Chapter 10

Celegalad betrat das Schlafzimmer von Arwen und Aragorn. Ihre Schwester saß in einem Lehnstuhl neben dem Fenster. Als Arwen Celegalad sah, stand sie auf und schickte alle ihre Diener und Dienerinnen hinaus. "Guten Morgen! Was ist denn los?", fragte Celegalad. "Cele- du kennst dich doch so gut in Heilkünsten und Krankheiten aus, auch in denen der Menschen!", begann Arwen zögernd. "Ja, natürlich, was ist denn los, bist du krank?", fragte Celegalad besorgt. "Das weiß ich eben nicht! Ich will ja wissen, was mit mir los ist!", erwiderte Arwen. "Dann erzähl' am Besten mal!", forderte Celegalad ihre Schwester auf. Arwen holte tief Luft und begann: "Also, in letzter Zeit, sowohl vor als auch nach der Gefangenschaft, ist mir oft schlecht, besonders morgens. Aragorn weiß nichts davon, ich wollte ihn nicht beunruhigen, ebenso wie Vater. Meine Dienerinnen mussten schwören, niemanden etwas zu erzählen. Du bist also die Einzige, die kein Dienstmädchen ist und davon weiß!" Celegalad musste lachen. "Keine Angst, Schwesterherz, mit dir ist alles in Ordnung, du bist lediglich schwanger!" Arwen sah sie ungläubig an. "Du meinst, ich kriege ein Kind? Wirklich? Earendil, das ist ja wundervoll! Und, äh, wann kriege ich das Kind?" Celegalad hob die Schultern. "Ich bin mir nicht sicher, ich schätze, du bist ungefähr im vierten Monat, also in fünf Monaten kriegst du dein Kind!" Arwen fiel ihrer Schwester um den Hals. "Das ist so wunderbar!" Sie hielt inne. "Und jetzt sagst du, was mit dir los ist! Und versuch' ja nicht, auszuweichen oder so. Irgend etwas ist passiert! Also?" Celegalad seufzte und begann zu erzählen, was sich letzte Nacht und heute Morgen ereignet hatte. "Und, er ist wirklich verlobt? Das kann ich mir bei ihm gar nicht vorstellen, dass er sowas macht, wenn er verlobt ist!", meinte Arwen. "Aber leider spricht sehr viel dafür, dass er es doch macht!" Sie drückte Celegalad noch einmal fest. Celegalad stiegen nun wirklich die Tränen in die Augen und liefen schließlich über ihre Wangen. Arwen strich sie behutsam weg. "Keine Angst, mein Schatz, vielleicht ist das alles ja wirklich ein Missverständnis!" Celegalad schniefte und Arwen gab ihr ein Taschentuch. Plötzlich räusperte sie sich und sah auf Celegalads Hals. "Was ist?", fragte diese beunruhigt. Arwen antwortete nicht sondern hielt ihrer Schwester stattdessen einen Spiegel vor die Nase. Celegalad konnte einen dunkelroten Fleck auf der rechten Seite ihres Halses erkennen und versuchte hastig, ihren Kragen darüber zu ziehen. Arwen schüttelte den Kopf. "Warte mal, das haben wir gleich!" Sie ging zu ihrem Schrank und holte ein weißes Tuch heraus. Sie drapierte es so um Celegalads Hals, dass der Fleck nicht mehr zu sehen war.

Legolas stürmte wutentbrannt in das Zimmer seines Vaters. "Was soll das mit der Verlobung?", brüllte er. "Ich werde Daevaltir nicht heiraten!!!" Thranduil sah ihn unbewegt an. "Doch, das wirst du! Die Verlobung steht seit gestern Abend fest. Ich hatte das organisiert, bevor Dae-Aglar niedergeschlagen wurde. Daevaltir braucht jetzt besonderen Beistand, also wirst du dich um deine Verlobte kümmern!", sagte er hart. "Sie ist nicht meine Verlobte, verdammt noch mal, weil ich sie nicht heiraten werde! Wie oft muss ich das denn noch sagen?" Legolas schlug mit einer Faust wütend gegen eine Wand. "Du wirst sie heiraten, damit Schluss jetzt! Und nun komm' wir müssen in die Kaminhalle!", erwiderte Thranduil ungerührt und verliess das Zimmer. Legolas sah ihm sprachlos hinter her. Waren denn jetzt alle verrückt geworden?

