Mit ihren kleinen Tatzenpfötchen versuchte Minki ihr junges Herrchen zu wecken. Anfangs wischte er einfach mit seinen Händen über die Stirn, doch das Kätzchen ließ nicht locker. Sie hatte es geschafft. Total verschlafen öffnete Lucas die Augen. Neben ihm lag ein friedlich vor sich hin träumender Bridger und dahinter die Ärztin. Die kleine Katze ließ nicht locker. Sie stubste immer wieder den Teenager an, bis er die Decke zur Seite schob und nach unten kletterte. Er hatte gar nicht gemerkt, wie schnell er eingeschlafen war.

Aus seiner Tasche suchte er sich ein paar Sachen zum anziehen raus und öffnete, nachdem er angezogen war, die Tür. Seine Freundin auf dem Arm beobachtete neugierig die Umgebung. Sie standen auf einem Sand- oder besser Kiesplatz und direkt vor ihnen erstreckte sich ein großer See. Auf der anderen Seite waren rötliche Felsen. Das Wasser spiegelte die noch jungen Sonnenstrahlen wieder.

Die blauen Augen der beiden trafen sich. „Hast du Lust zu schwimmen?"Minki sah aber nicht so aus, als wäre sie darauf erpicht. „Nein? Ich kann dich hier aber nicht allein rumsausen lassen. Nochmal suche ich dich nicht wie blöd."Entgegen seines Dranges in das Wasser springen zu wollen, fügte er sich jedoch dem Wunsch des Haustieres. Wenn er sie in den Wohnwagen setzen würde, würde sie Miauen bis seine Ersatzeltern wach werden würden und das war nicht so ganz in seinem Sinne.

Mit dem Kätzchen auf dem Arm sah er sich ein wenig um. Auf dem Platz standen noch andere Wohnwagen, hauptsächlich mit großen Zeltvorbauten. Hier und da spielten kleine Kinder draußen mit ihren Spielzeugen. Anscheinend schliefen deren Eltern ebenfalls noch.

Von hinten tippte ihm jemand auf die Schulter. Lucas vermutete schon einen seiner Ersatzeltern anzutreffen und staunte nicht schlecht, als Chris plötzlich hinter ihm stand. „Willkommen in der Pampa, wo einem vor Langeweile der Himmel auf den Kopf fällt."begrüßte er ihn fröhlich grinsend.

„Chris?"stotterte Lucas mehr, als das er es sagte. Er konnte es nicht glauben ausgerechnet seinen Freund hier zu treffen.

„Lucas!"Übermütig fiel er dem Computergenie um den Hals. „Hast du eine Ahnung was ich mit meinen Eltern hier schon durchmachen muss? Mein Vater nörgelt den ganzen Tag nur rum und hat schlechte Laune, weil er seine Firma allein lassen musste, wegen dieser einen Sache."

Der blonde Teenager packte seinen Freund am Arm und zog ihn in Ufernähe. „Pssst! Nicht so laut. Wenn wir drüber reden wollen, dann da, wo uns keiner hört. Ich habe schon genug Ärger mit dieser einen Sache."Dann entspannte er sich wieder etwas. „Entschuldige, aber ich bin etwas durch den Wind. Tut mir wirklich leid, ich habe dich und deine Familie da nicht mit reinziehen wollen. Alles was ich wollte, war wieder nach Hause zurück, mein eigenes Leben leben und mich nicht mehr verstecken müssen."

„Hey, gar kein Problem. Mach dir bloß keinen Kopf. Auch wenn mir meine Eltern mit ihrer Laune auf den Nerv fallen, doch fünf Minuten später, wenn mein Vater fröhlich mit der Luftmatratze zum See geht, ist der wieder happy und jedwede Sorgen sind vergessen. Tut ihnen wirklich ganz gut, mal auszuspannen."

Ein Lächeln erschien nun wieder auf dem Gesicht des Teenagers. „Dann habe ich euch also auch etwas gutes getan?"

„Und ob! Meine Eltern haben schon lange mal so einen ganz normalen Urlaub gebraucht. Man kann eben nicht nur in irgendwelche Clubs gehen und sich da von morgens bis abends mit einem Programm versorgen zu lassen. Wir haben uns wenn, dann immer nur zum Essen getroffen. Nicht sonderlich förderlich. Mein Vater hat sich sogar in den Kopf gesetzt unbedingt Angeln zu gehen. Bisher konnte ich mich noch raus reden, aber lange geht das nicht mehr."

„Hör bloß auf. Wehe du erwähnst das nochmal in der Nähe meiner lieben Eltern, dann blüht mir was. Ich habe nur kurz die alten Geschichten von früher mitbekommen, aber so wie ich meinen Vater einschätze, hat der das voll drauf und besorgt sich im nullkommanichts eine Angelausrüstung und wir schließen uns euch an. Nein danke, darauf habe ich ja gleich gar keine Lust."

„Und ich bin heute morgen zum Brötchen holen verdonnert worden. Hast du Lust mitzukommen?"

Lucas nickte. So hatte er Gelegenheit sich hier ein wenig umzusehen. Er war froh Chris getroffen zu haben, auf die Weise würde er sich nicht ausschließlich nur mit Bridger und Westphalen abgeben müssen. Wie viele sechzehnjährige gab es denn schon, die nur zwei Personen als Ansprechpartner hatten und das noch nicht einmal die eigenen Eltern. Sie gaben sich alle Mühe, waren wirklich nett, aber manchmal reichte es ihm einfach. Er konnte nicht mehr und musste raus. Jetzt musste er die beiden nur noch dazu überreden noch eine Weile hier zu bleiben. „Wir sind hier nur auf Durchreise, aber mit ein wenig Glück können wir vielleicht ein, zwei Tage hier bleiben."sagte er dann.

„Schade. Wäre bestimmt lustig mit dir hier. Wo wollt ihr denn hin?"Lenny bog um einige Wagen herum und befand sich auf einem ausgetretenen Weg. Vor ihnen lief eine schwarz, weiß gefleckte Katze entlang. Minki betrachtete ihre Artgenossin neugierig, doch die beiden Jungen schenkten dem Tier keine Beachtung.

„Das ist genau der Haken. Kein Mensch weiß das. Er macht so ein absolutes Geheimnis daraus, ich könnte fast schlichtweg durchdrehen."

„Warum denn das?"

„Anscheinend macht ihm das Spaß uns so zappeln zu lassen. Ich kann es dir wirklich nicht sagen. Hast du irgendwelche Probleme gehabt, als man euch einfach so von zu Hause geholt hat?"Diese Frage brannte dem Computergenie sehr auf der Seele. War es nicht seine Schuld gewesen, weshalb man sie weg geholt hatte?

„Das war schon eine seltsame Sache. Bei uns stand mitten in der Nacht ein Konvoi mit Militär vor der Haustür. Mein Vater hat eins und eins zusammen gezählt und ist, bevor die irgendwas sagen konnten, zu mir ins Zimmer gestürmt und wollte mich zur Sau machen. Zum Glück waren die Soldaten schnell genug und haben uns alle erst einmal im Wohnzimmer zusammen gesetzt, damit sie uns erklären konnten, weshalb wir mit ihnen mit sollten. Man sagte uns, es hätte eine terroristische Organisation den Standort meines Computers eventuell ermittelt und sie könnten her kommen und uns alle ausnahmslos töten wollen. Dies sei zwar nur ein Missverständnis, da wir ja nicht die Personen sind, die gesucht werden, aber diesen Leuten sei ja alles zu zutrauen. Meine Mutter ist bei der Sache ziemlich erschrocken und mein Vater, nach einem harten Tag im Büro, wollte nur noch wissen, weshalb man uns töten wollte. Warum ein illegaler Hack von seinem Sohn solch eine drastische Maßnahme fordern sollte. Man war der froh als er hörte, dass gar nicht ich der Übeltäter war. Mehr sagten sie aber nicht, sondern nur, dass wir alles nötige für einige Tage unter Umständen auch Wochen zusammensuchen sollten."

