"Was hast du denn?", fragte Bridger, als er das mürrische Gesicht seiner Ärztin bemerkte.

"Sieh dir das doch an! Hast du eigentlich mal über die Konsequenzen nachgedacht?" Sie zeigte auf die große Scheibe vor ihnen. Bereits andere Besucher drängten sich näher an Lucas und den Delphin heran, der sich im Wasser drehte und mit den Flossen winkte. Es war nicht zu verkennen, dass die beiden sich mochten und sich anscheinend auch kannten.

"Es wird ihnen beiden gut tun. Sie freuen sich!"

"Und ziehen damit alle Leute an. Weißt du wie es den beiden heute Abend gehen wird, wenn sie sich wieder trennen müssen? Ich habe außerdem nicht vor, das hier all zulange mit zu machen, nur damit du es weißt. Ich habe keine Lust einen Trübsal blasenden Teenager trösten zu müssen, bloß weil ihm wieder bewusst geworden ist, wie weit er doch von seinem Freund entfernt ist." Sie drehte sich herum und setzte sich auf eine der herum stehenden Bänke. Das Gesicht unzufrieden verzogen.

Nathan verstand sie nicht wirklich. Wenn es ihr nicht gefiel, warum hatte sie ihn dann nicht versucht davon abzuhalten. Am besten, er beschwor nicht noch mehr Unheil herauf und kümmerte sich um den Menschenauflauf. Er zog Lucas zu sich. "Komm mit, wir gehen irgendwohin, wo uns nicht so viele Leute sehen."

"Aber wir bleiben noch hier?"

"Natürlich, mach dir da mal keine Sorgen. Irgendwo hier muss man auch nach draußen kommen, dann kannst du Darwin seine fälligen Streicheleinheiten geben."

Lucas kam aus dem Strahlen nicht mehr heraus. Das war ja besser, als er dachte. "Kann ich dann auch mit ihm schwimmen?"

"Wie stellst du dir das vor? Ich glaube nicht, dass die Verantwortlichen für dieses Aquarium es gerne sehen würden, wenn du plötzlich in ihrem Delphinarium herum paddelst."

"Wer hat denn was von paddeln gesagt? Ich will mit Darwin spielen und schwimmen."

"Ganz so viel können wir leider nicht machen und wir können auch nicht lange bleiben, das sollte dir bewusst sein."

Der Teenager ließ den Kopf hängen. "Natürlich.", flüsterte er. Das war ihm alles mehr als klar. Zu gerne würde er aber gar nicht mehr weg gehen wollen. Er vermisste seinen delphinischen Freund so sehr. Erst jetzt wurde ihm klar, wie eng sie doch zueinander standen. Es gab nicht viele auf der seaQuest denen er sich anvertrauen konnte und die letzten Wochen war das sowieso ganz weg gefallen. Seine Sorgen fraßen sich tiefer in ihn hinein. Weder mit Bridger noch mit Dr. Westphalen konnte er ganz ungezwungen über die Dinge reden, die ihn wirklich bewegten. Natürlich würden sie ihm zu hören und alles tun, um es ihm leichter zu machen, doch es war eine Sache, ob man sich beim erzählen gegenüber der Person wohl fühlte oder ein flaumiges Gefühl im Magen hatte. Lieber blieb man still und fraß es eher tiefer in sich hinein.

Bridger legte seinen Arm um die Schulter von Lucas. "Aber wir machen ein paar Fotos, damit Darwin in einer gewissen Weise doch bei uns ist." Er zog aus seiner Tasche eine kleine Kamera.

Die Augen des jungen Genies verengten sich zu einem freudigen Blick. "Einverstanden." Er sah sich um. "Kommt der Doc nicht mit?"

Der Captain seufzte tief auf. "Ich fürchte ihr gefällt mein Plan nicht so sehr wie dir. Sie macht sich Sorgen, um dich und auch um Darwin, denke ich."

"Weshalb denn? Ich freue mich ihn wieder zu sehen und er auch. Haben sie gesehen, wie er mich begrüßt hat? Er hat gleich ein paar Kunststückchen gemacht, die ich ihm immer bei bringen wollte. Auf dem Boot hat er sich immer gewehrt und hat nicht so getan wie ich wollte. Heute hat er es gemacht, weil er mich glücklich machen wollte."

