Einige Minuten später standen sie, sich an den Händen haltend, wieder am Altar. Sie hatten nur Augen füreinander, als der Pfarrer und auch der Standesbeamte sie fragten, ob sie den jeweils anderen heiraten wollten. „Das Brautpaar hat sich dazu entschlossen eigene Eheversprechen zu verfassen und wird diese nun vortragen." Der Pfarrer nickte Rokko zu. „Keine Worte dieser Welt können beschreiben, wie viel Du mir bedeutest, Lisa. Wie viel es mir bedeutet, dass Du gerade Ja gesagt hast, Ja zu mir, Ja zu einem gemeinsamen Leben, Ja zu unserer Liebe!" er strahlte Lisa, der bereits eine Träne die Wange hinunterlief, an. „Zurückblickend auf den Weg, den wir gegangen sind um hier unsere Zukunft zu beginnen, habe ich mich für dieses Versprechen entschieden: Trotz aller Tränen, wusste ich, dass wir es schaffen würden. Ich gelobe für alle Zeit Dich zu Lieben, zu Respektieren und zu Beschützen. Sei meine Frau, meine Geliebte, meine Freundin und meine Seele. Ich gehöre nur Dir. Ich liebe Dich!" Lisa lächelte ihn, unter Tränen, überglücklich an. Rokko löste eine seiner Hände aus der ihren und strich ihr sanft die Tränen weg. „Rokko, du hast mir gezeigt, dass Liebe sich nicht immer durch Großes beweisen muss, sondern sich auch ganz leise ins Herz schleichen kann. So, wie Du Dich in meins. Meine Liebe war eingesperrt, war dabei, zu verkümmern. Du hast mit deiner Herzenswärme die Kerkertür geöffnet und sie in die Freiheit geführt. Geschickt und mit Feingefühl weist du ihr den Weg. Der Weg, der in deinem Herzen eine Heimat findet. Du und Deine Liebe, ihr habt den Weg in mein Herz gefunden und dort werde ich Dich für immer behalten. Ich liebe Dich!" Auch in Rokkos Augen standen jetzt Tränen. Hugo, der selbst schon ein Taschentuch in der Hand hielt, reichte den beiden die Ringe. Sichtlich zitternd, griff Rokko nach Lisas Ring. Langsam steckte er ihr den Ring an ihren Finger, führte dann ihre Hand an seine Lippen und hauchte einen Kuss darauf. Als auch Lisa Rokko seinen Ring angesteckt hatte, ergriff wieder der Pfarrer das Wort. „ Ich erkläre sie hiermit zu Mann und Frau." An Rokko gewannt, sprach er weiter. „Sie dürfen die Braut jetzt küssen!" Rokko, der Lisas Hand immer noch ganz fest in seiner hielt, zog sie zu sich. Eine kleine Ewigkeit sahen sie sich nur in die Augen, bevor Rokko seine Arme um ihre Taille schlang und ihr einen zärtlichen Kuss auf die Stirn gab. Lisas Augen leuchteten, als er sie wieder ansah und seine Lippen sanft mit ihren verschmolzen. Als sie sich voneinander lösten, hob der Pfarrer seine Hände zum Segen. „Als ich dich suchte, fand ich nichts. Als ich nichts suchte, fand ich dich. Jetzt werde ich Acht geben, dich niemals zu verlieren."

Hand in Hand verließen sie langsam die Kirche. Alle Anwesenden folgten den beiden hinaus. Lisa sah, wie sich Laura verstohlen mit einem Taschentuch die Tränen aus dem Gesicht wischte. Ob sie von der Trauung so gerührt war oder von der Tatsache, dass Lisa nicht ihren Sohn geheiratet hatte, wusste Lisa nicht. Und eigentlich ist es mir auch egal! Lisa lächelte ihr zu. Vor der Tür standen Hanna, Jürgen und Yvonne und warfen Reis und Rosenblätter auf das frisch vermählte Paar. Lisa und Rokko strahlten um die Wette und küssten sich nochmals zärtlich, bevor die ersten Gratulanten, allen voran Lisas Mama, begannen sie mit Glückwünschen und Umarmungen zu überhäufen.