In sich gekehrt hörte das jung Genie dem Bericht seines Freundes zu. „Wo wurdet ihr hingebracht?"Seinem Kätzchen kraulte er dem Kopf. Entspannt gähnte Minki.

„Wir sind in so einen komischen Bunker gebracht worden auf einer Militärbasis. War nicht von der UEO, sondern von der AirForce. Fand ich total lustig, denn die haben da ja ganz tolle Computer. Ich habe sogar einen der dortigen überreden können mir die Computer zu zeigen."

„Hat man euch dann aufgeklärt?"

„Ja und ob. Was ich da so gehört habe, hat mich echt umgehauen. Mein Vater hat ziemlich rum gewettert. Von wegen, wie ich einfach so jemanden ganz allein an meinem Computer lassen könnte, den ich doch kaum kenne."Chris grinste. „War mir recht egal, schließlich wusste ich sofort, wer da mich besucht hatte."

„Bitte?"Lucas verstand nicht recht, was sein Freund da meinte.

„Na hallo? Ich bin ein Hacker! Du glaubst doch wohl nicht ernsthaft, dass ich noch nie etwas vom berühmten Frankenstein gehört hätte!"schollte er den Teenager seine Naivität.

Genau dieser Punkt war ihm gleichzeitig peinlich und machte ihn auf der anderen Seite aber wieder stolz. „Du kennst mich?"

„Klar! Als die dann alles genauer erklärt hatten, dass diese Verrückten eigentlich hinter der seaQuest her sind und dein Vater, ich würde es nicht glauben, wenn die das so beteuert hätten, der Captain ist und auch seine Familie, die hier extra zusammen gestellt wurde, eigentlich zur Mannschaft gehörte. Die Frage war nur, wie konnte ein Teenager wie ich, zur seaQuest gehören und dann fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Es konnte nur Frankenstein sein, von dem wurde doch behauptet, dass er zu diesem Boot gehörte. Was meinst du wie verrückt ich war, das nicht schon vorher gemerkt zu haben. So jemanden musste man es doch ansehen, dass er sich von den anderen unterschied und dann kam mir aber wieder unsere tolle Mathenachsitzmucke. Wer von uns hatte es denn geschafft Mour schlichtweg die Sprache zu verschlagen und eine Arbeit perfekt zu lösen? Mich hätte das normalerweise skeptisch machen sollen, aber ich dachte mir, naja, der hat es vielleicht wirklich mal geschafft etwas zu lernen."

Lucas lachte. „Ich habe nie was gelernt. Zumindest nicht bei Mour und das wirst du von mir auch nicht erleben. Der Mann macht mich fertig." Schweigsam gingen sie über den Campingplatz weiter bis sie an einem kleinen Blockhaus kamen. Vor dem Eingang war ein Sonnenschirm gespannt und eine Tafel stand daneben, welche die Spezialitäten der Gaststätte nebenan vom Vortag noch zeigte. „Vor dem Eingang zu dem kleinen Supermarkt blieb Lucas stehen. „Ich kann mit Minki da nicht rein."

„Oh, kein Problem. Soll ich dir was mitbringen?"

Eigentlich keine schlechte Idee. Wäre bestimmt nicht schlecht frische Brötchen zum Frühstück zu bringen. „Warte mal."Er kramte mit einer Hand in den Taschen seiner Jeans. Mit etwas Glück würden sich dort einige Dollar finden lassen. „Hier. Wir sind nur drei Personen, brauchen also nicht besonders viel."

„Ich bringe mit, was gut schmeckt. Die haben da was, das ist total lecker. Bis gleich."Chris verschwand im Inneren des Ladens und der blonde Teenager konnte ihn sehen, wie er auf die Theke mit den Backwaren zuging. Vor ihm befanden sich noch zwei weitere Personen, darum ging Lucas etwas vom Eingang fort. Es würde also noch ein wenig dauern. Er fragte sich bereits, wie seine beiden Scheineltern gucken würden, wenn er mit dem Frühstück bereits vor der Tür stand. Das trauten die beiden ihm garantiert nicht zu. Kein Wunder, bei dem was er sich bereits alles geleistet hatte.

Etwas erregte die Aufmerksamkeit Minkis und sie zappelte ungeduldig auf seinen Armen herum. Zwei kleine Spatzen hüpften in der Nähe von ihnen vorbei. Das Gezeter des Kätzchens wurde schlimmer und er gab nach. Nun war kein Hund in der Nähe weshalb die Reißaus nehmen könnte und auf diese Weise würde er jetzt ganz nah bei ihr bleiben. Die weiße Katze huschte davon auf die Vögel los. Die waren bei dem ersten Anzeichen einer Gefahr in die Lüfte gegangen und das kleine Haustier sah wehleidig seinen Opfern nach.

„Das wars dann wohl."Er ging neben Minki in die Knie. Das Kätzchen hatte einen enttäuschten Blick aufgesetzt. „Willst du dir was neues suchen oder warten wir auf Chris? Der kommt gleich mit unserem Frühstück."

Ein einfaches Miauen war die Antwort, dann setzte sich die Katze in Bewegung und sah sich in der Umgebung um. Langsam lief ihr Herrchen neben ihr her. Sehr viel gab es hier aber nicht zu entdecken. Nur Wiese, kleine Berge und eine große Ansammlung von Wohnwagen. Es war kaum zu glauben wie beliebt campen bei manchen war. Anscheinend hatte man ihnen in ihrer Kindheit niemals eine andere Art von Urlaub gezeigt, wie Bridger. Das war es, was Lucas stark vermutete.

„Ich dachte schon du hättest die Biege gemacht!"Chris, bepackt mit zwei Tüten, kam zu ihnen.

„Nein, nein. Mietze braucht nur ein wenig Auslauf."Mit einem schnellen sicheren Griff war Minki auch schon wieder auf seinem Arm.

„Versuchst du den Captain mal zu überreden noch etwas hier zu bleiben? Wäre total cool. Mein Vater ist zwar noch etwas schlecht auf dich zu sprechen, erst recht seit seinem letzten Sonnenbrand, denn den hätte er ja nie bekommen, müssten wir nicht hier unsere Zeit absitzen."Der andere blonde Teenager hielt ihm die kleinere der zwei Tüten entgegen und gab ihm das Wechselgeld. „Ich habe einfach mal was genommen, was ich auch für uns besorgt habe. Neben den Brötchen ist noch was ganz gutes dabei."

Gemeinsam liefen sie den Weg, den sie gekommen waren wieder zurück. „Wir sollten uns was einfallen lassen unseren Lieblingslehrer ein wenig zu terrorisieren. Nach den Ferien soll es auch bald auf Klassenreise gehen und wenn ich das richtig mitbekommen habe ist er einer von denen, die als Aufsicht bei uns mitfahren."

„Ganz große Klasse. Bin gerne dabei, bei allem was du vorhast, vorausgesetzt man lässt mich mitfahren."

„Ach ja, stimmt. Na hoffen wir einfach mal drauf, man lässt dich mit. Ich muss hier hinter. Dort der große Braune mit dem grünen Vorzelt ist unserer."Etwas leiser fügte er hinzu: „Hat uns alles die UEO gestellt. Wir besitzen sowas ja nicht."

Lucas lächelte leicht. „Dann weiß ich, wo ich dich finden kann."

„Ja bitte, vor Mittag noch, da will mein Vater ja zum fischen. Rette mich!" grinsend verschwand er auf dem anderen Weg.

„Ich tu mein bestes."sagte Lucas leise zu sich selbst und blies eine störrische Haarsträhne aus dem Gesicht. Seine Hände waren voll und er konnte es nicht anders machen. Bridger parkte am Rand der Campingsiedlung. Erst jetzt bemerkte der Teenager dies.

