Kapitel IV

Rat in Imladris

Die Einberufung von Elronds Rat ließ nicht lange auf sich warten. Allerdings wurde auch Sophie eingeladen, auch wenn sie sich nur mit gemischten Gefühlen auf den Weg machte. Die vergangenen Tage hatte sie hauptsächlich in Gesellschaft der Hobbits verbracht, wobei das kleine Volk erfolglos versucht hatte, sie mit Aragorn bekannt oder eher vertraut zu machen. Der Waldläufer war immer noch misstrauisch, was Sophie betraf. Dies war nicht weiter verwunderlich, waren ihm die Umstände ihres Auftauchens und die Bewandtnis, die es mir ihr hatte, doch völlig unbekannt.

Aragorn schätzte Ehrlichkeit sehr, doch das fremdartig wirkende Mädchen verschwieg mehr, als sie mitteilte und das gefiel ihm nicht. Er konnte nicht erraten, wie sie sich das Vertrauen Elronds hatte erschleichen können, aber er hatte schon oft von den Tücken des dunklen Herrschers gehört. Er vermutete, dass es sich bei dem Mädchen, welches Sophie genannt wurde, um eine Spionin Saurons handelte, und zwar um eine besonders Raffinierte mit einem Hang zu harmlosen Hüllen.

So behielt Aragorn Sophie im Auge und gestattete seiner Wachsamkeit kaum eine Pause. Das Mädchen konnte unter Umständen gefährlich sein, und der Waldläufer wollte gerade in diesen schweren Zeiten niemanden einem Verrat preisgeben. Man musste dem Dúnadan zugute halten, dass seine Zweifel durchaus berechtigt waren. Die Zeiten waren gefährlich und überall streiften Späher des Dunklen Herrschers durch das Land. Somit befand sich das Mädchen zwar nicht in Gefahr, wurde jedoch aus gutem Grund scharf beobachtet.

Sophie bemerkte durchaus die Blicke des Waldläufers, war allerdings nicht in der Lage, den Grund für Aragorns kühle Haltung ihr gegenüber zu erraten. Im Übrigen hatte sie Aragorn nach der lausigen Filmvorlage erst gar nicht erkannt, denn dieser Aragorn hier hatte sowohl Seife als auch den Rasierapparat für sich entdeckt. Durch die Kleidung wirkte er düster und abgerissen, jedoch keinesfalls schmutzig. Die Züge des Dúnadan waren nicht so glatt wie die eines Elben, doch hoch angesetzte Wangenknochen und ein wacher Geist ließen, wie Tolkien es beschrieben hatte, auf einen intelligenten und edelmütigen Menschen schließen. Es war kein schönes Gesicht, es war ein ehrliches und markantes Gesicht, das Gesicht eines charismatischen Anführers und einer Person, der man Respekt entgegen bringen konnte. Somit war es dem Menschenmädchen das offenkundige Misstrauen mehr als unangenehm.

Der Dúnadan stellte allerdings nach kurzer Beobachtung fest, dass sich in einer weiteren Miene Argwohn gegenüber der Träumerin fand. Diese gehörte niemand geringerem als Boromir, Sohn des Truchsessen von Gondor, welcher erst im Morgengrauen in Bruchtal angekommen war. Die lange Reise sah man seiner abgetragenen Reisekleidung durchaus an, doch der Adel und der Stolz über die gondorranische Herkunft ließ den Menschenkrieger die breiten Schultern straffen. Das Kinn hatte er ebenfalls gehoben, während er die Ratsmitglieder, die sich langsam einfanden, einer nach dem anderen aufmerksam musterte. Übrigens sei auch hier angemerkt, dass die Filmvorlage ein falsches Bild über den Menschenkrieger vermittelt hatte. Dieser besaß nämlich der weitläufigen Meinung zum Trotz langes, schwarzes Haar, welches er praktischerweise im Nacken zusammengebunden hatte. Die Züge sowie das die stahlgrauen Augen des Menschenkriegers wurden von bitterer Entschlossenheit dominiert. Jedoch stellte Aragorn bei genauerem Hinsehen fest, dass die zugegebenermaßen etwas ablehnende Erscheinung des Gondorraners täuschte. Nicht nur Stolz fand sich in den Augen, die doch so hart und arrogant wirkten, sondern auch eine Mischung aus Ehrlichkeit, Güte und Herzlichkeit. Ferner fielen dem Waldläufer sofort die großen Hände des Menschenkriegers auf. Noch etwas fand sich bei Boromir: Sorge, die schwer auf seinen Schultern lastete und der Anflug von Verzweiflung. Anscheinend war dieser stolze Krieger allerdings nicht gewillt, auch nur das geringste Anzeichen irgendeiner Schwäche zu zeigen, während er die Ratsmitglieder begutachtete. Bei einigen zog er lediglich eine Braue empor, bei anderen schüttelte er deutlich sichtbar mit dem Kopf, bei wieder anderen wurde er deutlich argwöhnisch … so wie bei Sophie. Doch nicht nur das weißblonde, offensichtlich ein wenig zu gut genährte Mädchen wurde mit einer gewissen Ablehnung betrachtet, auch die Hobbits ernteten misstrauische Blicke vom Kriegerherz. Seit wann, so fragte er sich gewiss, war es bei Elben üblich, Kinder und Halblinge in wichtige Ratsdiskussionen einzubeziehen? Aragorn bezweifelte, dass Boromir trotz seines guten Bildungsstandes wusste, dass es ein Auenland gab, welches Halblinge ihr Zuhause nannten. Nahm man weiterhin an, dass Boromir zwar über eine herausragende Persönlichkeit, aber über die Mentalität eines Menschen aus Gondor verfügte, so hielt er Sophie wahrscheinlich für die Tochter irgendeiner wichtigen Persönlichkeit – und damit für strohdumm und unscheinbar. Dies war zumindest Boromirs Meinung, wenn der Waldläufer den abfälligen Blick des Kriegers richtig deutete.

Ein weiteres Kriegerherz fühlte sich ein wenig eingeengt, dies jedoch aufgrund des hohen Prozentanteils von arrogant wirkenden Spitzohren. Gimli, Glóins Sohn, saß neben seinem Vater und wäre am liebsten nervös auf seinem Stuhl hin und hergerutscht. Doch das kam nicht in Frage, das Anliegen seines Volkes war dringend und brauchte ein paar Köpfe mehr, selbst wenn diese Köpfe elbisch waren. Der junge Zwerg hatte die Geschichten seines Vaters gehört und hatte auch in den vergangenen Tagen einige Zeit mit den Hobbits sowie mit dem Mädchen namens Sophie gemacht. Die Hobbits schätzte er, obgleich sie – wie er erfahren hatte – einen aus ihrer Mitte verloren hatten und sie damit ihre Heiterkeit ihm gegenüber zumindest teilweise vortäuschen mussten. Doch die Tatsache, dass sie kleiner als die bärtigen Zwerge waren und Bodenständigkeit schätzten, brachte ihnen schon ein gewisses Maß an Loyalität, eine Tugend, welche sein Volk bekanntlich erfunden hatte. Zudem hatte er zu seiner Überraschung feststellen müssen, dass Hobbits Besteck benutzten und dieses auch herzustellen wussten. So fortschrittlich hatte er dieses kraushaarige Völkchen gar nicht eingeschätzt. Dabei hatte sein Vater ihm doch versichert, dass Bilbo damals nur über Besteck und Geschirr verfügte, weil er ein Meisterdieb war und sich somit das Essgeschirr „besorgen" konnte.

Was das Menschenmädchen anging, so hätte Gimli es mit einem Wort beschrieben: Komisch. Sehr komisch. Sie bekam die Zähne nicht auseinander, und wenn doch, dann wusste sie alles besser. Die Gesellschaft von Elben tat dem jungen Ding nicht gut, soviel war sicher!

