Das St. Mungo
Hermine apparierte in einem Apparierzimmer des St. Mungos. Es war extra für die Mitarbeiter gebaut worden, damit die Patienten sich nicht erschraken. Normalerweise erschraken aber eher die Mitarbeiter, wenn sie sahen, in welchen Zuständen die um Hilfe bittenden Zauberer waren, wenn sie früh morgens zu Arbeit erschienen. Zum Wohle aller sind also diese Räume entstanden, vier an der Zahl. Einer zum apparieren, einer zum disapparieren, einer wenn man mit Flohpulver ankam und einer wenn man mir Flohpulver wegging. Außerdem gab es noch mehrere Räume, in denen die Medikamente und ähnliches erschienen und weiter verfrachtet wurden, ohne dass sie von den Patienten gesehen werden konnten. Da das St Mungos keinen Lieferanteneingang wie ein normales Muggelkrankenhaus hatte, lief alles über diese Import und Export Räume. Auch die Mahlzeiten wurden so herangeschafft, da das magische Krankenhaus keine eigene Küche hatte.
Hermine atmete kurz durch und verließ den Apparierraum. Sie traf unterwegs zum Umkleideraum auf eine ihrer Kolleginnen, Cindy Matthews. Sie war eine hübsche junge Frau, hatte schwarze lockige Haare die ihr bis zur Schulter reichten. Ihre blauen Augen strahlten den Menschen entgegen und ihr offenes Gesicht und hübsches Lächeln machten sie bei den Patienten sehr beliebt.
"Morgen Hermine. Gut geschlafen?", fragte sie fröhlich.
"Na ja, Ron hat mal wieder geschnarcht, aber sonst kann ich mich nicht beschweren. Die Baustelle ist ja jetzt endlich weg, die konnte einen in den Wahnsinn treiben. Ron wollte schon die Maschinen verzaubern, aber ich habe ihn gerade noch davon abhalten können.", berichtete Hermine.
Cindy lächelte. Sie kannte Hermines Mann und mochte ihn, genau wie Hermine selbst. Sie hatten schon öfters etwas zusammen unternommen, manchmal sogar mit Hermines und Rons besten Freunden, Harry und Ginny Potter. Als Cindy vor ein paar Jahren davon erfahren hatte, dass Hermine mit dem berühmten Harry Potter so gut befreundet war, war sie sehr erstaunt gewesen. Er war ja praktisch schon eine Legende, in den Zeitungen waren sehr oft Berichte über ihn und Cindy hatte ihn sich immer irgendwo arrogant vorgestellt, was ja verständlich wäre, aber als sie ihn und Ginny damals getroffen hatte war sie sehr überrascht, wie nett und natürlich Harry war - genau wie seine Frau. Es war eine lockere Freundschaft zwischen ihnen entstanden.
"Und was war bei dir so?", wollte Hermine jetzt wissen. "Du strahlst irgendwie noch mehr als sonst."
"Weißt du Hermine, jetzt wo du fragst, Ben hat gefragt ob ich ihn heiraten möchte." Cindys Grinsen verbreiterte sich.
"Nein!" Hermine blieb erstaunt stehen und sah ihre Kollegin an. Sie kannte Cindys Verlobten Benjamin Riley. Auch er hatte oft etwas mit ihnen unternommen. Er war ein netter Mann mit braunen Haaren und Augen, der im Ministerium arbeitete, auf dem Gebiet der Muggelbeziehungen. Er hatte sich oft begeistert mit Hermine unterhalten, die ihm bereitwilling alles über Muggel erzählte, was er wissen wollte. Zum Zeitpunkt ihres Kennenlernens hatte er sich brennend für Schwimmbäder interessiert, jetzt war er Feuer und Flamme für Aufzüge und Rolltreppen. Er fuhr jeden Morgen mit U - und Straßenbahnen ins Ministerium, damit er sich diese Dinge noch genauer anschauen konnte. Ron war anfangs ziemlich eifersüchtig gewesen, weil Ben sich so viel mit Hermine unterhalten hatte, aber Hermine hatte ihm versichert, dass er keinen Grund zur Eifersucht hatte und als Ron bemerkt hatte, dass Ben sich auch mit Harry so angeregt über Muggel unterhalten hatte, hatte er seine Bedneken über Bord geworfen. Hermine hatte Cindys Freund immer an Mr Weasley erinnert, zwar nicht vom Aussehen aber von der Art her und als sie Ron einmal im Ministerium besucht hatte, hatte sie Mr Weasley und Benjamin in einem Büro darüber fachsimpeln sehen, warum Muggel so gerne Wasserski fuhren.
