Erinnerungen - Teil 2
"Es war der schrecklichste Tag, den ich je erlebt hab. Noch schlimmer als der, an dem Ron vergiftet wurde. Ich bin aufgewacht und man hat mir gesagt, dass ich es verloren hab, und du warst nicht da, Ron, du warst nicht da." Es liefen weitere Tränen über ihre Wangen, sie konnte sie einfach nicht stoppen.
"Ich bin so schnell gekommen, wie ich konnte, wirklich. Aber die Heiler haben mich damals nicht zu dir gelassen.", erklärte Ron ihr.
"Ich weiß.", seufzte Hermine. Sie hatten dieses Gespräch schon oft geführt.
Flashback Anfang
Ron fiel beinahe aus dem Kamin. Er sah sich um und hastete dann auf die Empfangshexe zu.
"Hermine Granger. Ähm, Weasley. Ich will zu Hermine Weasley. Sie ist hier Heilerin, sie ist schwanger und meine Brüder haben mir gesagt, dass sie ohnmächtig geworden ist. Wo finde ich sie?", fragte Ron hastig. Alles drehte sich in seinem Kopf.
Wie geht es Hermine? Wie geht es dem Baby? Gibt es überhaupt noch ein Baby?
"Beruhigen Sie sich, Mister.", sagte die Empangshexe gelangweilt und sah in ihren Unterlagen nach. "Ihre Frau wird noch untersucht. Setzen Sie sich einfach, wir schicken eine Nachricht, wenn Sie zu ihr können."
"In Ordnung.", sagte Ron und schnappte nach Luft. Er drehte sich langsam um und setzte sich in den Wartebereich. Es war später Nachmittag und ziemlich wenig los. Er sah, wie die Empfangshexe die Hexenwoche zur Hand nahm und anfing zu lesen.
Er sah sich um und entdeckte einen kleinen Blumenstand, der in einer Ecke stand. Er war Hermines Idee gewesen, das wusste Ron. Hermine hatte ihm einmal begeistert davon erzählt hatte. Sie wollte, dass Besucher die Möglichkeit hatten, den Patienten gleich ein paar Blumen zu bringen und nicht erst in den Muggelblumenladen zwei Straßen weiter zu gehen, da sie meistens kein Muggelgeld dabei hatten. Er stand auf und ging zu dem Stand.
Ron schaute sich alle Blumen genau an. Es gab eine große Auswahl an Muggel- und Zauberblumen. Einige konnten die Farben wechseln, andere widerum konnten niemals verwelken, es gab auch sprechende Blumen und solche, die einen darauf hinwiesen, wann sie wieder gegossen werden mussten.
Ron überlegte eine Weile, welche Hermine gefallen könnten, aber dann fiel sein Blick auf eine einzelne rote Rose und er erinnerte sich, wie seine Frau ihm einmal erzählt hatte, dass sie rote Rosen liebte und er entschied sich dazu eine von ihnen zu kaufen. Sein Gefühl sagte ihm, dass sie eine kleine Aufmunterung brauchen konnte.
Ron suchte die schönste heraus, legte sie auf ein Einwickelpapier, das auf einem anderen Tisch ganz in der Nähe lag und beobachtete, wie es sich in Sekundenschnelle um die Blume wickelte. Ein Preis erschien auf dem Papier und Ron legte die Galleonen in die Schale, die dafür vorgesehen war. Sie verschwanden, ebenso wie der Preis auf dem Papier.
Ron nahm die verpackte Blume und ließ sich wieder nervös auf einen Stuhl nieder und wartete auf eine Nachricht, die ihm sagen sollte, wie es seiner Frau und dem Baby ging.
/-/
Hermine öffnete benommen die Augen und versuchte sich an das grelle Licht, das sie sehr stark blendete, zu gewöhnen. Nach kurzer Zeit konnte sie alles halbwegs erkennen und sah sich um.
Sie lag in einem Krankenzimmer, das erkannte sie sofort, sie betrat schließlich im Laufe eines Tages genug von den Dingern.
Hermine hatte eines von den Krankenhausnachthemden an und bemerkte, dass sich eine Infusionsnadel in ihrem Handgelenk befand.
Sie schloss die Augen wieder und versuchte sich zu erinnern, warum sie hier lag.
Sie hatte Fred und George behandelt und dann so ein komisches Ziehen im Bauch verspürt. Ansonsten konnte sie sich nur noch an Blut erinnern, Blut und Schmerz. Und davon ziemlich viel.
Hoffentlich war es nichts ernstes und es ging ihr gut. Ihr und ihrem Baby.
Schlagartig öffnete sie ihre Augen wieder.
Ihr Baby. Ihr Baby.
Sie legte eine Hand auf ihren Bauch und atmete tief durch.
Bestimmt war alles in Ordnung und sie machte sich nur verrückt. Sie schloss die Augen und versuchte sich zu beruhigen. Es klappte nicht. Wenn Ron da wäre, hätte er sie ablenken können. Hätte er sie in den Arm nehmen können, ihr über das Haar streichen und ihr sagen können, dass alles wieder gut werden würde.
Aber er war nicht da. Niemand war da. Sie war ganz alleine.
Plötzlich ging die Tür auf und ein Heiler kam herein. "Ah, Sie sind wieder aufgewacht, sehr gut. Wie fühlen Sie sich?"
"Wie geht es dem Baby?", fragte Hermine drängend.
"Wie geht es Ihnen?", wich der Arzt aus.
"Wie geht es dem Baby?", wiederholte Hermine ihre Frage.
"Mrs Weasley, sagen Sie mir erst, wie es Ihnen geht, dann erfahren Sie alles weitere."
