Disclaimer: Rat mal wem es gehört...mir! Muharhar!
A/N: Hatte heute wieder ein wenig Zeit übrig um an dem zweiten Stückchen rumzufeilen. Danke für die lieben Reviews! Herzlichen Dank, Mädls!
Also, werfen wir noch einen Blick auf Lisa und Joy und die U-Bahn Station, an der wir sie letztes Mal zurück gelassen haben...
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"Ich hoffe du wolltest zum Bahnhof, Lisa."
"Oh.", sage ich und blicke mich um. Wir sind tatsächlich schon da. "Ja, eigentlich. Aber du nicht."
"Lieber hier aussteigen, als mit denen weiterfahren.", sagt sie, nickt in die Richtung, in die der Zug verschwunden ist und lächelt.
"Wohin wolltest du?", frage ich neugierig. Ihre ganze Erscheinung macht mich neugierig. Ihr knöchellanger schwarzer Mantel, ihre violetten Strümpfe, die zweischen dem kurzen Faltenrock und den kniehohen Stiefeln zu sehen ist, die Ketten um ihren Hals, keine davon silbern.
"Stadteinwärts.", sagt sie und streicht sich eine Strähne aus dem Gesicht. "Einen Kaffee trinken oder so."
"Kaffee?", frage ich. "Mitten in der Nacht?"
Joy lacht. "An Vollmondnächten kann ich nie schlafen. Da macht das bisschen Koffein auch nichts mehr."
"Kann ich dich einladen?", höre ich mich fragen. "Als Dankeschön für die Hilfe."
Joy winkt ab. "Das hättest du allein auch geschafft."
Ein Lächeln reicht. Wir beide wissen, dass es nicht so ist. Allein gegen drei.
"Oben gibt es sicher Kaffee. In der Bahnhofshalle.", sage ich und deute auf die Rolltreppe.
Joy sieht mich einen Moment lang prüfend an, als wolle sie in mein Inneres sehen und herausfinden, ob ich ihre Zeit überhaupt wert bin. Einen quälenden Augenblick lang. Dann nickt sie. "Okay."
Wir gehen den leeren Bahnsteig entlang zur Rolltreppe. Dreispurig. Zwei führen nach oben, eine von ihnen zum U-Bahn Gleis hinunter.
Auf der Rolltreppe, wir haben die Mittlere genommen, dreht Joy sich zu mir um. Ich habe mich nie getraut rückwärts Rolltreppen zu fahren. Ich habe dann immer das Gefühl nach vorne zu kippen und die Treppe hinunterzufallen.
"Was willst du eigentlich am Bahnhof, so ganz ohne Gepäck?", fragt sie.
"Zusehen.", antworte ich.
Joy hebt eine Augenbraue und sieht mich fragend an.
"Autor.", erkläre ich. "Nunja, wäre ich zumindest gerne."
Joy steigt rückwärts wie sie ist die Rolltreppe hinunter und lächelt. "Und was hält dich auf?"
Auf dem Weg hinüber zur Bahnhofshalle erzähle ich ihr von meiner Schreiberei und meinen Problemen damit, die ich gelegentlich habe, wie jetzt zum Beispiel. Vom Drang zu schreiben und der Unmöglichkeit es zu tun, weil die passenden Worte nicht kommen und nicht reichen für das, was ich ausdrücken will.
In dem kleinen Coffee Shop in der Bahnhofshalle bestellen wir uns Kaffee in Pappbechern. Cappuccino für Joy, Latte Macchiato für mich. Ich zahle, obwohl sie wieder versucht mich davon abzuhalten.
Wir setzten uns auf eine der Sitzbänke und ich erkläre Joy warum ich hier bin. Hier am Bahnhof. Hier, wo Emotionen so greifbar sind. Wo es Freude gibt und Abschiedstränen und Fernweh. Wo es hunderte Menschen gibt und mit ihnen hunderte Schicksale. Wo ich vielleicht in einem von ihnen Inspiration finde.