Von den Hobbits waren Bilbo, Eleanor und Frodo zur Versammlung geladen worden. Merry, Pippin vertrieben sich anderweitig die Zeit, was im Klartext hieß, dass Eleanor die beiden jungen Herren zur Fertigung eines „Geheimprojekts" eingespannt hatte. Sie würden letzten Endes den Ratbeschluss ebenfalls erfahren, soviel war sicher. Die drei Hobbits wirkten jedoch aufgrund von Sams Ableben immer noch ein wenig verzagt, insbesondere Frodo schien der Kummer arg auf der Seele zu lasten.

Warum man Eleanor eingeladen hatte, war Sophie zunächst ein Rätsel. Sie erkannte jedoch schnell, dass sich die Halblingsdame rührend um den alten Hobbit kümmerte und auch für Frodo als eine Art geistiger Beistand fungierte.

Frodo wollte nunmehr nichts anderes, als dieses verfluchte Ding loswerden, welches seinem Freund Tod und Verderben gebracht hatte. Der Ring – er wollte ihn nicht haben, er begehrte noch nicht einmal dessen Macht, nur Abscheu erweckte er in ihm.

Elrond sah ernst aus, als er den Blick über die Runde schweifen ließ, so empfand zumindest Sophie. Dies war kein Wunder, bedachte man die ungeheure Wichtigkeit des Rates und der heutigen Beschlüsse. Der Herr von Bruchtal wurde von Erestor und Glorfindel flankiert. Der dunkelhaarige Berater, der Noldo Erestor, hatte markantere Züge als die beiden Herren neben ihm, was seiner Ausstrahlung jedoch in keiner Weise schadete. Die greifbare Aura der Weisheit, welche Erestor umgab, war Sophie immer noch suspekt. Ferner brachte sie es immer noch nicht über sich, dem alten Elben in die Augen zu schauen.

Nur wenig anders verhielt es sich bei dem goldhaarigen Glorfindel. Er war offenkundig der Krieger in diesem Trio und bereits – wie Sophie sich erinnerte – Jahrtausende alt. Er hatte, wenn sie sich richtig entsann, bereits in Gondolin gefochten und war im Kampf gegen einen Balrog gefallen, als er versuchte, Flüchtlinge aus der Elbenstadt Gondolin zu beschützen. Aufgrund seiner Reinheit und seiner Verdienste, so hieß es, war er trotz seiner Noldo-Herkunft in Valinor wiedergeboren worden. Seine Rückkehr nach Mittelerde war ebenfalls ein Zugeständnis und geschah … ja, wann denn eigentlich? Sophie hatte es vergessen, sie wusste nur soviel: Dort saß einer der ältesten Elben Mittelerdes, und er beobachtete sie, ein Menschenmädchen, recht nachdenklich. Was sah er? Misstraute er ihr? Von Noldor hieß es, sie wären in der Kunst der Telepathie versiert. War Glorfindel das auch? Die Gedankengänge empfand das Menschenmädchen als beängstigend. Andererseits war es wiederum beängstigend, dass sie eine derart strahlende Gestalt fürchtete. Vielleicht hätte sie eher wie ein typisches Mädchen reagieren und den Balrogtöter anhimmeln sollen, doch sie tat es nicht. Dabei war Glorfindel strahlend schön. Die feingeschnittenen Gesichtszüge wirkten jugendlich und heiter. Das goldblonde Haar harmonierte mit der glatten Marmorhaut, während die Gestalt des hochgewachsenen Elben nach menschlichen Maßstäben an Makellosigkeit nicht zu übertreffen war. Doch genau wie bei Elrond und Erestor waren es die Augen, die Sophie derart beeindruckten, dass es schon an Einschüchterung glich. Die Farbe des Meeres war darin eingebettet, trüb und grau in der Trauer, klar in Heiterkeit, hell im hohen Wellengang, finster im tosenden Zorn. Zugleich konnte Sophie erkennen, dass über Furchtlosigkeit, großen Edelmut und Stärke verfügen musste.

Sophie konnte aber durchaus noch weitere Ratsmitglieder erkennen. So waren neben einigen Zwergen unter Glóins Führung auch zwei Robenträger eingetroffen, zwei Istari. Der eine war Gandalf, das konnte das Mädchen gut erkennen, und sie freute sich über das bekannte Gesicht, wenngleich man in Gandalfs Miene nicht die Spur von Heiterkeit erkennen konnte. Er wirkte ernsthaft, zu ernsthaft, als hätte ihm jemand alle Sorge der Welt auf die Schultern geladen, ihn mit dieser gebrandmarkt und das daraus resultierende Leid in die steinerne Miene gemeißelt.

Der andere Robenträger, ganz in strahlendes Weiß gewandet, bereitete Sophie allerdings Sorgen. Ein zweiter Zauberer? Warum? Und wer war das? Der Weißgewandete wirkte noch älter als Gandalf, die Augen schmal und müde von der Last der jüngsten Ereignisse, die tiefe Spuren in das Gesicht gegraben hatten.

Saruman!

Sollte es sich bei diesem Robenträger um Saruman handeln, dann gnade ihm Gott, beschloss Sophie grimmig. Der sollte nur abwarte, er würde ihr auf gar keinen Fall entkommen … selbst wenn sie sich eine Suppenkelle aus der Küche borgen musste, um den weißen Zauberer damit nach Isengard zurückzuprügeln. Aber war Saruman hier ein Verräter? Der weiße Robenträger wirkte erschöpft und müde, nicht hinterlistig oder bösartig.

Hatte Sophie vielleicht irgendetwas verpasst? Andererseits verstand Saruman es wahrscheinlich, nicht hinterlistig oder bösartig auszusehen.

Rasch schüttelte das Mädchen diese Gedanken ab, sie führten ins Leere und verwirrten nur. Nein, so etwas konnte sie nicht gebrauchen. Stattdessen widmete sie sich der Inaugenscheinnahme der restlichen Ratsmitglieder.

Grün gewandet und etwas fehl am Platze wirkend saß ein blonder Elb, zweifellos Legolas Grünblatt aus dem Düsterwald. Als Bote war er erst kürzlich eingetroffen, seine Botschaft war für den Rat aber durchaus von Bedeutung. Waldelben, auch Tawarwaith genannt, waren bekannt für ihre hohe Geschicklichkeit, welche die ihrer Artgenossen zumeist übertraf. Doch die Tawarwaith waren ebenso für Intoleranz, törichtes Verhalten und Sturheit bekannt, alles Eigenschaften, welche das Menschenmädchen dem Waldelben zusprach. Zwischen all den Mächtigen hier wirkte er allerdings recht verloren.

Ein weiterer Elb aus Mithlond war nebst seiner Begleiterin eingetroffen. Doch nicht er selbst, eher seine Begleitung fiel dem Mädchen ins Auge.

Noch nie hatte Sophie eine so kühle und unnahbare Elbenfrau gesehen. Auch sie war eine Noldo, wie lange, dunkle Haare deutlich aufzeigten. Ihr Gesicht war schön, gar keine Frage, doch ihr Gesicht strahlte eine derart unangenehme Zurückweisung aus, dass Sophie nicht umhin kam, sie sofort als unfreundlich einzuschätzen . Keine Wärme schien sie zu besitzen, kaum Leben, als wenn alle Gefühle, die jemals in ihr existiert haben mochten, in einen tiefen Winterschlaf verfallen waren und nunmehr, von Eis umhüllt, nicht mehr ans Tageslicht gelangen konnten.