"Genau das ist der Grund. Sie fürchtet es könnte euch beiden später noch schlechter gehen, weil euch bewusst wird, wie lange ihr womöglich noch getrennt sein könntet. Kristin möchte nicht, dass wir all zulange hier bleiben."

"Das will sie nur, weil sie möglichst lange in diesen komischen Klamottenläden zubringen möchte." , sagte Lucas mit einer angewiderten Grimasse.

Nathan sah ihn fragend an. "Was meinst du?"

"Naja, die kam heute morgen ziemlich früh zu mir und fing an meine Sachen durchzuwühlen, ob ich denn auch etwas feineres zum anziehen habe." Er legte seine Stirn in Falten, während sie ein paar Treppen hinauf gingen zu einem Becken, im freien. Durch ein Tunnelsystem konnten die Delphine von dem Becken im Gebäude nach draußen schwimmen. Ein System, das sich auch in dem ozeanischen Institut von Lucas' Vater finden ließ. Bestimmt hatten beide den selben Architekten gehabt oder sein Vater seinerzeit sich Anregungen bei den Bauweisen anderer Aquarien geholt. Doch ihn beschäftigte gerade ein anderes Thema, darum gingen seine Gedanken ganz schnell wieder andere Wege.

"Jetzt verstehe ich. Ich nehme an sie hat bei dir nichts finden können und nun musst du neu eingekleidet werden."

"Woher wissen sie das denn? Hat sie bei ihnen auch so eine Durchsuchung gestartet? Minki hat sie sogar angefaucht, weil die noch schlafen wollte und ich lag ja auch noch im Bett. Ich wusste gar nicht wie mir geschieht."

Darwin erwartete sie bereits am Rand des Beckens. Lucas lehnte sich sofort über die Brüstung und hielt ihm seine Hände entgegen. Der Delphin legte seinen Kopf schmusend an diese an. Auch Bridger begann seinem Freund über die Melone zu streifen.

"Ganz so schlimm war es bei mir nicht. Ich wusste schließlich wofür ich packen musste und habe auch etwas entsprechendes dabei. Doch wenn ich etwas gesagt hätte, wäre es keine Überraschung mehr gewesen und ihr hättet schon gewusst was ich vorhabe. Außerdem schadet es nichts, wenn du mal ein paar Sachen in deine Garderobe bekommst die für offiziellere Anlässe sehr wohl auch geeignet sind."

Lucas hielt inne. "Soll das heißen, uns erwartet noch etwas viel schlimmeres bei dem ich die ganze Zeit in einem piekfeinen Zwirn herumlaufen muss?"

Verschmitzt lächelte der Captain ihm zu, bis er sich plötzlich ganz und gar auf den Delphin zu konzentrieren schien.

"Oh nein!", stöhnte der Teenager. "Das kann doch unmöglich ihr ernst sein. Ich will nicht mit solchen Klamotten rumlaufen müssen, das ist einfach nicht mein Stil."

"Ich weiß, dass es nicht dein Stil ist, aber was sein muss, muss sein. Wir haben noch etwas anderes vor und da ist es einfach besser, wenn du außer deinen T-Shirts, Jeans und Hemden noch eine Alternative hast. Du kannst mir nicht erzählen, dass dein Vater dich nie irgendwohin mitgenommen hat, wo eine strenge Kleiderordnung herrschte."

"Natürlich hat er das und ich habe diese langweiligen Veranstaltungen gehasst. Erstens einmal wegen dieser doofen Anzüge, die ich tragen musste und mit ABSICHT zu Hause ließ, als ich auf das Boot kam. Dazu waren das alles immer so komische Leute, die einen kaum eines Blickes würdigten und falls doch, wurde man nur verächtlich angesehen. Diese Leute haben einen richtig fühlen lassen, was sie von einem halten, der noch sehr jung ist und ganz bestimmt nichts von dem versteht, worüber sie gerade reden. Manchmal hat einer versucht sich mit mir zu unterhalten und dabei so getan, als wäre ich dümmer. Kam mir dabei vor, als sei ich ein Kleinkind oder der Typ dachte ich sei eines."