"Na schön." Hermine war zu schwach, um jetzt eine Diskussion mit den Heilern zu führen. Es ging schneller, wenn sie kooperierte, das wusste sie. "Ich fühle mich ziemlich schwach und müde."
"Das ist normal."
"Wie geht es dem Baby?"
Der Heiler seufzte und ein trauriger Ausdruck erschien auf seinem Gesicht. "Es tut mir Leid, Ihnen das sagen zu müssen, wirklich, aber leider haben Sie Ihr Baby verloren."
Hermines Augen weiteten sich etwas. "Ist das sicher?", wollte sie wissen.
"Ja. ich komme später wieder, Sie wollen sicher allein sein." Er verließ das Zimmer, während Hermine sich mühevoll aufsetzte und den Kopf auf ihre Knie legte.
"Nein.", murmelte sie leise. Sie weigerte sich zu glauben, dass ihr Baby tot war. Dass es kein Baby mehr gab. Das konnte nicht passiert sein. Sie hatte sich doch so auf das Baby gefreut. Genau wie Ron.
Ron.
Was würde er wohl sagen, wenn er erfuhr, dass sie das Baby verloren hatte. Er würde furchtbar enttäuscht sein. Er würde sie bestimmt hassen. Er würde sich von ihr trennen. Sie würde ganz allein sein.
Tränen liefen ihr über das Gesicht. Unaufhaltsam. Weiter und weiter. Nichts konnte sie aufhalten, nichts und niemand. Denn niemand war da, der ihren Tränenfluss stoppen konnte.
Sie war allein.
Ganz allein.
/-/
"Ron?"
Er sah auf. Cindy stand direkt vor ihm und musterte ihn besorgt.
"Weißt du schon was?", wollte sie wissen.
Ron schüttelte den Kopf. Er wartete immer noch auf eine Nachricht, die ihm sagte, wie es um seine Familie stand. Cindy setzte sich neben ihn, sie schien genauso besorgt zu sein wie er.
"Wie lange wartest du schon?", fragte die Brünette nach einer Weile.
"Zwanzig Minuten. Wie lange kann sowas dauern?"
"Keine Ahnung. Schon eine Weile."
"Mhm.", meinte Ron abwesend. Er starrte seine Füße an. Aber er sah sie nicht wirklich. Er dachte nach, über sein Leben, Hermine, seine Eltern, seine Freunde, einfach alles.
Ron blickte auf, als ihn etwas am Kopf traf. Es war ein Memo. Er entfaltete es schnell.
"Was ist?", fragte Cindy. Ron überflog das Geschriebene.
"Ich kann zu ihr.", sagte er und sprang auf.
"Und wie geht es ihr?", hakte sie nach.
"Steht da nicht. Aber ich weiß wo sie ist." Ron rannte beinahe zur Treppe.
"Sagst du mir dann was los ist?", rief sie ihm nach.
"Mach ich." Und schon war er verschwunden.
/-/
Vor Hermines Zimmertür stoppte er abrupt, denn sonst wäre er in einen Heiler hineingerannt.
"Mr Weasley?", fragte er. Ron nickte.
"Wie geht es meiner Frau?"
"Sie ist in keiner wirklich guten Verfassung. Aber das ist nur zu verständlich."
"Warum?", fragte Ron allarmiert. Hermine war eine ziemlich starke Persönlichkeit und hatte schon verdammt viel mitgemacht. Was war passiert, dass es ihr so schlecht ging?
"Nun ja, ihre Frau..."
"Was ist mit meiner Frau?", wollte Ron wissen. Warum konnte ihm der Heiler nicht sagen, was los war, sondern redete nur um den heißen Brei herum.
"Sie hat das Baby verloren."
"Was?", fragte Ron entsetzt. Er glaubte sich verhört zu haben.
"Sie hat vor knapp einer Stunde das Kind verloren. Einen Jungen, übrigens.", erklärte der Arzt.
"Und geht es Hermine gut?"
"Es geht ihr den Umständen entsprechend gut. Aber Sie sollten am Besten zu ihr rein.", meinte der Arzt. Ron nickte benommen. Er drehte sich langsam zur Tür und klopfte an.
"Herein.", hörte er ganz leise Hermines Stimme. Er verspürte den großen Drang, bei ihr zu sein und stieß die Tür auf. Erschrocken blieb er stehen, als er sah, was für ein Bild sich ihm bot:
In einem Krankenhausbett saß Hermine wie ein Häufchen Elend, das Gesicht glänzte Tränennass und der Blick, den sie ihm zuwarf, war eine Mischung aus Schuld, Entsetzen, Traurigkeit und Angst.
Ron durchquerte mit drei Schritten das Zimmer, setzte sich auf das Bett und schloss Hermine in seine Arme, so fest er konnte. Sie klammerte sich wie eine Ertrinkende an ihn und schluchzte an seiner Schulter.
"Es tut mir Leid, Ron. Es tut mir so unendlich Leid. Es ist nur meine Schuld.", murmelte sie.
"Shhh.", sagte Ron tröstend und strich ihr zärtlich über den Kopf. Er wiegte sie wie ein kleines Kind hin und her. "Es wird alles gut, Mine, es wird alles gut."
"Es ist meine Schuld.", brachte sie unter Tränen hervor.
"Nein. Es ist nicht deine Schuld, Mine, es ist nicht deine Schuld." Er zwang sie sanft, ihn anzusehen. "Hörst du? Es ist nicht deine Schuld, Hermine. Niemand hat Schuld.", sagte er eindringlich. Das Schlimmste war es, wenn Hermine sich jetzt ihren Schuldgefühlen hingab, das würde sie seelisch komplett zerstören. Sie nickte langsam und kuschelte sich wieder in seine Arme.
