A/N: Viel Spaß :)
KAPITEL XI
Wolken waren über den Himmel gezogen und warfen ihren Schatten auf das Ufer des Sees, der sich am Fuße des Gebirges ausbreitete. Einzelne Sonnenstrahlen durchbrachen jedoch an einigen Stellen die Wolkendecke und spiegelten sich auf der brillant glänzenden Eisdecke des Gewässers. Irgendwo schrie ein Vogel.
Mit weitaufgerissenen Augen starrte Benjiro auf die Stelle, in der Konna im Wasser verschwunden war, halb in Erwartung, dass sie jeden Moment auftauchen würde um den Kampf zu Ende zu bringen. Dann flackerte sein Blick zu dem Wasserbändiger, der keuchend in der Mitte des gefrorenen Sees stand, mit einer Hand in seine Seite gepresst. Ein böses Lächeln zuckte über das fahle Gesicht des Mannes, doch seine Augen huschten nervös zu dem maskierten Equalisten, der scheinbar unbeeindruckt am Ufer stand.
Für einen Moment fixierten die beiden Männer sich. Eine Schweißperle glänzte auf der blassen Stirn des Bändigers und seine Arme, die er erneut zum Angriff erhob, zitterten. Dann stürzte Amon auch schon nach vorne und landete geschickt auf der Eisfläche. Seine Stiefel trugen ihn mit einer Sicherheit über den gefrorenen See, ganz so, als würde er stattdessen über festen Untergrund rennen.
Benjiro wendete seine Aufmerksamkeit ab, er machte sich keine Sorgen um Amon. Es gab schließlich ein dringlicheres Problem.
"Wir müssen Konna da rausholen!"
Korra…
Korra…
Korra…
Wie eine schwere Decke lag eine Schwärze über Korras Sinne, während sie am Rande der Bewusstlosigkeit schwebte. Weit, weit entfernt vernahm sie das Flüstern von Stimmen, doch es schien unmöglich die Worte zu verstehen. Wie Chans Radio flackerten die Laute mal lauter und mal leiser. Als sie versuchte sich drauf zu konzentrieren verblassten die Geräusche und sie sank wieder ein Stück weiter hinab in die Tiefe.
"Versuchs nochmal!"
Vor Anstrengung keuchend lies Chan den Steinbrocken, den sie am Ufer aufgesammelt hatten auf die Eisschicht niederfahren. Das Eis knirschte dumpf, bis auf eine Furche und ein feines Netz aus Rissen tat sich allerdings nichts. Verunsichert blickte er in die grimmigen Gesichter seiner Kameraden auf.
Sie hatten versucht mit Tritten und Schlägen den See zu durchbrechen, aber die Eisschicht war zu stabil und die Zeit war nicht auf ihrer Seite. Benjiro hatte keine Möglichkeit zu sagen, wie viele Minuten bereits verstrichen waren.
Neben sich hörte er Azok fluchen und Sona beten.
Machtlos raufte Benjiro sich die Haare und hob den Blick zum Himmel. Er beschwor jeden Geist, den er kannte, in der Hoffnung, dass einer von ihnen ihm Gehör schenken würde.
"Versuchs nochmal!"
Folgsam hob Chan erneut den Brocken in die Höhe, dann fiel sein Blick jedoch auf etwas hinter Benjiro und er ließ die Arme wieder sinken.
"Was ist?", fragte Benjiro noch während er sich umdrehte. Ein Schaudern lief ihm über den Rücken.
Es war Amon, dessen dunkle Rüstung einen starken Kontrast zum glänzenden Eis bildete. Die weiße Maske blieb unbewegt, aber eine seltsam bedrohliche Energie schien von dem Equalisten auszugehen.
Es benötigte keine Aufforderung. Ohne zu zögern rappelte Benjiro sich auf, um ihm Platz zu machen.
Für einen Moment schien der Equalist inne zu halten, bevor sein stahlkappenversehener Stiefel gegen das Eis schmetterte. Das Knirschen war laut und deutlich und verblüfft sah Benjiro zu, wie sich rasant Risse, ähnlich einem Spinnennetz in der Eisschicht ausbreiteten.
Korra konnte nichts sehen außer Schwärze.
Ihre Gedanken waren jedoch klar genug, um zu wissen, dass sie nicht länger bewusstlos war.
