XV.

„Im Grunde haben wir überhaupt nicht zueinander gepasst, deine Mutter und ich. Aber wir waren jung und bis über beide Ohren verliebt und wir haben alles durch eine rosarote Brille gesehen. Auch uns. Vor allem uns. Außerdem wollten wir beide unbedingt weg von Tatooine und etwas erleben, etwas aus uns machen, etwas Besonderes, etwas Großartiges. Das hat uns wohl am meisten aneinander gefesselt und uns zusammengeschmiedet – eine Zeitlang jedenfalls.

Wir waren noch halbe Kinder, als wir Tatooine verließen. Wir hatten nur ganz vage Pläne … eigentlich waren es eher Illusionen als Pläne. Ich wollte damals einfach nur zur Flotte gehen und mir einen Namen als großer Jägerpilot machen. Ich wollte der Beste von allen sein und ganz nebenbei gegen die Separatisten kämpfen und die Republik im Alleingang vor dem sicheren Untergang retten. Ich wollte Abenteuer erleben. Ich wollte Ruhm und Ehre und alles, was dazu gehört."

Vader hielt einen Augenblick inne und lächelte vor sich hin, seltsam berührt von den unschuldigen Wünschen und Zielen seines jugendlichen Selbst.

Und doch hatte die Macht schon damals seine Ohren mit ihren Sirenengesängen erfüllt und sein Unterbewusstsein mit verlockenden, aber allzu flüchtigen Visionen von noch größeren, noch tollkühneren Heldentaten traktiert. Es war natürlich die Zukunft oder jedenfalls Bruchstücke davon, die er seit seiner frühesten Kindheit in seinen Träumen gesehen hatte, aber der junge Anakin hatte das alles nur für die zusammenhanglosen Ausgeburten seiner überreizten Fantasie gehalten, denn genau das war es, was Siri Skywalker, seine eigene Mutter, ihm immer wieder erzählt hatte, wenn er mitten in der Nacht aus dem Schlaf aufgeschreckt war. Erst als die Zukunft sich Schritt für Schritt in die Gegenwart verwandelte, hatten die vermeintlichen Halluzinationen so etwas wie Sinn ergeben. Doch von all diesen Dingen hatte er damals noch nichts gewusst.

Er sah seinen Sohn an, der an seinen Lippen hing und diesem anderen jungen Mann so ähnlich war in seiner Naivität, und er fragte sich, welche Schimären und Fata Morganas Lukes Träume beherrscht hatten und noch beherrschten, welche scheinbaren Trugbilder sich für diesen Skywalker eines Tages in unerbittliche Wahrheiten entfalten würden. Aber was das anging, so konnte er Luke immer noch später auf den Zahn fühlen. Viel später …

„Taneela dagegen wollte in der Modebranche durchstarten", fuhr er fort. „Sie hatte wirklich Talent und sie wusste es auch. Sie konnte schon mit zwölf besser nähen als jede Schneiderin weit und breit und als sie achtzehn war, konnte sie aus drei Fetzen Stoff, zwei Bändern und einer Handvoll Knöpfe einen Hingucker zaubern, um den sich ihre ersten Kundinnen in Mos Espa beinahe geprügelt hätten. Natürlich sah sie sich ab diesem Zeitpunkt schon als berühmte Designerin mit einem eigenen Label. Geniale Kollektionen wollte sie entwerfen. Die Reichen und Mächtigen der Galaxis sollten sich um Whitesun-Modellkleider reißen und sie dafür mit Geld überschütten. Ja, das waren unsere Pläne, als wir durchgebrannt sind …"

„Ihr seid einfach so abgehauen? Was haben eure Eltern dazu gesagt?" warf Luke dazwischen.

„Die haben wir nicht nach ihrer Meinung gefragt", erwiderte Vader kurz. „Sie hätten ohnehin nur versucht, uns Steine in den Weg zu werfen."

Das entsprach nun nicht ganz und gar der Wahrheit: Siri, die ebenfalls unter Vorahnungen zu leiden schien, hatte ihren Jungen gerade noch rechtzeitig abgepasst und ihm schweigend eine kleine Summe in die Hand gedrückt, die sie sich bestimmt monatelang von ihrem bescheidenen Haushaltsgeld abgespart hatte, bevor sie ihn mit einer heftigen Umarmung in die Freiheit entließ. Aber man konnte es mit den Details auch übertreiben, oder nicht?

„Ich wäre nie einfach so von Tatooine weggegangen. Ich meine, so ganz ohne Erlaubnis … ohne den Segen von Onkel Owen und Tante Beru", sagte Luke versonnen.

Er dachte an seine Jugendjahre auf Tatooine zurück. Auch er hatte schon als Teenager nur einen Wunschtraum gehegt und gepflegt: Zu fliegen, so oft und so lange wie nur möglich schwerelos durch den Weltraum zu schweben. Um dieses große Ziel zu erreichen, war er sogar dazu bereit gewesen, genau wie sein bester Freund Biggs Darklighter auf eine Militärakademie zu gehen und dort seine Pilotenlizenz zu erwerben, obwohl er für diese Ausbildung mit vielen harten Dienstjahren als Kampfpilot und am Ende vielleicht sogar mit seinem Leben hätte büßen müssen – und das alles für ein Imperium, an das er nie geglaubt hatte, dem er schon damals voller Skepsis gegenüber gestanden hatte. Aber dazu war es nie gekommen, weil Onkel Owen alles getan hatte, um ihn zurückzuhalten. Und Luke hatte sich zurückhalten lassen, Monat um Monat, Erntesaison um Erntesaison, Jahr um Jahr …

„Nun, wir haben uns nicht von einer fehlenden Erlaubnis aufhalten lassen – über dieses Alter waren wir schon lange hinaus. Wir sind einfach weggegangen", erwiderte Vader. „Und wir haben uns dabei wirklich eingebildet, wir müssten einfach nur auf Coruscant ankommen und bald würde uns die ganze Welt zu Füßen liegen. Aber dann sind wir auf Coruscant angekommen … und ungefähr zehn Minuten später hat uns die Realität eingeholt."