"Waren das wissenschaftliche Veranstaltungen?"

"Meistens, ja. Am lustigsten war ja mal eines, während meines Studiums. Mich hat doch tatsächlich einer gefragt, was mein Lieblingsfach in der Schule ist und ob ich denn auch gute Noten schreibe. Ich müsste doch wissen, dass mein Vater ein sehr kluger Mann ist und ich verpflichtet sei, da auch gut zu sein. Am liebsten wäre ich demjenigen ins Gesicht gesprungen und hätte dem mal seine Theorien auf den Kopf gestellt, die er vorher in einem echt langweiligen Vortrag aufgestellt hatte. Die hatten einen ganz fatalen Fehler, den er wohl nicht bemerkt hatte."

"Warum hast du es nicht getan?"

"Weil mein Vater dazwischen kam und meinte, ich sei ein ganz fleißiges Kind und man müsse sich keine Sorgen machen. Das war das einzig gute, er hat mich von diesen ganzen Spinnern manchmal doch recht weit entfernt gehalten. Er wusste wie ich diese Veranstaltungen hasse und auch kein Interesse habe, mich mit jemanden zu unterhalten, der mich sowieso mit Vorurteilen angeht."

"Mach dir keine Sorgen. Bei dem was ich vor habe, wird dich keiner von oben herab ansehen. Es sind keine Veranstaltungen, es sind lediglich Mahlzeiten, die wir einnehmen, nur eben mit strenger Kleiderordnung."

"Das reicht schon um mich zu nerven!"

Bridger holte die Kamera heraus. "Sieh das alles positiv, es bringt dich einen Schritt näher an das Erwachsen sein. Außerdem bist du nicht allein. Ich kann mich schließlich auch nicht in Bermudas und Hawaiihemd an den Tisch setzen. Wirf dich ein wenig in Schale, damit ich ein paar gute Bilder von euch beiden machen kann."

Lucas stieß verächtlich auf. "Ich will noch gar nicht erwachsen werden. Das ist man erst mit Mitte zwanzig und ich bin sechzehn!" Er legte einen Arm um den Kopf von Darwin, der seinen Körper so weit wie möglich aus dem Wasser gehoben hatte. Der Captain drückte auf den Auslöser, dann durfte Lucas ein paar Bilder machen, ehe er wieder zum Fotomodell wurde. Am Ende war fast der gesamte Film verbraucht und das letzte Bild war Dr. Westphalen die mit einer ordentlichen Schnute vor einem großen Aquarium mit Quallen saß und überhaupt nichts von ihren Modelqualitäten mitbekam.

"Nicht ich blase Trübsal sondern sie.", kam Lucas zu ihr.

Sie schrak leicht zusammen, doch fing sich recht schnell wieder. "Seid ihr fertig?"

Der Teenager nickte und Bridger zeigte ihr die Kamera. "Der Film ist voll und von Darwin haben wir uns auch verabschiedet. Ich denke er wird es überleben."

"Aber nur, wenn er bald wieder raus kommt. Er ist es nicht gewohnt in so einem kleinen Becken gefangen zu sein. Es wäre besser, wenn man ihn im Meer sich selbst überlasen hätte. Da kennt er sich besser aus.", meinte Lucas besorgt.

"Es wird ihm gut gehen. Das hier ist eine erstklassige Anlage.", sagte Kristin. "Ich habe jedenfalls noch nichts gegenteiliges gehört. Man betreibt hier sogar erstklassige Zuchtprojekte."

Lucas zog die Augenbrauen zusammen. "Soll das heißen, sie wollen Darwin um kleine Delphine zu bekommen?" Er sah von einem zum anderen. "Bekommen wir dann auch einen von den kleinen?"

"Komm, Lucas, du hast dein Kätzchen. Darwin wird es dich schon wissen lassen, wenn er Vater wird, da bin ich sicher und ich denke nicht, dass er dir sein Kind dann vorenthalten wird. Ganz im Gegenteil, ich glaube er wird es uns oft genug vorführen." Nathan nahm ihn am Arm und zog ihn mehr aus dem Aquarium als dass er ihn führte. Durch die ganze Besuchsaktion waren sie nicht dazu gekommen die Fische anzusehen sondern nur die Delphine und Lucas wollte einfach nicht schon gehen ohne vorher den Rest gesehen zu haben.