„Robert Kowalski!" Lisa drehte sich um und sah ein Paar auf den Kircheneingang zu laufen. Der Mann hatte gerade nach Rokko gerufen. Auch Rokko drehte sich jetzt um. Sein Lachen wurde noch breiter, er nahm Lisa an der Hand und ging auf die beiden zu. „Das sind meine Eltern, Schatz!" Ehe sich Lisa noch Gedanken darüber machen konnte, dass sie gerade ihren Schwiegereltern gegenüber stand, hatte sie Rokkos Mutter auch schon umarmt. „Herzlichen Glückwunsch! Wir freuen uns ja so!" „Danke!" Lisa sah ihre Schwiegermutter freundlich an. Als diese auch ihren Sohn umarmt hatte und Lisa auch die Glückwünsche von Papa Kowalski entgegengenommen hatte, nahm Rokko wieder ihre Hand. „Mama, Papa! Das ist meine Lisa!" er strahlte. „Lisa, das sind meine Eltern: Brigitte und Helmut Kowalski."
„Es tut uns ja so leid, dass wir die Trauung verpasst haben, aber Du kennst ja Deinen Vater, Rokko. Er hat einen Orientierungssinn wie ein Maulwurf! Und sagen lässt er sich auch nix." Rokko lachte und auch sein Vater musste grinsen. „Ja, deine Mutter hat leider Recht!" „Na, die Hauptsache ist doch, dass sie es überhaupt hergeschafft haben." Lisa waren Rokkos Eltern sofort sympathisch. Brigitte lächelte Lisa zu. „So, und jetzt bekommt ihr mal den ersten Teil eures Geschenks." Erst jetzt fiel Lisa und Rokko auf, dass seine Eltern jeder einen herzförmigen Ballon in der Hand hielten. Auf beiden Ballons stand „Just married! Lisa und Rokko" und an den Bändern hingen wolkenförmige Karten. Helmut drückte Rokko den Ballon in die Hand und holte aus seinem Jackett zwei Kugelschreiber. „Auf die Karten schreibt ihr jetzt jeder einen Wunsch und heute Abend lasst ihr sie allein in die Nacht fliegen."
„Das ist ja mal einen süße Idee!" Lisas Mutter war heran gelaufen und während Lisa und Rokko ihren Wunsch auf die Karten schrieben und dann Hanna die Ballons zur Verwahrung gaben, machten sich Lisas und Rokkos Eltern miteinander bekannt. Lisa beobachtete aus den Augenwinkeln ihren Vater. Er schien sich auf Anhieb mit Helmut zu verstehen, denn schon bald standen sie etwas abseits, unterhielten sich und lachten. Lisa lächelte. Es wurde noch intensiver, als sie spürte wie Rokko zärtlich seine Arme um ihre Taille schlang und ihr einen sanften Kuss hinters Ohr hauchte. „Ich glaube, es wird Zeit, dass du Deinen Brautstrauß wirfst. Einige Damen dahinten werden schon ganz ungeduldig!" sie spürte dass er grinste. Sie drehte sich in seinen Armen um und sah ihn liebevoll an. „Na, dann wollen wir sie mal nicht länger warten lassen." Sie gab ihm einen schnellen Kuss und zog ihn dann mit sich. Einige Meter vor Kim, Hanna, Inka und Sabrina blieb sie stehen. Mit einem schelmischen Grinsen sah sie die vier an. „Na, wer fängt ihn?" Sie drehte sich um und warf den Strauß in hohem Bogen über ihren Kopf. Inka streckte sich soweit sie konnte, doch Hanna war flinker. Mit einem triumphierenden Lachen fing sie den Strauß, lief auf Lisa zu und umarmte sie. „Jetzt musst Du mir nur noch verraten, wie ich mir auch meinen Traummann angle!" flüsterte sie Lisa ins Ohr. „Kann ich nicht, er hat sich ja mich geangelt!" sie strahlte Hanna an und sah zu ihrem Mann hinüber, der gerade mit Jürgen sprach. Mein Mann! Es klingt einfach richtig!

Kurze Zeit später hatte sich die Hochzeitsgesellschaft auf der weitläufigen Terrasse des Gemeindehauses und der daran angrenzenden Wiese verteilt. Überall standen kleine runde Tische, die liebevoll in den Farben braun und türkis geschmückt waren. Lisa und Rokko hatten sich in letzter Sekunde noch umentschieden und trotz des Protestes von Helga, die Reservierung im Dorfkrug abbestellt. Bei dem Gespräch mit dem Pfarrer, einige Tage vor der Hochzeit, hatten sie beschlossen, dass sie genau hier, mit all ihren Freunden, feiern wollten.

Der Nachmittag plätscherte angenehm mit Kaffe und Kuchen sowie einigen Spielchen, die sich Jürgen, Hanna, Timo und Yvonne für das Brautpaar und auch die Gäste ausgedacht hatten, dahin.

Rokko stand etwas abseits und sah gerade schmunzelnd dabei zu, wie Hanna seine Mutter und Helga in ihrem Wissen über ihre Kinder testete, als plötzlich Bernd mit zwei Bier in der Hand vor ihm stand. „So, mein Jung, ick bin der Bernd! Denke, dass es langsam an der Zeit ist, dass wir uns duzen." Er sah Rokko etwas verlegen grinsend an. Beiden war der Zwischenfall in Jürgens Kiosk noch gut im Gedächtnis, als Bernd Rokko darauf hingewiesen hatte, dass er für ihn immer noch „Herr Plenske" war. Rokko nahm Bernd das Bierglas aus der Hand und prostet seinem Schwiegervater lächelnd zu. „Ich denke auf den Kuss können wir verzichten, wa?" Rokko lachte zustimmend und ergriff Bernds Hand. „Ick war nich immer nett zu Dir, aber ick hab begriffen, dass es nich drauf ankommt, was ick will, sondern, dass mein Schnattchen glücklich ist. Und wenn ick sie mir heute anschaue, dann weeß ick, dass ick sie noch nie so glücklich gesehen hab!" er deutet auf Lisa, die neben Yvonne und Max stand und einfach nur strahlte. Rokko sah seinen Schwiegervater dankbar an. „Ich werde alles tun, dass sie immer so glücklich bleibt!" Bernd gab ihm einen Klaps auf die Schulter „Dat weeß ick! Und jetzt geh man rüber zu ihr!"