Cindy und Ben waren nun schon mehr als drei Jahre zusammen und Hermine hatte sich schon gefragt, wann er Cindy endlich um ihre Hand bitten wollte, denn dass diese beiden für einander geschaffen waren war allen klar. Cindy war drei Jahre jünger als Hermine, Ben zwei. Sie waren beide in Ravenclaw gewesen und schon während der Schule sehr gut befreundet, hatten allerdings erst später bemerkt, dass doch mehr als nur Freundschaft zwischen ihnen war. Als Ginny ihnen vor vier Monaten erzählt hatte, dass sie schwanger war, schien Cindy nun auch das Bedürfnis zu haben zu heiraten und eine Familie mit Ben zu gründen und ihm war es anscheinend ebenso ergangen.
"Doch!", rief Cindy glücklich und ließ sich von Hermine umarmen.
"Und? Wie hat er dich gefragt?", wollte Hermine wissen. Sie erinnerte sich noch gut an Rons Heiratsantrag. Er hatte nervös herumgestottert und musste die Frage dreimal wiederholen, bis Hermine sie endlich verstanden hatte.
"Wir hatten gestern unseren Jahrestag, weißt du, und Ben ist mit mir in so ein nettes kleines Muggelrestaurant gegangen. Das Essen war sehr lecker - ich hatte übrigens Lachs, sehr zu empfehlen - und beim Nachtisch - Obstkuchen - hat er dann angefangen zu erzählen, wie schön unsere Freundschaft war und wie glücklich er ist, dass er mit mir zusammen sein darf und er hofft, dass es immer so bleiben wird und dann hat er den Ring rausgeholt. Ich wäre beinahe vom Stuhl gefallen vor Überraschung, als ich ihn gesehen hab. Ich hab natürlich ja gesagt und dann haben wir uns geküsst und das ganze Restaurant hat geklatscht.", erzählte Cindy glücklich. "Und später haben wir die Verlobung dann noch richtig gefeiert.", fügte sie noch hinzu.
Hermine grinste wissend. "Das war bei unserer Verlobung auch der beste Teil." Cindy fing auch an zu grinsen. "Und jetzt zeig mir mal den Verlobungsring."
Cindy hielt Hermine ihre Hand hin und diese sah auf den silbernen Ring, der einen schlichten kleinen Diamanten besaß, der aber unglaublich funkelte.
"Wow. Der ist wirklich wunderschön.", sagte Hermine bewundernd.
"Finde ich auch. Aber der war bestimmt sauteuer. Ich hab ihm gesagt, dass er nicht so viel Geld für mich ausgeben soll und weißt du, was er dann gesagt hat?"
"Für dich ist das beste gerade gut genug.", vermutete Hermine.
Cindy nickte erstaunt. "Woher weißt du das?"
"Das ist doch der Standartspruch, um dich vor den Altar zu bekommen."
"Ich dachte um mich ins Bett zu kriegen."
"Das hat er doch schon geschaft." Cindy fing an zu lachen und Hermine stimmte mit ein. Es tat gut, glückliche Menschen zu sehen, die Atmosphäre in Krankenhäusern hatte sonst immer so etwas bedrückendes an sich. Und momentan kamen wieder mehr Verletzte als sonst, was vermutlich an den Todessern lag, obwohl es die Patienten leugneten. Aber so viele Unfälle auf einmal waren mehr als merkwürdig.
Erst gestern hatte bei dem Ordenstreffen eine heftige Diskussion stattgefunden, ob es nun wirklich Todesserangriffe waren. Die meisten, wie auch Hermine, waren dieser Meinung, da das auch mit den Berichten der Auroren überein stimmte. Dann jedoch stellte sich die Frage, warum die Opfer es nicht zugaben. War es ihnen peinlich, zugeben zu müssen, einem Todesser zum Opfer gefallen zu sein, oder wollten sie nicht wahrhaben, dass sich anscheinend wieder etwas auf der Dunklen Seite tat - wie Fudge damals -, auch wenn es bis jetzt noch nichts an die Öffentlichkeit gedrungen war.
Am Ende hatte sich der Orden geeinigt, dass Hermine die Patienten unauffällig ausfragen sollte, um festzustellen, ob es jetzt tatsächlich Todesserangriffe waren oder ob es wirklich nur die Unfälle waren, als die sie dargestellt waren, was bei manchen schier unmöglich schien, da sie so ausgefallen waren, dass sie unmöglich durch diese Harmlosen Unfälle passiert sein konnten, die die Verletzten als Erklärung vorzuweisen hatten.