"Es sollte einfach so sein. Manches muss einfach sein, das weißt du doch ganz genau. Wir haben schon zu viel erlebt, als das wir etwas anderes glauben könnten." Ron trocknete zärtlich die Tränen von Hermines Wange und umarmte sie dann wieder.
Sie blieben lange Zeit so sitzen, bis Ron plötzlich die Rose einfiel, die er achtlos auf das Bett geworfen hatte, als er eingetreten war. Er löste sich vorsichtig von Hermine und angelte sich die eingepackte Blume.
"Ich hab dir was mitgebracht.", sagte er und reichte sie ihr. Hermine nahm sie gerührt entgegen und wickelte sie mit zitternden Fingern aus.
"Danke.", flüsterte sie und betrachtete die feine Rose. "Die hast du von dem Stand in der Eingangshalle, oder?", fragte sie und versuchte ein kleines Lächeln, was ihr zur Hälfte gelang. Ihr einer Mundwinkel schaffte es leider nicht ganz nach oben.
"Richtig. Ist wirklich sehr praktisch."
"Das sagen viele.", meinte Hermine.
"Wie geht es dir?", wollte er wissen und strich ihr eine Strähne hinters Ohr.
"Es geht so." Sie legte eine Hand auf ihren Bauch. "Ich glaube nicht, dass es weg ist.", gestand sie.
"Er."
"Er?", fragte Hermine erstaunt.
"Es war ein Junge.", erklärte er ihr. Wieder traten Tränen in ihre Augen und Ron zog sie erneut in seine Arme.
"Alles wird gut.", sagte er und versuchte sie zu trösten, obwohl auch er beinahe in Tränen ausgebrochen wäre.
"Das hoffe ich. Das hoffe ich sehr.", flüsterte Hermine.
"Ich auch.", sagte Ron.
/-/
Ron trat erschöpft aus dem Kamin in seine und Hermines Wohnung. Er war erstaunt, als er Harry und Ginny mit besorgten Mienen auf der Couch sitzen sah. Sie sprangen sofort auf, als sie Ron bemerkten.
"Was ist mit Hermine?", wollte Harry sofort wissen. Er hatte sich große Sorgen um seine beste Freundin gemacht, genau wie Ginny auch.
Ron ließ sich auf einen Stuhl fallen und sah seine Schwester und seinen besten Freund aus traurigen und müden Augen an. "Sie hat das Baby verloren."
"Was?", fragte Ginny geschockt. Das konnte doch nicht wahr sein! Sie wusste, wie sehr sich Hermine und Ron auf ihr Baby gefreut hatten und konnte sich nicht einmal vorstellen, wie sie sich jetzt fühlen musste.
"Wie geht es ihr?", hakte Harry vorsichtig nach. Er war nicht minder geschockt als Ginny.
"Wie soll es ihr schon gehen? Sie ist völlig fertig und macht sich große Vorwürfe. Sie glaubt es wäre ihre Schuld gewesen."
"Das ist doch Unsinn.", widersprach Ginny.
"Ich weiß das, aber sie ist momentan emotional total am Ende. Soviel hab ich sie noch nie weinen sehen."
Harry nickte. Er hatte Hermine schon oft weinen sehen, meistens im Bezug auf Ron (und Lav-Lav), aber diese Situation musste sie sehr stark belasten. Mehr als alles andere vorher.
"Sie wird morgen entlassen und hat erstmal Urlaub bekommen, damit sie zu Hause etwas entspannen kann. Ich glaube zwar nicht, dass es ihr so viel helfen wird, aber wir werden sehen."
"Und wie geht es dir?", wollte Rons Schwester wissen.
"Es geht so halbwegs. Mir geht es auf jeden Fall besser als Hermine, aber so toll ist es natürlich nicht.". seufzte er.
"Sollen wir hier bleiben?", fragte Harry besorgt. Er hatte seinen Freund noch nie so durch den Wind erlebt. Aber Ron schüttelte den Kopf.
"Das muss ich allein schaffen."
"Aber - "
"Harry, du konntest und wolltest früher auch nicht über Sirius' Tod reden."
"Das hat sicher Hermine vermutet.", sagte Harry.
"Hat sie. Aber sie hatte Recht, oder?" Harry nickte.
"Siehst du? Ich kann auch nicht darüber reden. Ich muss das mit Hermine alleine schaffen. Das können nur wir beide.", meinte Ron.
"Hermine scheint auf dich abzufärben.", vermutete Ginny. "So weise bist du sonst nie, und ich kenne dich jetzt schon seit dreiundzwanzig Jahren."
"Tja, einen Sinn muss es ja haben, mit ihr verheiratet zu sein.", lächelte Ron.
"Na schön. Harry, ich glaube wir sollten gehen." Ginny stand auf und umarmte ihren Bruder. "Es tut mir Leid.", murmelte sie ihm zu.
Nachdem sie sich von Ron gelöst hatte, umarmte auch Harry ihn brüderlich. "Du weißt, wo du uns findest, wenn du jemanden zum Reden brauchst."
Ron nickte. Harry klopfte ihm tröstend auf die Schulter und trat dann mit Ginny vor den Kamin.
Flashback Ende
"Ihr hättet wirklich mit uns reden können.", sagte Ginny.
"Manchmal kann man das einfach nicht. Es tut so weh, mit anderen darüber zu reden, die nicht das gleiche fühlen wie man selbst.", sagte Hermine.