Er hoffte Minki würde nicht sofort davon zischen, wenn er sie kurz vor der Tür absetzte, da er sonst diese nicht öffnen konnte. Vorsichtig ließ er sie hinunter. Brav setzte sich das blauäugige Kätzchen hin und beobachtete was nun geschehen würde. Bevor das Computergenie jedoch am Griff der Tür war, wurde diese aufgeschlagen und er bekam sie voll vor den Kopf. Taumelnd fiel er rücklings hin.

„Lucas!"Nathan sprang mit einem Satz hinaus und lief zu dem Jungen hin. Der saß im Gras und blickte ihn wütend an. „Tut mir leid, ich konnte nicht sehen, dass du davor stehst."

„Nein, wie denn auch. Ich bin nur nicht mehr im Wagen drinnen."kam sarkastisch die Antwort.

„Lass mal sehen."er wollte sich die Stelle ansehen, doch sein Sohn auf Zeit schob die helfenden Hände zur Seite und richtete sich auf. Das Haustier war zu ihm getapst und streifte sich an dessen Bein. Lucas drückte Bridger die Tüte mit dem Frühstück gegen die Brust und hob Minki auf. Wortlos stieg er in den Wohnwagen. Leider war dort auch das Bad oder besser, das was ein Bad sein sollte besetzt. Wenn Westphalen nun auch noch ihre ausführliche Morgentoilette durchführte, würde es lange dauern.

Aus einem der Schränke holte er eine Dose mit Katzenfutter für seine kleine Freundin, die würde bestimmt genauso hungrig sein wie er.

Bridger war zu ihnen in den Wagen gekommen und schloss hinter sich die Tür, damit die Katze nicht weglaufen konnte. „Das war eine ganz gute Idee von dir zum Bäcker zu gehen. Ich wusste gar nicht, dass es hier einen gibt." Lucas antwortete ihm noch immer nicht. Nathan machte sich langsam Sorgen, ob der Junge mal wieder seine Launen auslebte und sauer auf ihn war. Besser wäre es ihn in Ruhe zu lassen, aber das war so gar nicht seine Art und bohrte er weiter. „Es tut mir leid, was da gerade passiert ist. Ich habe dich wirklich nicht gesehen."

„Schon gut. So lange mir kein ellenlanges Horn wächst, brauchen wir nicht mehr drüber reden."

„Du wirkst aber als seist du sauer."

„Bin ich auch etwas. Bleiben sie etwa ruhig, wenn man ihnen mit voller Wucht eine Wohnwagentür vor den Kopf donnert? Kommt ihnen das nicht seltsam vor, dass es ausgerechnet mich immer wieder trifft?"

Nathan strich ihm ermunternd über den Rücken. „Kann ich verstehen. Muss sehr frustrierend sein."Er legte die Tüte mit dem Frühstück auf die Anrichte. „Wie bist du überhaupt auf die Idee hierzu gekommen?"

„Zuerst wollte ich ja schwimmen, doch dann war Minki mit draußen und da war mir das Risiko sie allein zu lassen zu groß, also habe ich mich umgesehen und im nächsten Moment ist mir auch schon Chris über den Weg gelaufen."In dem Schrank mit dem Katzenfutter hatte er eine Packung mit Schokodrops gefunden, wovon er sich eine Handvoll in den Mund schob. Für sein Kätzchen hatte er das Futter auf ihre kleine Schale getan und stellte sie herunter. Sofort machte sich Minki über ihr Frühstück her.

„Chris?"Bridger musste nachdenken, bevor er dem Namen ein Gesicht zuordnen konnte. Dann kam es ihm aber. „Sollte der nicht mit seinen Eltern irgendwo Urlaub machen?"

Lucas sah ihn eindringlich an. „Wir sind auf einem Campingplatz und hier machen Leute Urlaub. Ich nehme mal an die Eltern von Chris wollten nicht allzuweit von ihrer Heimatstadt wegfahren und so im Falle der UEO entgegen arbeiten. Was er mir vorhin erzählt hat, kam dieser Urlaub so ganz und gar ungeplant. Ich brauche nur meine Erinnerungen abrufen, was meinen Vater in einer recht ungünstigen Zeit von dieser Sache gehalten hätte und schon kenne ich die Motive."

„Wie geht es ihnen?"

„Anscheinend ganz gut. Er möchte von mir gerettet werden, weil sein Vater nun doch immer mal Anfälle hat in denen es ihm hier gut gefällt und nachher angeln gehen möchte."Im nächsten Moment bereute das Junggenie seine Worte. Die Augen des älteren Mannes leuchteten unheilvoll auf. „Vergessen sie es! Wir haben keine Anglerausrüstung und ich bin ganz und gar nicht scharf drauf, das jetzt hier zu machen."

Die Tür zur Nasszelle wurde geöffnet und mit einigen Kleidungsstücken über dem Arm kam eine frisch geduschte Kristin heraus. „Guten morgen! Hast du dich bereits ein wenig umgesehen? Als ich aufgestanden bin, habe ich dich nicht gesehen und unsere kleine Freundin hier ebenso nicht."Sie kam zu der genüsslich fressenden Minki und streichelte ihr sanft über das Köpfchen.

„Morgen! Ich habe Chris getroffen. Seine Eltern sind mit ihm nicht weiter weg gefahren, obwohl die UEO auch ihnen den Urlaub zahlt."Bloß schnell vom Angeln ablenken, das war der treibende Gedanke bei Lucas.

Sie erhob sich und griff sofort nach seiner Stirn. „Hast du dich beim Schlafen gestoßen. Das ist ja alles rot."

„Das war ich."sagte Nathan. Auf den fragenden Blick Kristins fügte er noch hinzu: „Er stand draußen, als ich aufmachte. Es war ein Versehen."

Der Teenager riß dem Captain die Tüte mit dem Frühstück aus der Hand. „Chris war beim Bäcker und da ich Minki nicht mit in den Laden nehmen konnte, hat er für uns etwas raus gesucht."Er hielt sie ihr entgegen.

„Das ist ja ein Service."Sie lugte hinein und anscheinend schien ihr der Inhalt zu gefallen, denn sie nahm sich von der Anrichte einen Teller, den Nathan bereits hergerichtet hatte. In der Sitzecke machte sie es sich gemütlich und begann sogleich mit dem Essen. „Könntest du mir noch einen Kaffee machen?"Die Frage war an den älteren Mann gerichtet. Er war bereits dabei einige Löffel von dem aromatischen Pulver in die kleine Maschine zu schaufeln. „Aber natürlich doch."

Das Computergenie wägte seine Chancen ab und glitt neben der Ärztin auf die Bank. Aus der Tüte holte er sich etwas süßes Gebäck. Nach den ersten beiden Bissen sah er zur Seite und flüsterte der Wissenschaftlerin verschwörerisch zu. „Meinen sie ihn überreden zu können, ein paar Tage hier zu bleiben? Ich würde ganz gerne noch etwas mit Chris unternehmen, bevor es ins Unbekannte weiter geht."

Kristin tat sich eine Wurstscheibe auf das halbe Brötchen und legte das Messer zur Seite. „Das hatte ich sowieso vor."

„Was hattest du vor?"Bridger kam mit den dampfenden Kaffeetassen an den Tisch. Gegenüber der anderen beiden glitt er auf die Bank.

„Du sagtest hier würde es so viele Ferienorte geben, dass in den kleineren Städten riesige Einkaufszentren gibt. Ich würde ganz gerne in dem einen oder anderen mal rein sehen. Dafür müssten wir aber auch mehr als nur heute Vormittag bleiben. Lucas hier braucht ein paar Sachen und auch ich müsste mir noch etwas besorgen. Wir leben schließlich nicht mehr ununterbrochen auf einem U-Boot, Nathan. Da ist es notwendig, sich auch für andere Wetterlagen vorzubereiten. Lucas hat, wie du vielleicht mitbekommen hast, keinen einzigen Pullover und was eine wärmere Jacke angeht, sieht es schon wieder ganz schlecht aus. Er kann nicht ein Hemd über das andere ziehen."