Grinsend gingen Cindy und Hermine in den Umkleideraum, wo die anwesenden Heiler und Schwestern erstmal ausgiebig Cindys Ring bestaunten. Hermine zog inzwischen ihren Arbeitskittel an und nahm den Ehering ab. Er war schlicht und aus Weißgold. Hermine zog ihre Kette aus, die sie um den Hals trug und zog sie durch den Ring. Danach hängte sie sich die Kette wieder um den Hals und ließ sie unter ihrem Kittel verschwinden. Sie durften keine Ringe oder anderen Armschmuck tragen, am besten auch keine Ketten, aber da Hermine sie immer unter ihrer Kleidung trug, viel sie nicht auf. Sie wollte den Ring nicht ganz ablegen, da er die Verbundenheit zu Ron symbolisierte. Sie hatte lange darauf gewartet, so einen Ring tragen zu dürfen und jetzt wollte sie das auch tun. Sie betrachtete liebevoll das Schild auf ihrer Kleidung:
Hermine Weasley
Heilerin
Fluchschäden
Weasley. Hermine hatte nie gedacht, dass sie eines Tages wirklich eine Weasley sein würde, genauso wenig wie sie es für möglich gehalten hatte, dass Ginny einmal eine Potter sein würde. Sie war sich der Gefühle der Jungen sicher gewesen, wahrscheinlich länger als Ron und Harry sich dieser selbst bewusst waren, aber sie hatte nicht geglaubt, dass die zwei sich überwinden und dazu stehen würden. Aber sie hatten es getan und nun waren sie verheiratet. Und Harry und Ginny gründeten jetzt ihre eigene Familie. Hermine hoffte nur, dass nichts passieren würde, so wie ihr vor zwei Jahren. Dieses schreckliche Erlebnis hätte fast alles ziwschen Ron und ihr kaputt gemacht, sie hätten es fast nicht geschafft, ihre Ehe zu retten. Hermine hoffte sehr, dass Harry und Ginny dieses Leid erspart bleiben würde. Sie schüttelte den Kopf und vertrieb ihre düsteren Gedanken.
Kurz darauf waren Hermine und Cindy auf dem Weg zum vierten Stock, zu den Fluchschäden, dem Spezialgebiet der beiden Frauen. Sie gingen durch den Gang und auf das Büro zu, dass sie sich teilten. Es lagen schon wieder einige Berichte mehr auf den Schreibtischen, die durchgelsen und verbessert werden mussten. Sie waren von den Schülern und Schülerinnen, die auf dieser Station ein Praktikum für ihr Studium machten.
"Jetzt weiß ich, wieso Ginny sich immer so wegen des Papierkrams aufregt.", murmelte Hermine.
"Was ist mit Ginny?", wollte Cindy wissen.
"Sie wurde zu Schreibtischarbeit verdonnert und das regt sie ziemlich auf. Harry versucht sie zwar zu besänftigen, aber er schafft das leider immer seltener."
"Und warum?"
"Weil sie schwanger ist, vermutlich."
"Ist das bei allen Auroren so? Dann müsste sie doch darauf vorbereitet gewesen sein, während der Schwangerschaft nur Papierkram zu erledigen."
"Das ist ja das komische. Nur Ginny wird so behandelt. Tonks hatte zwei Wochen vor dem errechneten Geburtstermin noch einen lebensgefährlichen Einsatz."
"Das ist doch auch nicht gut. Weder für die Mutter noch für das Kind.", meinte Cindy. Sie konnte sich vorstellen, wie gefährlich es für eine Hochschwangere war, sich in einer Stresssituation zu befinden.
"Das nicht. Aber die Aussicht auf weitere vier Monate Schreibtischarbeit während andere ihr Leben riskieren hat auch nicht gerade etwas prikelndes an sich."
"Und wieso wird Ginny so behandelt?"
"Wahrscheinlich weil sie von dem berühmten Harry Potter schwanger ist."
"Aha.", meinte Cindy. Sie schien es nicht ganz zu begreifen.
"Ich verstehe es auch nicht ganz. Also, wie machen wir es?", wechselte Hermine das Thema. "Schaust du nach den Patienten und ich mache die Neuzugänge?"
Cindy nickte. "Okay. Einige von ihnen können wir sicher schon entlassen. Die neuen Tränke scheinen zu wirken."
Hermine nickte. "Allerdings sollten wir die, die die neuen Tränke einnehmen, noch einige Tage hier behalten. Nicht, dass es irgendwelche Nebenwirkungen gibt und wir sie in zwei Tagen wieder hier haben."
Cindy nickte. "Das wird am besten sein." Hermine und sie verließen das Büro. Auf dem Gang trennten sich ihre Wege und sie gingen in verschiedene Richtungen davon.
Hermine ging zur Notaufnahme dieser Station. Vor der Tür warteten schon einige Leute. Einem Mann wuchsen Zähne aus den Ohren, einer Frau eine dritte Hand aus dem Bauch, die ständig den Mann, der neben ihr saß, befummelte. Er rückte zwar immer weiter von ihr weg, aber der Arm wuchs und und wuchs leider unaufhaltsam weiter. Die Frau schaute ihn um Entschuldigung bittend an.
'Na das kann ja heiter werden!', dachte Hermine und ging in das Behandlungszimmer.
