„Professor Snape."
Ihre Stimme war nur ein ängstliches Flüstern und Hermines Magen verkrampfte sich abermals, als sich die schwarze Gestalt näher an sie presste, um ihr keine Möglichkeit zur Flucht zu geben. Sie nahm einen herben Geruch von Schweiß und Kräutern war, als er sich zu ihr hinunter beugte und sie mit seinen schwarzen Augen an die Wand zu nageln schien.
„Hätte nicht gedacht, dass ich mich mal freuen würde Potters kleine Freundin wieder zu sehen."
Sein Mund verzog sich zu einem hämischen Grinsen, doch Snape wirkte lange nicht so bedrohlich, wie sie ihn in Erinnerung hatte. Seine langen, fettigen Haare fielen schlaff auf seine Schultern, sein schwarzer Umhang war an Ärmel und Kragen zerrissen und an seinem dünnen, weißen Hals klebte Blut. Hermine wusste nicht, ob es Snapes Blut war und für einen Moment schauderte sie bei dem Gedanken, es könnte Dumbledores Blut sein. Snape war magerer als sonst, wodurch seine Gesichtszüge noch boshafter als üblich wirkten.
„Was wollen Sie von mir?"
Hermines Stimme zitterte und sie wurde sich plötzlich bewusst, dass sie nur im Nachthemd vor ihrem ehemaligen Zaubertränkeprofessor stand, die Hände links und rechts von ihrem Kopf an die massive Kellertür gepresst. Er wird dich umbringen, oder vergewaltigen, oder vielleicht sogar foltern, ging es ihr durch den Kopf und sie konnte nicht verhindern, dass sie am ganzen Körper wie Espenlaub zu zittern begann.
„Ist ihnen kalt oder liegt es an meiner Gegenwart, dass Sie so zittern, Miss Granger?"
Seiner sonst kalten, schneidenden Stimme war eine müde Häme gewichen. Sein Blick verriet Erschöpfung und als sie in seine matten, schwarzen Augen blickte, wich der Angst ein leises Mitempfinden. Erst als er zu sprechen begann, wurde sie sich wieder der Tatsache gewahr, dass ihr Dumbledores Mörder gegenüber stand.
„Ich habe keine Zeit für Spielchen, also hören Sie mir zu, Miss Granger. Ich hatte eine Vereinbarung mit Dumbledore. Ich sollte ihn töten, um in die inneren Kreise des Dunklen Lords vorzudringen. Ich erwarte nicht, dass Sie das verstehen. Er war alt..."
Für einen Augenblick hielt er inne und schien seinen eigenen Gedanken nachzuhängen. Seine Augen fixierten Hermine nicht mehr länger, sondern wanderten gedankenverloren im Raum umher. In seinen Gesichtszügen spiegelte sich Pein wieder. Es war Hermine unangenehm ihn so zu sehen. Er war Dumbledores Mörder und sie würde kein Mitleid mit ihm haben.
„Professor?"
Snapes Gesicht wandte sich ihr blitzschnell zu und seine Gesichtzüge verhärteten sich wieder. Hermine wurde schlagartig klar, dass sie ihn nicht hätte ansprechen sollen, denn der Druck auf ihre Handgelenke verstärkte sich und Snapes Gesicht kam ihr so nahe, dass sich ihre Nasenspitzen fast berührt hätten.
„Sie werden mich hier wohnen lassen. Sie werden mir Essen geben und mich mit Informationen über die magische Welt versorgen. Ist das klar?"
Hermine schluckte. Unfähig einen Gedanken zu fassen stellte sie die nächstliegende Frage.
„Warum?"
„Wüsste nicht, was Sie das angeht. Und jetzt sorgen Sie dafür, dass ich ein Zimmer und eine Dusche bekomme, ich kann ja schlecht in ihrem Vorratskeller hocken bleiben."
Hermines Blick fiel auf die zerrissene Kekspackung. Snape musste sich dass erste gegriffen haben, was ihm in die Finger kam. Er wird gesucht, schoss es ihr durch den Kopf. Er kann keinen Zauber aussprechen, ohne dass man ihn findet. Sie überlegte, ob sie ihn einfach von sich stoßen sollte, schließlich durfte er seinen Zauberstab nicht verwenden, aber sie zweifelte nicht daran, dass Snape sie mit bloßen Fingern töten konnte.
„Wenn Sie hier raus wollen, müssen Sie mich zuerst gehen lassen, Professor."
Er schien sie mit seinem Blick regelrecht aufzuspießen. Dann senkte er jedoch den Kopf und ließ sie langsam los. Hermine atmete auf und spürte erst jetzt, dass sie die ganze Zeit die Luft angehalten hatte. Sie drückte die Türklinke hinunter, aber abermals schnellte die dünne, weiße Hand hervor und versperrte ihr den Weg in die Freiheit.
„Hermine - niemand darf es erfahren."
Sein Ton war fast flehentlich und er schien nicht zu bemerken, dass er sie mit ihrem Vornamen ansprach. Sie nickte.
„Ja, Sir."
Die Hand verschwand in dem dunklen Stoff des Umhangs. Hermine riss die Tür auf und machte ein paar taumelnde Schritte in die Freiheit.
