Es war schon später Abend, als sich Hermine wieder in den Keller hinunter wagte. Sie hatte aus der Küche etwas von dem Abendessen stibitzt und machte sich jetzt mit dem Teller Spagetti auf den Weg zur Abstellkammer. Vor der Tür blieb sie einen Moment stehen und straffte die Schultern. Sie würde Snape ihre Unsicherheit nicht merken lassen. Diesmal nicht.

Trotz dieses Entschlusses klang ihre Stimme noch immer etwas zaghaft, als sie an die Tür klopfte und in den dunklen Raum trat. Sie tastete nach dem Lichtschalter. Warum musste diese Fledermaus sich auch immer im Dunkeln verkriechen? Sie tat zwei unsichere Schritte in den Raum hinein, blieb dann unschlüssig stehen und tastete auf der linken Seite nach dem Lichtschalter.

Mit einem Mal wurde es hell im Raum. So hell, dass Hermine die Augen schließen musste und dadurch die Wärme in ihrem Rücken besser wahrnahm. Snape stand direkt hinter ihr.

„Habe ich Ihnen erlaubt einzutreten, Miss Granger?"

Seine Stimme war messerscharf und in Hermine krampfte sich alles zusammen. Nichtsdestotrotz wollte sie ihm nicht klein beigeben.

„Das ist immer noch mein Haus."

Ihre Stimme war nur noch ein Krächzen, was Snape mit einer hochgezogenen Augenbraue quittierte.

„Haben Sie etwas gesagt, Miss Granger? Ich versteh Sie so schlecht."

Er wird dich töten, so wie er es mit Dumbledore getan hat. Die schwarze Gestalt in ihrem Rücken lehnte sich zu ihr hinunter. Hermine konnte den Stoff seiner schwarzen Robe an ihrer Schulter und seinen Atem in ihrem Nacken spüren. Sie spürte seine Wärme, sein regelmäßiges Ein- und Ausatmen. Angenehm. Erschreckend.

Er riss ihr den Teller aus der Hand, stapfte an ihr vorbei und ließ sich auf die Decke nieder. Hermine glaubte ein nervöses Zucken seiner Augen wahrzunehmen, aber das konnte auch eine Täuschung durch die viel zu helle Glühbirne sein. In einiger Entfernung von ihm setzte sie sich auf einen Pappkarton und sah ihm beim Essen zu. Er zerhackte die Spagetti in kleine Teile, um sie dann mit hastigen Bewegungen in seinen Mund zu schaufeln. Erst als er fertig war, hob er den Kopf und sah Hermine unwirsch an.

„Was ist denn noch?"

Sie zögerte, nahm dann jedoch allen Mut zusammen.

„Ich verstehe nicht warum..."

„Ich kann Ihnen nicht folgen. Sie verstehen nicht warum meine Spagetti schon eiskalt waren? Oder können Sie nicht verstehen, warum ich in diesem Loch sitzen muss?"

„Ich verstehe nicht, warum Sie hier sind. Und ich verstehe nicht, warum Sie ihn getötet haben, Sir."

Jetzt standen die Worte im Raum. Hingen wie Eiskristalle in der Luft. Und sie konnte sie nicht zurücknehmen, musste das kalte Schweigen ertragen.

„Ich bin hier, weil Sie Muggelgeborene sind und man mich bei Potters Freundin am wenigsten suchen wird. Und ich glaube, dass Sie vernünftig genug sind, mir nicht das Ministerium auf den Hals zu hetzen."

„Was hat das mit Vernunft zu tun? Ich muss wahnsinnig sein", platzte es aus Hermine heraus.

Mit einem Ruck stand Snape auf und seine große schwarze Gestalt baute sich Angst einflössend vor Hermine auf. Sie traute sich nicht, ihm in die Augen zu sehen. Stattdessen heftete sie ihren Blick auf seine abgetretenen, schwarzen Stiefel. Plötzlich erschien der abgegessene Spagettiteller in ihrem Blickfeld. Eine Hand packte sie am Arm und zog sie unsanft auf die Füße.

„Ich denke, Sie wollten gerade gehen, Miss Granger."

Und schon hatte er die Tür hinter ihr zugeschlagen. Hermine stand wieder im Flur.