"Aber Harry hat auch viele Menschen - ", fing Ginny an, aber Harry unterbrach sie.
"Es ist nicht das Selbe, Ginny. Jeder Verlust ist anders. Es war was anderes, als Sirius gestorben ist und es war anders, als Dumbledore gestorben ist. Und es ist bestimmt etwas ganz anderes, wenn man ein Baby verliert.", erklärte Harry.
"Genau das meine ich.", stimmte Hermine ihrem Freund zu.
Flashback Anfang
"Ruf mich, wenn du was brauchst, verstanden?", wollte Ron nun schon zum zehnten Mal wissen. Hermine nickte genervt.
"Ja, das hab ich jetzt verstanden. Aber ich kann mir auch selber holen, was ich brauche, ich bin schließlich nicht verletzt.", sagte sie und setzte sich in ihrem Ehebett etwas auf.
"Aber der Heiler hat gesagt, dass du dich noch ausruhen sollst.", widersprach Ron und setzte sich zu Hermine ans Bett. "Ich will doch nur, dass es dir gut geht.", erklärte er ihr und strich eine Strähne aus Hermines Gesicht.
"Ich weiß. Aber es geht mir gut, Ron."
"Hermine, tu mir einen Gefallen und hör wenigstens einmal im Leben auf mich."
"Na schön." Hermine seufzte. "Dann ruf ich dich eben, wenn ich was brauche." Ron grinste und küsste seine Frau auf die Stirn.
"Geht doch.", sagte er. "Ruh dich aus." Er sah sie streng an und verließ dann das Zimmer.
Hermine wartete, bis er die Tür geschlossen hatte, dann stieg sie aus dem Bett. Sie ging zu ihrem Kleiderschrank und öffnete die Holztür. Sie kramte unter einem Klamottenberg eine kleine Holzkiste hervor und trug sie zum Bett. Ron und sie hatten sie an dem Tag angelegt, als sie ihm gesagt hatte, dass sie schwanger war. Alles, was sie mit dem Baby verbanden, hatten sie hineingelegt. Später, wenn ihr Kind erwachsen war, wollten sie ihm die Schachtel schenken. Das würde jetzt nie passieren.
Hermine seufzte traurig, dann nahm sie sich ein Buch vom Nachttisch, öffnete es und holte die Rose heraus, die sie getrocknet hatte. Sie legte die Blume behutsam in das Kästchen und schloss danach den Deckel. Sie brachte die Kiste wieder zum Schrank, dann ging sie wieder zurück ins Bett.
Sie zog die Decke bis zum Kinn hoch und schloss die Augen. Der Schmerz kam wieder, die ganze schreckliche Wahrheit.
Sie würde niemals ihr Baby kennen lernen können, sie würde es niemals im Arm halten können oder in den Schlaf singen, mit ihm spielen, ihm etwas vorlesen.
Sie würde nie wissen, was für ein Gefühl es war, wenn das Kind sie mit "Mommy" ansprechen würde.
Hermine würde nie vergessen, wie begeistert und ergriffen Tonks war, als Becky sie zum ersten Mal so genannt hatte. Dieses Leuchten in den Augen. es musste ein tolles Gefühl sein.
Vielleicht würden sie und Ron eines Tages doch noch ein Baby bekommen, aber es wird sehr lange dauern, bis sie soweit waren, es noch einmal zu versuchen.
Der Schmerz und der Schock über das verlorene Menschenleben saßen noch viel zu tief, und die Möglichkeit, dass dieses Mal auch Hermines Leben in Gefahr war, war sehr viel größer. Außerdem musste sich ihr Körper erst wieder umstellen.
Und Hermine war sich nicht sicher, ob sie das alles noch einmal durchmachen konnte.
Sicher, sie wollte immer noch ein Baby mit Ron haben, aber konnte sie es verkraften, wenn sie ein weiteres Kind verlieren würde? Konnte sie den Schmerz und die Enttäuschung ertragen?
Sie wusste es nicht. Und es war noch viel zu früh, um darüber nachzudenken. Sie musste erst mit diesem Verlust fertig werden.
Und das war schwer genug. Viel zu schwer.
Wie hatte Harry es nur geschafft, über den Tod seiner Eltern und Sirius hinweg zu kommen?
Es war anders, das wusste sie, aber es tat auch weh. Es tat verdammt weh. Viel zu weh.
Hermine setzte sich auf und nahm ein Glas vom Nachttisch. Es war ein Trank darin. Die Heiler hatten ihn ihr mitgegeben.
Falls der Schmerz zu groß war.
Es war ein Trank, der für einen traumlosen Schlaf sorgte und der die Nerven beruhigte. Beides hatte Hermine jetzt dringend nötig.
Sie nahm einen tiefen Schluck und stellte das Glas dann wieder ab. Eine halbe Minute später schlief sie tief und fest.
Ron öffnete leise die Tür und steckte den Kopf durch den Spalt.
Er sah, wie Hermine friedlich schlief. Sie hatte sich zusammengerollt und die Arme schützend um sich geschlungen, so als ob sie alles von sich abprallen lassen wollte, damit ihr nichts wehtun konnte.
Er seufzte und trat langsam zum Bett. Er gab ihr einen zärtlichen Kuss auf die Stirn.
"Es wird alles gut, wir schaffen das schon. Ganz bestimmt.", flüsterte Ron und atmete tief durch. Er musste stark sein, für Hermine. Sie machte sehr viel mehr durch als er, sie leidete sehr viel mehr als er.
Und er musste ihr helfen. Sie hatte ihm schließlich auch schon so oft geholfen, allein in Hogwarts. Jetzt kam die Zeit, in der er für sie da sein musste, in der sie ihn brauchte.