„Wenn wir noch eine Anglerausrüstung uns zu legen, können wir mit Chris und seinem Vater zum angeln gehen."gab Bridger grinsend zur Antwort.

Dr Westphalen verstand überhaupt nicht was das jetzt wieder sollte. Fragend und zugleich auch ein wenig böse sah sie ihn an. „Wir wollen nicht angeln gehen, sondern grundlegende Besitztümer anschaffen. Es ist normal, dass man für jede Wetterlage etwas zum anziehen besitzt. Keiner von uns besitzt zum Beispiel Sandalen. Da draußen sieht es nicht so aus, als könnten wir mit unseren Turnschuhen raus gehen."

Lucas widerstrebte der Gedanken groß Anziehsachen einkaufen gehen zu müssen, aber wenn es Bridger von der fixen Idee abbrachte zum Angeln mitgehen zu wollen, stand er ganz klar auf der Seite der Wissenschaftlerin. „Ich bin dafür! Lasst uns einkaufen gehen."

„Ich nicht."sagte der Captain trocken mit einem Schluck Kaffee nehmend. „Wir können bei der Weiterfahrt mal kurz bei einem der Einkaufszentren halten und das Nötigste einkaufen, aber hier bleiben können wir nicht. Unser Zeitplan für den Urlaub gerät so nur total durcheinander und ich würde ganz gerne zu ganz bestimmten Zeitpunkten an ganz bestimmten Orten sein."

Schweigsam beendete Kristin ihr Frühstück. „Wenn du uns nicht sagst wo es hingeht, musst du mit unkooperation rechnen. Lucas wird mit mir nachher zusammen mal losgehen. Vielleicht ist eine der Ortschaften nicht so weit weg und wir können hin laufen."Eifrig nickte der blonde Junge. „Wir können uns auch Räder leihen, ich habe vorhin eine kleine Blockhütte gesehen."

„Sehr gut, dann haben wir ja für heute einen Plan. Viel Spaß mit deiner Route."sagte sie lächelnd zu ihrem Scheinmann und jagte ihren Sohn auf Zeit aus dem Wohnwagen. Minki wollte mit, aber die wurde Bridger nur mit der Aufforderung auf sie aufzupassen in die Arme gedrückt. „Dann lass uns mal deinen Freund suchen."Sie strich sich eine Haarsträhne zurück und kniff die Augen gegen das gleißende Licht der Sonne zusammen.

„Was haben sie jetzt vor?"fragte Lucas, als er sie zu dem Weg führte, der durch die Wohnwägen führte. Mittlerweile herrschte hier sehr viel mehr Leben. Fast alle Kinder, die mit ihren Eltern, Großeltern oder sonstigen Verwandten unterwegs waren, befanden sich draußen und spielten bei dem sonnigen Wetter.

„Ich dachte du wolltest was mit ihm unternehmen?"

„Eigentlich wollte er vor seinem Vater gerettet werden, der unbedingt einen Angelausflug machen will."

Die Wissenschaftlerin nickte wissend. „Ach so ist das. Na dann kommt er trotzdem mit. Ein Einkaufsbummel ist immer noch besser, als ein Angelausflug. Mein Mann hat das früher auch jedes Wochenende gemacht. Besonders schlechte Laune hatte er wenn er den ganzen Tag draußen verbrach hat und nur wenige oder gar keine Fische erwischt hat. Nun rate mal, wer die dann auch noch zum Essen vorbereiten musste. Das hat er ein paar mal von mir verlangt, dann nie wieder."

„Diesen ganzen Rummel darum kenne ich gar nicht. Ich habe von anderen immer nur mitbekommen, dass sie mit ihren Vätern zum angeln gehen, aber meiner hatte für so etwas nie Zeit."

Sie legte ihren Arm um ihn und drückte ihn somit näher an sich. „Mach dir nichts daraus. Ich glaube nicht, dass du sehr viel mit diesem Sport hättest anfangen können. Du bist ganz anders und interessierst dich für ganz andere Sachen. Was sollst du da mit so etwas langweiligem wie Angeln?."

Er lächelte glücklich. Innerlich wusste auch er sehr genau, dass in einem Fluss angeln nicht so das richtige für ihn war. „Da könnten sie recht haben. Wozu sollte ich denn noch lernen Fische zu fangen, wenn ich einen Delphin habe, der mir ein besserer Wurm ist als jeder herkömmliche Köder."

„Genau, mit einem Delphin hat man hundertprozentige Fangaussicht, wenn man davon absieht, dass vielleicht schon ein kleiner Bissen fehlen könnte, da der Fänger auch Hunger bekommt."Sie machte eine kurze Pause. Die Sonne brannte bereits ziemlich stark von dem wolkenlosen blauen Himmel herab. „Es ist kaum zu glauben. Eine ganze Nacht Fahrt von zu Hause weg und schon ist es wieder so warm. Vorgestern bin ich noch mit einer Jacke rum gelaufen und nun kann ich nicht wenig genug anhaben."

„Bei uns war es früher immer so warm."

„Na bei euch."

Lucas blieb stehen. „Ist das hier der Wagen von Chris?"

Der Teenager nickte. „Er hat gemeint braun mit grünem Vorzelt. Das hier sieht für mich doch sehr danach aus."Sie standen vor dem Zelt. Durch die hellen Stoffteile, die Fenster imitierten lugten sie hindurch. Innen konnten sie nichts erkennen, wahrscheinlich befanden sich die Clearmonts gerade im Inneren des Wagens. „Können sie vorgehen? Nachdem was Chris vorhin erzählt hat, könnte sein Vater ziemlich sauer auf mich reagieren, wenn er mitbekommt, dass der Verursacher dieses unfreiwilligen Urlaubs hier ist."

„Weil du dich nicht zusammen reißen konntest."Ihr mahnender Blick sagte ihm, wie ernst sie es meinte, aber ließ ihn los und ging durch das Vorzelt. Kurz, aber laut klopfte sie an.

Ein Mann mittleren Alters öffnete ihr. Sein Gesicht und auch der übrige Teil seines Körpers, den sie sehen konnten, war gerötet. Offenbar war dieser Mann nicht nur ein wenig zu lang in der Sonne gewesen. An den blonden Haaren und der Augenpartie erkannte Lucas seinen Freund wieder. Das hier war Chris' Vater.

„Entschuldigen sie die frühe Störung. Mein Name ist Kristin Bridger unsere Söhne sind Freunde und haben sich vorhin ganz unverhofft getroffen." stellte sie sich vor und zeigte dann auch auf Lucas.

Mr Clearmont legte die Stirn in Falten, bevor er aber was sagen konnte, platzte seine Frau auch schon heraus. „Ah, welch eine Freude sie kennen zu lernen. Sie brauchen sich nicht zu verstecken, wir wissen ja bereits über alles Bescheid. Bitte, kommen sie herein."Sie stieß ihren Mann zur Seite und wies Kristin und Lucas an in den Wohnwagen zu kommen. Gerne kamen die beiden dem Angebot nach. Als der Teenager an Chris' Vater vorbei ging, blickte er schnell unschuldig in eine andere Richtung. Der Vorwurf, der in dem Blick dieses Mannes gelegen hatte, sprang ihn direkt an.

Auch in diesem Wohnwagen war man gerade beim Frühstück gewesen. Als Chris die beiden Besucher sah, strahlte er von einem Ohr zum anderen und machte seinem Freund Platz.

„Es muss sicher schrecklich sein, ständig in Angst leben zu müssen und nicht zu wissen, was morgen ist."Mrs Clearmont setzte sich gegenüber der Jungs und der Wissenschaftlerin, die sichtlich verlegen von dem Wortschwall der anderen Frau, neben Lucas gerutscht war.