Rastlos bei diesem Ausflug in die ferne Vergangenheit, von dem so vieles abhing, sprang Vader auf und begann hin und her zu tigern, während er weiter sprach. Seine lebhaft gestikulierenden Hände schienen dabei ein unsichtbares Bild in die Luft zu malen, eine humorvolle Skizze, die die ersten Eindrücke und Erlebnisse der Neuankömmlinge beschrieb, fast schon eine Karikatur mit der deutlichen Überschrift: Landei trifft auf Großstadt.

Er schilderte ihre Ankunft in dieser gigantischen Metropole, die einen ganzen Planeten umfasste, ihre Verwirrung angesichts dieses Molochs, der alle Sinnesorgane zugleich überflutete und überforderte. Turmhohe Häuser, die sich nadelgleich in den Himmel bohrten, labyrinthisch verschlungene Straßenschluchten, die tiefer gähnten als die Canyons von Tatooine, ein unaufhörlicher und unübersichtlicher Verkehrsstrom, der sich auf allen Flugebenen von Zentimetern über dem Boden bis Kilometer hinauf zur Stratosphäre dahinwälzte, die vielen fremdartigen Gesichter und Körper von Passanten aus tausend unbekannten Spezies und als Kontrapunkt dazu der unvorstellbare Lärm, die atemberaubenden Gerüche aus zahllosen exotischen Imbissbuden und Restaurants und schließlich auch noch die gleißende Lichterflut aus unzähligen verschiedenen künstlichen Quellen …

„Es war alles ein bisschen viel auf einmal. Wir waren völlig durch den Wind und wussten vor lauter Kulturschock kaum noch, wo oben und unten war oder rechts und links", erzählte Vader.

Als endlich der erste nicht binäre Sonnenuntergang ihres Lebens diesen anstrengenden Tag in lavendelfarben getönte Dunstschleier eingehüllt hatte, hatten sich die beiden erschöpften Reisenden in einer billigen Absteige irgendwo in der Grauzone zwischen City und Slums wiedergefunden – mehr konnten sie sich bei ihrem bescheidenen Budget auch nicht leisten. Außerdem war ihnen das so genannte Hotel für Touristen mit schmalem Geldbeutel ausdrücklich von einer ausgesprochen dienstbeflissenen Polizeistreife empfohlen worden – allerdings erst nachdem besagte Geldbeutel noch ein wenig mehr an Volumen verloren hatten, weil sogar die Ordnungshüter in dieser Stadt der Superlative so geschäftstüchtig waren wie der abgefeimteste Hutt daheim und auf den Credit genau wussten, was ihre Hilfsbereitschaft wert war.

Die auffällig stark geschminkten Damen in den halb durchsichtigen Outfits, die den schummerig beleuchteten Eingang dieses Etablissements umlagerten und nach williger männlicher Kundschaft Ausschau hielten, hatten Anakin und Taneela unter diesen Umständen lieber ignoriert. Sie waren einfach zu fertig gewesen, um sich doch noch nach einer anderen Unterkunft umzusehen. Außerdem hatte sowieso die ganze Gegend nach organisiertem horizontalen Gewerbe ausgesehen.

Doch die Empfangschefin dieser fragwürdigen, aber preiswerten Herberge – eine ziemlich umfangreiche Lady älteren Semesters mit einer bemerkenswert künstlichen türkisgrünen Lockenpracht und den garantiert längsten Fingernägeln, die jemals eine menschliche Hand mit vierfarbigem Glitzerlack verziert hatten – hatte das junge Paar trotzdem mit einer Art vagem Mitgefühl angestarrt, ungefähr so wie ein hilfloser Zuschauer, der gerade beobachtete wie zwei handzahme Ziegenkitze, die rein aus Versehen ihrem sicheren Streichelzoo entkommen waren, in vertrauensseliger Verspieltheit in einem Raubtiergehege herumhüpften. Nach dieser ersten Besichtigung, die offenbar durchaus zugunsten ihrer neuen Gäste ausgefallen war, hatte die Frau in dem grammatisch grausam verstümmelten Dialekt ihrer Kaste eine gruselige, aber gut gemeinte Prophezeiung vom Stapel gelassen, untermalt von bellendem Gelächter.

„Coruscant echter Seelenfresser, eh? Euch mit Haut und Haaren auffressen, meine armen Kleinen, happs, happs, happs. Mit Haut und Haaren, eh? Ha! Ha! HA! Laufen lieber wieder heim zu Mami und Papi, so lange noch Beine haben und laufen können. Ha! Ha! HA!"

