Sie standen beide wie erstarrt und blickten sich erschrocken in die Augen. Hermine bemerkte, wie ihr die Röte ins Gesicht stieg. Gleichzeitig hätte sie sich dafür ohrfeigen können, dass sie den Lichtschein der nackten Glühbirne nicht schon früher bemerkt hatte.

Ihr Zaubertränkelehrer stand splitterfasernackt in der linken Ecke des Raumes und starrte sie an. In der Hand hielt er noch immer den dunkelgrünen Gartenschlauch, aus dem ununterbrochen Wasser sprudelte. Seine nassen Haare klebten an Wangen und Nacken und einzelne Wassertropfen hatten sich in der leichten Brustbehaarung verfangen. Arme und Brust waren mit Narben übersäht und an seinem Unterarm prangte das schwarze Todessermal. Hermine konnte den Blick nicht abwenden, doch Snapes Stimme löste sie sofort aus ihrer Erstarrung.

„Können Sie nicht anklopfen?", donnerte er.

Doch seine Stimme war ein klein wenig schriller als sonst und Hermine meinte auch bei ihm ein Erröten festzustellen.

„Es tut mir Leid, Sir."

Alle wütenden Sätze, die sie ihm hatte sagen sollen, waren wie weggeblasen. Sie neigte den Kopf, während Snape den Wasserhahn abdrehte und nach einem Handtuch griff. Aus den Augenwinkel konnte sie erkennen, wie er seine schwarze Robe eilig überwarf, ohne sie die Mühe zu machen, Hose und Hemd anzuziehen.

„Warum sind sie hier?"

Seine Stimme war erstaunlich ruhig, aber Hermine stand nun da und wusste nicht was sie sagen sollte.

„Ich brauche Antworten", begann sie schließlich.

Er seufzte und ließ sich dann auf seine Bettdecke sinken.

„Ich kann nicht, Hermine. Ich bin müde und..."

Als wäre er sich gerade erst bewusst geworden, was er gesagt hatte schnellte er in die Höhe und schob Hermine unsanft weg.

„Raus hier! Aber sofort!"

Sie reagierte nicht, reckte ihr Kinn trotzig in die Höhe und blitzte ihn zornig an.

„Hier wohne immer noch ich. Und ob ich gehe oder nicht, entscheide immer noch ich."

Sie wusste nicht, woher sie den Mut nahm, das zu sagen, aber sie tat es. Einen Moment war er perplex, ob ihrer Direktheit. Seine Hände ruhten auf ihren Schultern.

„Wir reden morgen, Miss Granger. Es ist mitten in der Nacht."

„Aber.."

„Sie wissen wozu ich im Stande bin."

Seine Stimme hatte ihre gewohnte Schärfe wieder gewonnen und Hermine zweifelte nicht an dem, was er da sagte. Sie ließ sich von ihm vor die Tür führen und ging hinauf in ihr Zimmer, wo sie die Tür hinter sich verschloss.

Es war schon 3 Uhr nachts und gähnte herzhaft, als sie wieder in ihr Bett stieg. Trotzdem wollte der Schlaf nicht kommen. Ihre Füße waren kalt und sie dämmerte von einem Halbschlaf in den anderen. Immer wieder kamen Träume. Ließen sie mit einem warmen und zugleich erschreckenden Gefühl zurück.

- Er nimmt sie in die Arme.

Noch immer Regen.

Durch das Glasdach beobachten sie die Tropfen, die schlagartig zerplatzen und wie feine Tränen an den Scheiben hinunterlaufen.

Sie flüstert: „Wenn du singen willst, dann sing. Wenn du frei sein willst, sei frei." –