/-/
Es war Mittagspause. Hermine und Cindy verbrachten diese in der Cafeteria für die Angestellten, die sich gleich neben der Besucher-Cafeteria im fünften Stock befand, wo Cindy sich von anderen Kollegen gerne zur Verlobung beglückwünschen ließ. Sie strahlte mit der Sonne um die Wette und die Stimmung war zum Vergleich mit anderen Mittagspausen sehr gut. Alle stießen mit Kürbissaft auf sie an.
Nach einer Weile kam Neville auch zu der Gruppe und setzte sich neben Hermine. Er hatte erst jetzt Mittagspause gemacht und gerade eben noch Cindy gratuliert, die ihn zum Dank auf die Wange geküsst hatte, wo jetzt deutlich ein Abdruck von Lippenstift zu sehen war. Neville sah etwas verlegen aus.
"Bis jetzt noch geforscht, Neville?", wollte Hermine wissen. Er nickte.
"Ich glaube ich bin kurz vor dem Durchbruch. Noch ein Zyklus und wir können den neuen Trank testen. Bis jetzt hat er sich so verhalten, wie vermutet, er scheint richtig zu werden.", erklärte Neville ihr. Er war nach Hogwarts in die Forschung gegangen, besonders mit Kräutern, denn das war sein Spezialgebiet. Schon zu Schulzeiten hatte er ein 'Ohnegleichen' in Kräuterkunde. Er arbeitete verbissen daran, endlich ein Mittel für seine Eltern zu finden. Hermine half ihm dabei. Neville suchte oft ihren Rat, besonders wenn es nötig war, mit Zaubertränken zu experimentieren. Er hatte sich auf diesem Gebiet zwar sehr verbessert, ohne Snape war ihm das nicht schwer gefallen, er hatte, wie Harry auch, sehr viel entspannter und leichter gelernt, wenn Snape ihm nicht im Nacken saß. Aber trotzdem zeigte er gewisse Unsicherheiten, die Hermine meistens mit ihrem Wissen ausgleichen konnte. Oft machten die beiden Überstunden, wenn sie so sehr in ihre Arbeit vertieft waren, dass sie die Zeit vergaßen.
Neville war in eine eigene Wohnung gezogen, aber seine rüstige Großmutter schaute oft vorbei, putzte und kochte für ihn, wenn er abends heimkam, und regte sich auf, wenn er wieder etwas verloren hatte. Aber sie war stolz auf ihren Enkel geworden, als er im St Mungos angefangen und sie erfahren hatte, dass er nach einem Mittel für ihren Sohn und ihre Schwiegertochter suchte, und meinte, dass er vielleicht doch etwas von dem Talent seines Vaters geerbt hatte.
Verheiratet war Neville allerdings nicht, doch manchmal traf er sich mit Luna zum Essen. Die beiden verstanden sich sehr gut, schon seit den DA-Zeiten. Sie waren beide Außenseiter und hatten sie vermisst, auch jetzt noch manchmal, aber da sie an den Ordenstreffen teilnahmen, war der Verlust zu verschmerzen.
Luka arbeitete inzwischen auch für den Klitterer und verfasste noch haarsträubendere Artikel als ihr Vater, aber war von der Richtigkeit hundertprozentig überzeugt. Neville hörte ihr immer aufmerksam zu und glaubte das meiste auch. Erst vor kurzem hatte sie geschrieben, dass Ginny anstatt eines Babys fünf Fledermäuse auf die Welt bringen würde, da sie den Flederwichtfluch im Schlaf beherrschte. Harry und Ginny hatten sich über den Artikel sehr amüsiert, aber Neville hatte besorgt nachgefragt, was er denn mit dem Strampelanzug machen sollte, den er schon als Geschenk gekauft hatte. Hermine hatte Neville beruhigt, dass Ginny ein normales Baby bekommen würde und er den Strampler nicht von seiner Großmutter umnähen lassen müsste.
"Kannst du vielleicht heute irgendwann vorbei schauen und ihn dir nochmal ansehen?", wollte er wissen. Hermine nickte.
"Klar, kann ich machen. Aber wenn er so ist wie erwartet, ist eigentlich alles richtig. In ein paar Tagen müsste man ihn dann an der Versuchspuppe testen." Neville hatte eine Puppe entwickelt, die genau auf den jetzigen Zustand seiner Eltern angepasst war und an der er seine Versuche testen konnte, ohne irgendjemandem, seinen Eltern oder auch irgendwelchen Laborratten, Schaden zufügen zu können.
Nach kurzer Zeit verabschiedete sich Neville wieder. Er wollte den Trank in diesem Stadium nicht zu lange alleine lassen. Hermine sah zu Cindy, die immer wieder neue Glückwünsche bekam und jedem, der ihn sehen und auch nicht sehen wollte, den Ring unter die Nase hielt.