Vader hatte sich später oft gefragt, ob diese denkwürdige Persönlichkeit möglicherweise tatsächlich über so etwas wie seherische Gaben verfügte. Nach seinem katastrophenträchtigen Duell mit Kenobi hatte er sogar versucht sie aufzustöbern, um sich ein wenig mit dieser Freizeit-Wahrsagerin zu unterhalten, einfach nur so aus sithmäßiger Neugier. Aber die Gezeiten in dem bodenlosen Ozean von Imperial Citys Unterwelt waren gegen ihn und seinen Wissensdurst gewesen und er konnte bis zum heutigen Tag nicht einmal behaupten, dass er das ernsthaft bedauerte. Denn hätte Vader das türkisgrün behaarte Orakel aufgetrieben, so hätte Palpatine es zweifellos sofort ermorden lassen. Der Imperator duldete keinerlei Konkurrenz – schon gar nicht von den niederen Klassen oder bei so eifersüchtig von ihm gehüteten esoterischen Künsten wie der Zukunftsdeutung …

Aber Anakin Skywalker hatte damals die unerwünschte Warnung ihrer wohlwollenden Wirtin mit einem Achselzucken abgestreift und seine sichtlich konsternierte Freundin in ihr schmuddeliges kleines Doppelzimmer gelotst, wo er sie energisch auf eine wurmstichige Schlafcouch bettete und so lange in eine schäbige Bettdecke und eine gebieterische Umklammerung einwickelte, bis sie endlich mitten in ihrer Flennerei eingeschlafen war. Panikmache hatte ihn noch nie beeindruckt und gerade jetzt brachte er nicht das geringste Verständnis für den allgegenwärtigen weiblichen Pessimismus auf. Sie waren hier auf Coruscant und alles war gut. Alles. War. Gut!

Dieses Motto (und die angeborene Halsstarrigkeit aller Skywalkers!) hatte ihn für die nächsten Wochen über Wasser gehalten und es waren harte Wochen gewesen. Nichts war ganz so gelaufen, wie er es ursprünglich erwartet hatte. Die Offiziere in dem Rekrutierungsbüro hatten ihn am Anfang einfach nur ausgelacht, diesen langbeinigen Blondschopf von einer unbekannten Randwelt, der ihnen ohne Umschweife, aber dafür mit gesundem Selbstbewusstsein erklärte, dass er garantiert jeden zivilen und militärischen Schiffstyp fliegen konnte, den es gab, und das sofort und völlig instinktiv und vor allem ganz und gar ohne Ausbildung, vielen Dank! Immerhin hatte er sein erstes Boonta-Eve-Rennen schon gewonnen, bevor er seine letzten Milchzähne verloren hatte, und wenn das kein ausreichender Beweis für seine technischen und fliegerischen Fähigkeiten war, dann …

„Du hast ein Boonta Eve Classic gewonnen?!"

Für einen Augenblick vergaß Luke völlig die bedrückenden Einflüsse von Zeit und Ort und Situation (inklusive einer gewissen standesgemäßen Jediwürde, zu der er sich neuerdings verpflichtet fühlte) und gab sich einfach der jungenhaften Begeisterung des typischen Tatooiner Fanboys hin. Denn sogar jenseits von Anchorhead, ja, sogar mitten in der Jundlandwüste waren die selbstmörderisch gefährlichen Podrennen, die die regionalen Hutt-Lords nach dem Brot-und-Spiele-Prinzip regelmäßig für ihre ausgebeuteten Arbeitnehmer und andere unwillige Untergebene veranstalteten, der absolute Hit und der Höhepunkt jedes Jahres. (Tatsächlich waren alle dort startenden Teilnehmer für den Rest ihres für gewöhnlich kurzen Daseins von einem magischen Glanz umgeben, einem unsterblichen Glorienschein, der auf imperialen Welten höchstens dem Imperator selbst, der Siegermannschaft des Intergalaktischen Smashball-Cups oder ähnlich anbetungswürdigen Halbgöttern vergönnt war.)

„Eines? Viele!" sagte Vader hoheitsvoll.

Luke staunte ihn mit halboffenem Mund an und Vader sonnte sich ein wenig in der aufrichtigen Bewunderung seines Stammhalters. Applaus tat immer gut – vor allem wenn er Errungenschaften galt, die von anderen Familienmitgliedern niemals gewürdigt worden waren, nicht einmal ansatzweise …

Er dachte kurz an Anakin Skywalker senior, diesen engstirnigen verbitterten alten Mann, aus dem die Sonnen von Tatooine so lange jeden Funken von Lebensfreude herausgebrannt hatten, bis er nicht einmal mehr dazu in der Lage gewesen war zu erkennen, was für einen brillanten Stammhalter er in die Welt gesetzt hatte. Lukes Großvater hatte für die Podrennen nur Verachtung übrig gehabt. Er hatte generell für alles nur Verachtung übrig gehabt, für das Leben, für das Universum und für den ganzen verdammten Rest. Das galt insbesondere für seine Ehefrau. Und ganz speziell für Anakin junior …

Obi-Wan Kenobi, der sich selbst für einen erfahrenen Psy-Tech gehalten und zu Beginn ihrer Schüler-Lehrer-Beziehung praktisch alles getan hatte, um jede Hirnwindung seines neuen Padawans zu durchleuchten und seine geringste Seelenregung ausgiebig zu erforschen und auszudiskutieren, hatte oft behauptet, dass Anakin ein gewaltiges Autoritätsproblem hätte, das eindeutig auf sein gestörtes Verhältnis zu seinem Vater zurückging. Anakin hatte diese Diagnose immer vehement abgelehnt.