Und Ron wollte das tun, so gut er konnte. Schließlich liebte er Hermine über alles.
Und es lenkte ihn von dem Schmerz ab, der er verspürte.
Ron warf noch einen Blick auf seine schlafende Frau und schloss dann die Tür.
Flashback Ende
"Es musste eine schwere Zeit für euch sein.", meinte Ginny.
"Verdammt schwer.", bestätigte Ron. "Aber das schlimmste waren die Streits, die danach kamen."
"Wieso habt ihr euch eigentlich gestritten?", fragte Harry.
"Keine Ahnung.", seufzte Ron. "Irgendwelche Sachen, die nicht mal besonders wichtig waren."
"Aber ihr habt euch doch schon in Hogwarts dauernd gekabbelt, wegen unwichtiger Sachen.", bemerkte Ginny verwundert.
"Das war anders. Wir haben aufgehört, miteinander zu reden. Richtig zu reden. Über das Baby, über uns.", sagte Hermine.
Flashback Anfang
"Schön, dass du auch mal wieder vorbeischaust.", meinte Ron sauer. Hermine sah erstaunt auf. Sie hatte ihren Umhang gerade von den letzten Resten Asche befreit.
"Was meinst du?", wollte sie wissen.
"Weißt du, was heute für ein Tag ist?", fragte er und rang um seine Beherrschung.
"Donnerstag, wieso?"
"Und weißt du auch, was wir für ein Datum haben?"
"Natürlich. Heute ist der - " Hermine biss sich erschrocken auf die Lippen.
"Ganz genau. Heute ist unser Hochzeitstag. Und ich meine mich zu erinnern, dass du mich fast umgebracht hast, als ich ihn letztes Jahr vergessen hab."
"Ich hab ihn nicht vergessen, ich wurde nur - "
"Aufgehalten, ich weiß. Das hast du mir schon so oft erzählt, Hermine. Als du vor zwei Wochen unsere Verabredung vergessen hast, hast du mir gesagt, dass du dich ändern willst und dir mehr Zeit für uns nimmst."
"Das will ich auch."
"Dann merke ich aber herzlich wenig davon. Du hast unseren Hochzeitstag vergessen. Und dabei machen wir jedes Jahr das Gleiche an diesem Tag. Du hättest mich letztes Jahr beinahe aus der Wohnung geworfen und gedroht dich scheiden zu lassen, sollte mir das noch mal passieren. Was, denkst du, soll ich jetzt machen?"
"Ron, das ist doch was ganz anderes. Einige Patienten hatten Probleme und ich konnte nicht weg - "
"Das sagst du mir jetzt schon seit Monaten. Vor drei Wochen musste ich alleine zum Essen im Fuchsbau. Wusstest du, wie enttäuscht meine Mutter war, weil du nicht mitgekommen bist? Und wie enttäuscht ich war?"
"Was willst du von mir?", fragte Hermine traurig.
"Ich will, dass du mich nicht mehr ausschließt, dass du mir erzählst, was in deinem Leben passiert."
"Das hat dich doch sonst auch nicht interessiert.", brauste sie auf.
"Nicht bis ins kleinste Detail, aber du hast mir erzählt, wie dein Tag war. Und wie es Cindy geht, zum Beispiel. Früher hast du mir von ihr erzählt. Sie ist schließlich auch meine Freundin."
"Deine Freundin, hm?"
"Bist du etwa eifersüchtig?"
"Sollte ich das etwa sein?"
"Du bist doch auch Harrys Freundin, oder nicht? Ich bin nicht eifersüchtig."
"Aber du warst es manchmal."
"Da waren wir in Hogwarts, da waren wir Teenager! Und du warst doch auch auf Lavernder eifersüchtig."
"Ach bitte! Warum sollte ich auf Lav-Lav eifersüchtig gewesen sein?"
"Weil sie mit mir zusammen war. Weil sie sehr viel früher als du wusste, was sie an mir hatte!"
"Ich bitte dich, Won-Won, was sollte sie schon an dir haben?"
"Was hast du dann an mir?"
"Wie bitte?", fragte Hermine irritiert.
"So wie du klingst, weißt du nicht, was du an mir hast."
"Das habe ich nie gesagt."
"Doch, das hast du. Du hast es indirekt gesagt. Du liebst mich nicht mehr, Hermine, das wird mir jetzt klar. Deshalb hast du auch unseren Hochzeitstag vergessen."
"Ron - "
"Aber wenn du genug von mir hast, warum sagst du es mir nicht einfach?", sprach Ron, ohne Hermine zu beachten. "Macht es dir Spaß, mit meinen Gefühlen zu spielen? Mir weh zu tun?"
"Ron - "
"Natürlich macht es dir Spaß. Du hast damals auch diese bescheuerten Vögel auf mich gehetzt. Aber mir reicht es jetzt. Entgültig. Ich habe versucht, unsere Ehe zu retten, aber sie scheint dir nichts zu bedeuten."
"Ron - "
"Nein lass. Ich hab es endlich kapiert. Ich hab ja lange genug gebraucht, nicht wahr?" Ron lachte höhnisch auf und hob seinen Zauberstab. "Accio Koffer!" Sein fertig gepackter Koffer flog zu ihm. Hermine sah perplex zu.
"Ron, was soll das?"
"Ich gehe. Das ist doch, was du wolltest.", sagte er traurig, nahm seinen Koffer, öffnete die Haustür und disapparierte im Hausflur.
Hermine verfolgte seinen Weg mit Tränen in den Augen. Sie reagierte erst, als Ron weg war. Sie rannte zu der offenen Tür und sah sich um.
