seine Kenntnisse über die Pflanzen kund und freute sich jedes Mal, wenn er Tanhis mit einer passenden Geschichte erheitern konnte. So verging auch dieser Tag ohne Ereignisse und sie lagerten am Abend in der Nähe des Flussbett, hinter einem großen Felsen, der den rauen Wind abhielt und noch die Wärme der Sonne abstrahlte, die den Stein den Tag über erhitzt hatte.

Mitten in der Nacht schreckte Legolas hoch, umgehend seine Hand um den Dolchgriff geschlossen, der neben ihm lag und er lauschte angestrengt über das Rauschen des Flusses hinweg. Da! Wieder das Geräusch von klirrendem Pferdegeschirr und leisen Stimmen, die schwach von der anderen Flussseite zu ihm herüber drangen.
Legolas ließ den Blick über ihr Lager schweifen und fand Sam, der mit der Nachtwache betraut worden war, friedlich schlafend gegen den Felsen gelehnt, ebenso, wie auch die übrigen Freunde auf ihren Lagern ruhten.
Wieder erklangen die Stimmen aus der Dunkelheit und Legolas schlich lautlos um den Felsen herum und hielt sich eng an dessen rauer Oberfläche gepresst, um sich im Schatten verborgen zu halten. Als das gegenüberliegende Ufer in sein Blickfeld trat, wurden all seine Befürchtungen bestätigt, denn in einiger Entfernung schlugen gerade die Haradrim, begleitet von Variags und Orks, ihr Lager auf. Fackeln erhellten den Platz, auf dem bereits einige, kleine Zelte errichtet waren, dicht gedrängt saßen die Feinde in Gruppen zusammen, andere versorgten die Pferde und etwas abseits erkannte Legolas mit Schrecken, die kräftigen, groben Umrisse von Wargen, etwa fünfzehn der Bestien, die von ihren Reitern bewacht wurden.
Legolas stieß einen Fluch aus und wollte sich gerade abwenden, um seine Freunde zu wecken, als sein Blick an dem großen, breitschultrigen Mann hängen blieb, der eben aus einem der Zelte getreten war. Rinyaviê!
Schlagartig begann der Schnitt auf seiner Wange zu prickeln und die Erinnerung der verursachten Qualen, die der Führer der Feinde ihm bereitet hatte, kehrte klar und deutlich zurück. Legolas widerstand dem Drang, ihm noch an Ort und Stelle einen Pfeil zwischen die Augen zu jagen, denn das Wichtigste war es jetzt, ungesehen zu entkommen, bevor einer ihrer Gegner auf sie aufmerksam wurden. Sie mussten umgehend aufbrechen und im Schutz der Nacht ihren Weg fortsetzen und ohne weitere Rast versuchen, die Truppen so weit es ging, hinter sich zu lassen. In der Ebene würden sie keinen Schutz finden und wenn es zu einem offenen Kampf kam, währen sie klar unterlegen. Auch wenn es ganz Legolas' eigentlichem Drang widersprach, so mussten sie fliehen und sich in Sicherheit bringen!

Rasch zog er sich zurück und dankte den Valar, dass sie den Platz hinter dem Felsen für ihr Lager gewählt hatten, denn sonst währen sie sicher entdeckt worden und er kehrte zu den Freunden zurück, die immer noch nichts von der Bedrohung gemerkt hatten. Legolas weckte als Erste Tanhis, die sich verschlafen die Augen rieb und ihn dann besorgt ansah.
"Was ist, Legolas? Hast du wieder Schmerzen? Geht es dir nicht gut?"
"Law! (Nein!) Aber wir müssen die Anderen wecken und schleunigst von hier verschwinden! Rinyaviê und seine Truppen lagern auf der anderen Seite des Flusses – und sie haben Warg-Reiter bei sich! Komm!"
Tanhis war sofort hellwach und gemeinsam weckten sie die Freunde, schilderten ihnen die Situation und begannen geräuschlos, ihre Sachen einzusammeln. Sam war dabei deutlich sein schlechtes Gewissen anzusehen, dass er trotz seiner Wache eingeschlafen war, doch niemand machte ihm einen Vorwurf und es gelang ihnen schließlich, mit Hilfe beruhigender, elbischer Worte, die Pferde anzulocken. Sie beluden sie mit ihren Bündeln, verzichteten aber darauf, zu reiten, sondern führten die Tiere eine ganze Weile nach Westen, bis sie sich sicher waren, dass kein Geräusch sie verraten würde, dann saßen sie auf und schlugen die Richtung nach Minas Tirith ein.

Legolas und Tanhis ritten am Ende der Gruppe und erleichtert stellten sie beim Anbruch des Tages fest, dass keine Verfolger hinter ihnen waren; sie hatten es geschafft, ohne Aufmerksamkeit zu erregen, die Flucht zu ergreifen. Noch immer mochten sich die Freunde nicht vorstellen, was geschehen wäre, wenn der Feind sie entdeckt hätte und so verdrängten sie diesen Gedanken auch entschieden, doch sie legten nur noch wenig Rast ein und trieben ihre Pferde zur Eile an. Sie mussten die weiße Stadt so schnell wie möglich erreichen und sie gegen den Angriff rüsten, der sicher mit Rinyaviês Eintreffen beginnen würde.
Wenn er nicht schon längst begonnen hatte, schoss es Aragorn durch den Kopf und er dachte voll Sorge an Arwen und die Freunde, die in der Stadt zurück geblieben waren. Eomer hatte ihn sicher würdig vertreten und auch Faramir hatte bestimmt alles getan, um die Angriffe in den Dörfern niederzuwerfen, aber die Möglichkeit bestand, dass dabei auch die eigenen Truppen herbe Verluste erlitten hatten. Die feindliche Armee war groß und sie konnten von beiden Seiten das Land und die Stadt angreifen, was ihre eigenen Heere noch zusätzlich auseinander reißen würde. Sie konnten nur hoffen, dass sie noch rechtzeitig genug kamen, um sich vorzubereiten und die Freunde zu unterstützen.
Wenn es ihnen dann noch gelang, so lange stand zu halten, bis die Elben mit ihren Heeren eintrafen, dann standen ihre Chancen nicht schlecht, doch noch einen Sieg davon zu tragen.

Zwei Tage waren nach ihrer Flucht vom Fluss vergangen, als sie an die engste Stelle zwischen dem Weißen Gebirge und der Entwasser gelangten und dort eine kurze Rast einlegten. Nicht weit von ihnen, teilte sich die Strömung in zwei Abzweigungen, die sich weiter unten wieder gabelten und in kleinen Bächen schließlich ihren Weg in den Anduin fanden. Schon seit Stunden klagten die Hobbits und Gimli über ihren schrecklichen Hunger und das laute Knurren ihrer Mägen bekräftigten ihren Protest, bis Aragorn schließlich lachend nachgegeben hatte. Während sich alle über die Verpflegung her machten, oder das, was noch davon übrig war, stand Legolas etwas abseits der Gemeinschaft und ließ seinen Blick mit konzentrierter Aufmerksamkeit über das Land schweifen. Seine grünen Wiesen erstreckten sich wie unregelmäßige Wellen vor ihm, die von felsigen Abschnitten unterbrochen wurden und es noch unebener erscheinen ließen. Legolas hatte während ihres ganzen Ritts das bedrückende Gefühl der Gefahr nicht los werden können, was es ihm unmöglich machte, auch nur etwas zur Ruhe zu kommen und er suchte immer wieder einen Hinweis, für die Ursache seiner Vermutung.
Und noch etwas beschäftigte ihn ununterbrochen. Erst hatte er es sich nicht eingestehen wollen, doch noch immer lastete das Verhalten seines Vaters auf seinen Schultern und er spürte noch deutlich seinen tadelnden Blick auf sich gerichtet, den er ihm beim Rat zugeworfen hatte. Früher oder später würde er ihm nicht mehr aus dem Weg gehen können und ein Gespräch war unausweichlich, das war Legolas inzwischen klar geworden.

Schließlich wandte er sich seufzend von seiner Beobachtung ab und versuchte sich zu ermahnen, nicht in allem ein nahendes Unheil zu sehen. Bald waren sie in Minas Tirith und dort würde sie noch genügend Arbeit erwarten, also war es wohl das Beste, sich ebenfalls noch etwas Ruhe und eine kleine Stärkung zu gönnen. Er setzte sich zwischen Tanhis und Frodo, der ihm auch gleich eine Schale mit Obst und Lembas reichte.
"Iß endlich, Legolas! Auch wenn du meinst, es würde niemandem von uns auffallen, so habe ich dennoch bemerkt, dass du kaum etwas zu dir nimmst und schlafen tust du auch nicht! Irgendetwas beschäftigt dich doch!"
Legolas bedachte Frodo mit einem vielsagenden Blick, der den Hobbit auch gleich verstummen ließ, denn er zeigte deutlich, dass der Elb nicht darüber reden wollte und damit musste sich Frodo zufrieden geben.
Schweigend saßen sie nun zusammen und , jeder in seine eigenen Gedanken vertieft, als Legolas plötzlich abrupt den Kopf hob, seine Schale fallen ließ und aufsprang, durch ein leichtes Beben aufgeschreckt, dass er plötzlich gespürt hatte. Er richtete den Blick wieder gen Norden und im nächsten Augenblick wirbelte er wieder zu den Freunden herum, die ihn verwundert anstarrten.
"Zu den Waffen! Rinyaviê hat die Warg-Reiter ausgeschickt – sie werden in wenigen Minuten hier sein!", rief er und packte auch schon seinen Bogen

Augenblicklich war es mit der Ruhe vorbei und alle griffen ihre Waffen. Tanhis und Aragorn eilten neben Legolas, der schon einen Pfeil gespannt hatte und in der Ferne abwartend sein Ziel anvisierte, sein Körper ebenso angespannt wie die Sehne seines Bogens. Tanhis tat es ihm gleich und auch Aragorn war ein guter Schütze und suchte sich einen etwas erhöhten Platz, um die Feinde besser ausmachen zu können.
Gandalf und die Hobbits hatten ihre Schwerter gezogen, während Gimli seine Axt in den Händen hielt und sich immer wieder reckte, in der Hoffnung, bald den ersten der Gegner zu sehen.
"Wo bleiben die denn? Hier wartet ein Zwerg, der es kaum erwarten kann, dass seine Axt endlich wieder mit Blut in Berührung kommt!"

Im nächsten Moment kam der erste Warg den Hügel herab, nachdem er aus dem Schutz des Tales gelangte und Legolas schoss den ersten Pfeil ab, der die Bestie zu Fall brachte und seinen Reiter unter sich begrub, als er den Abhang herunter rollte. Es folgte nun eine große Gruppe, die ungeachtet der Schützen auf sie zustürmten, die nach und nach einige der Angreifer trafen und es schafften, ihre Zahl zu verringern, doch es blieben immer noch acht der riesigen Tiere übrig, die erbarmungslos angriffen. Wieder und wieder erklang das furchterregende Geheul der Bestien, während sie sich auf die Gefährten stürzten und Tanhis erbleichte bei dem Klang, der sich markerschütternd durch ihren Körper bahnte.
Die ersten der riesigen Wölfe, die sich auf sie stürzten, wurden von Legolas und Aragorn mit einigen Hieben getötet, nur, um sich dann ihren Reitern gegenüber zu sehen, die sich mit wilden Schreien auf sie stürzten, doch gegen die Schnelligkeit der Beiden hatten sie nicht die geringste Chance. Tanhis' größte Stärke, war ebenfalls ihre Schnelligkeit, aber ein Wolf sprang blitzschnell auf sie zu, um sie in den Knöchel zu beißen, und Tanhis versetzte ihm einen Hieb mit der Breitseite ihrer Klinge. Jaulend wich das Tier wieder zurück, doch es fand den Tod durch Gimlis Axt, der gemeinsam mit Gandalf, Frodo und Sam den Hügel heraufgeeilt war, um den Freunden Beistand zu leisten.