Aber Vader konnte nicht mehr leugnen, dass er es tatsächlich hasste, jemanden über sich zu haben, der ihn herumkommandierte oder es wenigstens versuchte – der Imperator war nur der Nächste (und hoffentlich Letzte!) auf einer bemerkenswert kurzen Liste von selbst ernannten Respektspersonen, die irgendwann ihr Leben lassen mussten, damit er endlich nach Belieben schalten und walten und sich dabei auch wirklich frei fühlen konnte. Und er konnte ebenso wenig leugnen, dass er eine gewisse Erleichterung empfunden hatte, als er herausgefunden hatte, dass Anakin senior nur wenige Monate nach dem Verschwinden seines Sohnes das Zeitliche gesegnet hatte, Todesursache unbekannt. Vermutlich war der alte Griesgram aus purer Wut über seinen entschwundenen Gratisknecht schlicht und einfach verdunstet …

Vader sann darüber nach, wo er stehengeblieben war. Ach ja …

Im Gegensatz zu Luke hatten die Offiziere des Rekrutierungsbüros in der Valorum-Allee natürlich noch nie etwas von den risikoreichen Vergnügungen auf Tatooine gehört und waren daher auch herzlich wenig beeindruckt von den jugendlichen Glanzleistungen dieses widerspenstigen Grünschnabels. Sie interessierten sich nur für so langweilige und total unwesentliche Dinge wie zum Beispiel ein nicht vorhandenes Abschlusszeugnis von einer wenigstens halbwegs renommierten Fliegerschule.

Ihr Tunneldenken brachte Anakin schnell an seine Grenzen: Es war doch Krieg und er konnte beim besten Willen nicht nachvollziehen, warum man ein geborenes Fliegerass wie ihn nicht einfach in einen Raumjäger setzte und in den Kampf schickte, wenn es doch genau das war, was er unbedingt wollte. Und übrigens: Was halfen Examen und Noten den Piloten da draußen im All, wo ein einziger gut gezielter Schuss über Leben und Tod entschied?

Anakin redete sich den Mund fusselig in seinem Enthusiasmus, aber die Rekrutierungsoffiziere wedelten nur mit allen möglichen Formularen vor seiner Nase herum und sprachen von Einhaltung der Vorschriften und von Flugstunden und monatelangen theoretischen Lehrgängen und Seminaren und das alles sowieso erst nach einer ordentlichen militärischen Grundausbildung, die dieser Randwelt-Hippie ihrer Meinung nach auch dringend benötigte.

An diesem Punkt sah Anakin ein kleines bisschen rot – das Skywalker-Temperament ließ grüßen – und er sagte den Offizieren ziemlich eindeutig und ziemlich laut, wohin sie sich ihre Formulare (seiner Meinung nach!) stecken konnten und ihre theoretischen Seminare und ihre ordentliche Grundausbildung gleich noch dazu. Danach wurde er natürlich in hohem Bogen hinausgeworfen.

Aber so schnell gab er nicht auf. Wieder und wieder schneite er herein, trug seinen ganz besonders speziellen Fall dem nächsten Sprücheklopfer in Uniform vor und wartete auf die unvermeidliche Reaktion. Und wieder und wieder wurde er erst ausgelacht und dann belehrt und schließlich vor die Tür gesetzt. Es schien kein Weg an der heiligen Kuh einer ganz offiziellen und standardmäßigen Pilotenausbildung vorbeizuführen – oder jedenfalls keine Abkürzung.

Anakin studierte die langen, langen Verlustlisten der Flotte, die jeden Tag in den Zeitungen veröffentlicht wurden, und wunderte sich darüber, warum niemand erkannte, wie dringend da draußen jemand von seinem Kaliber gebraucht wurde. Oder war das vielleicht sein Fehler? Zum ersten Mal, seit er denken konnte, wurde er von Selbstzweifeln heimgesucht. Sollte er etwa nachgeben und sich doch einfach in die Armee aufnehmen und sich wie irgendein gewöhnlicher Soldat herumschubsen lassen, bis er sich irgendwann für eine reguläre Pilotenausbildung anmelden durfte? Aber wenn er dem regulären Weg folgte, konnte es noch Jahre dauern, bis er endlich dort landete, wo er hingehörte, nämlich in das Cockpit eines Jägers unter feindlichem Beschuss. Vielleicht würde sogar der Krieg beendet sein, bis er zum Zug kam.

