Auf die Sterne wartend
Magie ist nicht einfach gut oder böse. Magie basiert auf Balance. Das ist der Grund, warum jede Generation ihren dunklen Lord haben wird, warum es immer Kreaturen geben wird, die töten. Magie ist fair. Zu allen. Das glauben Sie nicht, sagen sie. Warum Sirius Black mehr als ein Jahrzehnt unschuldig im Gefängnis sitzen musste, wollen Sie wissen. Was daran fair ist?
Nun, haben Sie sich je gefragt wie viel das Vertrauen eines kleinen Jungen wert ist? Was das Lächeln eines wahren Freundes wiedergutmacht? Und was würden Sie nicht alle geben, wenn Sie die Liebe ihres Lebens finden würden?
Remus Lupin, in seinem berühmten Buch 'Die Dunkelheit in uns'
Weihnachten. Es war bereits durchgeplant. Hermione würde nach Hause fahren und große Mengen an Muggelgeld in Bücher, Stifte, und sonstiges Material investieren. Außerdem würde sie ihre
Eltern bitten, sie in die Winkelgasse zu fahren, und nützliche Dinge und neue Bestellkataloge besorgen.
Ron würde ebenfalls nach Hause fahren. Er würde versuchen, möglichst viele neue Informationen über die Zaubererwelt zu ergattern.
Harry würde als einziger Slytherin in Hogwarts bleiben. Das ergab die perfekte Gelegenheit, die Slytherinkerker, sowie den Raum der Wünsche zu erforschen. Außerdem wäre er zuhause nicht willkommen.
Am Weihnachtsabend, es waren nur acht Schüler geblieben, drei ältere Gryffindors, zwei Ravenclaws, zwei Hufflepuffs und Harry Potter, beschloss Albus Dumbledore nach einer spontanen Eingebung, Weihnachtsstimmung aufkommen zu lassen. Was hieß, dass sie den ganzen Abend in einem gemütlichen, weihnachtlich dekoriertem (Severus Snape bevorzugte die Bezeichnung übermäßig kitschigen) Raum verbringen mussten.
Albus Dumbledore hatte sogar noch die Frechheit, Severus Snape direkt gegenüber von Potter zu platzieren. Der hatte Merlin sei Dank kein Bedürfnis nach Konversation, seine Depression großteils überwunden und sich mit einer Ausgabe von Warum der Stern von Bethlehem nicht mehr als eine schlaue Illusion war... in seine Ecke des Sofas verzogen.
Um etwa acht erreichten die ersten Eulen den Raum. Severus empfing, wie jedes Jahr, ein paar Bücher, und Zeitschriften von seinen Kollegen aus aller Welt, einen Umhang vom Direktor, und ein paar Zutaten aus suspekteren Quellen. Er lehnte sich zurück und beobachtete Potter.
Als erstes empfing er einen dunklen Adler, der stark nach Malfoy aussah. Der Junge sprach einen kleinen Prüfzauber (woher er den auch immer kannte), und öffnete das Paket. Ein Buch fiel heraus. Harry Potter – der Junge, den wir alle lieben. Potter durchblätterte das Buch, zog ein paar Mal kurz die Augenbrauen hoch, und bat den Direktor dann, ob er Pergament und Federn für einen Dankeschön-Brief sowie seine Geschenke holen konnte.
Als er an der Feuerstelle vorbeiging, ließ er das Buch diskret hineinfallen. Severus verkniff sich ein Grinsen.
Der Adler von Malfoy wartete noch, als er zurückkam, und Potter kramte ein Buch aus seiner Tasche. 7 Schritte zu einer gefestigten Persönlichkeit – ein Ratgeber. Autsch, dachte Severus. Der war gemein.
"Eigentlich, mein Hübscher, wollte ich das Buch diesem Lockhart, der Reise mit den Werwölfen geschrieben hat, schicken. Aber wenn dein Herrchen meint, er will kindisch sein..."
Er schmunzelte, und schickte das Tier weg.
Als nächstes Tier empfing er eine Fledermaus.
"Potter?"