Zwei Stunden später waren sie endlich in der Stadt und konnten sich nach einem Herrenausstatter umsehen.

"Damit eins klar ist, ich werde mir keine Fliege oder eine Krawatte umbinden. So ein Anzug ist schon mehr als genug.", stellte der Teenager gleich mal die Bedingungen fest.

"Ich fürchte da wirst du keine Wahl haben. Das letzte Wort wirst dieses Mal ausnahmsweise nicht du haben, sondern..."

"ICH!", sagte Kristin. "Wir gehen dort mal rein." Schon hatte sie Lucas bei der Hand gepackt und lotste ihn in den entsprechenden Laden.

"Guten Tag!", wurden sie sofort von einem Verkäufer bedient. "Kann ich ihnen behilflich sein?"

"Guten Tag!", ergriff Dr. Westphalen sofort das Wort ehe Lucas auch nur widersprechen konnte. Hier auch noch von einem bedient zu werden, passte ihm ja gleich gar nicht. "Wir bräuchten etwas für den jungen Mann hier. Etwas, das man einfach zu mehreren Gelegenheiten anziehen kann und nicht speziell auf einen ganz bestimmten Anlass zugeschnitten ist."

"Ah, ich denke da haben wir genau das richtige. Kommen sie bitte mit." Er führte sie tiefer in den Laden hinein. An einem Ständer mit Anzügen, suchte er etwas entsprechendes heraus. Lucas selbst hätte sich am liebsten herum gedreht und wäre fluchtartig aus dem Laden raus, doch der feste Griff der Wissenschaftlerin hinderte ihn daran. Zu allem Überfluss hatte es sich der Captain auch noch auf einem Stuhl nahe des Einganges bequem gemacht und beobachtete sie mit einem mehr als schadenfrohen Grinsen auf den Lippen. Das würde Lucas ihm schon noch austreiben.

Kaum hatte der Verkäufer ein paar Anzüge heraus gesucht, wurden noch einige Hemden dazu gesucht. Endlich konnte er auch mal was sagen. Westphalen hatte bereits einige Anzüge ausgeschlossen, die sie gar nicht erst an ihrem jüngsten sehen wollte, doch bei den Hemden durfte er ein wenig dazwischen reden. "Das blaue und das rote dort." Er zeigte auf zwei edle Seidenhemden. "Diese Weisen können ruhig weg kommen, wenn ich das anziehe sehe ich danach aus, wie mein Vater, wenn er eine Pressekonferenz hält."

Der Angestellte sah fragend zu Bridger und versuchte ihn sich im Anzug bei einer Pressekonferenz vorzustellen. Zum Glück wusste er nicht, dass Lucas eigentlich einen anderen meinte, darum zerbrach er sich umsonst den Kopf, ob er den Mann schon mal gesehen hatte.

Seufzend ließ ihn Kristin gewähren. "Ist gut, ich denke, das kann man gerade so noch durch gehen lassen."

"Was haben sie sich sonst noch vorgestellt? Eher eine Fliege oder eine Krawatte?", fuhr der Verkäufer nach den ersten Verwirrungen endlich fort.

"Weder noch.", sagte Lucas.

Mit gehobenen Augenbrauen zuckte Dr. Westphalen die Schultern. "Ich kann ihn leider nicht zu allem zwingen."

"Wir hätten allerdings welche die gerade für junge Leute sind.", versuchte der Mann ihnen weitere Dinge anzudrehen.