Auch bemerkte das Menschenmädchen, dass die eisige Elbenfrau exotische Kleidung trug, welche ihr völlige Bewegungsfreiheit ermöglichte. Es erinnerte an ein hochgeschlitztes, dunkelgrünes Kleid – bei Sophie war die Assoziation mit dem China-Stil da -, nur in Form einer mit einem Gürtel zusammengehaltenen Tunika, dazu passende Hosen und Stiefel. Hosen! Wie gerne hätte Sophie in ihrem Bruchtalaufenthalt Hosen getragen, denn so schön diese langen Kleider auch waren, das Mädchen hatte sich schon ein paar Mal auf die Nase gelegt, weil sie über ihren eigenen Rocksaum gestolpert war.

Sophie erfuhr später auch ihren Namen – Nathriell, die Frostweberin.

Der Wind säuselte und ließ die herabfallenden Blätter wunderschöne Bögen beschreiben und im Farbenspiel tanzen, als die Ratsmitglieder langsam zum Schweigen kamen und erwartungsvoll Elrond betrachteten, welcher sich erhoben hatte, um den Rat zu eröffnen.

„Dies ist Frodo, Drogos Sohn. Niemals zuvor kam jemand mit einem dringlicheren Anliegen hierher, selten war eine Reise so gefährlich, selten war eine Ankunft von größerem Schmerz umschattet."

Hier hielt der Herr von Imladris für einen Moment inne, nur um sodann mit der formellen Vorstellung der Ratsmitglieder fortzufahren, wobei er mit seinen Beratern – Glorfindel und Erestor – sowie Bilbo den Anfang machte und dann der Reihe nach aufrief . So wurde darauf hingewiesen, dass Boromir von Gondor erst vor wenigen Stunden angekommen war und von Denethor geschickt wurde. Aragorn wurde als Anführer der Dúnedain bezeichnet, jedoch hielt man die Information um den Titel des Erben von Númenor vorerst zurück. Zu Sophies großer Überraschung wurde neben Gandalf dem Grauen auch Saruman der Weiße benannt.

Der Zauberer war also tatsächlich Saruman? Das Mädchen hatte sich für diese Ratsversammlung Papier und Stift geben lassen, was sie nun bereute, da ihr der Stift beinahe vor Schreck aus den Fingern geglitten wäre. Saruman … der sollte sich bloß vorsehen! Mit seinem Verrat würde er nicht durchkommen, solange Sophie auch nur einen Faden in der Hand hielt.

Die Augen des Mädchens formten sich zu Schlitzen und fixierten den weißen Zauberer, während die Zwergengesellschaft vorgestellt wurde. Somit entging ein großer Teil der Namen der Aufmerksamkeit Sophies, die allerdings feststellen musste, dass ihre drohenden Blicke bei Saruman so gar nicht fruchteten. Der weiße Zauberer sah müde aus, unendlich müde und seltsam abwesend, was dem Menschenmädchen langsam suspekt wurde. Da stimmte etwas nicht.

Andererseits würde man das Verhalten und die Anwesenheit Sarumans sicherlich noch aufklären, darum wandte sich Sophie wieder dem allgemeinen Geschehen zu. Doch sie würde Saruman im Augwinkel behalten, soviel stand fest.

Gerade wurde auch der seltsam gekleidete, blonde Elb vorgestellt. Es war tatsächlich Legolas, „der" Legolas, welcher als Bote Thranduils erschien. Sophie wollte gar nicht erst wissen, wie viele Fangirls sie jetzt um diese Situation beneiden würden … ehrlich gesagt hatte das Mädchen den Verdacht, dass es genug Fangirls auf der Welt gab, welche die Situation ausgenutzt hätten, um Legolas zu vergewaltigen. Hart und heftig. Direkt auf dem steinernen Fußboden. Roar.

Neben Gildor war auch die Dame Nathriell von den grauen Anfurten eingetroffen. Die Elbenfrau, die Sophie bereits zuvor aufgefallen war, beschäftigte nun erneut die Gedankengänge des Menschenmädchens. Weder Eleanor noch die Frostweberin waren in der eigentlichen Geschichte vorhanden, es wunderte Sophie also, überhaupt weibliche Ratsmitglieder zu sehen. Die Figuren gab es offiziell nicht. Wie konnte das sein?

Andererseits musste Sophie im Stillen zugeben, dass sie es insgeheim begrüßte, ein paar weibliche Figuren mehr in der Geschichte zu haben, wenn diese schon völlig anders verlief, als die Rollenspielerin es kannte. Immerhin hatten sogar Filme wie Star Trek einen weiblicheren Einschlag (ach ja, Uhura allein auf weiter Flur, und die Vulkaniertussi war keine richtige Frau, sondern Alien, die galt nicht. Andererseits war Nathriell auch nur so was Ähnliches wie eine Frau, eher eine Eisstatue, aber man schweift ab).

„Und dies hier … ist Fräulein Sophie Anwalôril, eine Traumseherin."

Bei den Worten Elronds wäre Sophie beinahe vor Schreck zusammengezuckt, während sie merkte, wie ihr das Blut in den Kopf schoss. Traumseherin? Wirklich gute Idee, Elrond, aber wäre es nicht besser gewesen, das vorher mit ihr abzusprechen?

Doch nicht nur Sophie war überrascht, nunmehr als Traumseherin zu gelten, auch Eleanor meldete sich zu Wort, denn soeben wurde von dem unscheinbaren Menschenmädchen eine Seite offenbart, die bisher eisern verschwiegen worden war: Die Verbindung zur Zukunft.

„Du bist eine Traumseherin? Das wusste ich ja gar nicht. Warum hast du uns das nicht gesagt?"

Traumseherin … das war wirklich keine schlechte Idee. So konnte Sophie ihre Kenntnisse über den Verlauf der Geschichte verwenden und zugleich war es nicht weiter schlimm, wenn eine falsche Prophezeiung erfolgte, da es immer mehrere Versionen der Zukunft gab. Darum sah sich das Menschenmädchen auch dazu genötigt, dem Herrn von Bruchtal in seiner Glaubwürdigkeit zu unterstützen. Elrond wollte gerade zum Sprechen ansetzen, da kam ihm bereits Sophie zuvor, wobei sie den Eindruck der beiläufigen Selbstverständlichkeit mithilfe ihrer laienschauspielerischen Fähigkeiten aufrecht erhielt.

„Du hast nie danach gefragt."

„Doch, habe ich!"

„Öhm …"

Elrond kam dem Mädchen zur Hilfe, indem er kurzerhand das Gespräch durch die offizielle Eröffnung des Rates unterbrach. Dem werten Leser sollen hier einige Dinge erspart werden, die zweifellos langweilig und nicht von Interesse wären, weil schlicht und ergreifend seitens der Autorin davon ausgegangen wird, dass der Leser zumindest entweder das Buch gelesen und/oder den Film gesehen hat. Ergo, so schlussfolgert die Autorin, kann man sich folgende Dinge sparen, da sie allgemein bekannt sind:

Bilbos Ringfund

Klarstellung: der Ring wird dem Rat präsentiert

Der Übergang des Einen Ringes in Frodos Besitz

Tom Bombadil und warum man ihm den Ring nicht geben kann

warum Grabunholde als Wächter des Ringes ungeeignet sind

Aragorns Bemühungen, das Auenland zu schützen

Schwierigkeiten der Zwerge vom Einsamen Berg

Das von den Zwergen ignorierte Angebot Saurons, einige der sieben Ringe herauszugeben und Moria wieder dem bärtigen Volk zu überlassen.

Bericht der Zwerge über die vor Jahren aufgebrochene Moria-Expedition unter der Führung von Balin, von der man bis zum heutigen Tage nichts mehr gehört hat

Doch während der Leser diese Punkte durchgeht, hibbelt er auf seinem Stuhl herum und ruft „Jaja, kenn' ich, kenn' ich. Aber was ist mit Saruman?"