"... wurde schon wieder jemand von einem Werwolf gebissen." Hermines Kopf fuhr herum und sie sah zu der Heilerin, von der dieser Satz kam.
"Werden zur Zeit häufiger Leute von Werwölfen angegriffen?", fragte sie neugierig. Wenn nicht nur die Todesser, sondern auch schon Werwölfe wieder vermehrt angriffen, war das ein ziemlich sicheres Zeichen dafür, dass sich auf der dunklen Seite etwas tat. Die blonde Heilerin nickte.
"Ja. Vor allem in den letzten Monaten kam es wieder häufig vor. Gerade jetzt liegen schon wieder zwei Leute auf unserer Station. Und sie stammen aus den unterschiedlichsten Vierteln Londons. Es ist wirklich merkwürdig.", seufzte sie. "Und sie sind so mutlos. Naja, wer wäre es an ihrer Stelle nicht? Sie sagen ständig, dass ihr Leben vorbei ist und sie lieber an dem Biss gesetorben wären. Wei soll man ihnen denn da noch richtige Hoffnung machen können?"
"Ich kenne einen Werwolf. Und ihm geht es sehr gut. Er hat ein normales Leben.", sagte Hermine. Remus ging es auch wirklich gut. Allerdings hatte sich sein Leben erst wirklich normalisiert, als Tonks in sein Leben getreten war. Sie brachte zwar einen Haufen Chaos mit, aber genauso viel Normalität. Und Becky hatte es perfekt gemacht.
"Vielleicht sollten Sie mal mit ihnen reden, Mrs Weasley. Und ihnen sagen, was sie wissen. Wenn die Patienten sehen, dass es auch Leute gibt, die trotz dieser, ähm, Behinderung gut leben können, schöpfen sie vielleicht wieder Mut."
"Ich kann's versuchen, aber da ich nicht selber ein Werwolf bin, hab ich ja leicht reden.", meinte Hermine. Damals hatten auch alle gesagt, sie könnten sie verstehen, sie wüssten, was Hermine durchmachte... aber niemand wusste es. Niemand konnte nachvollziehen, wie sie sich gefühlt hatte, und es manchmal immer noch tat. Niemand, der nicht das Gleiche erlebt hatte, konnte wissen, wie sie sich fühlte. Viele hatten es versucht, hatten es gut gemeint, aber verstanden hatten sie es nicht. Nicht wirklich.
Und deshalb war sich Hermine sicher, sie konnte sagen, so viel sie wollte, sie konnte die Patienten so viel trösten, wie sie wollte, verstehen konnte sie sie doch nicht wirklich. Sie konnte sich vorstellen, wie schlimm es war, sich jeden Monat für den Rest seines Lebens in ein Monster zu verwandeln, selbst wenn es jetzt den Wolfsbanntrank gab, sie konnte sich vorstellen, wie es war, von der Gesellschaft gemieden und verstoßen zu werden, aber wirklich wissen konnte sie es nicht.
"Meinen Sie, dass der Werwolf, den Sie kennen, zu den Patienten gehen und ihnen erzählen könnte, wie es ihm geht?"
"Meinen Sie als eine Art Selbsthilfegruppe für Werwölfe?", fragte Hermine neugierig. Diese Idee wäre vielleicht gar nicht so schlecht, es gab schließlich in der Muggelwelt für alles mögliche eine Selbsthilfegruppe, und vielen schien das sogar zu helfen. Und vor allem Remus Lupin war ein gutes Beispiel dafür, dass man auch ein normales Leben haben konnte.
"Das wäre eigentlich eine gute Idee.", meinte die Heilerin ziemlich interessiert.
"Das schon. Aber viele kommen doch gar nicht ins Mungos. Der Mann, der dieses, ähm, Problem hat, hat mir erzählt, dass er gehört hat, dass viele Leute, speziell Kinder, direkt nach dem Biss verschleppt werden. Die kommen doch gar nicht hierher.", bremste Hermine ihren Tatendrang. Remus hatte ihr von diesem Problem erzählt.
"Ich weiß. Aber es sind trotzdem mehr Opfer als sonst hier.", meinte die Heilerin. "Und denen könnte so eine Gruppe vielleicht wirklich helfen. Aber vielleicht eher anonym. Die anonymen Werwölfe, oder so", meinte die Heilerin grinsend. Es klang auch irgendwo sehr lustig, aber es war ernst gemeint.
"Ich werde mit meinem Bekannten darüber sprechen. Vielleicht überlegt er sich das tatsächlich.", sagte Hermine. Sie wusste, dass Remus früher, vor Tonks und besonders vor Hogwarts, Probleme mit seinem Werwolfsdasein hatte. Vielleicht konnte er ihnen wirklich helfen, damit klar zu kommen. Remus würde ihnen bestimmt helfen wollen, damit sie es nicht so schwer hatten wie er.