Die Befehle der Orks hetzten weitere Warge auf die Gruppe und in Bruchteilen von Sekunden hatte sich ein zähnefletschendes, knurrendes Rudel um sie in einem Kreis versammelt, den sie langsam immer enger schlossen. Die Warge waren kampflustige, hungrige Bestien, die bedrohlich näher rückten und in gefährlicher Ruhe auf ihre Chance witterten. Abwartend wanden sie sich hin und her, nur auf die Gelegenheit wartend, sich im Sprung auf sie zu stürzen. Ein besonders großer, schwarzer Warg sprang schließlich als erster auf die Gruppe zu und Tanhis stieß einen verzweifelten Schrei aus, als sich das Tier auf Aragorn stürzte, der es noch in der Luft mit seinem Schwert durchbohrte und sich mit Schwung zur Seite warf, um nicht unter ihm begraben zu werden.

Als ob der Leitwolf den Befehl mit seinem Angriff erteilt hatte, lösten sich nun auch die anderen Wölfe aus ihrer abwartenden Haltung und eröffneten den Kampf und versuchten, ihre Klauen tief in das Fleisch ihrer Opfer zu graben. Verzweifelt versuchten die Freunde die Hobbits abzuschirmen, die wegen ihrer Größe eine zu leichte Beute waren, doch schon bald hatten sie alle Mühe, sich selbst gegen die scharfen Krallen und die Klingen der Orks zu schützen. Aragorn traf ein Hieb an der Brust, der seine Tunika aufriss und rot färbte, doch er kämpfte verbissen weiter, trieb das Tier schließlich zurück und versetzte ihm einen tödlichen Stoß. Er sah, wie Legolas angesprungen und zu Boden gerissen wurde, stürmte nach vorn und warf sich gegen den Warg, der von seinem Opfer abgelenkt wurde und sich nun Aragorn zuwandte, doch Legolas nutzte diese Ablenkung und trieb sein Krummschwert mit aller Kraft in die Brust der Bestie.
Tanhis zog ihr Schwert aus dem Körper ihres Gegners und wirbelte zu den Hobbits herum, die gemeinsam gegen die zwei Orks kämpften, die ihre Tiere verloren hatten, doch sie waren geschickt im Umgang mit dem Schwert und streckten ihre Gegner bald nieder, nur, um dann Gandalf zu Hilfe zu eilen, der sich gegen einen der Warge heftig zur Wehr setzte.
Gimli ließ mit aller Kraft seine Axt kreisen und enthauptete einen Ork und gleich darauf schlug er die Klinge in den Hals eines Warg, der zuckend zusammenbrach.
Tanhis schlug erneut auf einen der Wölfe ein, der sich auf sie stürzen wollte und stellte sich dann seinem Ork, der sie im nächsten Augenblick seine Klinge spüren ließ. Der Schmerz fuhr durch ihren Arm, doch sie wehrte den nächsten Schlag ab, drehte sich um sich selbst und nutzte den Schwung und führte einen Hieb in den Rücken ihres Angreifers, der mit einem letzten Stöhnen in sich zusammensank.

Schwer atmend standen schließlich alle zwischen den leblosen Körpern der Feinde und ließen kraftlos ihre Schwerter sinken. Aragorn warf Legolas einen anerkennenden Blick zu, denn ohne ihn hätten sie diesen Ansturm sicherlich erst zu spät gesichtet und wären so vom Feind überrascht worden. Legolas erwiderte seine Anerkennung mit einem leichten Nicken und eilte zu Tanhis. Ihr Haar war noch zerzauster als gewöhnlich; zahlreiche Zöpfe hatten sich gelöst und wallten bis auf ihre Schultern hinab und umrahmten das schmutzverschmierte Gesicht. Legolas hob die Hand, um ihr eine Strähne aus dem Gesicht zu streichen, als er das Blut an ihrem Ärmel erfasste. Sie war verletzt worden! Er zog besorgt den Stoff ihrer Tunika zur Seite, was sie leicht zurückweichen ließ, doch sie lächelte ihn erschöpft an und schloss ihn erleichtert in die Arme.
Sie hatten alle einige Kratzer und Schrammen davon getragen und Gimli rann das Blut den Schenkel entlang, wo sich scharfe Zähne in sein Fleisch gegraben hatten, doch er lächelte breit und prahlte damit, wie viele der Bestien er getötet hatte, während er humpelnd neben den Anderen an die Lagerstelle zurückkehrte.

Legolas versorgte als erstes Tanhis' Wunde, reinigte sie gründlich und verrieb Athelas-Salbe darauf, bevor er sie notdürftig verband. Tanhis ließ alles tapfer über sich ergehen, doch ihr Arm schmerzte so schrecklich, das sie sich fragte, ob die Klinge vielleicht vergiftet gewesen war, doch wahrscheinlich war es nur der Schmutz an der Schwertscheide, der die Wunde so unerträglich brennen ließ.
Nachdem Legolas sie versorgt hatte, wandte er sich Aragorn zu, der eben mit der Versorgung von Gimli endete, der sichtlich stolz die Brust schwellte und die Verletzung lediglich als lästiges Übel betrachtete. Aragorn rann noch immer das eigene Blut aus den Rissen, die der Warg mit seiner Pranke hinterlassen hatte und Legolas drückte den Freund entschieden auf einen Stein, um sich nun ihm anzunehmen und sorgfältig führte er jeden seiner Handgriffe durch. Schließlich war er fertig und richtete sich zufrieden auf.
"Das dürfte reichen, mellon nin. Aber ich fürchte, dass du es noch eine Weile dauern wird, bis die Risse verheilt sind!"
Aragorn klopfte Legolas dankend auf die Schulter, kam wieder auf die Beine und musterte die Freunde, die alle erschöpft zu ihm aufsahen.
Doch Zeit zum Ausruhen konnte er ihnen nicht lassen, denn er ahnten, dass die übrige Truppen sicher nicht so weit entfernt sein würden und hastig wurden auf seine Anweisung alle Sachen eingesammelt, dann schwangen sie sich auf ihre Tiere und ließen das Schlachtfeld hinter sich.

Rinyaviê kochte vor Wut, als er sich von dem Anblick der dahingemetzelten Warge und Orks abwandte, die um ihn herum auf dem Hügel lagen. Sein Hauptmann wartete in einiger Entfernung auf ihn, sich wohlweislich zurück haltend, um nicht das Opfer seines Zornes zu werden, was Rinyaviê verächtlich schnauben ließ. Elende Angsthasen! Wie sollte er mit solchen Männern in der Lage sein, auch nur die erste Verteidigungsanlage der weißen Stadt zu überwinden? Selbst die Warg-Reiter waren nicht mit dieser kleinen Gruppe hier fertig geworden, dabei waren drei unter ihnen gewesen, die nicht größer wie Kinder waren und ein alter Mann!
Wieder schnaubte Rinyaviê und ließ noch einmal den Blick über die leblosen Körper seiner Gefolgsleute wandern und er stellte sich vor, wie die kleine Gruppe sich tapfer gegen diesen Ansturm verteidigt hatte. Dabei trat das Bild des Elben wieder deutlich vor sein inneres Auge und er stellte sich ihn im Kampf vor, wie er blitzschnell seinen Bogen spannte, seine Gegner mit seiner Schnelligkeit verwirrte und todbringende Hiebe austeilte, nur um sich sofort dem nächsten Mann zu stellen!
"Verflucht soll er sein!", murmelte Rinyaviê und zerbrach den Elbenpfeil, den er einem der Warge aus dem Körper gerissen hatte. Er wusste, wem er das hier zu verdanken hatte und dieser Elb würde noch zu spüren bekommen, was ihm dafür zustand!
"Auf die Pferde!", brüllte er. "Sie sind noch nicht weit!"
Hastig wurde seinem Befehl folge geleistet und der Tross setzte sich wieder in Bewegung.

Endlich tauchte der hohe Turm Ecthelion vor ihnen auf, der hell im Licht der untergehenden Sonne erstrahlte und ihre Herzen wieder mit Zuversicht füllte, denn die Stadt lag friedlich und ruhig am Ende der Bergkette. Wie von selbst beschleunigten die Pferde ihren Schritt, so als ob sie von der Aussicht auf einen warmen, trockenen Stall und einem vollen Hafertrog angelockt würden und ihre Reiter hielten sie nicht zurück. Sie waren ebenso froh darüber, bald die sichere Feste zu erreichen und sich vor ein knisterndes Feuer zu setzen, eine warme Mahlzeit im Bauch und einem Glas Wein in der Hand und die Schrecken der vergangenen Tage zu vergessen. Wenigstens so lange, bis es sich nicht mehr vermeiden ließ, sich der neuen Bedrohung zu widmen, die mit Rinyaviês Eintreffen vor ihnen lag, doch daran wollte selbst Aragorn im Moment nicht denken. Er wusste, dass ihn sicher nicht nur gute Nachrichten erwarten würden und er sicher kaum die ersehnte Ruhe finden würde, auch wenn seine Wunde schmerzlich danach verlangte, doch das würde wie immer warten müssen.
Als sie sich der Stadt nun näherten, erhob sich vor ihnen ein riesiges Lager, unzählige Zelte waren auf den Feldern aufgeschlagen und überall wehten die Banner der Besitzer im lauen Wind, der von Fluss heraufwirbelte. Die Luft war erfüllt von Stimmengewirr, klirren der Waffen und vom Lärm der spielenden Kinder, die zwischen den Zelten herumliefen. Einige hielten verwundert inne, als sie die kleine Gruppe näher kommen sahen, doch dann erkannten sie die Reiter, und schon bald hallten die Jubelrufe bis zur Stadt, dass der König mit seinen Freunden wieder Heim kehrte.