Doch er wusste nicht recht, was er sonst tun sollte, denn allmählich ging ihnen das Geld aus und Taneela hatte sogar noch größere Startschwierigkeiten als er selbst. Während Anakin sich trotz aller Fehlschläge allmählich einlebte und seine neue Welt zu erkunden begann, zog Taneela sich lieber in die zweifelhafte Sicherheit ihres fragilen Schneckenhauses zurück. Am Anfang setzte sie nur den Fuß vor die Tür, wenn Anakin sie begleitete. Doch auch ihre gemeinsamen Exkursionen waren fast schon zu viel für sie. Coruscant machte ihr Angst. Es war zu überwältigend, zu groß, zu laut, zu bunt, zu fremd, zu alles …

Dass sie beruflich genauso Schiffbruch erlitt wie ihr Gefährte und von jeder Aussicht auf eine regelmäßige Einnahmequelle noch weit entfernt war, machte die Sache auch nicht gerade besser. Niemand interessierte sich für Taneelas Entwürfe, weder für ihre Zeichnungen noch für die Probestücke, die sie in stundenlanger mühseliger Kleinarbeit angefertigt hatte und nun in den schicken Boutiquen der vielen Shopping-Zentren anbot wie saures Bier. Ihr Stil – der klassische Tatooine-Look in einer etwas eleganteren Version, aufgelockert durch tiefe Ausschnitte, raffinierte Faltenwürfe und kunstvoll gestaltete Accessoires – war immer noch zu schlicht, zu simpel für die extravaganten Bedürfnisse der weiblichen Bevölkerung von Coruscant. Was in Mos Espa als der letzte Schrei gegolten hatte, versetzte hier niemanden in Verzückung. Im Gegenteil: Makellos gestylte Ladenbesitzerinnen warfen nur einen flüchtigen Blick auf Taneelas Sammelmappen und den Inhalt ihres Rucksacks, rümpften perfekt gepuderte Näschen oder zogen sorgfältig gezupfte Augenbrauen in die Höhe und winkten herrisch ihren Security-Leuten zu, die die ungebetene Besucherin höflich, aber bestimmt hinausgeleiteten.

Die Courage der beiden Einwanderer schwand zusammen mit ihren Credits dahin und die allgemeine Stimmung trübte sich mehr und mehr ein, als ihnen bewusst wurde, dass zumindest einer von ihnen dringend irgendeine Arbeit annehmen musste, um sie vor der drohenden Obdachlosigkeit und Schlimmerem zu bewahren. Aber auf Coruscant einen Job zu suchen und auch einen Job zu finden, das waren zwei Paar Stiefel, wie sie bald feststellen mussten.

Doch gerade als die Dinge wirklich düster auszusehen anfingen, wendete sich das Glück endlich: Anakin hatte wieder einmal einen Gang in die Valorum-Allee angetreten, wo er inzwischen mit der Hartnäckigkeit eines Poltergeistes regelmäßig in einem gewissen Büro herumspukte und sämtliche Gemüter in Wallung brachte. Dieses Mal stieß er dort auf einen angejahrten Captain, den er schon zweimal erfolglos zugetextet hatte. Der bedauernswerte Captain griff sich bei der erneuten Erscheinung dieses hoffnungslos sturen Bewerbers in stummer Verzweiflung an die Stirn. Aber anstatt die Polizei zu rufen und den Unruhestifter verhaften zu lassen, wie er es beim letzten Mal schon angedroht hatte, kapitulierte er einfach und scheuchte Anakin zusammen mit einem stämmigen Sergeant in ein anderes Stockwerk desselben Gebäudes, wo der Möchtegern-Rekrut endlich in einen Flugsimulator gesetzt und auf Herz und Nieren geprüft wurde. Anakin erkannte seine Chance und gab alles – und „alles" war bei ihm eine ganze Menge.

Vor den ungläubigen Augen des Captains, des Sergeants und immer mehr hochrangigen Lamettaträgern, die sich nach und nach in den engen Raum hineinquetschten, um seine Darbietung zu beobachten, kämpfte sich der verschmähte Randwelt-Hippie in seinem Pseudo-Jäger durch eine simulierte Kampagne nach der anderen und siegte trotz steil ansteigendem Schwierigkeitsgrad mit unwahrscheinlicher Schnelligkeit und Zielgenauigkeit in jedem noch so komplizierten Raumschlachtenszenario, wobei er Trefferquoten erreichte, die schließlich sogar den Highscore des Simulators sprengten.

„So etwas habe ich noch nie gesehen", flüsterte ein Drei-Sterne-General, der sich dem Publikum im Hintergrund beigesellt hatte, beinahe ehrfürchtig, als Anakin gerade wie unter Hypnose zwei neue Staffeln feindlicher roter Pixelformationen in virtuelle Funkenschauer verwandelte. „Wer ist dieser Junge?"

Der gleichfalls verblüffte Captain war nur zu gerne bereit, seinem obersten Vorgesetzten alles Wissenswerte über diese sensationelle Neuentdeckung zu berichten. Und als Anakin schließlich wieder aus dem Sitz des Simulators krabbelte, ein wenig atemlos und verschwitzt, aber rundum siegreich und so selig wie ein Bantha in einer Schlammpfütze, war seine Einberufung in die kämpfende Truppe so gut wie unter Dach und Fach – inklusive einer deutlichen Abkürzung in Richtung Pilotenlaufbahn.