Kaum hatte Glóin seinen Votrag beendet, erwachte auch Saruman aus seiner erschöpften Haltung und richtete sich auf. Merkwürdigerweise hatte Gandalf, und das war Sophie aufgefallen, noch kein einziges Wort gesagt. Dafür hob nun Saruman sein müdes Haupt, schwer von Melancholie, den jüngsten Ereignissen und Rückschlägen. Seine Stimme war allerdings sehr beeindruckend, selbst für ein ablehnendes Gemüt. Die Baritonstimme war nicht nur angenehm und beruhigend, sie schien dem Ohr auch schmeicheln zu wollen. Wie konnte man hinter dieser Stimme, die nach Sophies Eindruck nur einem liebenden Vater gehören konnte, auch nur den Ansatz von Bosheit vermuten? Sie tat es ihrem zweifelnden Herzen zum Trotz, und dennoch erschien es der Traumseherin, als würde dem weißen Zauberer die Zunge schwer. Dennoch erwartete Sophie Sarumans Antwort in hochgeschaukelter, grimmiger Manier

„Der Bote des dunklen Herrschers wird nicht wiederkehren, fürchte ich, der Krieg wird über kurz oder lang Einzug in die Lande des Einsamen Berges halten.

Leider können die Istari diesem Prozess nicht Einhalt gebieten, denn unsere eigene Festung wurde eingenommen.", mit diesen Worten wandte er sich an Sophie, wobei ihre offensichtliche Jugend ihn anscheinend dazu verleitete, von der höflichen Anrede abzuweichen.

„Sage mir, Traumseherin … was hast du in Isengard gesehen?"

Das fragt der Richtige, dachte sich die Angesprochene im Stillen, während sie von ihren Notizen aufsah. Seit Anfang des Rates war sie ständig am kritzeln und notieren, um einen Überblick über die Erzählstränge und Ereignisse zu behalten. Und nun fragte man sie nach Isengard? Saruman indes schien nicht zum Bösen übergelaufen und doch war Isengard eingenommen, so hieß es. Aber wenn Saruman nicht über Isengard herrschte, dann gab es folglich keine Uruk-hai. Wenn es keine Uruk-hai gab, dann würde es in Amon Hen nicht zu Gefechten kommen, die Gemeinschaft würde nicht zerfallen, Boromir würde leben, die Hobbits würden nicht entführt werden und darüber hinaus würde Théoden noch frisch und munter sein. Nebenbei war Rohan dann auch sicher. Es war gar nicht so übel, sich mit dem Gedanken anzufreunden, dass ein erschöpfter Saruman nicht als Feind fungierte. Andererseits war der weiße Zauberer gewitzt und voller List, somit zog Sophie durchaus in Erwägung, dass Saruman alle, Gandalf eingeschlossen, täuschen wollte.

„Verrat in den eigenen Reihen.", kommentierte die Traumseherin trocken, als sich alle Blicke auf sie hefteten.

„Verrat, verursacht durch den Missbrauch eines Palantírs.", harhar! Na, Saruman? Kommt dir das bekannt vor?

„Das ist wahr. Der Verrat in den eigenen Reihen, welch bitterer Rückschlag …"

„Mein Herr, ich dachte eher an Euch."

Augenblicklich machte sich Empörung in Form von Gemurmel breit. Welch Affront, und das auch noch gegen den höchsten der Istari! Welche Frechheit nahm sich dieses Mädchen überhaupt heraus? Elrond war es, welcher dem Rat mit einer Geste Schweigen gebot und sich dann mit höflicher, jedoch nichts sagender Miene an Sophie wand.

„Deine Vermutung ist ein wenig gewagt, Anwalôril."

„Abwegig ist die Vermutung nicht, Herr Elrond. Istari wurden nicht für den Verrat geschaffen, doch gleich zwei haben es getan. Zu meinem Leidwesen habe ich zu berichten, dass die blauen Zauberer, Aratar und Palando, der Versuchung des dunklen Herrschers erlegen sind und daraufhin durch listenreiches Spiel und verdorbene Zauberkunst Isengard unter ihre Kontrolle brachten. Isengard ist nicht mehr Zentrum der Magie, sondern der schwarzen Kunst. Die beiden gefallenen Zauberer haben sich die Kunst der Nekromantie zueigen gemacht und beschwören nun eine Armee der Toten, um die Lebenden zu tilgen, so zügellos ist ihr Hass."

„Aber sicher doch.", lautete der ironisch angehauchte Kommentar Sophies, während sie es sich nicht nehmen ließ, ihre Zweifel durch Augenrollen zu untermalen. „Und ich dachte schon, Radagast wäre Amok gelaufen. Ihr behauptet also, die blauen Zauberer sind der Feind? Die beiden sind doch so unwichtig, dass sie noch nicht einmal im Anhang erwähnt werden und in den Annalen nur kurz unter ‚von Saruman zum Bösen bekehrt' aufgeführt werden. Diese Beiden sind jetzt also die Sündenböcke? Bullshit! … Ähem, ich meine natürlich Blödsinn, Entschuldigung. Wo war ich stehengeblieben? Ach ja, bei der netten Geschichte, die Ihr Euch ausgedacht habt. Ooooh nein, nicht mit mir, Herr Saruman … Euch wird man als Verräter erkennen, das garantiere ich!"

Eigentlich hatte Sophie sich gerade herrlich in Rage geredet und hatte eigentlich vor, ihre Schimpftirade fortzusetzen, bis ihr Luft und Schimpfwörter ausgingen. Doch sie wurde von der Stimme Erestors unterbrochen, die doch im Gegensatz zu ihren leidenschaftlichen Vorwürfen gefährlich leise klang und so viel Schärfe besaß, dass dem Menschenmädchen die Nackenhaare zu Berge standen.

„Dies ist ein Rat, in dem Fakten zusammengetragen werden. Diese Fakten nennt man Fakten, weil sie bereits bewiesen sind, junge Anwalôril. Denke über das Verhältnis zwischen Beweis und Intuition nach."

Die Traumseherin schwieg zu diesem Vorwurf. Warum sollte sie nicht reden, wenn sie so den positiven Verlauf der Geschichte beeinflussen konnte? Die Zunge musste gelöst werden, wenn sie Wissen barg, reden musste sie, frei wie der Nordwind, und wenn es ihr hundertmal Antisympathien brachte. Den eigensinnigen Gedanken zum Trotz wäre Sophie trotzdem nach dieser Zurechtweisung, die ja durchaus Gewicht hatte, am liebsten im Erdboden versunken. Andererseits kam es immer schlimmer, wenn man gerade glaubte, dass es nicht mehr schlimmer werden konnte.

Es war nämlich das Darauffolgende, was der Traumseherin schlussendlich permanent das Blut in den Kopf schießen ließ … zumindest gefühlt. Erestor nämlich, der Noldo mit dem niederstreckenden Blick, hatte sich bisher doch recht zurückgehalten. Er hatte ein paar kluge, trockene Kommentare abgegeben und wirkte insgesamt allerdings recht unzufrieden mit der Gesamtsituation. Diese Unzufriedenheit schien nun ihren Höhepunkt erreicht zu haben, obwohl sich in den glatten, fast schon wächsern wirkenden Zügen des Beraters keine Spur darin fand. Beinahe ausdruckslos wandten sich die Sturmgrauen Erestors an Elrond, suchten dort einen Augenkontakt, der nur Sekunden andauern sollte … und dann stand er auf und ging. Als wäre dies alles, Sophie vor Allem und im Besonderen zuwider und ganz nebenbei unter seiner Würde. Die Geste war so klein, und doch hatte sie eine verheerende Wirkung auf die Traumseherin und nebenbei auf den Rest des Rates, welcher dem Berater mit mehr oder minder offen gezeigten Erstaunen und/oder Empörung hinterhersah. Elrond indes schien zusammen mit Glorfindel die Gleichmut über den stillen Protest Erestors zu bewahren. Eines musste man den beiden wirklich lassen: Selbst in Zeiten des groben Verstoßes gegen die Etikette konnten sie immer noch wunderbar die Contenance bewahren und sahen dabei auch noch unverschämt gut aus.