"Ron!", rief sie verzweifelt. "RON!" Sie schloss die Tür wieder und lehnte sich gegen sie. Hermine ließ sich hinabgleiten. "Bleib hier!", sagte sie schwach. "Bleib hier. Ich liebe dich doch!", schluchzte sie. Wie schon so oft in den letzten Monaten liefen Tränen über ihre Wangen.
Es war aus. Es war alles aus. Sie hatte es geahnt. Sie hatte gewusst, dass Ron sie hassen würde. Und dass er sie verlassen würde.
Jetzt war sie wirklich allein.
Ganz allein.
/-/
"Schmeckt's?", fragte Ginny gespannt. Harry probierte ihr Steak und nickte anerkennend.
"Sehr gut. Fast wie bei deiner Mom."
"Es ist ja auch ihr Rezept. Ich hab mich extra bemüht."
"Du hast toll gekocht. Aber du weißt, dass du nicht für mich die Hausfrau spielen musst, oder?"
"Klar weiß ich das, aber ich will auch was anderes als Toast kochen können.", erklärte sie grinsend und aß selbst ein Stück Fleisch. "Schmeckt gut."
"Das hab ich auch gesagt.
"Ich weiß." Sie lehnte sich zu Harry und küsste ihn.
"So schmeckt's noch viel besser." Sie wurden unterbrochen, als es an der Tür klingelte. Harry stand auf und durch den Flur. Er öffnete sie und war sehr überrascht, seinen besten Freund und Schwager mit einem Koffer vor seiner Haustür stehen zu sehen.
"Was ist los?", fragte Ginny erschrocken. Sie hatte wissen wollen, wer an der Tür war und das es ihr Bruder war, noch dazu mit einem Koffer, konnte nichts Gutes bedeuten.
"Es ist aus.", sagte Ron nur und ging an dem Ehepaar vorbei ins Wohnzimmer, wo er sich auf die Couch fallen ließ.
"Was?" Harry und Ginny konnten es nicht fassen. Sie folgten Ron schnell und setzten sich neben ihn auf das Sofa.
"Sie liebt mich nicht mehr.", erklärte er.
"Das glaube ich nicht.", sagte Harry schlicht.
"Es ist aber so. Heute ist unser Hochzeitstag. Und sie hat ihn einfach vergessen. Hermine, die, die sonst nie etwas vergisst, hat einfach unseren Hochzeitstag vergessen."
"Das kann jedem mal passieren. Dir doch auch.", widersprach Ginny.
"Aber Hermine nicht. Solche Sachen vergisst sie nicht. Aber jetzt schon. Was soll mir das denn sagen, Ginny? Es ist doch eindeutig, dass sie mich nicht mehr liebt, oder?"
"Ron, du steigerst dich da in was rein.", versuchte Harry seinen besten Freund zu besänftigen.
"Sie blockt mich schon seit Wochen ab. Sie lässt mich nicht mehr an ihrem Leben teilhaben." Er lachte kurz auf. "Ihr Leben. Jetzt gibt es nicht mal mehr 'unser' Leben."
"Ron, alles wird gut.", sagte Ginny. Sie wusste nicht, dass Ron sich das schon seit Monaten einredete.
"Jetzt nicht mehr. Es ist zu spät."
"Wenn ihr nochmal miteinander reden - "
"Es bringt nichts, kapier es Ginny.", rief Ron wütend.
"Aber - ", fing sie an, wurde aber durch Harrys Hand auf ihrer Schulter unterbrochen. Er führte sie sanft aus dem Zimmer. "Was soll das?", wollte sie wissen, als die Schlafzimmertür ins Schloss gefallen war.
"Lass ihm Zeit. Er muss sich beruhigen. Du solltest vielleicht mit Hermine reden. Von Frau zu Frau. Sie wird ziemlich k.o. sein."
Ginny nickte. "Meinst du, Ron hat Recht?"
"Nein. Hermine wird ihn immer lieben, da bin ich mir sicher. Und er sie auch. Die Sache mit dem Baby macht die zwei immer noch fertig."
"Wahrscheinlich hast du Recht.", seufzte Ginny und ging dann wieder ins Wohnzimmer. Harry folgte ihr. Sie ging direkt zum Kamin und war einen Moment später verschwunden.
"Wo will sie hin?", fragte Ron halbwegs interessiert.
"Zu Hermine."
"Was?", brauste Ron auf.
"Sie ist Hermines beste Freundin. Was erwartest du?"
Ron lehnte den Kopf an die Lehne des Sofas und schloss müde die Augen. "Ich weiß es nicht."
"Willst du hier schlafen?", versuchte Harry abzulenken. Ron nickte er schöpft.
"Danke."
"Keine Ursache. Ich hab schließlich auch schon oft bei dir übernachtet."
/-/
"Hermine?"
Ginny stieg aus dem Kamin und sah sich suchend um. Sie blickte in jedes Zimmer, bis sie ihre Freundin schließlich schluchzend an der Haustür entdeckte.
Ginny kniete sich neben sie und legte Hermine ihren Arm tröstend um die Schulter.
"Er ist weg.", sagte Hermine weinend.
"Ich weiß.", flüsterte Ginny.
"Er hasst mich."
"Warum sollte er?", fragte die rothaarige Frau überrascht.
"Weil ich das Baby verloren habe."
"Das stimmt doch nicht."
"Natürlich stimmt es. Darum bin ich ihm aus dem Weg gegangen. Weil ich nicht wollte, dass er mich noch mehr hasst."