Seine Rückkehr in das Rekrutierungsbüro glich einem Triumphzug. Jetzt lachte dort niemand mehr über ihn, stattdessen starrte man den verheißungsvollen Außenseiter an wie ein plötzlich aufgetauchtes Einhorn. Und als er wenig später den Ort seiner ersten Niederlage und seines allerersten gewonnenen Gefechtes verließ, hielt er nicht nur alle benötigten Formulare in seiner fest geballten Faust, sondern auch noch ein persönliches Empfehlungsschreiben an den Commander der örtlichen Garnison. (Was Anakin in diesem großen Augenblick allerdings nicht einmal ahnte, war, dass derselbe General, der diesen Empfehlungsbrief unterschrieben hatte, noch am gleichen Tag dem Jedi-Orden meldete, dass sich möglicherweise wieder mal ein nicht registrierter Machtnutzer mit unbekanntem Potenzial nach Coruscant verirrt hatte …)

Auf dem Militärstützpunkt rollte man für den neuen Rekruten natürlich nicht sofort den roten Teppich aus, aber das Wort eines Generals war immerhin das Wort eines Generals. Anakin wurde gründlich besichtigt, befragt, von Kopf bis Fuß durchgecheckt, nochmal in einen Simulator gesteckt, wieder wie ein Wundertier bestaunt und schließlich mit Handkuss angenommen. Und in den folgenden Monaten wurde er im Eiltempo durch die verhasste, aber obligatorische Grundausbildung geschleift und musste zumindest der Form halber an ein paar Flugstunden und auch an einigen theoretischen Unterrichtseinheiten teilnehmen, obwohl seine Ausbilder weise genug waren, die Frustrationsgrenze dieses reizbaren Naturtalentes nicht übermäßig zu strapazieren. Zusätzlich versüßt wurde Anakin die unvermeidliche Verzögerung durch viel Lobhudelei und einen vollen Sold mit allen Bezügen und sogar Sonderleistungen, die normalerweise nur einem echten Kampfpiloten im Fronteinsatz zustanden – ein nicht unerheblicher Bonus, wenn man fast pleite gewesen war und trotzdem mit Coruscants saftigen Lebenshaltungskosten konfrontiert worden war.

Anakin und Taneela nutzten ihren neuen Wohlstand sofort. Sie verließen mit fliegenden Fahnen ihr anrüchiges Domizil und bezogen ihre erste richtige Wohnung, eine klitzekleine Zwei-Zimmer-Angelegenheit in einem schwindelerregenden Hochhauskomplex mitten in der City, der ihnen von einem redseligen Makler als geniale Mischung aus modernem Wohnkomfort und ökologischem Paradies angepriesen worden war. Die Miete für dieses Öko-Paradies war natürlich astronomisch, wenn man bedachte, dass die Räumlichkeiten eher für die Körperausmaße von Kleinwüchsigen gebaut zu sein schienen als für einen ungeduldigen Zwei-Meter-Riesen, der überall mit den Ellbogen aneckte, wenn er nicht aufpasste.

Aber dafür war die ganze Ausstattung so gut wie neu und vor allem strahlend sauber, was die jungen Mieter inzwischen sehr zu schätzen wussten. Und es gab eine richtige Wanne für echte Bäder in der frisch renovierten Nasszelle statt der üblichen Schalldusche, ja, es gab sogar einen winzigen Balkon, der zu jeder Tageszeit einen netten Blick auf die mit Moosmatten und Farnbüscheln begrünten und mit Solarlampen erleuchteten Biostein-Fassaden ringsum erlaubte. Allein schon der Gedanke an all das vergeudete kostbare Wasser für so profane Zwecke wie Körperhygiene, Luftbefeuchtung und Feinstaubfilterung ließ die beiden ehemaligen Kinder einer Wüstenwelt wohlig erschauern – so eine dekadente Darstellung von Reichtum und Verschwendung, es war kaum zu fassen!

Was nun kam, war ohne Zweifel die glücklichste Phase in ihrer Beziehung.

Taneela, beflügelt von den positiven Veränderungen ringsum, nahm ihren ganzen Mut zusammen und eroberte eine Stelle als Näherin im Atelier eines Herrenausstatters der gehobenen Preisklasse. Es war natürlich nicht das, was sie sich erhofft hatte, aber es war ein Anfang. Sie hatte jetzt sozusagen einen Fuß in der Tür zur Modewelt und wer konnte wissen, was sich daraus noch alles ergeben mochte? Auf jeden Fall verdiente sie jetzt ihr eigenes Geld und diese finanzielle Unabhängigkeit bedeutete ihr viel. Und wenn sie abends nicht allzu müde war, konnte sie immer noch an ihren eigenen Kreationen weiterarbeiten und von ihrem persönlichen Durchbruch träumen. Zeit genug hatte sie ja dazu, denn wenn Anakin im Dienst war, dann war sie alleine. Das war der einzige Wermutstropfen in ihrem Freudenkelch, aber sie sorgte dafür, dass Anakin sich dessen bewusst war – rund um die Uhr. (Typisch Frau!)

Und Anakin selbst? Er war natürlich in seinem Element. Sobald er seine Fake-Ausbildung überstanden hatte – nicht ohne ein gelegentliches Murren und Knurren, aber mit glänzenden Noten für die wenigen Kurse, die er belegt hatte –, war er zu einem Geschwader versetzt worden, das seine Heimatbasis auf Coruscant hatte und das nicht umsonst: Der Krieg mit den Separatisten hatte inzwischen seinen Höhepunkt erreicht und der Regierungssitz der Republik war so heiß umkämpft wie seit tausend Jahren nicht mehr. Angriffswelle folgte auf Angriffswelle. Es war verheerend für die Moral der Bevölkerung, die in Angst und Schrecken lebte, weil die Alarmsirenen zu jeder x-beliebigen Tageszeit zum Leben erwachen und Tod und Vernichtung in den Wind heulen konnten. Aber es bot definitiv traumhafte Karrieremöglichkeiten für ehrgeizige junge Männer, für die Begriffe wie „Angst" und „Schrecken" einfach nicht existierten.