Peinliches Schweigen sollte folgen. Allein anhand der schwatzhaften Situation im Buch hatte Sophie geglaubt, in diesem Rat niemals zur Ruhe zu kommen. Das war nur schwerlich zu glauben. Andererseits konnte ein von Erestor gezauberter flauer Magen nur schwerlich an irgendetwas glauben, und seien es die Gesetze der Schwerkraft.

Die Stille durchbrechend erhob sich allerdings Boromir von Gondor, der bisher nur von der Legende seines Volkes berichtet hatte, dass ein Halbling in jenen Zeiten hervortreten sollte, da das Verderben und die Dunkelheit nahe waren. Boromir suchte nach der zerbrochenen Klinge, nach dem König ohne Krone, wie es die Legende verlangte, doch vor allem suchte er nach Macht. Macht war es nämlich, die sein Volk und seine Lande, alles was er liebte, bedrohte. Somit konnte nur eine noch größere Macht der Dunkelheit Einhalt gebieten, so war jedenfalls die Rechnung des stolzen Kriegerherzen.

„Mordor-Orks auf der einen Seite, eine untote Armee auf der anderen. Die Menschen Gondors kämpfen an beiden Fronten, IHR Blut ist es, welches in Strömen fließt.

Gondor befindet sich in höchster Not, darum ersuche ich diesen Rat: Gebt Gondor den Einen Ring! Gebt den Menschen die Waffe des Feindes. Soll der dunkle Herrscher doch sein eigenes Gift zu spüren bekommen."

Sophie lag eine ganze Menge auf der Zunge – und das, obwohl sie noch immer damit beschäftigt war, sich nach einem passenden Loch im Boden umzusehen -, und sie wollte es gerade aussprechen, als ihr jemand zuvor kam. Die dunkelhaarige, blasse Elbenfrau namens Nathriell erhob ihre Stimme, ehe Sophie auch nur eine Antwort formulieren konnte.

„Ihr könnt den Ring nicht einsetzen. Ihr seid zu schwach, um den Verlockungen des Ringes zu widerstehen. Es gibt nur einen Herrn der Ringe ... Ihr seid es nicht."

Die Traumseherin hätte nicht gedacht, dass jemand kaltschnäuziger als sie selbst diese Angelegenheit kommentieren könnte, zumal jedes Wort wie eine grobe Beleidigung klang. Keinerlei Emotionen waren der klaren Stimme zu entnehmen, lediglich die trockene Feststellung, kalt wie Metall, wurde präsentiert. Nicht mehr. Boromir indes schien die Vorstellung nicht zu gefallen, von einer Frau zurechtgewiesen zu werden. Er war ohne Frage ein edler Mensch, doch die Ausbildung zum Krieger lehrte das Prinzip Männer zum Schwert, Frauen an den Herd.

Der Krieger Gondors war durchaus bereit, Kritik anzunehmen – aber doch bitte nur von qualifizierten Personen und nicht von so einer Eisfrau.

„Nehmt Eure Stickerei wieder auf und mischt Euch nicht in Dinge ein, von denen Ihr nichts versteht.", konterte Boromir verächtlich.

„Jede meiner Nadeln ist schärfer als Eure Zunge.", antwortete die Frostweberin mit regungsloser Miene. Sie schien weder verärgert noch heiter. Da war gar nichts, nur eine unnahbare Gleichgültigkeit. Das erste Mal an diesem Tage erhob nun Gandalf das Wort.

„Es nützt nichts, wenn wir uns streiten. Boromir, setzt Euch. Frau Nathriell, ich bitte Euch, ein Disput nützt nur Sauron allein, aber nicht uns."

„Gandalf … was denkt Ihr, soll mit dem Ring geschehen?", wollte Aragorn wissen. Auch er hatte bisher geschwiegen, erschien es ihm das Verhalten des grauen Pilgers doch seltsam. Er kannte den grauen Zauberer schon seit Jahren, wusste um dessen Weisheit und dessen Voraussicht. Er verstand nicht, dass Gandalf, sonst um keine Antwort verlegen, sich nun dergestalt zurückhielt. Erst Jahre später sollte der Dúnadan verstehen, warum der manchmal etwas verspielte und verschmitzte Istari dies tat. In ernsten Angelegenheiten bedingte die Seltenheit einer Sache nämlich manchmal expotenziellen Wertanstieg … sagte zumindest Gandalf, welcher vor allem damit meinte, dass den wenigen Worten in einer ernsten Situation wohl mehr Bedeutung beigemessen wurde als haltlosem Geplapper. Ein echtes kommunikatives Genie, dieser Gandalf.

„Lasst uns lieber darüber beraten, wo wir den Ring ohne Gefahr verwahren können."

Wieder ein wahres Wort, doch Sophie wusste nicht mehr, ob Gandalf nunmehr von seinem Text abwich.

Die Glocken Bruchtals kündeten bereits mit eherner Zunge vom späten Vormittag. Eigentlich sollte man sich doch so langsam mal einig sein, dass der Ring zerstört werden musste. Wie lange saßen sie schon hier? Stunden? Gefühlte Tage! Außerdem hielt sich wirklich niemand an seine Textvorgabe, Erestor allen voran. Das war alles zu kompliziert, zudem war Sophie von den vielen Änderungen im "Drehbuch" etwas perplex. Wer bei allen Teufeln und Höllen hatte sich erdreistet, diese gottverdammte Geschichte zu ändern und sie danach auch noch hineinzustecken?

"Lasst uns lieber beraten, über welche Route Gandalf die Gefährten nach Mordor führen soll, das ist doch jetzt viel wichtiger als dieses sinnlose … Geplänkel … mehr oder weniger …", hörte sich Sophie selbst sagen, ehe sie rasch mit ihrer Hand den eigenen, vorlauten und vor allem dummen, dummen Mund verschloss. Oh nein, Sophie, das haben die doch noch gar nicht beschlossen! Innerlich schalt sich die Traumseherin selbst für ihre mangelnde Disziplin. Jetzt hatte sie sich verzettelt, und wer weiß, ob sie damit nicht einen möglicherweise wichtigen Handlungsstrang störte. Sophie hörte nicht nur ihr Blut in den Ohren rauschen, sondern merkte auch, dass ihr die Röte in den Kopf stieg und dass sie einem spontanen Schweißausbruch sehr nahe war, als die Ratsmitglieder das Menschenmädchen mit ratlosen Gesichtern anstarrten.
"Verzeih, Sophie, doch ich kann dir nicht ganz folgen. Was meinst du damit?", Aragorn war es, der zuerst die Sprache wieder gefunden hatte, und er war dazu übergegangen, die Traumseherin nunmehr skeptisch zu beäugen. Sophie hatte den unangenehmen Verdacht, dass der Waldläufer sie nun für verrückt hielt. Ganz ruhig, einatmen, ausatmen, erklären, zu dieser Verhaltensweise zwang sich das Mädchen zumindest. Einmal einatmen, einmal ausatmen und hoffen, dass die verdächtig wirkende Röte aus dem Gesicht verschwindet, wobei in diesem Punkt allerdings wenig Hoffnung bestand, denn Sophie fühlte ihre Wangen immer noch glühen.