"Hermine, Ron hasst dich doch nicht. Er macht sich nur Sorgen, weil du ihn ständig abblockst."
"Was?" Hermine sah Ginny aus verquollenen Augen an. "Hat er dir das erzählt?"
"Ja. Er glaubt auch, dass du ihn nicht mehr liebst."
"Aber das stimmt doch gar nicht!", sagte Hermine schockiert. "Wieso zum Teufel glaubt er das?"
"Weil du euren Hochzeitstag vergessen hast. Warum hast du das eigentlich?"
"Ich hab beim Arbeiten die Zeit vergessen."
"Du arbeitest ziemlich viel in den letzten Monaten, oder?"
Hermine nickte.
"Du bist zwar verdammt ergeizig, aber so viel zu arbeiten ist doch wirklich nicht gut. Ich dachte du hast seit dem dritten Schuljahr dazugelernt."
"Gin, du verstehst das nicht. Ich muss arbeiten."
"Warum?", fragte sie überrascht.
"Weil es die einzige Möglichkeit ist mich abzulenken."
"Wovor?"
"Vor dem Schmerz, vor der Leere, die in mir ist, seit ich das Baby verloren habe und vor Rons Hass."
"Hermine, Ron hasst dich nicht!"
"Natürlich tut er das! Warum hätte er mich sonst verlassen sollen?", brauste Hermine auf.
Ginny schüttelte den Kopf. Hermine hatte Ron nicht zugehört. Und ihr auch nicht wirklich. Sonst würden sie sich nicht immer im Kreis drehen mit ihrem Gespräch. Aber es war kein Wunder. Hermine schien sich niemals richtig mit ihren Gefühlen auseinandergesetzt zu haben. Und wahrscheinlich hatte sie auch nicht mit Ron darüber gerdet. Sie hatte sich nur durch ihre Arbeit abgelenkt und die Gefühle verdrängt, die sich nach der Fehlgeburt in ihr befunden hatten.
Kein Wunder, dass Ron nicht zu ihr durchgedrungen war. Sie mussten das dringend klären.
Ginny stand entschlossen auf und zog Hermine hoch.
"Komm mit.", sagte sie bestimmt.
"Wohin?", fragte Hermine überrascht.
"Zu Ron. Ihr beide werdet das jetzt klären. Ich werde nämlich nicht zulassen, dass ihr bis an euer Lebensende unglücklich seid. Aber darauf läuft es zwangsläufig hinaus, wenn ihr euch nicht aussprecht."
"Was soll das bringen?", fragte Hermine verzweifelt. "Es ist aus."
"Nein, es ist erst aus, wenn ihr beiden zu stur seid um miteinander zu reden!" Ginny schleifte Hermine entschlossen zum Kamin.
/-/
"Willst du nicht noch mal mit Hermine reden, Ron?", wollte Harry wissen, als er ihm das Gästezimmer vorbereitete.
"Was soll das bringen? Sie wird sowieso nur abblocken und mir nicht zuhören. oder sie bestreitet, dass es ein Problem gibt.", meinte Ron resignierend.
Harry ging ins Wohnzimmer, weil er bemerkte, dass seine Frau wieder da war. Leicht überrascht entdeckte er, dass sie seine beste Freundin hergebracht hatte,
"Wo ist Ron?", fragte die ehemalige Weasley.
"Wieso?", fragte Harry perplex.
"Weil er jetzt mit Hermine reden wird." Ginny ging schnurstracks auf das Gästezimmer zu, zu dem Harry gezeigt hatte, und schubste Hermine hinein. Sie verriegelte die Tür, zückte ihren Zauberstab und murmelte einen Zauberspruch.
"Ihr bleibt jetzt dort drin, bis ihr euch ausgesprochen, vertragen und wild rumgeknutscht habt. Und denkt nicht daran, die Tür aufzuzaubern, ich hab sie magisch verriegelt.", rief Ginny zur Erklärung und ignorierte kaltherzig das Trommeln gegen die Tür.
"Ginny, deine Verkupplingsmaßnamen in allen Ehren, aber denkst du, dass das der richtige Weg ist?", fragte Harry vorsichtig.
"Die beiden sind viel zu stur, um von allein miteinander zu reden. Man muss sie zu ihrem Glück zwingen.", erklärte sich und setzte sich auf die Couch. Harry nahm neben ihr Platz und legte einen Arm um Ginny.
"Merlin sei Dank ist bei uns alles in Ordnung.", sagte sie leise.
"Ja. Merlin sei Dank.", meinte Harry und küsste sie sanft. "Musstest du ihnen unbedingt sagen, dass sie wirld rumknutschen sollen?", fragte er ein paar Minuten später.
Ginny nickte grinsend. "Das ist doch das Beste, wenn man sich wieder vertragen hat."
"Auch wieder wahr."
/-/
"Harry, Ginny, lasst mich raus!", rief Hermine verzweifelt und hämmerte gegen die Tür.
"Lass es, Hermine, die zwei sind so stur wie du, die lassen uns nicht raus."
"Du bist mindestens genauso stur wie sie.", sagte Hermine sauer. Plötzlich spürte sie einen unbändigen Zorn in sich hochkommen. Warum musste Ron so desinteressiert klingen?
"Wenn du meinst.", sagte er nur.
"Willst du hier etwa nicht raus?"
"Doch, aber so hat es keinen Zweck."
"Wieso klingst du so, als ob es dir egal wäre?"
"Weil es mir egal ist."
"Dir ist alles egal."
"Ist es nicht. Dir ist alles egal."
"Wie kommst du darauf?"
"Dir ist egal, was aus uns wird. Ich bin dir egal."