Sie passierten das Tor des letzten der sieben Ringe und ritten auf dem Hof der Feste ein, wo sie freudig und erleichtert von Arwen und ihren Freunden begrüßt wurden. Selbst Faramir und Eowyn, sowie Merry und Pippin waren da, was vor allem Frodo und Sam erfreute, die sich oft gefragt hatten, wie es den beiden wohl erging. Arwen eilte die Stufen herunter, als sie die zerrissene, blutverschmierte Tunika von Aragorn erblickte, der sich mit schmerzverzerrtem Gesicht aus dem Sattel schwang, doch es gelang ihm, sie mit einem Lächeln und einigen Worten zu beruhigen.
Nachdem sie endlich davon überzeugt war, dass es Aragorn gut ging, wandte sie sich Legolas zu und musterte ihn prüfend, doch dann schloss sie ihn erleichtert in die Arme.
"Wir haben uns solche Sorgen um dich gemacht! Und wie ich sehe, waren sie wohl auch nicht ganz unbegründet – du siehst immer noch furchtbar mitgenommen aus! Wie fühlst du dich?"
"Es geht mir wieder gut. Sorge dich nicht länger – das hat jetzt ohnehin eine Andere übernommen.", fügte er mit einem Lachen hinzu.
Arwen wurde bei seinen Worten auf Tanhis aufmerksam, die sich die ganze Zeit über etwas abseits hinter den Pferden gehalten hatte und mit einem Lächeln die Wiedersehensfreude beobachtet hatte. Legolas sah sich ebenfalls nach ihr um und zog sie neben sich, um sie den Freunden vorzustellen. Merry und Pippin starrten sie ebenso fasziniert an, wie Frodo und Sam es getan hatten, als sie die Elbin das erste Mal getroffen hatten und Faramir und Eomer waren nicht minder beeindruckt, was Faramir einen gespielt erzürnten Blick von Eowyn einbrachte, die Tanhis jedoch freundlich anlächelte.
"Maê govannen, Tanhis! Seid willkommen in Minas Tirith, auch wenn euer Erscheinen in nicht friedlichen Zeiten ist, so freue ich mich, euch kennen zu lernen!"
Tanhis verbeugte sich leicht vor Arwen, die diesen Gruß erwiderte, dann aber schnell ihre königliche Würde ablegte und Legolas einen vielsagenden Blick zuwarf, während sie Tanhis freundschaftlich unterhakte und mit sich zog.
"Ihr wollt sicher endlich aus dieser dreckigen Kleidung heraus, bevor wir uns bei einer kleinen Stärkung zusammensetzen, nicht? Kommt, ich begleite euch und zeige euch alles!"
Schon waren die beiden mit Eowyn durch den Torbogen verschwunden und überließen den Männern sich selbst, die ihre Tiere den Stallburchen anvertrauten und sich dann ebenfalls zurückzogen, um sich zu erfrischen.

Kurze Zeit später versammelten sich alle in der großen Halle, wo sie das ersehnte Feuer und ein reichlich gedeckter Tisch erwartete, der die Hobbits förmlich dazu einlud, sich umgehend über die Leckereien her zu machen, doch Aragorn hielt sie mit einem tadelnden Blick zurück und bedeutete ihnen, auf die Frauen zu warten, die noch nicht bei ihnen waren.
Als sie schließlich die Halle betraten, hielt Legolas mitten in seiner Bewegung inne und starrte Tanhis unverwandt an, die scherzend und lachend zwischen Arwen und Eowyn die Halle betrat.
Ihr Haar war ordentlich gekämmt und auf ihrem Kopf festgesteckt, doch einzelne Strähnen fielen leuchtend in ihren Nacken und an den Seiten ihres Gesichtes entlang, weich und geschmeidig. Ihre Wangen waren leicht gerötet und ihre grünen Augen leuchteten noch intensiver als sonst, denn die Tunika, die sie über den silbergrauen Beinlingen trug, war von einem schillernden Grün und umspielte ihren Körper seidig, was diese Wirkung noch unterstützte und sie trug bequeme Stiefel aus weichem Wildleder. All ihre Bewegungen waren geschmeidig und harmonisch, als sie jetzt auf ihn zu kam und sich mit einem verschmitzten Lächeln neben ihn setzte, ihm das Glas mit Wein aus der Hand nahm und sich leicht zu ihm beugte.
"Du kannst wieder Luft holen!", flüsterte sie ihm ins Ohr und unterdrückte das Lachen, als er sie erst verwirrt ansah und dann versuchte, seine Verlegenheit zu verbergen, doch sie ergriff glücklich seine Hand und drückte sie zärtlich. Sie ahnte, was er bei ihrem Anblick empfand, denn ihr erging es jedes Mal ebenso, wenn sie ihn ansah und sie genoss es, ihn bei sich zu haben.

Nach dem ausgedehnten Festessen dauerte es nicht lange und Pippin forderte einen ausführlichen Bericht über die Erlebnisse, die den Freunden widerfahren waren, doch Aragorn vertröstete den Hobbit auf einen späteren Zeitpunkt. Er wollte zuerst erfahren, was in seiner Abwesenheit geschehen war und in wie weit der entstandenen Schaden war, den Rinyaviês Armeen verursacht hatten. Wie zu erwarten gewesen war, hatten sie weiterhin die umliegenden Dörfer überfallen und geplündert und Faramir hatte zur Sicherheit der Bauern, die übrigen Höfe räumen lassen und sie nach Minas Tirith geleitet, wo sie in Notunterkünften oder bei Verwandten Unterschlupf gefunden hatten.
"Die Lage spitzt sich allmählich zu, Aragorn. Unsere Späher haben berichtet, dass sich die Truppen zum Aufbruch bereit machen. Sie formieren sich, um geschlossen gegen Minas Tirith zu schreiten und es geht das Gerücht um, das sich ihr Führer auf dem Weg hierher befindet!"
Êomer nickte bestätigend, als Faramir seine Vermutung geäußert hatte und Legolas konnte nicht länger schweigen.
"Es ist leider kein Gerücht, Freunde. Rinyaviê heißt ihr Anführer und er befindet sich höchstens einen Tagesmarsch hinter uns. Er war es, der Gimli, Tanhis und mich angegriffen hat und mich in Gefangenschaft hielt. Er will die Herrschaft über Gondor und er wird nicht eher ruhen, bis er sie hat – oder seinen letzten Atemzug getan hat. Er schreckt vor nichts zurück und geht selber mit der größten Härte vor, um sein Ziel zu erreichen. Wir müssen auf alles gefasst sein!"
"Die Lage ist wirklich bedrohlich!", stimmte Aragorn zu. "Die Feinde werden uns sicher von allen Seiten aus angreifen und uns einkreisen, was dazu führen wird, dass wir unsere eigenen Truppen auseinander ziehen müssen. Die Kämpfe werden schrecklich werden – und die Verluste schmerzlich groß sein."
Eomer und Faramir berichteten den Freunden dann ausführlich, über den momentanen Stand der Verteidigungsmaßnahmen und es stand außer Frage, dass noch viel Arbeit auf sie wartete, als sie ihren Bericht endeten. So wurde eine Landkarte hervorgeholt und beraten, wo die Stadt noch zusätzlich gesichert werden musste und sich die Bogenschützen und Schwertkämpfer am Besten postierten. Ihre ganze Hoffnung setzte Aragorn auch auf die Unterstützung der Elben, die sich schon auf dem Weg nach Gondor befanden, doch sie wussten nicht, wann genau sie aufgebrochen waren.

"Wer wird denn alles kommen?", fragte Pippin, der seine Neugier nicht länger verbergen konnte.
"Als wir in Lôrien aufbrachen, machten sich die dortigen Truppen bereit. Ebenso war Elrond mit einer großen Gruppe Krieger anwesend und Thranduil aus Düsterwald, ebenfalls mit mindestens fünfhundert Kämpfern."
Bei den letzten Worten von Aragorn spürte Tanhis, wie sich Legolas augenblicklich anspannte und sie ergriff unter dem Tisch seine Hand und wollte ihm so etwas Trost spenden, doch zu ihrer Überraschung, zog er sich vor ihrer Berührung zurück und wich ihrem fragenden Blick aus. Allen Anderen blieb seine Reaktion verborgen, denn sie waren viel zu sehr damit beschäftigt, sich mit dem Schmieden ihrer Abwehrmaßnahmen zu beschäftigen, doch Tanhis ging sein Verhalten nicht mehr aus dem Kopf und sie versank tief in ihren eigenen Gedanken.

Den Hobbits wurde es bald langweilig und sie zogen sich in ihr zugewiesenes Zimmer zurück, dass Merry und Pippin schon seid zwei Tagen bewohnten und die Zeit genutzt hatten, um sich heimliche Vorräte anzulegen, sodass sie es sich nun mit einer kleinen Zwischenmahlzeit auf einem Haufen Kissen bequem machen konnten.
"Nun erzählt aber endlich, wie es euch bei der Suche nach Legolas ergangen ist! Wir waren die ganze Zeit verrückt vor Sorge, als uns der Bote die Nachricht brachte, dass Legolas in der Gewalt der Feinde sei und ihr euch auf den Weg gemacht habt, um ihn zu befreien!", brachte Pippin unter schmatzen hervor.
Frodo und Sam begannen, ausführlich über die Suche und die beschwerliche Wanderschaft unter der Erde zu erzählen, die sie alle sehr mitgenommen hatte und wie sie schließlich mit Gandalf und Gimli umkehren mussten, weil sie die Steilwand nicht passieren konnten. Ihre heimliche Flucht vor Gandalf und Gimli stieß bei Merry und Pippin auf besonderen Zuspruch und sie klopften den Freunden anerkennend auf die Schulter, denn schließlich waren die Hobbits genau im richtigen Moment zu den Freunden gestoßen und hatten ihnen mit ihrer Hilfe die nötige Unterstützung geboten.
"Ich sag's ja immer wieder!", äußerte Merry grinsend. "Wir Hobbits sind nicht zu unterschätzen! Gerade wenn man am wenigstens mit uns rechnet, tauchen wir auf und laufen zur Höchstform auf!"
Alle lachten, doch bald kam das Gespräch dann auf Legolas zu sprechen, was besonders Frodo einen seltsamen Kloß im Magen verursachte.
"Er sah schlimm aus! Ich habe zwar schon einmal davon gehört, dass die Elben nicht lange unter der Erde verweilen können, aber das es ihn so schwächen würde, hätte ich nie für möglich gehalten. Die Verwundungen sind außerdem nicht so schnell verheilt wie sonst und stellt euch vor, er war nicht einmal mehr in der Lage, uns vom Feind zu unterscheiden! Er hat Aragorn sogar angegriffen! Nur gut dass ihm die Kraft gefehlt hat, ihn ernsthaft zu verletzen."
Sam schüttelte immer noch ganz ungläubig den Kopf.
"Ja, es war wirklich schlimm, Sam. Ich dachte, dass er den Weg nach Lôrien nicht hinter sich bringen würde! Und dann auch noch Thranduil, der ihm nicht eine Minute Ruhe gegönnt hat! Verstehe einen diesen Elben! Da wird sein Sohn gefangen genommen, verwundet und gefoltert, gerade noch rechtzeitig gerettet und kehrt am Ende seiner Kräfte nach Lôrien zurück und was tut er? Ihn freudig umarmen? Ihn sofort verpflegen lassen oder sich erkundigen, wie es ihm geht? Nein! Er schleift ihn vor den Rat und löchert ihn mit Fragen! Er ist danach sogar zusammengebrochen, so entkräftet war er!"
Frodo spürte, wie ihm alleine bei der Erinnerung die Wut erfasste, doch hinter ihm erklang plötzlich eine freundliche Stimme.