Die andere Heilerin warf einen Blick auf die Uhr, die an der Wand hing. Sie hatte um die zwanzig Zeiger und zeigte an, für welche Station die Mittagspause vorbei war. Der Zeiger für die blonde Heilerin wies auf: Jetzt aber Beeilung. Wenn Sie nicht fliegen können, sind Sie zu spät. Sie stand auf und eilte zur Treppe. Hermine lächelte. Man könnte meinen, dass Dumbledore diese Uhr aufgehängt hatte, so eine Art von Gegenständen hätte er bestimmt sehr amüsant gefunden. Hermines Zeiger zeigte: Wenn Sie jetzt nicht beim Nachtisch sind, müssen Sie auf ihn verzichten. Sie grinste und wandte sich ihrem Nachtisch zu, auf den sie heute nicht verzichten wollte.
/-/
Kurze Zeit später waren Hermine und Cindy wieder auf ihrer Station. Cindy ging in das Büro um einige Entlassungspapiere fertig zu stellen und Hermine wollte wieder zur Notaufnahme. Als sie vor der Tür stand, blieb sie plötzlich stehen und fing an zu grinsen. Auf den Stühlen saß Fred, und vor ihm auf dem Boden schlug George ohne Unterbrechung Purzelbäume.
"Was habt ihr denn jetzt wieder angestellt?", fragte Hermine ihren Schwager.
"Wir haben ein neu entwickeltes Produkt von uns getestet. Wie du siehst war es wohl noch nicht ganz ausgereift.", erklärte Fred. "Diese wirklich freundliche Empfangshexe hat uns gesagt, wir sollen zu dir kommen, also, liebste Schwägerin, da sind wir." Er wies mit einer ausschweifenden Handbewegung auf sich und seinen Zwillingsbruder.
"Dann kommt mal herein.", sagte Hermine und hielt den beiden die Tür auf. Fred pfiff einmal und George bewegte sich Räder schlagend ins Behandlungszimmer. Hermines Grinsen verbreiterte sich, als sie daran dachte, wie es wohl aussehen würde, wenn George in diesem Zustand Quidditsch spielen müsste.
Sie konnte den Fluch relativ schnell beheben und bekam deshalb von den Zwillingen einige starke Tagträume (die erst ab 18 waren) geschenkt ("Falls Ron mal nicht da ist."). Hermine konnte sich anderen Patienten zuwenden und war für den restlichen Nachmittag ausgelastet.
Ihre Gedanken schweiften oft zu den Patienten, die von Werwölfen gebissen wurden. Wenn sie der Heilerin glaubte (und das tat sie), dann gab es vermehrt Angriffe. Und nicht mehr nur auf Kinder sondern auch auf Erwachsene, die doch so viel schwerer zu beeinflussen waren, wie Remus ihr öfters erzählt hatte. Kleinere Kinder hatten noch kein Urteilsvermögen, der Schock nach dem Biss würde viel zu tief sitzen, sie würden alles glauben, was ihnen Greyback und die anderen Werwölfe erzählten, davon war Hermine überzeugt. Sie konnte man zu den Monstern erziehen, die die Menschheit fürchtete.
Aber Erwachsene, besonders wenn sie eine Zeit lang im St Mungos waren, konnte man schon sehr viel schwerer überzeugen. Die meisten waren eher vernünftigerer Natur, so wie Remus, die nach einiger Zeit ganz gut mit diesem Problem leben konnten. Andere waren eher abenteuerlustig. Aber ihr Tatendrang wurde dadurch natürlich erheblich geschwächt. Aber Recht wenige würden wirklich zu den Werwölfen werden, die sich früher einmal Voldemort angeschlossen hatten. Die Forschung war relativ weit, einige internationale Forscher arbeiteten gerade an einer Verbesserung des Wolfsbann-Trankes. Es sollte ihn in Tablettenform geben, damit er nicht jeden Monat neu gebraut werden musste und die Forscher waren schon recht weit. Den 'neuen' Werwölfen konnte also schon Hoffnung gemacht werden, weshalb Greybacks Parolen weniger, sehr viel weniger Wirkung zeigten. Vor allem aber auch deswegen, weil Voldemort jetzt schon sehr lange vernichtet war und die Werwölfe, die in freier Wildbahn lebten, wieder sehr viel mehr ins Visier des Ministeriums geraten waren.
Aber warum gab es dann wieder so viele Angriffe? Nicht nur auf Kinder, sondern auch auf Erwachsene? Was ging da vor sich?