"Also ... der Ring ist doch eine Erweiterung Saurons, oder? Ergo, schlussfolgern wir, wird auch Sauron vernichtet, wenn der Ring vernichtet wird. Warum ... zerstören wir das Ding ... nicht einfach ... irgendwie?", immer leiser und unsicherer wurde die Stimme der Traumseherin unter der Skepsis des Dúnadan, welcher nun dazu übergegangen war, sich nachdenklich am Kinn zu reiben, ohne jedoch den bohrenden Blick von der Traumseherin zu nehmen.

"Es ist bekannt, dass weder Klinge noch gewöhnliches Feuer dem Ring in irgendeiner Art und Weise Schaden zufügen können. Der feurige Odem eines Drachen hingegen vermag die Vernichtung des Rings, ebenso wie die Flammenkluft des Schicksalsberges, aus der er stammt. Welch Ironie, dass die Flammen der Dunkelheit in der Lage sind, der Finsternis selbst Einhalt zu gebieten und somit zu Verrätern werden.", Glorfindel, der Goldhaarige, sprach vollkommen unbeeindruckt von Erestors Protest, den Ring zu zerstören, mit fester und zugleich angenehmer Stimme, fließend wie Wasser in der Aussprache, nicht von klirrender Kälte durchdrungen wie die Stimme Nathriells. Stellte man die dunkelhaarige, kühle Elbenfrau neben die lichtdurchtränkte Seele des Goldhaarigen, so hätte man einen Unterschied wie Tag und Nacht. War Nathriell der Frost persönlich, so war Glorfindel der warme, freundliche Sommer, mit warmen Brisen, welche die Grasmeere zum spielerischen Wiegen brachten.

Eigentlich wollte Sophie - das zustimmende Gemurmel der anderen Ratsmitglieder sowie den tödlichen Basiliskenblick Boromirs ignorierend - gerade anfangen, intensiv über Glorfindel nachzugrübeln, doch sie wurde jäh durch einen unglaublich motivierten Hobbit, genauer gesagt durch eine Hobbitdame unterbrochen.

"Drachenfeuer sagt Ihr? Zu schade, dass der letzte, verfügbare Drache in der Nähe schon vor Jahren erschlagen wurde ...", ein gespielt vorwurfsvoller Blick zu Glóin und Bilbo, dann fuhr die Hobbitdame auch schon fort, ohne Punkt und Komma, zur Veranschaulichung wild gestikulierend und vor allem - wie Sophie mit Erstaunen feststellte - ohne eine Pause zum Luftholen. Es war erstaunlich, wie lange so ein kleiner Hobbit ohne Luft auskommen konnte.
"Jaaa, es wäre ja wirklich sehr einfach, eine Gerätschaft zu konstruieren, welche mithilfe von einem Spiegelkonstrukt Drachenfeuer einfängt. Man könnte natürlich auch Lava aus dem Schicksalsberg verwenden ... oder ein Lavastück einschmelzen, das ist alles nur eine Frage der Zeit ... das Problem wäre nur: Entweder muss jemand mir etwas Drachenfeuer oder ein Lavastück aus dem Schicksalsberg bringen; das ist aber ziemlich mühselig, stimmt's? Das heißt ... eigentlich könnten wir gleich den Schicksalsberg aufsuchen und hoffen, dass uns auf dem Weg zufälligerweise ein Drache über den Weg läuft ...", schloss Eleanor mit ermattender Stimme, ein Ergebnis der Ernüchterung, welche ihren Überschwang deutlich dämpfte.

"Die Dame spricht wahr.", brummte Gimli, welcher an dieser Stelle das Wort ergriff.
"Der Berg wird wohl kaum zu uns kommen, ebenso wenig wie ein Drache. Wenn der Ring vernichtet werden muss, wird wohl jemand ihn dorthin bringen müssen."
Erstaunt registrierte Sophie die Ruhe, welchem dem Zwergen innewohnte und welche er auch ausstrahlte. Seltsam, im Film kam Gimli zunächst wie ein sturer 2 ½ Tonnen-Muskelprotz mit Gehirnblockade rüber, welcher erst Humor entwickeln musste und schließlich lächerlich gemacht wurde. Seine Freundschaft zu Legolas machte den Filmzwerg sympathisch, was allerdings nichts daran änderte, dass er weiterhin wie ein sturer 2 ½ Tonnen-Muskelprotz mit Gehirnblockade rüberkam. Doch diese hier anwesenden Vertreter der Zwergenrasse hatten sich wohl von dem Gehirnblockaden-Image verabschiedet und waren fest entschlossen, sich nicht mit dem dunklen Herrscher zu verbünden. Und an diesem Beschluss, das war sehr deutlich zu spüren, würden sie festhalten, und sei es ihr Ende.

"Das ist doch Wahnsinn! Keine Armee dieser Welt kann in Mordor einspazieren, wie soll es dann möglich sein, den Einen Ring zum Schicksalsberg zu tragen?", Boromir versuchte wohl noch einmal, den Rat von der Notwendigkeit zu überzeugen, den Ring nach Gondor zu schicken. Nichts da, dachte sich Sophie im Stillen, wobei sie ein grimmiges Lächeln nicht unterdrücken konnte. Dann zählte sie ab ... 3 ... 2 ...Oh, Elrond begann zu sprechen, bevor die Traumseherin fertig gezählt hatte.

"Was einer Armee nicht gelingt, kann vielleicht einer kleinen Gruppe von Wanderern erreichen. Es wird eine Gemeinschaft geben - Anwalôril sprach von den Gefährten - so sei es. Neun Gefährten der freien Völker Mittelerdes gegen die neun Ringgeister des Feindes. Doch wer vermag den Ring an sich zu nehmen?"

"Die Mächtigen verdirbt der Ring, doch was ist mit den Schwachen?", so kühl und rational die Frage Nathriells auch sein mochte, sie war berechtigt und wurde sofort von Gandalf aufgegriffen.

"Die Schwachen verändern sich, wie das Geschöpf namens Gollum. Auch er war einst ein Träger des Einen Ringes. Er befindet sich nun in der Obhut der Tawarwaith … es wird uns keinesfalls schaden, uns mit Gollums Schicksal zu beschäftigen.", erklärte der Zauberer mit ruhiger Stimme, die jedoch nur wenig von der sonst so typischen Gemütlichkeit enthielt. Tatsächlich war dem grauen Pilger unbehaglich zumute, wenn er daran dachte, dass er nun die traurige Geschichte Sméagols schildern sollte. Doch er kam nicht dazu, denn in diesem Moment fiel ihm ein Waldelb ins Wort.

„Oh weh! Wenn dem so ist, dann bringe ich schlimme Nachrichten! Zu meinem Leidwesen muss ich gestehen, dass Gollum aus der Gefangenschaft meines Volks erfolgreich flüchten konnte."

"Wie bitte? Geflohen? Wahrlich, das sind üble Neuigkeiten und sie werden uns - so fürcht' ich - noch zum Nachteil gereichen. Wie konnte das passieren?", Gandalf hatte seine Sprache wiedergefunden, ehe der matt wirkende Saruman oder gar Aragorn sich einmischen konnten.

"Nicht aus mangelnder Wachsamkeit, wie ich sagen muss. Es war wohl eher ein Übermaß an Freundlichkeit, welche Sméagol, welcher nun Gollum genannt wird, die Flucht ermöglichte. Außerdem gibt es Anzeichen dafür, dass die Kreatur Hilfe von außen hatte."

"Übermaß an Freundlichkeit? Ich kann mich nicht erinnern, jemals ‚ein Übermaß an Freundlichkeit' vom Volke Thranduils erfahren zu haben", brummte Glóin und fixierte Legolas, während in den Augen des Zwergen die Erinnerung an seine Gefangennahme durch die Waldelben aufblitzte. Wenn Blicke töten könnten, dann wäre der Waldelb nun zumindest schwer angeschossen gewesen. Doch Verletzungen solcher Art konnten einen stolzen Tawarwaith nicht aufhalten, im Gegenteil: Waldelben wurden bei Provokation stets etwas - aggressiv und voreilig, taten und sagten oftmals Dinge, die sie hinterher bereuten. So war es auch hier, als Legolas sich an die Zwerge wand, als würde er sie scharf zurechtweisen wollen.