„So schlimm ist es ja nun auch wieder nicht. Wir stehen schließlich in ständigem Kontakt zu den Leuten der UEO. Mir macht ihre Situation sehr viel mehr Sorgen. Dieses Mal scheint es noch glimpflich ausgegangen zu sein, doch wenn man davon absieht uns anderweitig unterzubringen, bleibt für alle, die von unserem Geheimnis wissen, doch ein gewisses Restrisiko vorhanden."

„Von den ganzen Ausgaben und Fragen mal abgesehen."knirschte Mr Clearmont zwischen zusammen gebissenen Zähnen hervor. Lucas war als würde der Mann ihn mit den Augen regelrecht abschlachten. Sie mussten ohne ihre Freunde und Verwandten informieren zu können, abziehen und alles stehen und liegen zu lassen.

„Es tut mir leid, sie mit hineingezogen zu haben. Ich weiß, dass es nicht richtig war und mich haben die Ungewissheit, was nun mit ihnen geschieht nicht mehr ruhig schlafen lassen."entschuldigte sich das Computergenie.

„Du scheinst aber schon wieder recht gut schlafen zu können. Auf mich machst du jedenfalls nicht den Eindruck, als wäre die letzte Nacht eine Qual für dich gewesen."

„Clive!"ermahnte seine Frau ihn.

„Er hat sich wirklich um sie gesorgt. Würde sein Gewissen nicht so ausgeprägt sein, könnten sie eventuell sogar tot sein. Er kam zu uns und beichtete uns alles. Seine Absichten mit dem Hack vom Computer ihres Sohnes aus, waren nicht die, ihnen Schaden zu zufügen. Können sie es ihrem Sohn verdenken, wenn er alles versuchen würde, um sie alle wieder nach Hause bringen zu können?"

„Natürlich würde ich es ihm verdenken! Wenn es gefährlich ist, hat er die Finger davon zu lassen. Da habe ich ihn richtig dazu erzogen. Er macht auch ziemlich viel Unsinn, aber niemals würde er jemanden in Gefahr bringen und das hat der junge Mann dort getan!"

„Doch Dad, ich hätte das garantiert auch gemacht. Im übrigen hat das nichts mit Erziehung zu tun. Lucas ist normalerweise auch keiner von diesen Leuten, von denen ich mich fern halten soll."Er beugte sich zu seinem Freund. „Angeblich laufen nur Gangs rum und ich sollte am besten gar keine Freunde in einer öffentlichen High School suchen."

„Womit ich vollkommen recht habe. Ein Junge wie du gehört nicht in diese Absteige, sondern in eine private Eliteeinrichtung. Du weißt ganz genau, zu was du fähig bist, wenn du es nur einmal zugeben würdest und dich nicht hinter deiner Fassade versteckst."

Nun wurde es der Wissenschaftlerin zu bunt. „Sagen sie mal, was sehen sie eigentlich in ihrem Sohn? Ist dein Vater eigentlich auch so?"fragte sie an Lucas gewandt.

Der schüttelte den Kopf. „Dem war eigentlich alles ziemlich egal, solange ich ihn in Ruhe ließ. Nicht umsonst, sind meine besten Freunde Computer."

„Anscheinend gibt es wohl nur noch wenige Eltern, die sich wirklich für die Bedürfnisse ihrer Kinder interessieren. Haben sie sich noch nie gefragt, warum Chris ausgerechnet auf diese Schule gehen will und nicht das was, sie für ihn wollen? Meinen sie nicht auch, dass sich ihr Sohn sein Glück selber aussuchen sollte? Ich meine schon."

Clive Clearmont wollte schon zu einer Antwort ansetzen, seufzte dann aber auf. Nervös strich er sich durch den blonden Haarschopf. „Sie haben recht, anscheinend bin ich wirklich zu verblendet, von den ganzen Schreckensmeldungen in der Presse."

„Wenn sie Angst um die Bekanntschaften ihres Sohnes haben, dann nehmen sie sich doch mal die Zeit und besuchen sie seine Schule. Lassen sie sich seine Freunde vorstellen."

Chris' Augen weiteten sich. „Soweit kommt's noch!"protestiert er sofort.

Das junge Genie grinste vergnügt. Mal war nicht er das Opfer dieser Vorträge. Mittlerweile kannte er diese teilweise sogar auswendig. „Vielleicht will er ja Mour kennen lernen."flüsterte er Chris zu. Der fand das gar nicht witzig.

„Sehen sie diesen Urlaub nicht einfach nur als Folge einer Dummheit von einem naiven Teenager, sondern als Chance endlich einmal wieder mit ihrer Familie zusammen sein zu können. Heutzutage gibt es so wenige, die noch die Möglichkeit haben dies voll auszunutzen. Lassen sie sich mal von Lucas erzählen, wie es ist, wenn die Eltern keine Zeit mehr für ihre Kinder haben. Warum ist er denn auf der seaQuest. Wenn es wirklich stimmt, was er sagt, dann nicht einfach nur, damit er sein Talent im Sinne der UEO nutzt, sondern ganz einfach nur, weil er irgendwie nicht in das Arbeitskonzept seiner Eltern passt."

Die Wissenschaftlerin wurde von der Seite erstaunt angesehen. Lucas wusste gar nicht wie genau die Ärztin ihn kannte, aber anscheinend hatte er so oft über seine Eltern gewettert, dass er nun die perfekte Vorlage bot, um den Ärger dieses Mannes auf ihn abzuschwächen.

„Mein Vorschlag, lassen wir alles andere vergessen sein. Ich bin hier, um sie zu fragen, ob sie etwas dagegen hätten, wenn Chris seinen Tag mit uns zusammen verbringt. Da sie sich schon eine Weile hier befinden, wäre es hilfreich für uns. Wir wollen nicht allzulange hier verweilen und, wenn es nach unserem Routenplaner geht, schon morgen weiter fahren."

„Das ist aber schade!"stöhnte Chris schauspielerisch auf. „Dann kann ich ja gar nicht mit dir fischen gehen, Dad."

„Dann machen wir das morgen. Mein Sonnenbrand schmerzt höllisch."Mrs Clearmont strich ihrem Mann tröstend über den Unterarm. Er stand die ganze Zeit über neben ihr.

„Lassen sie mich bei uns mal nachsehen, ob ich nicht etwas für sie habe. Ich bin sicher entsprechendes eingepackt zu haben."Sofort richtete sich Dr Westphalen auf.

„Aber bitte, das ist doch nicht nötig!"ging Mrs Clearmont dazwischen.

„Doch, doch. Ich möchte ihnen..."sie stockte. Auf dem Bord direkt vor ihr entdeckte sie etwas, das ihre ganze Aufmerksamkeit beanspruchte. Zögernd zeigte sie mit dem Finger darauf. „Darf ich fragen woher sie das haben?"

Die beiden Jungs sahen an ihr vorbei auf das entsprechende Objekt, dann antwortete Mr Clearmont aber auch schon. „Das hat Chris am Ufer gefunden und mitgebracht."

Kristin drehte sich verwundert um. „Hier an dem See?"

„Ja. Aber nicht bei der Liegewiese. Ich bin an unserem ersten Tag ein wenig herum gewandert, bis hinter zu den Felsen. Da liegen zwischen den Felsspalten Dutzende davon rum. Das war das einzige, was noch ganz war."

Die Wissenschaftlerin fragte bedächtig, ob sie es in die Hand nehmen durfte.

„Sie tun ja fast so, als wäre es eine Kostbarkeit."sagte Clive.

„Genau das ist es auch."Bedächtig drehte sie die Schale, die mal das Heim eines kleineren Krebses gewesen war in den Händen. Sie war elfenbeinfarben mit roten Flecken. „Das ist die Schale eines Crabbus callionis. Diese Art der Süßwasserkrebse gilt seit mehr als hundert Jahren als ausgestorben. Es wäre eine Sensation, würde ausgerechnet hier eine Kolonie überlebt haben."

Lucas Grinsen wurde immer breiter. „Sieht so aus, als würde es auch noch einen kleinen Tauchausflug geben und der Shoppingtrip ist für heute gestorben. Soll ich schon mal losgehen und unserem Routenplaner Bescheid geben, den Motor wieder auszuschalten?"