"Beruhige dich Frodo!", brummte Gandalf. "Es ist ja noch mal gut gegangen und was Thranduil betrifft, so ist es nicht unsere Aufgabe, ein Urteil zu fällen. Er hatte sicher seine Gründe, warum er so gehandelt hat!"
Frodo ließ sich jedoch nicht von Gandalfs Worten beirren.
"Aber er ist doch sein Vater! Und ich habe Legolas' Gesicht gesehen, als er nicht ein Wort der Zuneigung vernahm. Er leidet – auch jetzt noch!"
Es war mucksmäuschenstill im Zimmer, als Gandalf Frodo jetzt ansah und dann laut seinen Atem entweichen ließ.
"Urteile nicht zu schnell, lieber Frodo! Ich selbst war schon einmal in einer ähnlichen Lage und weiß, wie schwer einem eine solche Entscheidung fallen kann! Es war zwar nicht ein Sohn, den die Orks von Sauron damals angeblich in ihrer Gewalt hatten, aber ein Hobbit, der mir ebensoviel bedeutet hat – und es immer noch tut! Es gab auch für Thranduil nur zwei Möglichkeiten: ein Leben, oder das vieler Elben und Menschen. Wie würdest du in einer solchen Situation entscheiden?"
Frodo senkte betreten sein Haupt und schwieg, unfähig, darauf etwas zu erwidern.
"Siehst du! Es gibt immer zwei Seiten, die betrachtet werden sollten. Aber sei dir gewiss, dass ich mir Thranduil zur rechten Zeit noch vorknöpfen werde."
Die Hobbits grinsten, als sie das hörten, denn sie selbst hatten sich schon so manches von Gandalf sagen lassen müssen und wussten, dass der Zauberer seine Meinung dabei nicht zurückhielt.
"So, und jetzt legt euch schlafen. Morgen wartet noch viel Arbeit auf uns."

Sie krochen unter ihre Decken, doch Gandalf hatte die Türe noch nicht ganz hinter sich geschlossen, als Pippin sich noch einmal an Frodo und Sam wandte.
"Ich will aber doch noch wissen, wie Legolas Tanhis kennen gelernt hat! Das kann nicht bis Morgen warten!"
Sam gähnte. "Frag Gimli. Der war ja dabei! Ich weiß nur, dass sie auf Legolas geschossen hat."
"Sie hat was?", fragte Pippin ungläubig, doch Sam war bereits eingeschlafen und so legte er sich verärgert in die Kissen.
"Na, dass werde ich noch herausfinden!", brummte er, bevor er sich die Decke über den Kopf zog.

Alles schlief, als sich Legolas auf den Weg zu der warmen Quelle machte, die außerhalb der Stadt auf einer kleinen Lichtung des Waldes befand. Er und Aragorn waren schon öfter gemeinsam dorthin gewandert, doch in dieser Nacht wollte Legolas alleine sein, um in Ruhe nachdenken zu können.
Er hatte im Burghof der Feste gewartet, bis er sicher war, dass auch der letzte der Freunde schlief. Aragorn hatte überall Kundschafter und Wachen postiert und Legolas bewegte sich unwillkürlich vorsichtiger, um sie nicht aufzuschrecken, denn das Letzte, was Legolas wollte, dass jemand auf ihn aufmerksam wurde und Alarm schlug, dann würde er nämlich nie die Quelle erreichen.
Er gelangte nach einem raschen Marsch durch viele kleine Gassen und einige geheime Gänge aus der Stadt, tauchte in den Schatten der Bäume und fand selbst in dieser Finsternis sicher den Weg zu der Quelle, die leise sprudelte und einen kleinen See speiste, der sich an einer Seite an eine kleine, steile Felswand schmiegte. Von zwei Seiten wurde das Gewässer vom Wald eingegrenzt und in der Mitte des Wassers befand sich eine kleine Insel, die durch einen umgestürzten Baumstamm mit dem Ufer verbunden war. Diese Insel war Legolas' Ziel, denn sie bot ausreichend Schutz, um sich vor ungesehenen Beobachtern zu verbergen und er würde in Ruhe nachdenken können. Erst wollte er jedoch die Gelegenheit nutzen, um ein Bad zu nehmen. Die Quelle hatte nämlich einen tiefen Ursprung, der das Wasser angenehm wärmte. Legolas trat aus dem Schutz der Bäume und ließ seinen Blick über den See gleiten, auf dem milchige Nebelschwaden zogen, ausgehend, von der sprudelnden Quelle. Es war also genug heißes Wasser für ein Bad vorhanden!

Als er gerade den umgestürzten Baum überquert hatte und das sandige Ufer der Insel erreichte, vernahm er hinter sich aus dem Wald das laute knacken eines zerbrechenden Zweigs. Blitzschnell kauerte er sich nieder, all seine Sinne hellwach und spähte über den im Mondlicht glitzernden See hinweg in die Wälder. Als sich jedoch auch nach endlosen Minuten nichts mehr regte, wandte Legolas sich ab und entkleidete sich und ließ sich in das Wasser gleiten. Sofort spürte er die lindernde Wirkung der Wärme, die den Schmerz zwischen seinen Schultern auf ein erträgliches Maß senkte, der sich hartnäckig immer wieder bei jeder seiner Bewegungen bemerkbar machte. Mit einem leise gemurmelten Fluch tauchte er noch tiefer in das Wasser hinein. Eigentlich musste die Wunde längst verheilt sein, doch irgendetwas verhinderte es, dass sie sich endgültig schloss und immer wieder spürte er, wie kleine Rinnsale von Blut seinen Rücken herunter liefen. Ihn beschlich die Vermutung, dass irgendein Gift in die Wunde gelangt war und die Heilung deshalb so lange dauerte. Die Quelle hatte schon oft ihre heilende Wirkung bewiesen und Legolas hoffte, dass sie nun auch ihm helfen würde.
Er stieß sich kräftig vom Ufer ab und schwamm einige Züge von der Insel weg, um einen noch wärmeren Punkt nahe der Quelle zu erreichen.

Tanhis beobachtete ihn von einem tief hängenden Zweig aus, hinter dem sie sich versteckte. Sie war ihm heimlich gefolgt, von einer Vielzahl von Gefühlen getrieben. Sie machte sich schreckliche Sorgen um ihn und seine Zurückweisung hatte ihr nur bestätigt, dass sie auch allen Grund dazu hatte.
Als sie jetzt den See erblickte, fühlte sie, dass der Ort von einer ganz eigenen Magie durchdrungen wurde und ihr Gespür täuschte sie nicht, als sie auf die sprudelnde Quelle aufmerksam wurde, die einen leichten Salzgeruch verströmte - es war ein Platz der Heilung.
Sie wagte sich noch einen Schritt vor, um einen Blick auf Legolas zu erhaschen, der mit gleichmäßigen Zügen auf die Quelle zu schwamm und scheinbar nichts um sich herum wahrnahm.
Dieser Gedanke gefiel Tanhis ganz und gar nicht. Rinyaviês Männer konnten ganz in der Nähe sein und wenn sie Legolas angriffen, hatte er nicht einmal eine Waffe um sich zu verteidigen, denn sie lag schimmernd bei seinen Sachen auf der Insel. Außerdem gab es noch genügend andere Gefahren zu befürchten und Legolas war im Wasser, völlig schutzlos, nur zu verwundbar! Er sollte doch eigentlich wissen, dass sein Alleingang viel zu gefährlich war!
Unschlüssig blieb sie stehen und überlegte, was sie nun tun sollte. Legolas würde sicher nicht erfreut darüber sein, dass sie ihm heimlich gefolgt war, doch sie hatte es zu seinem eigenen Besten getan.

Schließlich trat sie aus dem Dickicht und ging festen Schrittes auf den Baum zu, überquerte die natürliche Brücke und wanderte am Ufer auf und ab und wartete auf eine Chance, seine Aufmerksamkeit zu erlangen. Dabei stieß sie plötzlich gegen etwas Weiches und entdeckte seinen Haufen Kleider, die er unordentlich neben einem kleinen Kreis aus Steinen, einem Feuerring, zurückgelassen hatte.
Sie ließ sich bequem auf den weichen Sand nieder, kreuzte die Beine und stützte ihr Kinn in die Hände, während sie das Wasser nach Legolas absuchte. Ein leises Platschen zeigte ihr seinen Aufenthaltsort und sie ließ sich beruhigt auf die Ellenbogen sinken und wartete darauf, dass er sein Bad beendete. Es dauerte auch nicht lange, da näherte er sich dem Ufer, mit wenigen, kräftigen Zügen, blieb jedoch in einer Entfernung und lächelte sie an. Er schien nicht im Mindesten überrascht, sie hier anzutreffen.
"Bleibst du noch eine Weile?", fragte er und legte den Kopf schief, als er auf ihre Antwort wartete.
"Ein Weilchen", erwiderte sie erleichtert darüber, dass er ihr es nicht übel zu nehmen schien, dass sie ihm gefolgt war. Er nickte ihr kurz zu und stieß sich wieder vom Ufer ab, um noch etwas zu schwimmen.
Tanhis wusste nicht, wie sie sich die Zeit vertreiben sollte und so begann sie schließlich, Äste und Zweige zusammen zu suchen, um ein kleines Feuer zu entzünden. Als die Flammen schließlich auf den Zweigen tanzten und knisterten, nutzte sie Legolas' Unhang als Kissen und betrachtete die Sterne, die in Unmengen den klaren Himmel bedeckten und tausendfach funkelten.

Der Wind frischte auf, als Tanhis aus ihrem tiefen Schlummer erwachte, sich schlaftrunken aufsetzte und feststellen musste, dass Legolas ihr gegenüber am Feuer saß und den Kopf zu ihr wandte, als sie sich rührte.
Ich bin wirklich eine gute Beschützerin, schalt sie sich selber. Erst verursache ich einen Heidenlärm, während ich ihm folge und jetzt schlafe ich seelenruhig ein, wenn er schutzlos durch den See schwimmt und bekomme noch nicht einmal mit, dass er herumläuft, sich ankleidet und sich zu mir setzt!
"Ich wollte dich nicht wecken!", sagte er nun zärtlich und strich ihr über die Wange.
Sie glaubte, einen neckenden Unterton in seiner Stimme heraus zu hören; und tatsächlich waren seine Mundwinkel zu einem Grinsen verzogen. Zu ihrem eigenen Ärger spürte sie, wie ihr die Röte in die Wangen stieg.
"Du hättest nicht alleine hier her gehen sollen! Der Wald ist voller Gefahren in diesen Zeiten!", versuchte sie ihn abzulenken, doch sein Grinsen wurde noch breiter.
"Du hast Recht. Nicht jeder zerbricht die Zweige des Waldes, um auf sich aufmerksam zu machen. Wirst du etwa schon alt und ungeschickt?"
"Alt und ungeschickt? So ein Unsinn!" Sie versuchte die Verlegenheit zu überspielen, indem sie damit begann, ihre Zöpfe, die sich beim Schlaf gelöst hatten, wieder in ihre wirre Mähne zurück zu schieben.
"Dann warst du es also tatsächlich, die ich hinter mir durch den Wald trampeln und poltern gehört habe!"
"Ich bin mein ganzes Leben noch nicht getrampelt, Herr Grünblatt!"
"Natürlich!"
Sein Grinsen wurde wieder breiter, bis er laut lachte. Es war ein tiefes, melodisches Lachen und es rieselte wie eine Wohltat durch sie hindurch und machte sie darauf aufmerksam, dass Legolas schon lange nicht mehr so befreit gelacht hatte.