Hermine musste dieses Thema unbedingt auf dem nächsten Ordenstreffen ansprechen, denn es war schon merkwürdig. Vorher sollte sie sich aber vielleicht noch mit Remus darüber unterhalten. Er wusste sicher besser als sie, wie sich die Werwölfe verhalten hatten, als Voldemort nach dem ersten Angriff auf Harry verschwunden war und ob dieses Verhalten vielleicht doch typisch für sie war. Und über diese Selbsthilfegruppe oder was genau Hermine und die Heilerin sich ausgedacht hatten, musste sie auch noch mit ihm reden. Vielleicht war diese Idee ja Schwachsinn und würde niemandem helfen (das war genau das, was viele Leute von B.Elfe.R dachten). Aber darüber konnte ihr nur Remus Auskunft geben, er wusste schließlich, wie man sich fühlte, wenn das Leben durch so einen Biss für immer verändert wurde.
Hermine warf einen Blick auf den Flur, es waren keine Patienten mehr da. Sie ging rüber zu ihrem Büro und machte sich an die Berichte. Eine viertel Stunde später kam Cindy rein.
"Morgen tauschen wir wieder. Du glaubst gar nicht, wie quängelig manche Patienten sind. Einer hat sogar eine Blumenvase in einen Feuerball verwandelt und nach mir geworfen, als ich ihm gesagt hab, dass er noch zwei Tage länger hier bleiben muss. Aber wir haben die Ursache von dem Fluch noch immer nicht gefunden."
"Ach das war doch der, der so viele Tobsuchtsanfälle hatte, weil aus seinem Finger ständig lauter Blitze kamen."
"Übles Temperament, sag ich dir. Der sollte mal zu einem guten Muggelpsychiater. Ben kennt bestimmt einen."
"Lieber nicht. Am Ende bringt er den dann noch um. Er hätte es doch viel einfacher, wenn er uns einfach den Fluch sagt, mit dem er belegt wurde, dann könnte er sehr viel schneller wieder gehen, weil wir endlich die Ursache wüssten."
"Das war was illegales, da wette ich mit dir um meinen Verlobungsring."
"Lass das ruhig. Es kann nur was illegales gewesen sein, warum sollte er sich sonst weigern, uns den Fluch zu verraten. Denn dass er ihn nicht weiß, das glaubt ihm keiner."
"Ich habe ihn auf ein Einzelzimmer verlegt. Ich will schließlich nicht die anderen Patienten gefährden, die sich als kooperativ erweisen. Morgen gehe ich nur noch im Schutzanzug zu ihm."
Hermine lächelte. Es gab doch immer die merkwürdigsten Patienten in diesem Krankenhaus. In der Muggelwelt hätte sie nie im Leben so viel Abwechslung.
/-/
Nach einer halben Stunde war Hermine mit ihren Berichten fertig und konnte Feierabend machen. Eigentlich.
"Ich geh noch zu Neville und schau mal, wie weit er ist.", sagte Hermine und stand auf, nachdem sie alle Papiere säuberlich eingeräumt hatte.
Cindy blickte missmutig von ihrem Geschriebenen auf. Sie hasste Papierkram und dementsprechend langsam ging es immer voran.
"Falls wir uns heute nicht mehr sehen sollten, schönen Feierabend noch und richte Ben aus, dass ich mich darüber freue, dass er endlich die Kurve gekriegt hat und dich heiraten möchte."
Cindy lächelte, so wie sie es immer tat, wenn sie den Namen Ben hörte. "Werde ich machen. Und grüß Ron von mir."
"Werde ich machen. Also bis morgen dann.", verabschiedete sich Hermine und verließ das Büro. Sie ging zur Forschungsabteilung, klopfte an die Tür und trat ein. Neville sah von seinem Tisch auf und ging dann zu Hermine.
"Gut, dass du noch gekommen bist. Es hat sich ein Problem ergeben. Der Trank will einfach nicht eindicken." Hermine sah besorgt zu dem Tisch, wo viele Kessel und Reagenzgläser aneinander gereiht standen.
"Das ist nicht gut. In diesem Stadium muss er das unbedingt tun, sonst stimmen unsere Berechnungen nicht mehr und wir können von vorne beginnen." Hermine nahm sich eine Schutzbrille und einen Kittel von einem Kleiderständer und ging zu dem Trank. Sie sah ihn sich genau an, warf einen Blick auf Nevilles Notizen und besah sich ihre eigenen, in denen sie die Zutaten notiert hatte. Und dann fand sie den Fehler. "Du hast die Alraunenzehe vergessen."
"Oh.", sagte Neville und überlegte, ob er sie wirklich vergessen hatte. Er nahm Hermine die Notizen aus der Hand und laß sie durch. "Das sollte Alraunenzehe heißen? Ich hab Algenauge gelesen, und das hab ich schon früher druntergemischt. Ich hab gedacht, du hast dich nur vertan."