„Nein, das mache ich schon selber. Würdest du mir gleich die Stelle zeigen, an der du die hier gefunden hast?"aufgeregt sah sie Chris an, der nickte stummt und sichtlich erstaunt, wie schnell doch von der vernünftigen Ärztin die Stimmung umschlagen konnte. Die Familienberatung war mit einem Mal beendet. „Gut, dann werde ich Nathan holen, das wird ihn bestimmt auch interessieren."Sie legte das Relikt einer längst vergessenen Art zurück und verließ kurzerhand den Wohnwagen. Das Angebot für den Sonnenbrand von Mr Clearmont etwas mitzubringen, hatte sie bereits vergessen.

„Weg ist sie."sagte Lucas beiläufig.

„Passiert das öfters, dass ihr auf Muscheln stoßt und laut ihr stellen die sich als was längst ausgestorbenes heraus?"fragte Mr Clearmont und rutschte neben seine Frau auf die Bank.

„Normalerweise nicht. Aber auf sie kann man sich eigentlich verlassen. Wenn sie sagt, das Ding ist eine Sensation, dann ist es das meist auch. Ich seh uns schon heute Nachmittag auf dem Grund des Sees da draußen."Das Computergenie stützte sein Kinn auf die aufgestützte Hand. „Ich glaube, wir werden hier noch eine ganze Weile bleiben und wenn es ganz blöd kommt, wird der Campingplatz geräumt."

„Wegen eines Krebses?"fragte Mrs Clearmont verwundert. Sie konnte es gar nicht glauben, wie man nur einen solchen Aufwand betreiben konnte.

„Glauben sie mir, ich habe seit ich bei dem Verein bin schon einiges gesehen, was viel unbedeutender war und zu einem Massenauflauf geführt hat."

„Sind die Dinger gefährlich?"fragte Chris ihn.

„Woher soll ich das wissen? Ich bin wegen der Computer auf der seaQuest und nicht wegen irgendwelcher Frühstückshappen für unseren Delphin. Wenn das Teil außerdem schon längst ausgestorben ist, besteht eine noch geringere Chance, dass ich was darüber weiß. Mit etwas Glück lässt mich Bridger an den Computer bei uns im Wohnwagen, dann kann ich versuchen im Internet was zu finden."

„Man hat uns bereits erzählt, dass du nicht ganz normal bist für dein Alter."begann Chris' Vater. „Ich meine damit nicht, dass mit dir etwas nicht in Ordnung ist, sondern eher außergewöhnlich. Unsere Informationen waren eher spärlich. Es hieß nur, der Captain und zwei Mannschaftsmitglieder seien bei uns in der Stadt untergetaucht. Einer von seinen Begleitern sei noch Minderjährig und müsste zudem besonders geschützt werden. Auf meine Frage hin, was ein so junger Mensch beim Militär zu suchen hat, hieß es nur, er sei ein fester Teil der Mannschaft und würde durch seine Intelligenz das fehlende Alter weg machen."

„Jetzt bist du aber hier und musst auch nicht so schnell gehen."sagte Chris glücklich.

„Genau. Wir könnten in dem See da draußen nach ausgestorbenen Tieren tauchen gehen und du wirst als Entdecker dieser in die Geschichtsbücher eingehen. Glückwunsch, Chris, du hast es nicht geschafft, dich aus dem Rampenlicht raus zu halten."neckisch grinsend hielt Lucas ihm die Hand zur Gratulation hin. Auch Mrs Clearmont schloss sich der allgemeinen Heiterkeit an und gratulierte ihrem Sohn. „Endlich einmal können wir dich zu Höchstleistungen anspornen."

„Jetzt hört doch auf!"ermahnte der Hausherr sie. „Wir sollten lieber schnell aufessen, bevor hier die große Expedition los geht."

Lucas wurde kurzerhand eingeladen und herzhaft griff er nach einem zweiten Frühstück zu.

Kristin stürmte in den Wagen. Nathan spülte soeben das Geschirr und hatte dabei tatkräftige Unterstützung, allerdings sah Minki ihren Job ein wenig anders als er. Anstatt das Handtuch zum Abtrocknen bereit zu halten, warf das Kätzchen dieses in das Spülwasser. „Ich glaube mit dir muss ich noch einiges besprechen."mahnte der ältere Mann die junge Katze und lächelte ihr amüsiert zu. Sein Blick ging zu seiner Frau auf Zeit. „Wo hast du unser Kind gelassen?"

„Wir werden länger hier bleiben. Falls du irgendwas gebucht hast, mach das auf der Stelle rückgängig."platzte sie sofort aufgeregt los.

„Hey, ganz ruhig. Ich weiß, dass du unbedingt zum einkaufen willst und kann mich sehr wohl damit abfinden, einen Tag hier zu bleiben."

Sie machte eine wegwerfende Geste. „Vergiss das Einkaufen. Das habe ich zwar auch vor, aber das hier könnte noch länger dauern als nur ein paar Tage. Wir brauchen auf der Stelle eine Tauchausrüstung und einige Gerätschaften. Am besten wäre es, wenn ich so etwas wie ein Labor bekommen könnte."Die Wissenschaftlerin durchsuchte ihre Taschen. Vielleicht fand sich da ja ein ganz bestimmtes Buch.

Verwirrt beobachtete Bridger wie sie völlig aufgeregt in ihren Reisetaschen wühlte. Minki stolzierte über die Tasse und kam auf der Anrichte an seine Seite. Miauend gab auch sie ihr Unwissen bekannt. „Würde es dir etwas ausmachen, mich aufzuklären?"

Seufzend stemmte sie die Hände in die Hüften. „Ich habe es doch tatsächlich vergessen."schimpfte sie.

„Kristin!"sagte Bridger nun bestimmter.

Überrascht sah sie sich um. Es schien fast, als hätte sie längst vergessen, hier noch jemanden vorzufinden. „Oh, Nathan, das ist einfach unglaublich. Du musst unbedingt mit mir mitkommen und dir das ansehen. Ich bin sicher, du wirst auch nicht mehr von hier weg wollen."

„Tatsächlich?"er musterte sie mit hochgezogener Augenbraue.

„Lass den Abwasch sein und komm mit!"Kurz entschlossen packte sie ihn beim Handgelenk und zog ihn aus dem Wohnwagen. Allein ließen sie das Kätzchen zurück. Schnellen Schrittes führte die Wissenschaftlerin den Captain über den Campingplatz, bis sie vor dem Wagen der Clearmonts zum stehen kamen.

„Was finden wir hier?"fragte er während sie bereits anklopfte. Nathan war nicht minder verwundert Lucas am Tisch essend vorzufinden. Hatte der nicht eben noch bei ihnen gegessen?

„Sie müssen der Captain der seaQuest sein."Sofort sprang Mrs Clearmont auf und reichte ihm die Hand. Zu sehr viel Vorstellen kamen die beiden aber nicht, denn Westphalen hatte bereits die Schale des Krebses in der Hand und drückte sie Nathan vor die Brust. Wie ein Wasserfall spulte sie ihr gesamtes Wissen über diese Gattung runter. Verwunderte Blicke von allen Seiten beobachteten das Schauspiel. Einer ließ sich jedoch davon nicht stören und stopfte sich einen weiteren Bissen von dem leckeren Brötchen hinein. Dazu schaufelte sich das Computergenie eine weitere Portion Apfelmus in ein kleines Schälchen. Das könnte es bei ihnen zum Frühstück doch auch mal geben. Komisch fand er nur, dass Westphalen einen Piranha nicht erkannte, wenn sie ihn sah, aber diesen Krebs sofort.

„Könnte es nicht sein, dass es nur ein Zufall ist?"kritisch beäugte der Captain das Kalkgebilde in seinen Händen.

„Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit solch ein Objekt durch Zufall zu finden?"zweifelte Kristin seine Einwände an.