Anakin hatte Ehrgeiz für zehn und so etwas wie Furcht kannte er überhaupt nicht. Er war noch jung (und großspurig!) genug, um sich für unsterblich oder wenigstens für unverwundbar zu halten. Schon deshalb war er bei jedem Scharmützel grundsätzlich immer dort zu finden, wo am meisten Action war, wo am heftigsten gekämpft wurde. Zurückhaltung war seinem stürmischen Naturell fremd und Befehle befolgte er eigentlich nur, wenn es sich gar nicht umgehen ließ – das fiel natürlich auf und nicht immer positiv. Lieutenant A. Skywalker hatte bald einen gewissen Ruf weg. Man sagte ihm nach, dass er seine Staffel niemals wirklich im Stich ließ, oh nein, aber dass er auch keine allzu große Rücksicht auf sie nahm. Sobald er sah, dass man ohne ihn klar kam, suchte er nach seinem nächsten Ziel, seiner nächsten Beute und es störte ihn nicht im Geringsten, wenn er bei seiner Jagd solo war, weil er wieder mal seine Flügelmänner abgehängt hatte, die bei seinem Tempo nie mithalten konnten.

Seine Kameraden hielten ihn für einen unverbesserlichen Eigenbrötler, aber sein Mut war unbestreitbar, seine Konzentration und seine Hingabe total und seine Abschussquote so hoch, dass niemand es wagte, ihn ernsthaft zu kritisieren. Das blieb natürlich nicht ohne Folgen. Er sammelte eine Auszeichnung nach der anderen ein und bald eilte er von Beförderung zu Beförderung. Sein Aufstieg war kometenhaft und wenn einzelne Vorgesetzte oder Offizierskollegen ein Problem mit seiner Einstellung hatten, dann ließen sie es sich bald nicht mehr anmerken. Er hatte einfach zu viel Erfolg. Außerdem gab es ja so etwas wie Korpsgeist und irgendwie war dieser Skywalker auf einmal zum Aushängeschild für die ganze Flotte mutiert, was angesichts einer zunehmend kriegsmüden Öffentlichkeit nur von Vorteil sein konnte.

Was die Leute jetzt dringend brauchten, war eine Heldenfigur, zu der sie aufsehen konnten. Der Kanzler wusste es, der Senat wusste es, die gesamte trocken gejubelte Propaganda-Maschinerie der Republik wusste es und sämtliche Zeitungsverleger und Holonet-Medienmogule auf Coruscant wussten es auch. Und allen war sofort klar, dass sie die Idealbesetzung für diese Rolle gefunden hatten, als der Pressesprecher des Kriegsministeriums in einem einmaligen Geniestreich auf die Idee kam, Anakin nach einer weiteren alles und nichts bewirkenden Entscheidungsschlacht aus seinem kohlschwarz versengten Jäger herauszuzerren und ihn ohne großes Tamtam für ein ganz spontanes Interview vor die Kameradrohnen einiger ausgewählter Nachrichtensender zu schleifen.

Und dort stand er nun, Commander (seit seiner letzten Beförderung!) A. Skywalker höchstpersönlich, bemerkenswert groß und breitschultrig in einer mit Ölschlieren verschmierten Fliegermontur, den Helm unter den Arm geklemmt, ein unauffälliges, aber im Scheinwerferlicht immer noch gut sichtbares Synthhaut-Pflaster auf seiner verschrammten Stirn und wurde von allen Seiten mit vielen scharfsinnigen (und leider noch mehr schafsinnigen) Fragen bombardiert, die er alle gleichermaßen leutselig beantwortete, während er über das ganze Gesicht grinste. Er hatte ein jungenhaftes und sehr publikumswirksames Grinsen, er hatte Charme, er hatte Charisma. Und er hatte die richtige Figur, das richtige Gesicht und den richtigen Hintergrund. Er war von Kopf bis Fuß aus dem Stoff, aus dem Helden gemacht werden.

Sogar die abgebrühtesten Klatschspalten-Schreiberlinge verfielen Anakin sofort, als er zum ersten Mal den Mund aufmachte, und als das lärmende Frage-Antwort-Spiel schließlich beendet war, befand sich die ganze Meute aus hoffnungslos desillusionierten Bluthunden in einem Zustand kritikloser Verehrung, in einem hilflosen Begeisterungstaumel, ja, in einer Art fanatischen Verzückung, die sie ansonsten nur bei der alljährlichen Verleihung einer bekannten Kulturtrophäe erlebten, wenn angesäuselte Filmstars oder ähnlich zugedröhnte glamouröse Lebewesen ihren Bodyguards entwischten, um halbnackt oder gleich völlig entblößt im nächstbesten Springbrunnen herumzuplanschen.

Mit einem Wort: Anakins Interview war eine Sensation und er selbst über Nacht eine Berühmtheit. Er hatte einen Nerv getroffen, denn er verkörperte offenbar genau das, was jedermann sich schon lange heimlich gewünscht hatte, also eine Kombination aus blutrünstigem Kriegsgott und edlem Ritter ohne Furcht und Tadel, der gleichzeitig irgendwie immer noch der nette Junge von nebenan war, der aus ganz einfachen Verhältnissen kam, aber trotzdem dazu in der Lage war, diesem elitären Separatistenpack ordentlich eins auf die Mütze zu geben.