"Ja, Sir?"
"Du weißt, dass ausgerechnet du keine Post von suspekten Quellen empfangen solltest?"
Potter lächelte. "Das ist nur Arachne, Sir."
"Arachne?"
"Rons Fledermaus, Sir."
"Arachne bedeutet Spinne, Potter.", meinte Severus Snape irritiert.
"Sie war aber auch eine Sterbliche, die gegen eine Göttin siegte, weil es ihr niemand zutraute. Sir."
Potter öffnete das Paket. Ein Buch. Runen in Zaubertränken - Band III.
Severus Snape kannte dieses Buch. Es war brillant – und seit Jahren vergriffen. Wozu sollte Potter es brauchen?
Er nahm sein Geschenk für Weasley, verkleinerte es, und sandte die Fledermaus weg. Ein Buch. Moralische Betrachtungen von Gedächtnismodulationen. Warum sollte ein Weasley so ein fortgeschrittenes Buch lesen?
Wieder eine Fledermaus. Severus Snape blickte Potter an.
"Antiope. Sie gehört Hermione."
Sie brachte ebenfalls zwei schmale Bücher. Shakespeares Sonetten im Original und Wer war Shakespeares Mr. W. H?
"Typisch Mione." Sein Geschenk für Granger war, unschwer zu erraten, ein Buch. Ansätze zur Kombination von Muggelchemie mit Zaubertränken. Wieder ein gutes Buch.
Dann kam eine normale Eule. Sie brachte einen kleinen Stoffdrachen, ein Malbuch, und ein paar magische Farbstifte. Auf dem Gesicht des Jungen, der viel zu alt für diese Geschenke schien, breitete sich ein bittersüßes Lächeln aus. Sorgfältig verstaute er die Geschenke in seiner Umhängetasche. Vermutlich Erinnerungen an ein frühes Weihnachten. Von Figg wahrscheinlich. Severus Snape wusste nicht, dass Hermione Harry diese Dinge schenkte, weil es sein erstes Weihnachten war. Gerade weil er keine Erinnerungen an eine Kindheit hatte.
Das letzte Tier war wieder eine Fledermaus. Sie sah ziemlich zerfleddert und verletzt aus. Potter nahm sie vorsichtig in seine Hände.
"Shh... Augaue – was ist denn mit dir passiert? Ganz ruhig – du wirst doch nicht etwa – shhh – ich tu dir nicht weh..."
Er kramte aus seiner Schultaschen eine Phiole (Severus Snape erkannte sofort einen starken Heil- und Beruhigungstrank – er würde seine Vorräte kontrollieren müssen), und verabreichte sie dem Tier. Dann nahm er ihr einen Zettel ab, auf dem etwas geklebt hatte.
Er las ihn durch.
"Dummes, dummes Tier – das hättest du nicht tun sollen.. Das war es nicht wert, verstehst du... Dummes Tier.."
Er wandte sich an den Direktor. "Direktor, meine Fledermaus ist verletzt. Kann ich in meinen Raum gehen, und sie ordnungsgemäß behandeln?"
"Natürlich, mein Junge, du bist entschuldigt."
Potter lächelte ihm zu, nickte in den Raum, und sprach einen kleinen Zauber, der einige Teile der Wand rot, andere blau aufleuchten ließ.
"Was war das?", fragte Severus Snape.
"Ein Geheimgang, Sir." Er schob ein Portrait zur Seite, und verschwand.
"Den kannte nicht einmal ich.", meinte Minerva McGonnagal. "Frage mich, wie er das gemacht hat... Er war noch nie in diesem Raum, oder?"
Severus Snape pickte inzwischen den Zettel auf, den Potter achtlos fallen hatte lassen.
Diese verdammte Fledermaus gab keine Ruhe, also fügten wir hier dein Geschenk bei. Dachten, du hättest eine Eule, oder ist die schon eingegangen? Vernon.
Darunter klebte ein 50-Pence- Stück. Es war an der Zeit, eine kleine Diskussion mit Harry Potter zu führen. Bald einmal. In einer Woche. Oder zwei. Wer zum Teufel war Vernon?