"Ich denke, wir lassen ihn die Sachen erst einmal anprobieren und sehen uns dann an, ob wir noch etwas brauchen." Und schon jagte Kristin ihn in die nächste Umkleidekabine, in welcher er ein wahres Intermezzo an Anzügen und Hemden anprobierte und irgendwann auch eine Krawatte um den Hals hatte. Jammernd, sie wäre zu eng, gab die Wissenschaftlerin und schließlich auch der Verkäufer auf, ihn ein entsprechendes Stück an zu drehen. Bei der Fliege, die der Mann brachte, hatte er sich ja erst recht angestellt gehabt. Aus Angst vor einer richtigen Szene, lenkte Kristin ein, dass es doch eigentlich ganz schick aussah, wie ihr Sohn bereits war, da brauchte man keine Krawatte oder ähnliches und so offiziell waren die Anlässe ja auch nicht, zu denen er etwas dergleichen tragen musste.

Mit zwei Anzügen und zwei Hemden verließen sie dann endlich das Geschäft. Lucas wurde sofort angewiesen zum Abendessen den mit den Nadelstreifen anzuziehen. Mürrisch stimmte er dem zu. Und er soll das ja sicher vor Minki verstauen. Er brauche sich nicht zu denken es dann alles auf das Kätzchen zu schieben, wenn da irgend etwas kaputt ging. Die Sachen seien teuer genug gewesen und er soll sich ruhig ein wenig bewusster werden, was er da hatte. Es sei überhaupt nichts peinliches daran, wenn man etwas mehr auf seine Kleidung achtete. Der Teenager begann der strengen Stimme seiner Mutter auf Zeit nur noch mit halben Ohr zu zuhören. Sie hatte es geschafft, dass er mit zwei Anzügen ausgestattet war, etwas was seine eigene Mutter erst nach jahrelanger Arbeit zustande gebracht hatte.

"Was steht jetzt den restlichen Nachmittag noch an?", fragte er, als sie das Hotel betraten.

"Bei mir ein Besuch im Hoteleigenen Beauty-Salon.", sagte Kristin mit sichtlicher Vorfreude.

"Naja, bis zum Abendessen ist ja noch etwas Zeit."

"Was? Wollen sie etwas auch zum Augenbrauen zupfen und sich Quark und Gurke ins Gesicht schmieren lassen?" Lucas meinte den Captain nicht richtig verstanden zu haben.

"Nie im Leben!"

Dr. Westphalen musste lachen. "Das hätte ich zu gerne gesehen."

"Ich eigentlich auch, dann wäre ich nämlich mitgekommen.", sagte Lucas. "Natürlich nur um zu beobachten!", lenkte er schnell ein, ehe hier noch jemand auf dumme Gedanken kam.

"Gut, wenn das so ist, dann entschuldigt mich bitte, ich habe noch einen Termin mit der Schönheit." Schon war die Ärztin auf dem Weg in ihr Zimmer und verschwand auch kurz darauf in diesem.

Nathan drehte sich zu Lucas. "Was hast du jetzt vor? Wieder schwimmen?"

Der Teenager blies sich ein paar störende Strähnen aus den Augen. "Wäre eine Idee."

"Wollen wir nicht lieber mal an den Strand gehen?"

"Aber nur mit Minki, die war den ganzen Tag allein in dem Zimmer eingesperrt."

"Pass dann aber auf, dass sie dir nicht davon macht."

"Keine Sorge, der passiert schon nichts."

"Gut, dann also in zehn Minuten wieder hier?"

"Von mir aus."

"Ich kann es nicht glauben, dass du jetzt hier anfängst Muscheln zu sammeln." Ungläubig sah der Captain zu, wie Lucas über das Ufer watete, den Blick kontinuierlich zum Boden gerichtet.

"Glauben sie es ruhig. Ich komme so selten dazu, da wird mir das hier ja nicht vergönnt sein. Ah, sehen sie, die ist doch toll." Er bückte sich und hob eine große weiße Muschel aus dem Sand.

"Was hast du überhaupt mit denen allen vor?" Lucas packte ihm mehrere seiner Schätze in die Hand. "Und warum soll ich die jetzt tragen."

Der Teenager sah ihn an. "Weil meine Taschen voll sind und ich nur eine Hand frei habe." In der anderen war nämlich Minki.

"Meinst du nicht auch, du hast jetzt genug? Da vorne sammeln kleine Kinder Muscheln, doch du bist der einzige, der über zehn ist und diesem Hobby frönt."

Forschend sah ihn Lucas an. "Schämen sie sich mit mir?"