"Du bist mir nicht egal, Ron. Du bist das Wichtigste in meinem Leben."
"Davon hab ich in den letzten Monaten aber überhaupt nichts gemerkt."
"Ich musste eben arbeiten."
"Aber du musstest so wahnsinnig viel arbeiten."
"Ich musste arbeiten."
"Warum?"
"Weil mich der Schmerz sonst kaputt gemacht hätte."
"Wieso hast du mit mir nicht darüber gesprochen?"
"Du hasst mich doch. Weshalb sollte ich dann mit dir reden?"
"Wieso sollte ich dich bitte hassen?"
"Weil ich unser Baby verloren habe. Weil es meine Schuld war, dass ich es verloren habe, weil ich mich nicht geschont habe, weil ich nicht aufgepasst habe, weil - "
Hermines Monolog wurde unterbrochen, als Ron sie auf den Mund küsste. Sie war so überrascht, dass sie erstmals gar nicht reagierte.
Aber als sie seine warmen weichen Lippen auf ihren spürte und die Zunge, die sanft ihre Konturen nachfuhr, wurde ihr klar, dass Ron sie nicht hasste. Sie öffnete ihren Mund und ließ seine Zunge hinein. Endlich spürte sie wieder das vertraute Kribbeln in der Magengegend, endlich fühlte sie sich, seit Monaten, wieder glücklich.
Sie lösten sich wieder von einander, als der Sauerstofff knapp wurde. Ron setzte sich auf das Gästebett unmd zog Hermine mit sich.
"Ich hasse dich nicht, Mine, ich könnte dich nie hassen. Dafür liebe ich dich viel zu sehr, und das weißt du. Ich mache dir keine Vorwürfe, dass du das Baby verloren hast, du konntest nichts dafür. Es sollte einfach nicht sein. Es ist nicht deine Schuld gewesen, niemand hat Schuld."
Ron wiederholte die Worte, die er ihr schon an dem Abend gesagt hatte, als sie die Fehlgeburt erlitten hatte, aber Hermine schien die Worte erst jetzt richtig aufzunehmen und zu verstehen.
Sie redeten noch lange an diesem Abend, über ihre Gefühle, ihre Ehe und ihr Baby, und es schien, als würde langsam wieder alles besser werden.
Und noch später in der Nacht feierten sie ihren Hochzeitstag richtig.
Flashback Ende
"Wir müssen mehr miteinander reden, Ron.", erkannte Hermine jetzt ihr Problem.
"Und wir dürfen uns nicht so oft streiten. Harry und Ginny können uns schließlich nicht dauernd in einem Zimmer einschließen, obwohl, so schlecht ist das ja auch wieder nicht...", meinte Ron grinsend.
"Hey, es sind Kinder im Raum!", sagte Ginny empört und deutete auf ihre Bauch.
"Ach Ginny, tu doch nicht so, als würdet ihr beide jetzt abstinent leben.", lächelte Hermine. Ron verzog angeekelt das Gesicht.
"Hermine, so viel muss ich jetzt wirklich nicht über das Liebesleben meiner Schwester wissen."
"Was glaubst du denn, wie sie schwanger geworden ist, Ron?"
"Ich weiß, wie sie schwanger geworden ist. Können wir bitte über etwas anderes reden?"
"Wie wäre es, wenn wir irgendwo was essen gehen würden?", fragte Ginny und sprang auf. "Meine Tochter und ich haben Hunger."
"Ginny, wir wissen doch noch gar nicht, ob es ein Mädchen wird.", widersprach Harry.
"Na und?"
"Wenn es ein Junge wird, dann wird er später sicherlich Komplexe haben, weil du ihn jetzt als Mädchen bezeichnet hast."
"Harry, mach doch nicht so ein Theater." Ginny legte die Hände auf ihren Bauch. "Hör nicht auf Daddy. Ihm fehlt die weibliche Intuition."
"Gott sei Dank.", murmelte Harry und stand ebenfalls auf. "Also, gehen wir was Essen?"
"Warum nicht.", sagte Ron. "Hermines Essen ist bestimmt schon verkohlt."
"Wahrscheinlich.", meinte diese. Sie stand auf, legte alle Gegenstände wieder zurück in die Kiste, schloss den Deckel und brachte sie zum Schrank. "Wir können gehen." Sie stand auf und ging vorraus zur Tür. Die anderen folgten ihr und alle waren froh, unendlich froh, dass sich alles wieder zum Guten zwischen Ron und Hermine gewendet hatte.
A/N: So, das war das nächste Kapitel. Ich hoffe es gefällt euch, ich hab ziemlich lange dran gesessen. Ich wollte zwar erst am Wochenende weiterschreiben, aber da ich mir das Knie verdreht habe und kich nur noch auf Krücken fortbewegen kann und mir stinklangweilig ist, habe ich schon weitergeschrieben.
Ich hoffe ich habe mich halbwegs gut in die Charaktere hineinversetzen können und die Gefühle sind nachvollziehbar.
Dass für das letzte Kapitel so viele Reviews gekommen sind, hat mich sehr gefreut und mich etwas aus der tristen Stimmung wegen meines Unfalls herausgeholt. Ich würde mich natürlich sehr freuen, wenn ich wieder so viele Reviews für dieses Kapitel bekommen werde.
Und bevor ich's vergesse:
Ewjena: Ich kann die Internetadresse leider nicht lesen, weder bei den Reviews, noch bei der Privaten Nachricht. Vielleicht kannst du mir die Adresse einfach ganz normal per E-Mail schicken, den das Bild würde ich wirklich gerne sehen. Vielen Dank aber für deine Mühe.