Als Arwen und Celegalad die Kaminhalle betraten, waren bereits alle anderen da. Aragorn hob die Hand, und das Gemurmel, das vorher den Raum erfüllt hatte, verstummte. "Wie Ihr alle wisst, ist gestern Abend König Dae-Aglar im hinteren Garten brutal niedergeschlagen worden. Er ist derzeit ohne Bewusstsein, also können wir ihn nicht befragen. Es gibt jedoch Zeugen, die behaupten, sie hätten ihn mit einem Mädchen weggehen sehen. Deshalb werden wir alle Mädchen in diesem Raum befragen, wo sie auch auf dem Fest gestern Abend waren. Ich werde euch in Gruppen einteilen." Aragorn ging zusammen mit Gandalf zwischen den Reihen hindurch und teilte die Mädchen in Gruppen ein. Celegalad befand sich, zusammen mit Arwen und Daevaltir in der ersten Gruppe. Gandalf befragte als erstes Arwen. "Wo wart Ihr gestern am späten Abend?" Arwen verkniff sich ein Schmunzeln. "Ich war den ganzen Abend an der Seite meines Mannes und habe mich um die Gäste gekümmert!", erklärte sie. Aragorn bestätigte das. Dann wandte sich Aragorn selbst an Daevaltir. "Wo wart Ihr gestern am späten Abend?", fragte er. Daevaltir antwortete in ihrem üblichen, monotonen Tonfall: "Ich war die ganze Zeit bei König Thranduil!" König Thranduil nickte. "Ja, das stimmt, sie war gestern bei mir!", erklärte er. Aragorn sah Celegalad an, die seinen Blick fest erwiderte. "Wo wart Ihr gestern Abend?", fragte er. Celegalad sah kurz zu Durein, der gespannt auf ihre Antwort zu warten schien. "Ich war gestern den ganzen Abend mit Hauptmann Durein am Teich im Park.", antwortete sie. Aragorn zog verwundert die Augenbrauen hoch, sagte jedoch nichts und wandte sich zu Durein. "Ist das wahr?", fragte er. Durein nickte eifrig. "Äh, ja, natürlich, das ist wahr!", erwiderte und lächelte Celegalad an. Sie erwiderte das Lächeln kurz und wandte dann den Kopf. Dabei traf ihr Blick die verletzten Augen von Legolas. Sie spürte einen Stich im Herzen, sah aber nicht länger zu ihm hin.