Spät am Abend rief ihn Ron an der Feuerstelle im Slytherin- Gemeinschaftsraum an.
"Harry? Frohe Weihnachten!"
"Frohe Weihnachten, Ron."
"Was hast du bekommen?"
"Bücher, was du?"
"Bücher." Ron grinste. "Und einen Pullover, den ich unbedingt schwarz färben muss."
"Alles okay bei euch?"
"Klar. Was hast du heute gemacht?"
"Weihnachtsfeier mit den Lehrern. Uninteressant. Hast du gewusst, dass Dumbledore Socken sammelt?"
"Nein, aber ich werd ihm heute abend noch welche schicken. Mit einem Phoenix drauf, der gegen eine Schlange mit roten Augen kämpft. Mal sehen, was Mum sagt, wenn ich sie darum bitte."
Harry grinste. "Das ist fies, Ron."
"Ich weiß."
Die beiden lächelten.
"Snape hat mich heute den ganzen Abend beobachtet."
"Meinst du, er verdächtigt uns?"
"Kann sein. Er ist nicht leicht zu täuschen, Ron – er ist immerhin ein Slytherin."
"Falsche Spuren legen."
"Also ein Geheimnis, und wenn er es entdeckt, dann ist er befriedigt?"
"Klar."
"Und was?"
"Mum hat mal erzählt, dass McGonnagal sich in eine Katze verwandeln kann."
"Animagie. Weißt du noch, Ron, das hat sie mal getan."
"Jap. Du könntest Bücher aus der Bibliothek holen. Vielleicht gibt es einen Zaubertrank, den du liegen lassen kannst."
"Werde ich machen. Ich hab Zeit. Rufst du Hermione noch an?"
"Mach ich."
"Sag deiner Familie auch Frohe Weihnachten, ja?"
"Klar. Schreib mir eine Fledermaus."
"Bye."
Und so kam es, dass Harry Potter an jenem Abend begann, den Animagus-Revalo-Trank vorzubereiten, und Severus Snape, als er kontrollieren ging, eine aufgeschlagene Seite in einem Buch fand.
Der Animagus-Revalo-Trank
Dieser Trank erfordert sorgfältigste Vorbereitung. Er dient dazu, zu sehen, ob eine Person die Fähigkeit hat, ein Animagus zu werden, und zeigt Formen auf, die für diesen am einfachsten zu erlangen sind.
Gleich vorweg: Dieser Trank, ist, wenn falsch zubereitet, hochgiftig. Es empfiehlt sich daher, ihn an einer einfachen Laborratte auszutesten.
Im Fall, dass einer keine Fähigkeit hat, ein Animagus zu werden, so färben sich dessen Augen für eine Stunde lang dunkelrot. Selten wird dieser Trank auch verwendet, um illegale Animagi aufzudecken. Wenn einem, der die Transformation bereits mehrmals geschafft hat, dieser Trank verabreicht wird, so färben sich dessen Haare irreversibel in ein leuchtendes Orange. (..)
Severus Snape schmunzelte (es sah ihn keiner) über die Notiz (McGonnagal?) und schloss das Buch. Er würde ein Auge auf diese Drei haben müssen. Nunja, wenigstens die Frage, was sie vorhatten, war jetzt beantwortet. Eine einzige Antwort – bei so vielen Fragen...
Nur wenige Meter von ihm entfernt, hatte eine gewisse Ratte, die noch immer in Hedwigs Käfig eingesperrt war, Panikattacken
Albus Dumbledore erinnerte sich an diesem Weihnachtsabend. Vor fast fünfzig Jahren...Hogwarts' Wunderkind, der Stolz Slytherins. Ein Waise, ein Halbblut, schwarze Haare, und eine seltsame Art, Freunde zu machen. Sie waren so ähnlich, Tom und Harry. Sie hatten denselben schmalen Pfad eingeschlagen, auf dem links und rechts der Abgrund lauerte. Tom war abgestürzt. Verloren sie auch Lilys Baby?