"Die Waldelben haben versucht, sich mit den Zwergen zu verbünden. Doch Euer Volk zog es lieber vor, in den Höhlen zu verbleiben und weiter Schätze zu zählen.", oh nein, Legolas, musste das jetzt sein? Sophie ging nun dazu über, Frodo mit auffordernden Blicken zu bombardieren. Bitte bitte bitte, Frodo, steh' jetzt einfach auf und sag', dass du den Ring nimmst und die ganze Streiterei hört auf. Doch Frodo saß mit steinerner Miene auf seinem Stuhl und rührte sich nicht, bemerkte noch nicht einmal die Blicke der Traumseherin. Eleanor hingegen war aufmerksam genug, um das untypische Starren des Menschenmädchens zu registrieren, fragte sich aber ernsthaft, was das sollte.

"Wenigstens fliehen die Zwerge in der dunkelsten Stunde nicht in den sicheren Westen, so wie die Elben es tun.", gab nun Gimli patzig und leicht verärgert zurück. Aua, das hatte gesessen. Langsam wurde Sophie nervös. Es schien, als wenn Frodo einen kleinen Anreiz zum handeln bräuchte, so lehnte sich die Traumseherin zu Frodo hinüber, um diesem kaum hörbar zuzuwispern.

"Frodo ... es wird Zeit, das war dein Stichwort. Du musst den Ring nach Mordor bringen.", aufgrund der angespannten Situation zischte Sophie ihre Aufforderung nur halb durch die Zähne, zumal sie nicht wollte, dass noch irgend jemand anderes auf dieses kleine Gespräch aufmerksam wurde. Ein hoffnungsloses Unterfangen, da Elbenohren zugegen waren. Doch Frodo starrte das Menschenmädchen nur fassungslos an. Er? Er sollte den Ring nehmen? Das konnte sie doch nicht ernst meinen!

"Ein dunkles Rätsel. Die Starken, welche nach Mordor könnten, dürfen es nicht wagen, den Ring auch nur zu berühren.", innerlich dankte Sophie Glorfindel auf Knien für diesen Einwurf. Der Goldhaarige war dazu übergegangen, die Streitereien zwischen Waldelben und Zwergen einfach vollständig zu ignorieren und sich dem Wesentlichen - nämlich der Ringproblematik zu widmen. Sein Gesicht war nunmehr in Nachdenklichkeit gehüllt, was den alten Elben eine Aura der Ruhe und Konzentration verlieh.
Frodo sollte ich mal beeilen. Doch dieser schwieg hartnäckig, weswegen die Traumseherin in einem Anflug von Verzweiflung nunmehr das Wort ergriff.

"Hobbits haben sich als außerordentlich widerstandsfähig gegen das Böse erwiesen.", wieder starrte Sophie den Hobbit mit den großen, blauen Kinderaugen an. Bitte Frodo, jeeheeetzt. Einfach aufstehen und Ich nehme den Ring' sagen, dann kommen wir auch weiter.
Doch Frodo rührte sich nicht. Er schwieg beharrlich. Mittlerweile war sogar Eleanor aufgegangen, worum es ging.

"Frodo ... sie meint dich.", raunte sie ihm zu, als hätte sie ihm ein großes Geheimnis verraten.

"Ich weiß, dass sie mich meint.", raunte Frodo ebenso leise zurück, doch die Sache mit dem Flüstern hatte sich ohne sein Wissen bereits erledigt. Der gesamte Rat war einfach dazu übergegangen, der Hobbitdiskussion zu lauschen.
"Aber ich kann den Ring nicht nehmen. Sam ist seinetwegen gestorben und es wird noch viel mehr Tod des Ringes wegen geben. Nein, damit möchte ich nichts zu tun haben.", man hörte deutlich heraus, dass Frodo, als Sam erwähnt wurde, einen dicken Kloß im Hals hatte und sich arg zusammenreißen musste. Dafür wurde die Stimme zittrig, was Sophie fast das Herz brach, immerhin hatte sie Frodo so bedrängt. Aber es musste doch sein. Sollte sie sich vielleicht entschuldigen? Aber dann würde Frodo den Ring erst recht nicht nehmen. Was sollte nur werden?

"Frodos Reise ist hier zu Ende, wenn er es wünscht, Anwalôril. Du kannst ihm diese Last nicht einfach aufbürden.", die sanfte Zurechtweisung Elronds entbehrte jedweder Schärfe, doch sie traf das junge Mädchen genau an der richtigen Stelle. Frodo bedrängen? Aber es musste doch sein, warum verstand man das nicht?

"Ich will ihn ja nicht bedrängen ... erm ... doch, eigentlich schon.", korrigierte sich Sophie, ehe sie sich wieder an den widerstrebenden Hobbit wand. "Frodo, Sam starb, um dich zu schützen und um den Ring vor den Nazgûl zu retten. Lass ihn nicht umsonst gestorben sein.", die Traumseherin versuchte sich tatsächlich an Diplomatie und einfühlsamer Rede, doch sie fürchtete, dass alle ihre Mühen von vornherein zum Scheitern verurteilt waren, wie auch das stetige Kopfschütteln Frodos bewies.

"Nein, Sophie. Das geht nicht. Ich bin kein Ringträger. Ich bin doch nur ein Hobbit. Die Mission ist so groß und ich bin so winzig ..."

Natürlich hätte die Traumseherin jetzt ganz frech ein Zitat von Galadriel klauen können, doch irgendwie wollte es nicht so recht ihre Lippen verlassen, auch wenn es mittlerweile dringend notwendig war, dem Halbling mit gepfefferten Argumenten klar zu machen, dass nur er und er allein Mittelerde vor dem sicheren Untergang retten konnte … ein Kinderspiel! Aber Frodo selbst wirkte unentschlossen und hilflos, sodass der kalte Argwohn Sophies gegenüber dieser neuen Geschichte geweckt wurde. War Frodo wirklich der Richtige für diese Mission? Ach was, natürlich war er das. Sophie pochte auf ihr Vorwissen, auf welches sie sich zwar nicht wirklich verlassen konnte, doch sie wusste, dass nur ein Hobbit als Ringträger in Frage kam. Alles andere wäre fatal gewesen, siehe Gandalf. Doch die gewünschte Wirkung stellte sich nur teilweise ein, denn nicht Frodo reagierte, sondern Eleanor.

"Wenn du diese Last nicht tragen kannst oder willst, Frodo, dann will ich sie für dich tragen.", das Gesicht der sonst so fröhlichen und aufgeweckten Hobbitdame war ungewöhnlich ernst. In den letzten Tagen hatte sie das Menschenmädchen besser kennen gelernt als manch anderer und war auch - im Gegensatz zur Allgemeinheit - davon überzeugt, dass die Voraussagen Sophies stets der Wahrheit entsprachen. Man mochte der Hobbitdame eine gewisse Naivität andichten, man lag wahrscheinlich gar nicht so falsch damit. Fakt war allerdings: Eleanor hatte sich gut mit Sophie verstanden und vertraute ihr daher bedingungslos. Wenn die Traumseherin sagte, dass ein Hobbit den Ring nach Mordor tragen musste, dann hatte dies sicher seine Richtigkeit. Und wenn Frodo den Ring partout nicht tragen wollte, dann musste Eleanor die Reserve spielen, denn sie merkte schon, wie es Bilbo in den Fingern juckte. Sie kannte den greisen Hobbit gut und ahnte, dass dieser sich für diese Mission anbieten würde. Das musste verhindert werden. Deswegen hatte Eleanor sich ans Herz gefasst und war an Frodos Stelle getreten, auch wenn es ihr schwer fiel.