Die Leute waren hin und weg von ihrem neuen Idol. Sie rissen sich förmlich um Anakin. Zuerst waren es nur ganz normale Durchschnittsbürger, die ihn einzeln auf der Straße ansprachen und ihm einfach nur die Hand schütteln wollten … Dann waren es plötzlich kleine Gruppen von Passanten, die ihn umzingelten und in frenetische Ovationen ausbrachen, wann immer sie ihm begegneten … Und dann kamen immer mehr wichtige Leute auf ihn zu, einflussreiche Leute, Leute mit Geld, Leute mit Macht, Leute, die politische Verbindungen in die höchsten Kreise hatten und ihn mit allen nur denkbaren (und undenkbaren!) Einladungen und Angeboten überschütteten … Leute wie zum Beispiel Senator Sheev Palpatine, der von Anfang an ein geradezu väterliches Interesse an Anakin bewies …

Und plötzlich war nichts mehr unmöglich, alles war erreichbar, alles war in Greifweite …

Und war es nicht genau das, was Anakin sich immer gewünscht hatte? Ruhm und Ehre und alles, was dazu gehörte … jawohl … Nektar und Ambrosia in großen süßen goldenen Brocken und eine strahlende Zukunft voller einzigartiger Aussichten, Möglichkeiten, Gelegenheiten …

Ja, es war eine glorreiche Zeit …

Und der einzige Schatten weit und breit war Taneela, die sich immer öfter und immer wortreicher darüber beschwerte, dass Anakin jetzt wirklich ständig unterwegs war – ja, auch an seinen dienstfreien Tagen – und sie dabei immer mutterseelenalleine zurückließ. Sie fühlte sich ja so einsam …

Wieso einsam? Und was hieß hier mutterseelenalleine zurückgelassen?, fragte Anakin mit zunehmender Irritation, während er in eine frisch gebügelte Galauniform schlüpfte und die vielen dekorativen bunten Orden auf seiner stolzgeschwellten Brust bewunderte. Schließlich zwang niemand Miss Sauertopf dazu, jeden Abend in diesem Hamsterkäfig herumzusitzen und sich die Finger wund zu nähen, oder? Warum machte sie sich nicht einfach ein bisschen hübsch und begleitete ihn auf den Empfang von Lord Irgendwer oder auf die Party von Lady Soundso, um sich ein bisschen mit ihm zu amüsieren, statt hier abzuhängen und das beleidigte Mauerblümchen zu spielen? Und wenn schon von Hübschmachen die Rede war: War dies nicht eine fabelhafte Gelegenheit für Miss Schmollmund, eines ihrer selbstgenähten Fähnchen zu schwingen und ein bisschen Gratiswerbung für sich und ihre Produkte zu machen?

An diesem Punkt brach Taneela unbegreiflicherweise in Tränen aus, titulierte ihn als egoistischen Dummkopf und herzlosen Rüpel und warf ein Nadelkissen nach ihm oder ein Maßband oder ein Bündel Reißverschlüsse oder irgendein anderes Schneiderutensil, das ihr gerade in die Hände fiel. Anakin wehrte die Geschosse geistesgegenwärtig ab oder fing sie einfach auf und warf sie zurück, was einen kurzfristigen, aber ziemlich niedlichen Wutausbruch zur Folge hatte. Taneela stürmte auf ihn zu und versuchte abwechselnd ihn zu ohrfeigen, ihn zu beißen und ihn zu treten. Anakin hielt ihre Handgelenke fest und versuchte ihren Zähnen und ihren Füßen auszuweichen, die erstaunlich hart zubeißen oder zutreten konnten, je nachdem. Sie rauften ein paar Minuten lang miteinander, dann landeten sie unweigerlich auf dem Teppich oder auf der Couch oder in ihrem Bett und versöhnten sich dort wieder. Lange. Und leidenschaftlich.

Aber so anregend diese Konfrontationen auch sein mochten, sie begannen immer mit einem Streit und sie endeten immer mit einer Rangelei. Und jedes Mal stand Anakin irgendwann auf, zupfte seine leicht zerknautschte Galauniform wieder zurecht und ging seiner Wege – manchmal mit, aber immer öfter ohne aufgebretzelte Begleitung in einem mehr oder weniger originellen Modell der Whitesun-Kollektion. Es kam ganz auf ihre jeweilige Tagesform an, auf ihre jeweilige Laune …

„Aber die Wahrheit ist: Wir lebten uns schlicht und einfach auseinander, Schritt für Schritt, mit jedem Tag ein bisschen mehr", sagte Vader. „Ich entwickelte mich mit riesigen Sprüngen vorwärts und deine Mutter blieb einfach stehen. Irgendwo und irgendwann hatte sich da ein winzig kleiner Spalt zwischen uns gebildet, dann wurde daraus eine Kluft und plötzlich war es ein Abgrund.

Und doch … vielleicht hätten wir noch einen gemeinsamen Weg gefunden, Taneela und ich, vielleicht hätten wir tatsächlich noch eine Brücke über den Abgrund schlagen können, wenn sich nicht die Jedis in unser Leben eingemischt hätten. Aber vielleicht war es uns auch einfach nicht bestimmt. Auf jeden Fall lief unsere Zeit schon ab, schneller und schneller, ich konnte es förmlich sehen. Und eines Abends klingelte es plötzlich und Obi–Wan stand vor unserer Tür …"

Fortsetzung folgt …