„Keine Ahnung."Er zeigte zum Frühstückstisch. „Unser Mathematikgenie sitzt dort drüben und haut sich gemütlich den Magen voll als gäbe es bei uns nichts zu essen. Frag ihn!"

Der Angesprochene hielt inne und sah seine Scheineltern mit schuldigen Hundeaugen an.

„Ach, lass ihn doch. Was ist nun? Ich will in diesen See runter. Wenn du nicht freiwillig hier bleibst, dann wirst du ohne mich weiter fahren müssen. Ich habe vor hier einige Untersuchungen durch zu führen und davon wird mich keiner abhalten. Bis ich nicht genau weiß, ob das hier nur ein feiner Zufall ist, oder eine wissenschaftliche Entdeckung, wird für mich dieser Urlaub nicht weiter gehen."

Die Ärztin war so in ihre Entdeckung vertieft, dass die Clearmonts es vorzogen, dem Schauspiel stumm zu folgen. Still saßen sie nun wieder beide auf der Bank. Keiner wagte auch nur einen Mucks zu machen, indem er aß. Auch Nathan schien das zu begreifen, denn er wagte es nicht ihr weiterhin widersprechen zu wollen oder es ihr auszureden. „Na gut, dann werde ich mal sehen, ob ich mich hier irgendwo nach einem Tauchsportgeschäft erkundigen kann."Er gab ihr das Gebilde einer längst ausgestorbenen Art zurück.

„Können wir mitkommen?"fragte Lucas sofort, nachdem er eilig den Bissen hinunter geschluckt hatte. Eigentlich sollte sein Freund ja den Fundort zeigen, aber das war nicht in seinem Sinne.

„Natürlich."Nathan wandte sich bereits um. Seine wissenschaftliche Leiterin war wie in extase in ihr neues Lieblingstier vertieft. Mit ihr konnte er wohl momentan nicht mehr rechnen.

„Darf ich, Dad?"vorsichtshalber fragte Chris nochmal nach. Nicht das es hieß, er hätte einfach so ihren Angelausflug platzen lassen. Das wäre ja eine regelrechte Katastrophe!

„Mit in die Stadt fahren oder nur bei der Campingverwaltung nachfragen?"Mr Clearmont hatte nicht ganz mitbekommen auf was sich die Erlaubnis letztendlich beziehen sollte.

„Mitkommen natürlich."antwortete Lucas, bevor sein Freund etwas sagen konnte. „Wir müssen schließlich drei Taucherausrüstungen schleppen, da kommt schon was zusammen."

Chris' Mutter merkte sofort, was ihren Mann bedrückte. „Lass ihn doch. Angeln könnt ihr noch lange genug. Sein Freund ist nur für kurze Zeit da und du hattest dir schon immer gewünscht, er soll mal mit Leuten zusammen sein, die seinem Niveau entsprechen. Nachdem was ich gehört habe, scheint das bei Lucas doch der Fall zu sein."Das zog. Zustimmend nickte Clive seinem Sohn zu. Noch ehe er sich versah, waren die beiden Teenager auf und davon. Sie stürmten an Bridger vorbei ins Freie. Er selber wollte noch versuchen, Kristin zum mitkommen zu überreden, aber das ließ er dann doch bleiben. Sollte sie da stehen bleiben und von ihrer ganz großen Entdeckung träumen. Kopf schüttelnd ging er den beiden Tornados hinterher. Wenige Augenblicke später hatte er sie auch schon aus den Augen verloren. Wunderbar, dachte er. Besser kann der Tag doch nicht laufen. Erst stellt sich heraus, er muss seine Pläne um einen Tag verschieben und dann heißt es auch noch auf unbestimmte Zeit. War nicht er der Captain und die anderen beiden mussten seinen Befehlen gehorchen? Langsam begann er das Ruder aus der Hand zu verlieren. Er kam an eine Weggabelung. Vor lauter Aufregung hatte er zuvor gar nicht mitbekommen in welcher Richtung ihr Wohnwagen parkte. Er entschied sich für den ihm sympathischsten Weg. Als Lucas und Chris hinter einem Baum hervorsprangen und ihn erschreckten, wusste er, richtig zu sein. „Vielen Dank, aber ich war schon wach!"Er kniff den Teenager leicht in den Unterarm.

„Au."lachend hakte er sich bei ihm ein.

„Kann man in der Stadt mit unserem Wohnwagen überhaupt irgendwo parken?" fragte Bridger Chris.

„Ähm... gute Frage. Wir sind mit Fahrrädern dort gewesen."

„Auf einem Fahrrad können wir keine schwere Tauchausrüstung transportieren."wandte Lucas ein.

„Wir probieren es einfach und wenn nicht, müssen wir eben ein wenig laufen. Rein mit euch, Jungs."Sie waren schon bei ihrem Wohnwagen angekommen. Der Captain schloss die Tür auf, wo eine kleine Katze dahinter bereits freudig miaute. Er selbst ging zur Fahrerkabine und stieg hinter das Steuer.

Als Lucas und Chris hinein stiegen, wich Minki beim Anblick des Neuankömmlings zurück. Chris ging in die Knie und hielt ihr seine Hand entgegen. „Hallo Süße!"begrüßte er sie. Schon sah das Kätzchen seine Chance gekommen, gekrault zu werden.

Das Computergenie stieg über die beiden hinweg zur Fahrerkabine vor. Seine kleine Freundin wurde schließlich mit Liebkosungen ausreichend versorgt, darum musste er sich keine Sorgen machen. „Wollte der Doc nicht eigentlich auch mal in die Stadt?"

„Hast du gesehen, wie sehr sie von dieser Schale fasziniert war? Ich glaube nicht, dass sie im Moment zu etwas anderem im Stande ist, als da in diesen Tümpel hinab zu tauchen."Nathan steckte den Zündschlüssel ins Schloss, als er ihn herum drehte, heulte der Motor auf. „Und ich hatte mich schon auf einen Tag in der Sonne gefreut."

„Sie sollten einfach das nächste Mal die Unvorhergesehenheit von Westphalen mit einplanen, dann sind sie nicht so enttäuscht."sagte Lucas. Von hinten kam Chris mit dem Kätzchen auf dem Arm zu ihnen.

„Muss ich nicht den Weg weisen?"

„Doch, doch."sagte Captain Bridger sofort. „Setzt du dich hier neben mich."Er scheuchte seinen Scheinsohn vom Beifahrersitz.

„Her mit meiner Katze, die brauchst du da vorne nicht."Lächelnd nahm Lucas sein Kätzchen wieder an sich. Schmusend schmiegte sich dieses in seine Arme.

Sie machten ein Wendemanöver und fuhren auf die einsame Straße rauf. Auf der einen Seite war eine große Felswand, auf der anderen erstreckte sich der Campingplatz mit dem See und der dahinter liegenden rotbraunen Felsen. „Hey, was hälst du davon, wenn wir mal die Höhlen hinter dem See erforschen. Mit etwas Glück findet sich noch mehr Getier, das kein Mensch je gesehen hat."schlug Chris begeistert vor.

Das Computergenie setzte sich auf die kleine Stufe, zwischen den beiden Sitzen zur Fahrerkabine. „Sind das Kavernen?"

Nathan drosselte die Geschwindigkeit. Sein Blick suchte die erwähnten Höhlen. Sie waren nicht schwer zu erkennen, denn das Felsmassiv war unterhalb des Sees durchzogen mit den Zugängen. „Eine Idee wäre es sicherlich, aber bitte nicht allein."Sein Fuss übte wieder mehr Druck auf das Gaspedal auf, bis er genug beschleunigt hatte um in den nächsten Gang zu schalten. Er kuppelte und schaltete einen Gang höher. Ruckelnd ließ er die Kuppel zu früh los.

„Sie können wohl nicht mit der Gangschaltung umgehen."grinste Lucas.