"Eleanor?", Frodo schaute sie ungläubig an, schluckte schwer und begann dann sofort damit, seine Cousine wasweißichwievielten Grades zu schelten. "Nein, Eleanor, das wirst du NICHT tun ... es gibt hier noch eine ganze Menge anderer Hobbits. Warum ich? Warum du? Warum nicht Merry oder Pippin?"

"Weil Pippin noch viel zu jung ist und zuviele Flausen im Kopf hat. Und Merry ... ist eben Merry, du weißt doch, dass er für diese Mission ungeeignet ist. Er würde sich wahrscheinlich mit dem Ring piercen lassen.", warf Sophie ein.

"Was ist piercen'?"
"Naja, piercen halt."
"Ja, aber was ist das?"
"Ach, ist doch jetzt egal, du weißt doch, worum es geht."

"Nun gut.", sprach Frodo nach einiger Überlegung, straffte dann die Schultern und erhob sich, um endlich mit fester Stimme seine Absicht zu verkünden.
"Herr Elrond, ich möchte nicht, dass meine Cousine dem Ring anheim fällt.
Ich nehme den Ring ... obwohl ich den Weg nicht weiß."

"Dafür, Frodo Beutlin, wird man dir die Gemeinschaft des Ringes zur Seite stellen.", sagte Elrond mit einem milden Lächeln, bevor er sich wieder den Ratsmitgliedern zuwand.

Die folgenden Wochen wurden die Gefährten für den Ringträger ausgesucht. Saruman jedoch empfahl sich recht schnell, denn die Rückeroberung von Isengard verlangte ihre Aufmerksamkeit. Zu Sophies Entsetzen empfand sie Bedauern über diesen Umstand, denn sie hätte gerne ihren eigenen Unkenrufen zum Trotz mehr mit diesem Zauberer geredet, und sei es auch nur unter dem Vorwand der Überprüfung. In einem sehr kurzen Gespräch legte sie ihm allerdings ein Treffen mit den Ents ans Herz, doch sie hatte wenig Hoffnung, dass die Baumhirten sich tatsächlich für die Zwecke der Istari einspannen ließen. Immerhin beschworen die blauen Zauberer zwar die Toten, doch sie ließen den Fangornwald in Frieden, womit sie sich in keiner Weise den Zorn der Ents zuzogen.

Was Gandalf anging, so zog sich dieser sich häufig zurück, verbrachte aber gelegentlich Zeit mit Sophie. Es war geradezu selbstverständlich, dass er die Führung über die Gemeinschaft übernahm. Hat irgendwer etwas anderes erwartet?
Frodos treueste Anhängerin sollte zunächst Eleanor sein, welche nicht von der Seite ihres Cousins hollaichvergessesimmerwiederwievielten Grades wich. Nicht nur, dass Frodo ihre Unterstützung benötigte, sondern auch ihre Kenntnisse hinsichtlich der Technik, so erklärte sich die Hobbitdame vor Elrond, würden vielleicht noch von entscheidender Bedeutung sein, so ließ man sie gewähren.
Aragorn von den Dúnedain sollte der Gemeinschaft beiwohnen, weswegen Elrond auch das Schwert Narsil neu schmieden ließ. Aus dem geborstenen Schwert wurde wieder eine kampftaugliche Waffe, ebenjene Waffe, welche das Symbol für Aragorns Herkunft und für seine Mission darstellte. Gerade diese Waffe stellte nicht nur die Hoffnung der Dúnedain, sondern auch der Menschen dar, eine Hoffnung, die Aragorn zum Aufflackern bringen wollte mithilfe des Feuers der alten Zeit, welche dem Schwert innewohnte. Andúril nannte er die Klinge, Flamme des Westens.

Überraschenderweise wählte Elrond ferner den blonden Glorfindel als weiteren Gefährten, was Sophie irritierte. Glorfindel war im Buch nur kurz erwähnt worden, er war kein Gefährte, doch die Dinge liefen nun anders. Um nichts in der Welt ließ sich Elrond von seinem Beschluss abbringen. Es war zum Verzweifeln.
Jedoch konnte Sophie zumindest durchsetzen, dass Gimli und Legolas mit ein die Gemeinschaft des Ringes aufgenommen wurden, obgleich Elrond insbesondere bei Legolas skeptisch war. Zugegeben, Thranduils Sohn war ohne Zweifel ein fähiger Bogenschütze und erfahrener Wipfelläufer, doch das änderte nichts an der Tatsache, dass er ein Waldelb blieb. Tawarwaith, die Waldelben - wie allgemein bekannt und auch schon erwähnt - waren unter ihresgleichen zwar mit besonders großer Geschicklichkeit gesegnet, aber auch töricht, voreilig, rassistisch und dem übermäßigen Weingenuss nicht abgeneigt. All diese Elemente wurden von Legolas verkörpert, warum Sophie dennoch auf die Anwesenheit des Bogenschützen bestand, war Elrond ein Rätsel. Dennoch stimmte er letztendlich zu.

Ferner bestand Nathriell von den grauen Anfurten darauf, die Ringgemeinschaft zu begleiten, was auch genehmigt wurde, obschon sich Sophie mit Händen und Füßen gegen diesen Beschluss zu wehren versuchte. Diese Diskussion hatte sie mit Erestor geführt, welcher der Traumseherin mit einem milden und abgeklärt wirkenden Lächeln erklärte, dass dies alles schon seine Richtigkeit habe und der unverhältnismäßige Anteil von Elben in der Gemeinschaft auf die Wichtigkeit der Mission zurückzuführen wäre. Elben vertrauten ihresgleichen am meisten, das leuchtete Sophie ein, aber warum genau hier? Warum jetzt? Es sollten doch Hobbits in der Gemeinschaft sein, mehr Hobbits. Hobbitfreundschaft rettete die Geschichte, ohne Merry und Pippin würde das alles in einem Trauerspiel enden, doch Erestors Gegenwart war dermaßen einschüchternd und machte die Traumseherin so nervös, dass sie vergaß, genau dieses Argument anzubringen. Nachdem der alte Noldo sie alleine gelassen hatte, wäre Sophie am liebsten auf der Suche nach der nächstbesten Guillotine aufgesprungen und hätte sich selbst ihrer Dummheit wegen geköpft. Dummerweise gab es in Bruchtal keine Guillotinen und Frankreich war definitiv gerade weit weg.

Dann war da ein weiterer Punkt, der Sophie nicht wirklich schmecken wollte: Boromir sollte nämlich die Menschen von Gondor in der Gemeinschaft des Ringes vertreten.
"Er ist unzuverlässig!", die Ausdrucksweise der Traumseherin konnte man in diesem speziellen Fall schon als ‚Motzen' bezeichnen.
"Versteht mich nicht falsch, Herr Elrond: Boromir ist ohne Zweifel ein edler Mensch und von guter Gesinnung, aber er will den Ring nach Gondor bringen und das wird übel, ganz übel!"
"Genau deswegen ...", antwortete Elrond mit einem verschmitzten Lächeln, welches in Sophies Augen in diesem Moment allerdings einen sadistischen Charakter hatte "...wirst du die Gemeinschaft auch begleiten. Wenn du einen Strang aus der Geschichte, wie du sie kennst, reparieren oder gar verbessern kannst, so solltest du direkt vor Ort sein und eingreifen können, nicht wahr?"
Dies war der Moment, in welchem Sophie vergaß, ihre Kinnlade vom Fußboden aufzusammeln. Gefährte zu werden war so ziemlich das Schlimmste, was ihr hätte passieren können ... und es war passiert. Das würde sehr, sehr ungemütlich werden. Spätestens in Moria.