"Nein, ich finde es nur seltsam."

Minki begann unruhig zu werden. Im seichten Wasser hatte sie eine kleine Krabbe entdeckt, die sie näher betrachten wollte.

"Warum sind sie mit mir dann eigentlich hierher gekommen, wenn ich keine Muscheln sammeln darf und mich seltsam verhalte?"

"Das habe ich doch nicht gemeint.", sagte Bridger beschwichtigend. "Wenn es dir Spaß macht, dann kannst du natürlich weiter machen, ich meinte doch nur, dass du bereits sämtliche Taschen voll hast und diese Kinder dort vorn recht traurig wären, wenn sie keine mehr finden würden, nur weil du sie schon alle eingesteckt hast."

Am liebsten hätte das Computergenie widersprochen nur dann würde sich das hier wieder ewig hin ziehen und darauf hatte er nun auch keine Lust. Statt dessen setzte er sich hin und ließ Minki auf die Krabbe los. Sobald aber eine größere Welle kam und ihre Pfoten umspielte, erschrak das Kätzchen und lief schnell zu Lucas zurück.

Nathan hatte sich neben ihn gesetzt. "Schmollst du jetzt?"

"Warum sollte ich? Wenn ich mich jedesmal darüber aufregen würde, wenn jemand zu mir sagt, dass er das, was ich gerne mache für kindisch hält oder nicht für mich angemessen, dann würde ich aus dem schmollen nicht mehr heraus kommen. Mein Vater hat da schon Grund für mehrere Jahre geliefert und wenn ich sie noch mit dazu rechne, hätten wir eine Nacht mehr. Ich mache mir nichts daraus, doch was wollen wir sonst machen?"

"Du redest von deinem Vater als würde er kein besonders gutes Bild von dir haben."

Verächtlich sah der Teenager auf den Sand, seine linke Hand strich unbewusst durch Minkis Fell. "Ich weiß nicht, ob er ein gutes Bild von mir hat oder ein schlechtes. Ich kenne ihn ja kaum, wegen seiner Arbeit. Er ist mit mir fast nie einfach so mal zum Strand gegangen um Muscheln zu sammeln. Diese Kinder dort drüben wissen gar nicht, wie gut sie es haben. Nicht jeder hat einen Vater oder eine Mutter, die mit einem in den Urlaub fahren. Bei uns waren es immer Geschäftsreisen und ich durfte mich mit einem Kindermädchen oder einem Angestellten zufrieden geben. Das war nicht dasselbe. Darum mache ich mein eigenes Ding und genieße eben allein, was ich als Kind nicht durfte. Bring keinen Müll mit nach Hause, hieß es einmal. Meine Mutter hat alle meine Muscheln weg geworfen."

"Das hat sie wirklich getan?" Captain Bridger konnte es nicht glauben.

Lucas nickte. "Ja, das hat sie. Nur eines von vielen Dingen, die ich nicht durfte. Wie dem auch sei, wenn sie nicht da waren oder ich es gut versteckt habe, gab es keinen Ärger. War auch ganz praktisch, wenn die Eltern sich nicht so um einen kümmern. Es hat alles Vor- und Nachteile."

"Nur du leidest nach wie vor darunter, kaum etwas von deinen Eltern gehabt zu haben."

"Oh ja, und diese ganze Situation hier macht alles nur noch deutlicher, was ich als Kind alles verpasst habe."

"Nun, du weißt, wenn du irgendetwas brauchst, dass ich für dich da bin."

Die blauen Augen sahen direkt in die des Captains. "Dafür bin ich auch dankbar. Es zeigt mir, nicht ganz allein auf der Welt zu sein. Lange Zeit waren Erwachsene für mich einfach nur ernste Roboter, die uns Kindern das Leben schwer machen wollen mit ihren Vorschriften."

"Du hast eine zu blühende Phantasie!", lachte Nathan.

"Ich denke, das trifft haargenau zu."

In dem Moment kreischte Minki auf. Die Krabbe hatte sie in die Pfote gezwickt. Lucas kam sofort um sie auf den Arm zurück zu nehmen, dann gingen sie ins Hotel zurück.