"Das Bad scheint dir gut getan zu haben – in vielerlei Hinsicht!", begann sie vorsichtig.
Umgehend wurde sein Gesicht ernst und er sah sie an, als habe sie einen sehr wunden Punkt in seinem Innersten getroffen und sie beschloss, ihn nicht auf seinen Vater anzusprechen.
"Schmerzt dich die Wunde am Rücken noch sehr?", fragte sie stattdessen.
Sein Blick wandelte sich in Verwunderung und er wollte schon etwas Abwehrendes erwidern, als sie ihn noch im Luft holen unterbrach.
"Ich bin nicht nur NICHT alt und ungeschickt, sondern auch keinesfalls blind, Legolas! Ich habe gesehen, dass du oft vom Schmerz zusammenzuckst - und das Blut hinterlässt Flecken auf deiner Tunika! Also versuche erst gar nicht, es abzustreiten!"
Legolas schloss den Mund und begann, sich nach Worten suchend, den Nacken zu reiben. Schließlich zuckte er resigniert die Schultern.
"Es hat wohl keinen Zweck, es noch abzustreiten, aber es ist nicht so schlimm..."
"Davon werde ich mich selber überzeugen! Lass mich sehen!"
Sie stand auf und zog seine noch geöffnete Tunika herunter, entblößte seinen Rücken und zog geräuschvoll die Luft ein, als sie die Wunde erblickte. An einigen Stellen überzog eine dünne Kruste den Schnitt, doch der Rest glänzte feucht, die Ränder und das umliegende Fleisch waren gerötet. Unter ihrem sanften Druck zuckte er zusammen und sofort perlten kleine Blutstropfen aus der Verletzung.
"Idiot!", schimpfte sie sogleich drauf los, ging zu ihrem Bündel, wobei sie ihm einen tadelnden Blick zuwarf und kehrte mit einem kleinen Tiegel wieder hinter seinen Rücken zurück.
"Das ist eine Salbe, die nicht nur Athelas enthält, sondern noch eine Pflanze, die den Schmerz etwas betäuben wird. Das wird hoffentlich helfen, dass sich die Wunde endlich schließt." Sie verrieb die Salbe sorgfältig, doch plötzlich hielt sie mitten in der Bewegung inne.
"Ich verstehe nicht, warum sich die Wunde nicht schon längst geschlossen hat!", murmelte sie gedankenverloren, doch dann schüttelte sie den Kopf und fuhr in ihrer Tätigkeit fort.

Legolas ließ ihre Behandlung ohne murren über sich ergehen, obwohl die Salbe in der Wunde brannte, doch bald stellte sich eine kühlende Wirkung ein, die den Schmerz linderte.
"Sicher liegt es an dem Kampf mit den Wargen, dass der Schnitt sich geöffnet hat.", entgegnete er auf ihre Äußerung. "Ich bin genau auf den Rücken gefallen, als sich die Bestie auf mich gestürzt hat."
Tanhis kehrte auf ihren alten Platz zurück und fing seinen Blick auf, während er sich wieder anzog, dann schüttelte sie entschieden den Kopf.
"Nein, die Wunde sieht noch genauso schlimm aus, wie damals in der Höhle, als ich den Verband zur Seite gezogen habe. Irgendetwas stimmt da nicht!"
"Und wie geht es deinem Schwertarm?", versuchte Legolas sie abzulenken, was ihm auch gelang, denn sie rieb sich sogleich den Arm und sah ihn dann lächelnd an.
"Halb so wild! Der Schnitt war nicht tief und du hast ihn gut versorgt!"
Legolas nutzte die Ablenkung und begab sich an ihre Seite, zog sie an sich heran und holte sich endlich den Kuss, nach dem er sich schon die ganze Zeit über gesehnt hatte. Sie erwiderte ihn bereitwillig und kuschelte sich dann zufrieden an ihn. All ihre Sorgen gerieten in Vergessenheit und sie saßen eine Zeit lang einfach nur da und betrachteten die Sterne, bis sich Legolas schließlich erhob.
"Komm, wir sollten zurückgehen. Es ist spät und wir sollten dem Feind nicht doch noch die Gelegenheit bieten, uns hier zu überrumpeln."
Arm in Arm kehrten sie in die Feste zurück, ohne auch nur die geringste Aufmerksamkeit einer der Wachen auf sich zu ziehen und legten sich sogleich zur Ruhe. Bald fühlte Tanhis den regelmäßigen Atem von Legolas in ihrem Nacken, ein Zeichen dafür, dass er nach langer Zeit endlich wieder in Ruhe schlief.

Rinyaviê ging unruhig in seinem Zelt auf und ab und versuchte, den Plan in seinem Kopf zu ordnen, der ihm in der Nacht gekommen war. Früh am Morgen waren sie ausgeritten und hatten aus der Entfernung die Stadt in Augenschein genommen, in der es zu ging, wie in einem Ameisenhaufen. Überall wurden Barrieren errichtet und das Heer aufgeteilt und in Gruppen postiert. Auf den Wällen standen unzählige Bogenschützen und berittene Späher durchquerten das umliegende Land, um beim kleinsten Anzeichen des Feindes, Alarm schlagen zu können.
Rinyaviê hatte jede Einzelheit dieser Maßnahmen erfasst, doch in der Nacht war ihm der rettende Einfall gekommen, wie es ihnen gelingen würde, ihren Angriff noch erfolgreicher durchzuführen.
Jetzt hielt er mitten in der Bewegung inne, drehte sich mit einem hämischen Lächeln zu seinen Hauptmännern herum und beugte sich über den Tisch zu ihnen herunter.
"Ich habe einen Plan, Männer, der es uns ermöglichen wird, König Elessar eine böse Überraschung zu bereiten! Damit wird er sicher nicht rechnen! Und jetzt hört mir gefälligst gut zu! Ich habe keine Lust, das Ganze noch einmal zu erklären!"

Aragorn stand auf der Festungsmauer und blickte auf das rege Treiben in den Strassen nieder, tief in Gedanken versunken und von großer Sorge erfüllt. Sicher war Rinyaviê inzwischen bei seinen Truppen eingetroffen und es würde nicht mehr lange dauern, bis sie einen Angriff auf die Stadt unternahmen und versuchen würden, sie einzunehmen. Wann würde Rinyaviê angreifen? Wie lange würden sie einem solchen Ansturm standhalten können?
Er rieb sich nachdenklich über die Stirn und richtete seinen Blick auf die Berge des Schattengebirges, die Unheil verkündend und erschreckend nah vor ihm lagen. Er seufzte und dachte an die Gefahren, die vor ihnen lagen und unweigerlich tauchten auch die Bilder der vergangenen Tage wieder vor ihm auf, was ein verdrängtes Gefühl wieder zu neuem Leben erweckte. Umgehend suchte er den Kampfplatz in einiger Entfernung mit seinen scharfen Augen ab und fand den Elben, mitten in einem Übungskampf mit Merry und Pippin vertieft. Er musterte jede von Legolas' Bewegung und fand die Bestätigung für sein ungutes Gefühl.
Den Hobbits gelang es erstaunlich leicht, Legolas immer weiter zurück zu drängen und dieser hatte deutlich Probleme, die schnellen Schläge rechtzeitig abzuwehren, die Beide, vom Ehrgeiz gepackt, mit unvermuteter Härte führten.
Aragorn richtete sich, von neuer Sorge gepackt, weiter auf und ging die Festungsmauer entlang, die ihn näher an den Platz heranführte, um noch besser sehen zu können. Irgendetwas stimmte nicht!

Legolas konzentrierte sich völlig darauf, den Hieben seiner Freunde Gegenwehr zu leisten, während Gimli ihnen, der neben Tanhis auf einem Stein im Schatten eines Baumes saß, Anweisungen zurief, wie sie sich noch gezielter gegen einen Feind zur Wehr setzen konnten. Die Hobbits nahmen jeden Hinweis dankend an und setzten sie erstaunlich schnell um, was dazu führte, dass sie Legolas von Minute zu Minute mehr bedrängten.
Legolas hatte sich am Morgen erfrischt und ausgeruht gefühlt, denn er hatte ungewöhnlich fest geschlafen, doch nun hatte er das Gefühl, dass es ihm immer schwerer viel, seine Arme mit den Schwertern zu heben und die Schmerzen in seinem Rücken steigerten sich unaufhörlich, doch er versuchte verbissen, sich nichts anmerken zu lassen und wehrte einen neuen Schlag von Pippin ab, der ihn von der Seite aus angriff. Im gleichen Moment versuchte Merry es mit einer neuen Taktik und warf sich Legolas gezielt entgegen, wobei er mit seiner freien Hand den Arm des Elben umfing, um ihn nach unten zu drücken und ihm das Schwert zu entreißen. Mit seiner ganzen Kraft warf er sich auf den Arm und Pippin, der seinen Freund heran laufen gesehen hatte, nutzte die Ablenkung und stieß Legolas in die Seite, damit er ins wanken geriet. Schon oft hatten sie so miteinander gekämpft und immer war es ihnen misslungen, den schnellen, kampferprobten Elben zu überrumpeln, doch diesmal besaß Legolas nicht die Kraft, auf den Angriff zu reagieren.
Ein stechender Schmerz fuhr, von der Stichwunde zwischen seinen Schultern aus, durch seinen Arm, als Merry sich darauf warf und das Schwert glitt ihm aus der Hand; er wurde von Pippin umgerissen und prallte hart auf den Rücken, was ihm ein gequältes Aufstöhnen entlockte, dass in den Jubelschreien der Hobbits unterging.

"Ha! Wir haben es geschafft!", freute sich Merry und Pippin klopfte seinem Freund anerkennend auf die Schulter.
"Das war eine gute Idee von dir Merry! Diesmal war ich schnell genug, um deine Ablenkung zu nutzen!" Er strahlte über das ganze Gesicht. "Was Legolas, damit hast du nicht gerechnet."
Merry und Pippin, die beide immer noch halb auf Legolas lagen, grinsten den Elben verschmitz an, doch augenblicklich weiteten sich ihre Augen, als sie Legolas' schmerzverzerrtes Gesicht sahen.
"Was ist denn, Legolas?", fragte Merry besorgt, stand auf und beeilte sich, auch Pippin auf die Beine zu ziehen.
"Es ist nichts.", presste der Elb hervor, doch sein Gesicht strafte ihn lügen. "Ihr habt mich einfach überrumpelt, gleich können wir weitermachen."
Tanhis und Gimli eilten über die Wiese, als sie sahen, wie Legolas sich schwerfällig erhob und die Hobbits ihn helfend stützten und Tanhis erfasste schon von weitem den kleinen Fleck, der sich auf dem Rücken seiner Tunika ausbreitete. Sofort wurde sie von neuen Sorgen gepackt, die sie jedoch vor den Freunden zu verbergen versuchte, als sie jetzt bei den dreien ankamen. Legolas versuchte es mit einem Lächeln, doch es missglückte ihm auffällig und selbst Gimli zog misstrauisch die Augenbrauen hoch.
"Macht nicht solche Gesichter, Freunde.", versuchte Legolas abzulenken und kämpfte sich in eine aufrechte Position. "Es ist nichts - ich war nur überrascht. Das hätte ich euch gar nicht zugetraut!"
Er zerzauste den Hobbits freundschaftlich ihre Lockenköpfe, die ihn immer noch besorgt ansahen und hob sein Schwert auf, das im Gras lag. Gimli ließ ihn dabei nicht aus den Augen, wandte sich dann aber doch brummend ab und legte Merry und Pippin die Arme um die Schultern.
"Kommt Freunde. Nach so einem Sieg habt ihr euch eine Stärkung verdient!" Er warf Tanhis noch einen Blick zu und zog die Hobbits dann in Richtung Feste, die auf diese Ablenkung hereinfielen und ihm, ohne einen Verdacht zu schöpfen, folgten.