„Wenn es fast nur noch Autos mit Automatik gibt, passiert das schnell. Du kannst es sicherlich nicht. Ihr jungen Leute bekommt doch nur noch die automatische Gangschaltung beigebracht. In meiner Jugend war es Gang und Gäbe mit Autos zu fahren, die vier oder fünf Gänge besaßen."verteidigte sich Bridger.

Chris seufzte. „Wo er recht hat, hat er recht. Ich könnte das Ding nicht fahren. Für mich ist das sowieso ein Rätsel wie ich die Gangschaltung bedienen müsste, wenn ich fahren sollte."

Lucas beugte sich vor. „Steht doch alles drauf. Guck, hier ist die Zeichnung und da die Zahlen. Du musst nur entsprechend den Druck ausüben. Der dritte und vierte Gang sind die leichtesten, denn da musst du nur vor oder zurück schieben. Bei meinem Vater im Wagen mussten man für den Rückwärtsgang noch das Teil runterdrücken, damit man in die Einfahrt rein kam. Einmal vergessen runter zu drücken und anstatt nach hinten ging es plötzlich vorwärts weiter, wenn dir nicht vorher der Motor abstarb, weil du im fünften Gang anfahren willst."

Verwundert sah Nathan kurz zur Seite. „Du kannst tatsächlich mit einer Gangschaltung umgehen?"

„Na klar! Wenn ich meine zweite Hand nicht im Auto gebrauchen kann, dann weiß ich nicht, was ich damit machen soll. Außerdem ist das auch so ein Tick von meinem Vater gewesen, der hasst diese Automatikteile und wenn ich seinen Wagen fahren will, sollte ich doch auch damit umgehen können. Bei mir ruckelt es also nicht, wenn ich von der Kupplung gehe."Wieder war ein deutliches Grinsen zu sehen. „Ich kann es gerne auch mal demonstrieren."

„Du willst nur fahren, das ist alles. In Wahrheit kannst du überhaupt nicht mit einer Kupplung und einer Gangschaltung umgehen."entgegnete Bridger.

„Wenn sie meinen."sagte Lucas unschuldig. Minki war in seinen Armen eingeschlafen. Momentan wagte er sich gar nicht mehr zu bewegen, um sie nicht aufzuwecken. Chris wies den Captain an, die nächste Abzweigung zu nehmen und dann sich gerade aus zu halten, schon würden sie da sein. Schweigend genoss der Teenager die vorbeiziehende Landschaft. Die Schnurrhaare Minkis kitzelten ihn am Arm, als er sich kratzte, war es unvermeidlich, sie wachte auf. Das Kätzchen kletterte über seine Knie und machte sich nach hinten in den Wohnwagen davon. Neugierig sah er ihr nach, doch es schien, als würde sie es sich hinten gemütlich machen.

„Wo ist nun dieses Einkaufszentrum?"fragte Bridger, als sie an einer großen Kreuzung inmitten der Stadt standen.

„Wir müssen dort vorn, der Hauptstraße folgen, dann sehen sie es gleich auf der rechten Seite."sagte Chris und zeigte mit der Hand nach vorn.

„Wollen wir nur hoffen, hier gibt es sowas wie ein Tauchsportgeschäft oder zumindest annähernd etwas ähnliches. Der Doc wird sich nicht damit zufrieden geben, wenn wir nichts finden konnten."Lucas richtete sich auf, dass Minki auf einmal von hinten wieder zu ihm getapst kam, bemerkte er nicht. Erwartungsvoll setzte sie sich vor ihn hin und blickte nach oben. Gespannt erwartete sie den Moment, in dem er sich herumdrehen würde.

„Ganz bestimmt nicht. Wir müssen so lange und so weit fahren, bis wir die entsprechende Ausrüstung beisammen haben. Na, wir werden sehen, versuchen wir erst einmal unser Ungetüm irgendwo zu parken."sagte der ältere Mann.

Kurz vor dem Einkaufszentrum bogen sie auf einen großen Parkplatz. Nachdem sie mehrere Runden über den Platz gedreht hatten, fand sich endlich eine Lücke, die groß genug war. Nathan schaltete den Motor aus und löste den Sicherheitsgurt. „Los geht's!"rief Lucas freudig. Von weitem sah er schon das Logo einer Buchhandlung von der er im Internet immer bestellt hatte. Er drehte sich herum, weil er hinten aus dem Wagen wollte, aber vorher sahen ihn noch zwei hellblauen Augen erwartungsvoll an. „Captain?"

Bridger war bereits halb aus dem Wagen. „Ja?"rief er von draußen.

„Wo hatten sie nochmal das Puzzle von sich und Dr Westphalen hingetan?"

Chris war noch nicht ausgestiegen. Neugierig drehte auch er sich nun herum, um zu sehen, was da so lag.

„Das war auf dem Tisch. Wir hatten zum Frühstück eine Decke drüber gelegt, damit wir es nicht weg räumen mussten."

„Ich glaube, sie können es jetzt ganz weg räumen."meinte Lucas dann nur noch mit einem Schulterzucken.

„Wie..."eigentlich wollte der Captain fragen, wie das gemeint war, doch er stand bereits wieder im Wagen und sah auf den kleinen Haufen aus Puzzleteilen, den Minki fleißig vor Lucas' Füßen gebaut hatte. Er blickte von dem Kätzchen auf und sah einen Teenager nach dem anderen abwechselnd an. „Seid ihr beiden gut im puzzeln?"

„Ich mache sowas so gut wie nie."antwortete Chris abwehrend.

„Minki will ein Puzzle machen, schätze ich mal. Ich glaube ich brauche wirklich noch einen Vocoder für die Kleine."Lucas ging in die Hocke und kraulte seiner kleinen Freundin den Kopf. „Wobei mir das bestimmt verboten wird."

Bridger seufzte auf. „Damit kannst du rechnen. Nun kommt schon, wenn Minki ein Puzzle zusammen bauen will, dann soll sie das."Er hatte keine Lust, sich länger darüber den Kopf zerbrechen zu müssen, was so eine kleine Katze immer dachte.

„Wenn sie das hin bekommt, dann wäre sie mit Abstand die intelligenteste Katze der Welt. Dann brauche ich einen Vocoder!"Der Teenager hatte sich im Schneidersitz hingesetzt und zwei Teile aus dem Stapel gezogen, die er vor seiner kleinen Freundin hinlegte. „Komm, such was passendes."

„Lucas!"kam es von draußen. Bridger wollte den Wohnwagen abschließen und auch Chris stand bereits außerhalb des Ungetüms. Ausgerechnet dann, wenn man hier loslegen will, schoss es dem Teenager durch den Kopf. Er stand auf, eilte zum Esstisch, wo die Platte mit dem halb zusammen gesetzten Puzzle lag. Es fehlten bereits Teile, die das Kätzchen sorgfältig auf dem Boden angehäuft hatte und in einer kleinen Ecke musste sie bereits das Spiel auf seinen Geschmack getestet habe. Das Computergenie hob die Platte vom Tisch und legte sie auf den Boden. Eilig sah er sich nach der Schachtel mit den Teilen um, als er diese hatte, legte er sie ebenfalls runter. „Ich kann jetzt leider nicht mit dir hier spielen, aber bis ich wieder komme, kannst du dich ja hiermit ein wenig beschäftigen. Entweder nimmst du was aus deinem Stapel, oder hiervon."Er zeigte auf die Schachtel. „Sei schön brav, bis ich wieder da bin. Mit etwas Glück habe ich genug Material für einen Vocoder, dann können wir zusammen reden."

Verwundert betrachtete das Kätzchen, was sein Herrchen ihm da hingelegt hatte. Was sollte das jetzt? Anscheinend hatte er sie nicht richtig verstanden. Das hier war nicht, was sie von ihm wollte, aber nun war er ... weg. Gerade in dem Moment fiel die Tür zum Inneren zu. Minki lies das Puzzle links liegen. Vielleicht hatte er später genug Zeit für sie, bis dahin konnte sie sich oben in die kuscheligen Kissen legen.