Arwen saß im Garten auf einer Wiese und sah sich gedankenverloren den Sonnenuntergang an. Ihre Gedanken kreisten um ihr Kind. Sobald sie Aragorn treffen würde und er Ruhe und Zeit hatte, würde sie es ihm erzählen. Allerdings sah es nicht so aus, als würde das bald passieren, weil die Alibiüberprüfung kaum etwas gebracht hatte und er andere Mittel und Wege finden musste, die Schuldige zu finden. Dae-Aglar, das war doch der Vater von Daevaltir, der Verlobten von Legolas, oder? Arwen konnte immer noch nicht glauben, dass Legolas seine Verlobte betrügen würde und dabei Celegalad anlügen. Er war einer der ehrlichsten und aufrichtigsten Menschen bzw. Elben, die sie kannte! Sie seufzte. "Was ist los, mein Schatz?", ertönte Aragorns Stimme hinter ihr. Arwen wandte sich lächelnd um. "Da bist du ja! Wie geht es mit der Suche nach der Schuldigen voran?" Aragorn schüttelte den Kopf. "Es bringt nichts, alle Mädchen, ausnahmslos haben ein Alibi. Und Dae-Aglar wird so schnell nicht wieder zu Bewusstsein gelangen." Aragorn legte seinen Arm um Arwens Schulter und zog sie zu sich heran. Arwen lehnte sich an ihn. "Und was ist mit dir los? Du bist in letzter Zeit... wie soll ich sagen....ein wenig seltsam. Nicht im Negativen,", sagte Aragorn hastig, als Arwen eine Braue hoch zog. "sondern insgesamt. Besonders heute. Einerseits siehst du so aus, als wärst du überglücklich, und andererseits hast du etwas auf dem Herzen!" Arwen kuschelte sich noch enger an ihn. "Es stimmt, ich bin einerseits glücklich und andererseits bedrückt. Ich bin glücklich, weil ich heute erfahren habe, das alles mit mir in Ordnung ist. Sehr sogar. Ich war etwas beunruhigt, weil ich mich in letzter Zeit so oft unwohl gefühlt habe und.....ich habe es dir nicht erzählt, weil ich dich nicht beunruhigen wollte!" Aragorn sah sie alarmiert an. "Arwen, du musst mir so etwas erzählen, du darfst mir so etwas nicht verheimlichen, weil solche Dinge Anzeichen für eine Krankheit oder ähnliches sein können. Das ist bei Menschen so!", sagte er ernst. Arwen nickte und musste lächeln. "Ja, gut, ich werde es dir in Zukunft immer erzählen!", versprach sie ihm. "Und was hatte deine Übelkeit in den letzten Tagen als Ursache?", fragte Aragorn weiter. Arwen lächelte verschmitzt. "Oh, eine sehr angenehme Ursache!" Sie musste lachen. "Ich bin schwanger!" Aragorn sah sie zuerst ungläubig an. Dann fingen seine Augen an zu leuchten. "Wirklich? Arwen, das ist ja...." Er wusste nicht, was er sagen sollte und küsste seine schöne Frau stattdessen innig. Als er sich von ihr löste, sah er sie besorgt an. "Und was bedrückt dich?", fragte er. Arwen seufzte und sah wieder in den Sonnenuntergang. "Es geht um Celegalad. Sie....sie war gestern nicht mit Hauptmann Durein zusammen. Sie war mit Legolas auf ihrem Zimmer.", sagte sie. "Und warum hat sie heute morgen gelogen? Und warum deckt Durein sie?", fragte Aragorn ruhig. "Weil Legolas nun mal verlobt ist und es nicht sehr gut aussieht, wenn ein verlobter Thronerbe sich abends mit einem anderen Mädchen als seiner Verlobten alleine in einem Zimmer aufhält. Durein deckt sie unwillkürlich. Er war gestern sturzbetrunken und kann sich an nichts mehr erinnern. Celegalad hat ihm gegenüber Andeutungen gemacht, die ihn glauben lassen, sie seien gestern Abend zusammen am Teich gewesen und dort wäre etwas zwischen den beiden passiert. Celegalad geht es nicht sehr gut. Zum einen hat Legolas sie gestern angelogen; er sagte ihr, er wäre nicht mit Daevaltir verlobt und habe auch nicht vor, sich mit ihr zu verloben; und zum anderen; ist jetzt auch noch das mit Dae-Aglar passiert, weshalb sie sich ein Alibi wie das des Hauptmanns beschaffen musste. Außerdem: Celegalad war nie richtig verliebt, sie hatte immer Angst davor, enttäuscht zu werden. Sie hat ihre Gefühle immer unterdrückt und jetzt, wo sie ihre Gefühle zugelassen hat, passiert genau das, wovor sie Angst hatte: Sie wurde enttäuscht.", erklärte Arwen. Aragorns Miene hellte sich ein wenig auf. "Jetzt weiß ich wenigstens, warum Legolas so fertig ist. Er hat mir erzählt, dass sein Vater ihn gegen seinen Willen mit Daevaltir verkuppeln will. Aber ich habe mir schon gedacht, dass das nicht alles sein kann. Er war so am Boden zerstört, so habe ich ihn noch nie gesehen!", sagte er. Arwen hob den Kopf und sah ihn an. "Was, König Thranduil will Legolas gegen seinen Willen verheiraten? Das kann ich mir gar nicht vorstellen! Aus welchem Grund?", fragte sie verwirrt. "Thranduil hat Legolas gesagt, er wolle, dass sein Königreich 'vernünftig' weitergeführt und mächtiger werden solle, was auch immer das heißen mag. Legolas ist vollkommen verstört, weil sein Vater ihm nach Jahrhunderten plötzlich nicht mehr vertraut und er auch noch diese fixe Idee von einer Heirat mit Daevaltir im Kopf hat!", meinte Aragorn. Arwen sah ratlos aus. "Wir müssen unbedingt herausfinden, was es damit auf sich hat, dass Thranduil sich so seltsam benimmt!", sagte sie entschlossen.

---------------------------------------------------------------------------- -- ---------------------------------------------------------- Arwen muss sich erst mit menschlichen Körperreaktionen vertraut machen......