Joy ist eine gute Zuhörerin. Und so rede ich lange und viel und erst als wir uns den zweiten Kaffee holen frage ich sie endlich was sie eigentlich hierher getrieben hat, in diese Stadt. Ihr Akzent zeigt deutlich, dass sie nicht aus der Gegend ist.
"Ich bin Weltenbummlerin.", sagt sie, als wir uns wieder zurück auf die selbe Bank setzten, die wir Minuten zuvor verlassen haben. "Wäre ich zumindest gerne. Bisher beschränken wir uns auf Europa."
"Wir?", frage ich nach und puste etwas, um den heißen Kaffee in meinem Becher etwas trinkbar zu machen.
"Ja. Wir sind zu dritt unterwegs. Schon seit fünf Jahren." Sie zieht ein Päckchen Zigaretten aus der Manteltasche. "Stört es dich?", fragt sie mich und ich schüttle den Kopf. Joy fischt sich geschickt mit den Lippen eine Zigarette aus der Schachtel und hält sie mir dann hin. Wieder schüttle ich den Kopf. Joy zuckt mit den Schultern und verstaut das Päckchen wieder in ihrer Manteltasche. Dann zückt sie ein kupferfarbenes Feuerzeug, auf dem ein seltsamer rot-goldener Vogel prangt, und zündet sich die Zigarette an.
"Klingt aufregend, das viele Reisen."
"Manchmal ist es auch etwas anstrengend.", sagt sie und dann beginnt sie zu erzählen. Von den Ländern und Städten, die sie gesehen hat. Von den Bauwerken. Von den Menschen und Kulturen.
Und langsam schleichen sich auch ihre Reisegefähreten in ihre Erzählungen ein. Immer mehr Eigenarten und Details, wie bei einem Puzzle, bis ich sie fast vor mir sehen kann.
Lucky, der Gitarre spielen kann und seine Morgenzigarette fast so dringend braucht wie andere ihren Kaffee, der impulsiv ist und mit dem Herzen eines Kindes sieht.
Und Hope, der stille Denker, der Schokolade liebt und Shakespeare und mit garantiert zu jeder Stadt, in der sie bisher gewesen sind, ein passendes Buch empfehlen könnte.
Und langsam frage ich mich ob es Zufall ist: Joy, Lucky und Hope. Freude, Glück und Hoffnung. Ob es immer schon so war. Ob es Titel sind und wir ihre früheren Namen lauteten. Und ich frage Joy.
"Wir haben keine Vergangenheit.", sagt sie und trinkt ihren Kaffeebecher leer.
Ich sehe sie an. Wie kann man keine Vergangenheit haben?
"Wer sich eine Vergangenheit behält ist gebunden an eine Zukunft. Wir leben nur für die Gegenwart.", erklärt sie.
"Was ist so falsch an einer Zukunft?", frage ich verwirrt.
Joy lächelt nur, sagt nichts.
Wie schweigen eine Weile. Dann blickt Joy über ihre Schulter zurück auf die große Uhr, die in der Halle hängt und steht auf. Stunden sind vergangen, seit wir einander begegnet sind. Viel zu schnell.
"Ich muss langsam zurück.", sagt sie.
Eine unbeschreibliche und gleichzeitig sinnlose Trauer erfasst mich. Ich kann ihren Blick nicht standhalten und sehe zu Boden. Steinfliesen. Eintöniges Muster. Mein Herz schwer wie eine dieser Fliesen.
"Ich könnte jemanden gebrauchen, der mir eine gute Bäckerei zeigen kann. Ohne Frühstück brauch ich gar nicht zurückgehen.", sagt Joy unvermittelt und ich hebe meinen Kopf schnell wie ein kleiner Hund, der in einem Beingewirr endlich sein Herrchen wiedergefunden hat.
"Wie siehts aus?.", fragt sie. "Ich lade dich nachher auch zum Frühstück ein, wenn es dir nichts ausmacht ein gutes Stück zurückzulegen. Wir campieren am Stadtrand, praktisch mitten im Wald."
Natürlich macht es mir nichts aus.