Legolas ließ sich wieder ins Gras sinken, als die Hobbits und Gimli durch das Tor verschwunden waren und gab seine mühsam bewahrte Haltung auf. Tanhis kniete sich neben ihn und sah ihn eindringlich an.
"Du musst die Wunde von Aragorn und Gandalf versorgen lassen. Das geht nicht mit rechten Dingen zu, Legolas. Ich mache mir Sorgen!"
Legolas lächelte matt. "Das musst du nicht! Sie wird sich schon von alleine schließen! Die Zeit wird auch die Heilung bringen."
"Aber genau das ist der springende Punkt, Legolas. Es ist schon soviel Zeit vergangen und es ist immer noch keine Besserung eingetreten! Außerdem wird hier sicher bald eine Schlacht ausbrechen, in der du in deinem Zustand wohl kaum eine Chance haben wirst, auch nur einen Ork abzuwehren. Wenn du nicht zu deinen Freunden gehst, dann tue ich es!"
Entschieden erhob sie sich und wollte schon aufgebracht in Richtung Feste davon stürmen, als sie seine warme Hand auf ihrem Arm fühlte. Wütend wirbelte sie zu ihm herum, doch sein Blick besänftigte sie augenblicklich, als sie den Schmerz darin sah, doch es lag auch Entschlossenheit darin.
"Warte bitte! Ich kann mir jetzt nicht die kleinste Schwäche leisten, gerade jetzt, wo mein Vater jederzeit hier eintreffen kann. Er soll keinen weiteren Anlass dazu bekommen, mich vor meinen Freunden bloß zu stellen."
Tanhis hörte die Bitterkeit in seinen Worten und starrte ihn an, während sie versuchte, sein Verhalten zu verstehen.
"Du brauchst hier niemandem etwas zu beweisen, Legolas! Was dein Vater denkt, sollte dir egal sein und deine Freunde werden nicht schlecht von dir denken, nur weil du sie nicht im Kampf unterstützt. Sie lieben dich und werden es nicht wollen, dass du dein Leben wegen verletzter Eitelkeit riskierst!"
Bei ihren Worten verengten sich Legolas' Augen zu Schlitzen und er funkelte sie wütend an.
"Gerade von dir hätte ich mehr Verständnis erwartet! Weißt du eigentlich wie das ist, wenn man immer das Gefühl vermittelt bekommt, nichts richtig zu machen und seinen Vater nur zu enttäuschen? Diesmal werde ich ihm keinen Anlass zum Tadeln bieten! Ich werde ihm zeigen, dass mehr in mir steckt, als er glaubt!"
Schwankend kam er auf die Beine und sah sie noch einmal verletzt an, bevor er sich umwandte und sie auf der Wiese zurück ließ, ohne sich noch einmal umzudrehen.

Aragorn war, nachdem er gesehen hatte, dass der Elb nach dem Angriff der Hobbits liegen geblieben war, sofort los gelaufen, um zu sehen, was geschehen war. Als er jetzt auf dem Platz eintraf, kam ihm der Freund mit einem nicht zu deutendem Gesichtsausdruck entgegen und schob sich nur stumm an ihm vorbei, ohne ihn eines Blickes zu würdigen.
Aragorn sah ihm verwundert nach und strebte dann auf Tanhis zu, die sich bückte und eines von Legolas' Schwertern aufhob, dass er scheinbar im Kampf verloren hatte.
"Was ist denn in ihn gefahren?", fragte er sie schon von weitem und er konnte deutlich sehen, dass sie bei seinen Worten erschrocken zusammenfuhr.
"Aragorn! Wo kommst du denn so plötzlich her?", versuchte sie eine Ablenkung.
"Ich habe euch gesehen, als ich auf der Festungsmauer einen Kontrollgang gemacht habe. Ist etwas nicht in Ordnung?"

Tanhis überkam bei seiner Frage ein innerer Kampf. Sollte sie Aragorn alles erzählen und so gegen Legolas' Wunsch handeln? Er musste doch verstehen, dass sie sich große Sorgen machte und es besser war, wenn Aragorn und auch Gandalf von seinen Schmerzen wussten! Sie würden ihn sicher davon überzeugen können, dass es unmöglich war, in seiner Verfassung einen Kampf zu riskieren und konnten ihm vielleicht sogar helfen! Selbst gegen Merry und Pippin hatte er sich nicht zur Wehr setzen können und sie hatten sicher nicht die geringste Chance, den Elben zu besiegen, wenn er unverletzt war!
Doch Legolas' Blick, als er von seinem Vater gesprochen hatte, hielt sie zurück. Sie hatte seine Verzweiflung gesehen und ein Stück weit konnte sie seine Denkweise verstehen, wenn sie es auch immer noch für Wahnsinn hielt, dass er so leichtfertig sein Leben aufs Spiel setzte.
"Nein, nein! Es gibt keinen Grund sich Gedanken zu machen. Er war wohl nur sauer auf sich selbst, dass die Hobbits es geschafft haben, ihn zu überrumpeln...", versuchte sie Aragorn zu beschwichtigen.
"Aber ich sehe dir doch an, dass ihr euch gestritten habt. Du hast Tränen in deinen Augen!" Er kam einen Schritt auf sie zu und er sah, wie sie wieder zögerte, bevor sie ihm etwas erwiderte.
"Ich sagte doch schon, dass er sauer auf sich selbst ist und es hat ihm wohl auch nicht gefallen, dass ich ihm gesagt habe, er solle das nicht so ernst nehmen! Er war wütend auf mich..."
"Das passt gar nicht zu Legolas!", äußerte Aragorn, doch sie ging nicht darauf ein, murmelte etwas davon, dass sie Legolas sein Schwert bringen musste und entfernte sich eine Spur zu rasch von ihm.

Aragorn blieb auf der Wiese zurück und wartete, bis Tanhis die Feste erreicht hatte, dann ging er in die Hocke und suchte den Boden ab, bis er fand, wonach er suchte.
An der Stelle, wo die Hobbits Legolas zu Boden gerissen hatten, berührte er mit den Fingerspitzen den dunklen Fleck und zerrieb nachdenklich das Blut dazwischen. Also hatte er mit seiner Vermutung doch Recht gehabt. Hier war etwas ganz und gar nicht in Ordnung und es wurde höchste Zeit, dass er mit Legolas sprach!
Er machte sich auf den Rückweg, um den Elb zu suchen und ihn zur Rede zu stellen, doch er wurde von einem der Hauptmänner abgefangen, der ihn seinerseits gesucht hatte, weil er Aragorns Anweisungen benötigte, um seine Männer zu postieren. Aragorn nahm sich fest vor, seine Suche gleich anschließend zu beginnen, doch er wurde den ganzen Tag von den Vorbereitungen der Schlacht in Anspruch genommen, sodass es schon spät am Abend war, als er endlich in die Halle der Feste trat. Gandalf saß mit Êomer, Faramir, Eowyn und Arwen zusammen, doch weder von den Hobbits oder Gimli, noch von Legolas und Tanhis war auch nur eine Spur zu sehen. So setzte er sich eine Weile zu den Freunden, die ihn auch gleich wieder völlig in Beschlag nahmen und mit ihm über die Möglichkeiten ihrer Verteidigung sprachen, bis die Stunden der Nacht schon weit fortgeschritten waren und sie alle müde zu Bett gingen.

Um die gleiche Zeit näherte sich den äußeren Toren der Stadt ein Pferdekarren, der von einem Mann langsam vorangetrieben wurde und sich einen Weg durch das riesige Lager bahnte, dass von einigen Feuern erhellt wurde, um die noch einige Krieger saßen. Der Wagen rumpelte über die unebene Spurrille, die schon zahlreiche Karren vor ihm hinterlassen hatten und hielt mit einem Ruck an, als sich die Wachen des Tores dem Kutscher in den Weg stellten und dieser die Zügel der Tiere anzog.
"Wer seid ihr und was habt ihr geladen?", fragte einer der Wachen.
"Mein Name ist Vanwathôl, Herr. Ich bringe Fässer mit Wein und andere Nahrungsmittel aus meinen Landen, die für die Truppen des Königs bestimmt sind."
Der Wachmann ging um den Karren herum und durchsuchte ihn, so gut er es in der Dunkelheit vermochte, konnte jedoch nichts auffälliges entdecken. Mit einem Nicken erteilte er die Erlaubnis, das Tor zu passieren und bald verhallten die Hufschläge und das Knirschen der Räder in den Strassen von Minas Tirith und das Tor wurde wieder verschlossen.

Überall auf dem Burggelände drängten sich die Krieger und Menschen in eifriger Beschäftigung und machten es fast unmöglich, einen Fuß vor den anderen zu setzen. Zwischen diesem Gedränge fuhren mit Holz und Eisen beladene Karren, die das Material zu den Toren brachten, um diese auszubessern und die Schmiede hatten alle Hände voll zu tun, um die Schwerter und Waffen zu schärfen. Es gab nur ein Gesprächsthema in der Stadt und alle äußerten ihre Vermutungen, über den Zeitpunkt des Angriffs der Feinde.
Legolas bahnte sich unauffällig und geschickt einen Weg durch das Gedränge, ohne auch nur einer Person aufzufallen, denn er hatte sich die Kapuze seines Umhang tief ins Gesicht gezogen und hielt sich immer im Schatten der Häuser.
Die ganze Nacht hatte er im Freien verbracht, um weder Tanhis, noch einem der Freunde gegenüber treten zu müssen, denn er wusste nicht, ob Tanhis mit Aragorn oder Gandalf gesprochen hatte und er war fest entschlossen, sich an dieser Schlacht zu beteiligen und seinem Vater nicht den geringsten Anhaltspunkt für einen neuen Tadel zu bieten.

Die Nacht war kalt gewesen und immer noch steckte die Kälte in seinen Gliedern und schüttelte seinen Körper, was ihn dazu veranlasste, den Mantel noch enger um seine Schultern zu ziehen, doch er stoppte in seiner Bewegung und wartete darauf, dass der Schmerz langsam nachließ der ihm durch den Rücken fuhr. Sonst hatte ihm weder Kälte noch Hitze das Geringste anhaben können und Schmerzen waren etwas, das er nur selten wahrnahm, denn seine Wunden verheilten sonst so schnell, dass auch die Schmerzen nie lange andauerten. Wieder kam ihm der Verdacht, dass die Ursache für seinen Zustand eine List von Rinyaviê und seinen Männern war und sicher auf ein Gift zurück zu führen war, dass sich langsam immer weiter in seinem Inneren ausbreitete und seine Kräfte raubte. Der Hass der Haradrim auf die Elben war groß genug, um vor so einer Tat nicht zurück zu schrecken und er war sicher ein willkommenes Ziel gewesen, als Sohn eines Königs und Freund vom Herrn Gondors.