Hermine warf selbst noch einen Blick auf das Wort. Sie hatte tatsächlich ziemlich undeutlich geschrieben, weil sie gestern so in Eile wegen des Treffens war. "Diesen Fehler kann man ja noch beheben, solange du nicht noch ein Algenauge reingetan hast."
"Nein, ich hab nur das eine Auge reingemischt. Ich habe alles so gemacht wie besprochen, nur die Alraunenzehe ist mir entfallen. Im nächsten Stadium sind dann die Kräuter an der Reihe, ich hab sie schon sortiert und in die richtige Reihenfolge gebracht. Als erstes kommen dann zwei Blätter von der Teufelsschlinge. Ich hab sie schon zerschnitten und in den Kühlschrank gegeben, sie sollten ja gefroren sein.", sagte Neville tatkräftig.
Hermine nickte. Dann ging sie wieder zur Tür. "Ihr braucht mich heute nicht mehr. Ich mache Feierabend." Neville sah sie erschreckt an.
"Willst du nicht noch alles überprüfen?"
"Nein, Neville. Du machst das super. Das mit der Alraunenzehe war mein Fehler. Und heute kann man mit dem Trank sowieso nichts mehr machen. Und ich bin müde. Außerdem wollten Ron udn ich mal wieder etwas Zeit zusammen verbringen. Das ist in letzter Zeit viel zu kurz gekommen." Neville nickte.
"Wollt ihr ausgehen?"
"Nein. Wir wollten uns eigentlich nur vor den Fernseher setzen. Da können wir beide entspannen, und das haben wir auch nötig." Hermine zog den Kittel wieder aus und verließ das Zimmer wieder. Ron und sie hatten wirklich wenig in der letzten Zeit mit einander gemacht. Und das Wochenende mit ihren Eltern konnte sie nicht als erholsam abstempeln.
Vor den Fernseher setzten sie sich oft, wenn beide zu geschafft von der Arbeit waren, um noch irgendwo hinzugehen, sich aber danach sehnten, die Anwesendheit des Anderen zu spüren. Nach einiger Zeit hatte Ron sich an den Fernseher gewöhnt und war nicht mehr so aufgeregt, wenn Hermine ihn anschaltete. Jetzt konnte er es genau wie sie genießen.
Sie verabschiedete sich von Neville und ging langsam in die Eingangshalle. Einige Porträts riefen ihr Heilmittel für nicht existente Krankheiten zu, aber Hermine achtete nicht auf sie. Sie ging in den Umkleideraum im Erdgeschoss, zog ihre Arbeitskleidung aus, ihren gemütlich warmen Umhang an und nahm ihren Ehering von der Kette. Liebevoll streifte sie ihn wieder über ihren Ringfinger und betrachtete ihn kurz. Sie hätte nie gedacht, dass sie jemals einen tragen würde. Einen Ring, der sie mit Ron verband. Sie hätte nie gedacht, dass sie beide es doch irgendwann auf die Reihe kriegten und zusammen kamen. Aber sie hatten es geschafft. Und Hermine hoffte, dass es für immer so bleiben würde.
Sie ging in den Raum mit den Abreisekaminen und floote durch die warmen Flammen zu ihrer und Rons Wohnung, wo Ron schon mit einer Pizza, die er im Ofen aufgetaut hatte, auf sie wartete und sie es sich wirklich vor dem Fernseher gemütlich machten.
Als Hermine später an Ron gekuschelt einschlief, war ihr letzter Gedanke, dass sie doch ziemliches Glück hatte, so leben zu dürfen: Mit dem Mann, den sie liebte.
A/N: So, dass war das vierte Kapitel. Ich hoffe es ist mir gelungen, etwas ernsthaftigkeit in dieses Kapitel zu bringen, mit den Werwolfsangriffen usw. Mein Problem ist, dass mir die meisten Ideen während des Schreibens kommen, wie z.B. der Charakter Cindy und die 'anonymen Werwölfe'. Ich hoffe das es nicht zu viele Unstimmigkeiten gibt, da ich zwar wirklich vorraus geplant habe, aber meine spontanen Ideen sehr gerne noch einbaue. Es kann also sein, dass manches nicht ganz stimmen wird, ob jetzt bei diesem Kapitel oder bei späteren. Falls etwas auffallen sollte, bitte ich darum, dass ihr mich darauf hinweist, obwohl ich natürlich hoffe, dass alles stimmt. Was in Hermines Leben passiert ist, werde ich im nächsten oder übernächsten Kapitel behandeln, vielleicht kommt auch ein Flashback, mal sehen. Ich hoffe euch hat das Kapitel gefallen und ihr lasst mir ein kleines Review da, das würde mich sehr freuen.
Vielen Dank denjenigen, die schon eines geschrieben haben und ich werde mich bemühen, das nächste Kapitel schneller zu haben, aber da ich auch möchte, dass es einigermaßen gut wird, kann es auch wieder ein paar Tage dauern.