Legolas zwang sich, seinen Weg fortzusetzen und umrundete die letzte Häuserreihe, die sich vor dem Tor zum Burghof erhob, durchschritt es, ohne von den Wachen zur Kenntnis genommen zu werden und befand sich auf dem großen Platz, der ausschließlich von Kriegern erfüllt war. Er musste Tanhis finden, denn noch etwas hatte ihn die ganze Nacht über nicht schlafen lassen – sein schlechtes Gewissen! Er hätte sie nicht so anfahren dürfen, auch wenn sie ihn nicht verstand, denn ihm war bewusst geworden, dass es einzig und allein die Sorgen gewesen waren, die sie dazu verleitet hatte, ihm so schroff zu begegnen.
Legolas suchte in dem Durcheinander der Menge nach ihrem wirren Haarschopf, konnte sie jedoch nicht entdecken und schimpfte sich selbst einen Idioten, dass er sie so einfach auf der Wiese hatte stehen lassen.
Plötzlich begann die Umgebung vor seinen Augen zu verschwimmen und dunkle Punkte tanzten vor seinen Augen, was ihn veranlasste, die Lider zu senken. Er stützte sich an einer kleinen Mauer ab und kämpfte gegen die Panik an, die von ihm Besitz ergriff, zwang sich selber dazu, die Ruhe zu bewahren, atmete tief durch und als er nach einigen Minuten die Augen wieder aufschlug, waren die Schatten verschwunden.

Wenn er nur wüsste, was ihm diese Qualen bereitete! Er wäre sicher in der Lage, etwas dagegen zu tun, doch so war er gezwungen, sich so lange wie er nur vermochte gegen das Gift zur Wehr zu setzen. Legolas ging in Gedanken noch einmal die Bruchstücke seiner Erinnerung an die Gefangenschaft durch und suchte nach einem Hinweis, doch so sehr er sich auch anstrengte, ihm viel nichts ein, was seinen Zustand erklärt hätte. Die Waffe, die ihm die Stichwunde zugefügt hatte, konnte nicht die Ursache dafür sein, sonst hätte er gleich einen bren

nenden Schmerz gefühlt, der auf ein Gift hingewiesen hätte. Doch da die Wunde nicht heilen wollte, bestand kein Zweifel, dass sich das Gift von dort ausbreitete und so blieb nur noch eine Möglichkeit: Alcthon! Er hatte ihn und die Verletzung versorgt und er besaß die Kenntnisse über alle möglichen Heilpflanzen und deren Wirkung, da war es nicht verwunderlich, dass er sich auch mit Giftpflanzen auskannte! Er musste ihn finden, das war seine einzige Hoffnung! Sicher würde er mit Rinyaviê nach Minas Tirith kommen, um die Verwundeten der eigenen Truppen zu versorgen!
Diese Erkenntnis gab ihm neuen Mut, doch er musste trotz allem abwarten, bis der Feind endlich angriff. Sich jetzt schutzlos in das Gebiet des Feindes zu begeben, war ein aussichtsloses Unterfangen und würde ihn nur wieder in dessen Hände treiben. Er war zum Warten verdammt und musste darauf hoffen, Alcthon unter den Feinden auszumachen, wenn sie die Stadt angriffen.

Legolas' Abwesenheit viel zunächst niemandem auf, denn alle Freunde waren mit den verschiedensten Aufgaben betreut worden, die es ihnen unmöglich machten, auch nur eine Minute zur Ruhe zu kommen. Frodo und Sam hatten mit Merrys und Pippins Unterstützung wieder die Botengänge übernommen, Gandalf stand Aragorn beratend zur Seite und Gimli hatte sich Êomer und Faramir angeschlossen, die das Kommando über ihre Truppen führten. Tanhis hatte auf den Wunsch von Arwen damit begonnen, sie und Eowyn einige ihrer Kampftechniken beizubringen und war in dem festen Glauben, dass Legolas ihr bewusst aus dem Weg ging und sicher mit Gimli gegangen war, um sich den Truppen anzuschließen. Gimli war seinerseits in dem Glauben, dass sich Legolas bei Tanhis befand, die er ebenfalls seid dem Zwischenfall auf dem Kampfplatz nicht mehr zu Gesicht bekommen hatte.

Frodo und Sam liefen gerade durch das sechste Tor der Stadt, um zur Feste zurück zu kehren. Es war schon spät am Nachmittag, langsam zog die Dämmerung herauf, und sie hatten damit zugebracht, einigen Hauptläuten neue Anweisungen zu überbringen, die vor dem Einbruch der Dunkelheit ausgeführt werden mussten. Den ganzen Tag schon hatte eine unheilsverkündende Stimmung über der Stadt gelegen und Aragorn fürchtete, dass in dieser Nacht die Haradrim angreifen würden.
Frodo wischte sich den Schweiß von der Stirn, was dunkle, schmutzige Streifen in seinem Gesicht hinterließ, denn es war so trocken und warm, dass in der Luft der Staub der Strassen schwebte und alles bedeckte. Weder Frodo noch Sam kümmerte dieser Umstand, doch sie waren müde und hungrig und wollten so schnell es nur ging wieder in die Burg zurück, um sich auszuruhen, damit sie, sollte die Schlacht wirklich in dieser Nacht beginnen, vorher noch etwas zu Kräften kamen.
Sie ließen einige Pferdewagen hinter sich und quetschten sich an den Menschen vorbei, sodass sie dicht an der Stadtmauer entlang kamen, die sich zu ihrer rechten erhob, erspähten das letzte Tor und beschleunigten noch einmal ihre Schritte, dass ersehnte Ziel vor Augen.

Im Burghof herrschte das gleiche dichte Gedränge, doch es war wesentlich geordneter, als in den Strassen der Stadt, sodass sie schnell die Stufen der Feste erreichten und in die kühle Halle gelangten, wo schon einige ihrer Freunde versammelt waren. Aragorn schaute lächelnd auf, als er die Schritte der Hobbits vernahm und winkte sie zu sich heran. Bei ihm stand einer der Boten, nicht weniger schmutzig und erschöpft wie sie selbst und Frodo musterte ihn neugierig.
"Es gibt gute Neuigkeiten, Freunde! Die Truppen der Elben nähern sich über die Ebene und werden noch vor Sonnenuntergang hier sein! Das steigert unsere Chancen um einiges. Mit ihrer Hilfe wird es uns sicher gelingen, Rinyaviê zurück zu drängen!"
Diese Nachricht erfüllte alle mit neuer Zuversicht und rasch erteilte Aragorn Anweisungen, um alles für die Ankunft der Elben in die Wege zu leiten.
Tanhis saß mit gemischten Gefühlen an einem der Tische und fragte sich eben, wie Legolas die Nachricht vom Eintreffen seines Vaters wohl aufnehmen würde, als Êomer und Faramir, gefolgt von Gimli die Halle betraten. Sie starrte auf die Eingangstüre und hielt nach Legolas Ausschau, doch die Türe schloss sich hinter den Freunden und sofort wurde Tanhis von Unruhe gepackt. Wo steckte er, wenn er nicht bei dem Zwerg war? Oder war er doch bei ihnen gewesen und würde ihnen später folgen?

Sie hielt die Ungewissheit nicht länger aus und strebte auf Gimli zu, den sie dann außer Hörweite zog und ihn fragend musterte.
"War Legolas nicht bei euch? Ich dachte, er hätte sich euch angeschlossen!"
Gimli legte die Stirn in Falten und stieß einen brummenden Laut aus, den Tanhis nicht zu deuten vermochte.
"Ich habe ihn seid Gestern nicht mehr zu Gesicht bekommen, als ich euch auf der Wiese zurückgelassen habe! Was ist denn geschehen?", verlangte er dann zu wissen.
Tanhis überlegte, ob sie Gimli von Legolas' Verletzung erzählen sollte, entschied sich jedoch dagegen. Wenn Legolas es gewollt hätte, dann hätte er es dem Zwerg sicher schon längst erzählt und so wich sie der Frage aus.
"Nichts, ich dachte nur, er wollte zu euch, als er heute Morgen erfuhr, dass ihr zu den Truppen gegangen seid. Sicher ist er aufgehalten worden und wird gleich kommen."
"Mach mir nichts weis, Mädchen! Ich sehe doch, dass hier etwas ganz und gar nicht Ordnung ist! Ich kenne Legolas lange genug, um zu wissen, dass er nicht so leicht von zwei Hobbits zu überrumpeln ist. Es ist mir auch nicht entgangen, dass er sich kaum noch auf den Beinen halten konnte, also – was ist los?"
Jetzt zog Gimli sie noch ein Stück weiter von den Freunden weg und sein Blick zeigte Tanhis, dass sie ihm nichts vormachen konnte. Sie schluckte und berichtete dann schweren Herzens von ihrem Streit. Als sie endete lag auch in Gimlis Augen die Sorge um den Freund.
"Komm, wir suchen ihn. Es ist besser, wir finden ihn, bevor sein Vater hier eintrifft."
Unbemerkt entfernten sie sich aus der Halle und machten sich auf die Suche.

Rinyaviê und eine Hand voll seiner Männer hielten sich hinter einem kleinen Schuppen verborgen, vor dem noch immer der Pferdekarren mit den Weinfässern stand und ihnen zusätzliche Deckung bot. Noch immer lag ein zufriedenes Grinsen auf seinem Gesicht, denn sein Plan, sich in den Fässern zu verstecken und so in die Stadt zu gelangen, war aufgegangen. Niemand der Wachen hatte Verdacht geschöpft und sie waren unbehelligt bis in den sechsten Ring der Stadt gelangt, wo Vanwathôl den alten, fast zerfallenen Schuppen entdeckt hatte. Die Türe quietschte in den Angeln, überall pfiff der Wind durch die Ritzen und auf dem Boden lag nasses, schimmelndes Stroh, doch in näherer Umgebung war nicht ein bewohntes Haus und so hatten sie ungesehen aus den engen, stinkenden Fässern klettern können, ohne dabei entdeckt zu werden.
Nun brauchten sie nur noch auf den Einbruch der Dunkelheit zu warten und das vereinbarte Signal senden, dass die Truppen dazu veranlassen würde, endlich den Schutz des Schattengebirges zu verlassen und den Angriff zu starten, während er sich auf die Suche nach dem König und diesem Elben machen konnte!
Immer noch nagte die Wut in seinem Inneren, wenn er an den Elben dachte und er würde es genießen, ihm endlich die Strafe zuteil werden zu lassen, die er verdient hatte. Niemand durfte es wagen, ihn so bloß zu stellen und seine gefährlichste Truppe zu überwältigen!

Rinyaviê wandte den Kopf zur Seite und ergriff den Kragen des Mannes neben sich, um ihn näher an sich heranzuziehen.
"Und du bist dir sicher, dass die Giftpflanze seine Kraft geschwächt hat – Alcthon?", zischte er.
Alcthon zog die Schultern zusammen, doch der eiserne Griff seines Herrn verursachten ihm trotzdem Schmerzen.
"Ja, Herr! Als er befreit wurde, hatte die Wunde sich noch nicht wieder geschlossen. Das Gift hat zwar die Entzündung aufgehalten, doch ohne das Gegengift wird sie sich nicht schließen und er wird immer schwächer werden. Er müsste die Folgen inzwischen selber bemerken!"
Rinyaviê grinste zufrieden und stieß Alcthon grob zur Seite, der sich beeilte, aus der Reichweite seines Herrn zu gelangen.
"Sehr gut! Dafür, dass es eigentlich anders geplant war, hat sich das Schicksal doch noch zum Guten für uns gewendet! Ich freue mich schon jetzt darauf, sie um Gnade betteln zu sehen!"

Legolas hatte den ganzen Burghof vergeblich abgesucht und hatte dann damit begonnen, erst die Feste und dann die umliegenden Plätze und Ställe zu durchkämmen. Immer wieder wäre er dabei fast einem seiner Freunde in die Arme gelaufen, doch es war ihm ständig in letzter Minute gelungen, sich zu verbergen. Dabei hatte er zufällig erfahren, dass sein Vater und die Armeen der Elben noch an diesem Abend in Minas Tirith eintreffen würden, was ihn erneut in seinem Vorhaben bestärkte, sich auf keinen Fall von der Schlacht ausschließen zu lassen.

Als er den Stall betrat, vernahm er das leise und friedliche Schnauben der Pferde und das rascheln des Heus, die letzten Strahlen der Sonne tauchten alles in schummriges Licht und der Geruch des frischen Strohs, vermischt mit dem Duft der Pferde, stieg Legolas in die Nase.
Fast wie von selbst wurde er dazu verleitet, zu Arod in die Box zu gehen und das Tier wandte sofort den Kopf in seine Richtung und stieß ein kurzes, erfreutes Wiehern aus, als es seinen Herrn erkannte.
Legolas griff im vorbeigehen in den Trog mit Hafer und hielt Arod seine Hand ausgestreckt entgegen, der umgehend seine weichen Nüstern blähte und schließlich gierig die Leckerei auffraß. Legolas genoss es, die weiche Berührung in seiner Handfläche zu spüren und begann mit der anderen Hand, den Hals von Arod zu streicheln. Als der Hafer vollständig im Maul des Tieres verschwunden war, begann es überall an seinem Herrn zu schnuppern, in der Hoffnung, noch mehr davon zu entdecken. Als seine Suche erfolglos blieb, stieß es Legolas sanft gegen die Schulter und forderte damit Nachschub. Legolas lachte.
"Du bist ganz schön undankbar, mellon nin! Du wirst dich damit wohl zufrieden geben müssen!"
Arod trat einen Schritt auf Legolas zu und wieder stieß er ihm auffordernd gegen die Schulter, diesmal jedoch mit mehr Kraft, die Legolas ungewollt gegen die Stallwand drückte und ihn zusammenzucken ließ.

"Ah, du musst deswegen nicht gleich Gewalt anwenden, du Vielfraß!", schimpfte Legolas, doch er zog geräuschvoll die Luft ein und schob Arod entschieden von sich. Müde und erschöpft ließ er sich auf einem Strohballen nieder und dachte an Tanhis' Worte, die sie ihm auf der Wiese gesagt hatte und er zweifelte das erste Mal an seiner Entscheidung, Aragorn und Gandalf nichts von seinen Schmerzen zu erzählen.
Vielleicht konnten sie ihm ja wirklich helfen! Aragorn hatte schließlich auch vermocht, Faramir und Eowyn damals zu helfen, als sie im Ringkrieg verletzt worden waren und würde bestimmt auch ihm Linderung verschaffen! Wenigstens soweit, dass er wieder Imstande war, sich ausreichend in den bevorstehenden Kämpfen verteidigen zu können, um doch noch seine Ehre gegenüber seinem Vater zu bewahren.
Tanhis Stimme riss ihn plötzlich unvermutet aus seinen Gedanken und er hob so abrupt den Kopf, dass sich einen Augenblick alles um ihn herum drehte. Rasch ging der Schwindel vorbei und da stand sie, das Haar wild zerzaust und ihr Atem ging in schnellen Zügen von der Anstrengung des Laufs, kraftlos hingen ihre Arme an ihren Seiten herunter und als sich ihre Blicke trafen, schimmerten Tränen der Erleichterung in ihren Augen.

Eine Zeitlang vermochte keiner der Beiden sich zu rühren, bis Legolas sich erhob, sein Gesicht schmerzgepeinigt verzogen, und Tanhis wollte schon nach ihm greifen, um ihn zu stützen, doch es gelang ihm, ohne ihre Hilfe wieder auf die Füße zu kommen. Er zögerte einen Moment, doch dann brach er schließlich das Schweigen.
"Tanhis. Es tut mir leid was ich gesagt habe. Du hast Recht, ich sollte mir helfen lassen!"
Seine Worte bewirkten, dass ihr die Tränen jetzt ungehindert über die Wangen liefen, doch ein Lächeln legte sich auf ihre Lippen, als sie endlich aus ihrer Starre erwachte und zu ihm ging. Ohne ein Wort schloss sie Legolas in die Arme, erleichtert darüber, ihn unversehrt gefunden zu haben. Sie und Gimli hatten sich bei ihrer Suche getrennt, um mehr Zeit zu gewinnen und der Stall war ihre letzte Hoffnung gewesen, nachdem alle anderen Plätze sich als Erfolglos erwiesen hatten. Sie wusste, wie sehr Legolas an Arod hing und sie selbst liebte die ruhige Atmosphäre in den Ställen, die der geeignete Ort zum Nachdenken waren.

Legolas löste sich vorsichtig aus ihrer Umarmung und sah sie zärtlich an.
"Komm, lass uns zu Aragorn gehen. Ich hoffe du hast Recht und er oder Gandalf können mir helfen."
Tanhis nickte erleichtert, ergriff seine Hand und gemeinsam verließen sie den Stall.

Draußen war inzwischen die Nacht hereingebrochen und es war merklich abgekühlt, doch der frische Wind blies Legolas angenehm ins Gesicht. Er drückte Tanhis Hand ein wenig fester und sie schlugen den Weg zur Feste ein, der sie von den Ställen aus über einige kleine Strassen und Gassen führte. Sie hatten gerade eine kleine, verlassene Gasse erreicht, als Tanhis von einem unguten Gefühl beschlichen wurde und auch Legolas unvermittelt stehen blieb und angestrengt lauschte. Er war sich nicht sicher, doch er meinte ganz deutlich etwas gehört zu haben und sein Blick blieb an dem alten Pferdekarren hängen, der nicht unweit von ihnen am Ende der Gasse stand und auf den Schuppen dahinter.
Bevor sie richtig reagieren konnten, sprang auch schon der erste der Haradrim hinter dem Wagen hervor und riss Legolas von den Füßen, der es jedoch gerade noch schaffte, sich herumzurollen, um nicht unter dem massigen Körper begraben zu werden. Tanhis schrie kurz auf, warf sich auf den Mann und lenkte ihn so von Legolas ab, der seinen Dolch zog und dann zu Tanhis stürzte, um ihr zu helfen.
Doch er gelangte erst gar nicht in ihre Nähe, denn jetzt kamen fünf weitere Männer aus dem Schuppen und griffen sie an. Tanhis setzte ihren Gegner mit einem gezielten Stoß ihrer Klinge außer Gefecht und fuhr zu Legolas herum, der sich gegen zwei Haradrim zur Wehr setzte und eilte an seine Seite. Sie musste ihm helfen, ihn vor den Feinden beschützen, bevor er noch ernsthaft verletzt wurde. Ohne nach links oder rechts zu sehen stürmte sie auf ihn zu, den Dolch kampfbereit in der Hand, doch sie erreichte ihn nicht, denn ein eiserner Griff umfing plötzlich ihre Schulter und sie wurde mit einem Ruck herumgerissen. Die Hand mit dem Dolch wurde hart gegen die Wand geschlagen und klappernd fiel er zu Boden, während sie selbst den kalten Stahl einer Klinge an ihrer Kehle spürte. Ein widerwärtiger Geruch von Schweiß, Dreck und Bier stieg ihr in die Nase und sie eine riesige Hand verschloss ihren Mund, noch bevor sie einen Schrei ausstoßen konnte.
"Das reicht!", donnerte eine tiefe Stimme neben ihrem Ohr, die bewirkte, dass Legolas in seiner Bewegung erstarrte und von Entsetzen gepackt wurde. Diesen Augenblick nutzten seine Gegner und sie führten einen so kräftigen Schlag aus, das Legolas in die Knie ging, dann wurde er umgehend gepackt und bekam die Arme auf den Rücken gedreht, damit er sich nicht mehr wehren konnte.
Tanhis wand sich in dem festen Griff, als sie sah, wie Legolas zu Boden ging, doch es war ein vergeblicher Versuch und sie wurde nur noch enger umschlungen.

Legolas hob den Kopf und sah gequält zu Rinyaviê auf, der Tanhis mit Gewalt festhielt und eine Freude daran hatte, seine Macht gegen sie auszuspielen. Er sah die Angst in ihren Augen, was ihn fast zur Verzweiflung brachte, denn er gab sich alleine die Schuld daran, dass sie nun in dieser ausweglosen Situation steckten!
Er hätte gleich auf sie hören sollen, denn nur wegen ihm hatte sie sich auf die Suche gemacht; sie hatte ihn beschützen wollen und war stattdessen selber in Gefahr geraten. Es war seine Schuld, wenn ihr nun etwas zustieß, wenn Rinyaviê sie verletzen würde und er stand hilflos daneben und musste tatenlos dabei zusehen!
Legolas stand mühsam auf und warf Rinyaviê einen finsteren, entschlossenen Blick zu.
"Lass sie gehen! Sie hat nichts mit der Sache zu tun!"
"So, ich soll sie frei lassen? Das könnte dir so passen! Sie würde umgehend zu deinen Freunden rennen und Hilfe holen! Nein, ich habe etwas Besseres mit ihr vor! Sie darf zusehen, wie ich dich langsam dafür bezahlen lasse, dass du mir meine Pläne verdorben hast und wenn ich mit dir fertig bin, werde ich mich ihrer annehmen und ein bisschen Spaß mit ihr haben!"
Rinyaviê lachte amüsiert auf, als er den entsetzten Ausdruck in Legolas' Augen sah.
"Oh, scheint so, als würde die Kleine dir einiges bedeuten! Na, das macht die Sache ja noch interessanter! Vielleicht lasse ich dich noch ein wenig zusehen, wie ich mich um sie kümmere, bevor du an der Reihe bist!"
Mit einer Handbewegung rief er einen seiner Männer an seine Seite.
"Gebt das Signal und dann machen wir, dass wir zum Palast kommen."

Der Mann zog einen Pfeil aus dem Köcher, spannte ihn in den Bogen und hielt die Spitze in das Feuer einer Fackel, die einer der Anderen in den Händen hielt, zielte dann in die Luft und schoss den brennenden Pfeil ab. Er zog einen hellen Streifen über den schwarzen, sternenlosen Himmel, bevor er aus Legolas' Blickfeld verschwand und sich in die Ebene herabsenkte. Der Angriff hatte begonnen.