Was die die Frage aufwarf, wo sie dann war.
Träume ich? Fragte sie sich ratlos.
Nein. Antwortete eine gleichzeitig fremd und vertraut klingende Stimme ihren Gedanken.
Vor Schreck setzte Korras Herz einen Schlag aus. Orientierungslos warf sie den Kopf herum in Erwartung, dass jemand hinter ihr stünde. Aber da war nichts, außer noch mehr Schwärze. Zögerlich streckte sie eine Hand in die Leere aus, bevor sie sie fallen ließ.
Nach oben.
Die Stimme war sanft aber bestimmt. Korras Herz flatterte in ihrer Brust. Sie schluckte bevor sie den Blick hob. Wie das Ende eines Tunnels leuchtete ihr hoch über ihrem Kopf ein Flecken Licht entgegen.
Zu weit entfernt, und doch…
Ohne zu wissen, was sie tat, streckte sie ihren Arm in die Höhe, um nach dem Licht zu greifen. Eine seltsame Wärme strich über ihre Fingerspitzen und für einen Moment meinte sie ganz deutlich, das Flüstern von Stimmen vernommen zu haben.
Gebannt versuchte sie sich auf die Zehenspitzen zu stellen um sich weiter in die Höhe zu recken, da stellte sie fest, dass ihre Füße sich, wie angewurzelt, keinen Zentimeter vom Boden bewegten. Es war, als hätten sich Ranken um ihre Knöchel gewunden um sie festzuhalten.
Du musst loslassen.
Korra runzelte die Stirn, immerhin waren ihre Hände leer.
Lass los, wiederholte die Stimme, diesmal eindringlicher.
Mit einem unguten Gefühl in der Brust blickte sie hinab in die Dunkelheit, um herauszufinden, was es war, dass sie zurückhielt.
Da stürzte sie bereits im freien Fall in die Tiefe.
Und das Licht über ihr schrumpfte, bis es nicht größer war, als der Kopf einer Stecknadel.
Erst, als Amon wiederauftauchte, Konna unter seinem Arm geklemmt merkte Benjiro, dass er den Atem angehalten hatte. Vor Erleichterung spürte er, wie ihm ein Stein vom Herzen fiel, bis er sah, wie leblos ihr Kopf an der Schulter des Equalisten ruhte.
Niemand sagte ein Wort, während Amon Konnas Körper aus dem Wasser hievte, bevor er sich selbst aus dem Loch in der Eisschicht hochstemmte. Seine Kapuze war zurückgefallen und offenbarte einen dunklen Haarschopf. Die Kleider, der beiden trieften nass und Konnas dunkle Haare klebten an ihrer zu blassen Haut.
"Sie atmet noch," sagte der Equalist kurz angebunden und Benjiro fragte sich unwillkürlich, wie er das feststellen konnte, denn ihr Brustkorb schien still zu sein. Er wusste es jedoch besser, als Amons Wort in Frage zu stellen.
Der Equalist beugte sich zu Konna herab und hob ihren Körper vom Boden auf. Als er sich wieder aufrichtete warf er einen flüchtigen Blick auf die bewusstlose Gestalt des Wasserbändigers, die mehrere Meter entfernt lag.
"Bringt ihn zum Lager," sagte er kühl, bevor er sich umdrehte und sich mit Konna in den Armen selbst auf den Weg machte.
Es sind Stunden vergangen, seit dem abgemachten Zeitpunkt und allmählich muss sie sich mit einer Mischung aus Enttäuschung und Erleichterung eingestehen, dass er nicht zu dem Treffen erscheinen wird. Ihre eingeschlafenen Gliedmaßen kribbeln, als sie aus dem Schneidersitz aufsteht und sich aufmacht, um vom Dach des Glockenturms zu klettern.
Ihre Augen fallen fast schon von alleine zu und in Gedanken ist sie schon dabei in ihr warmes Bett zu schlüpfen, da zischt ein Surren durch die Nacht. Sie ist nicht schnell genug um dem feinen Metallseil auszuweichen, dass sich um ihre Knöchel wickelt. Ihre Reflexe sind zu träge und sie hat keine Zeit sich über ihre Dummheit aufzuregen, da wird ihr bereits der Boden unter den Füßen weggerissen und ihr Körper wird ins Innern des dunklen Tempels gezerrt.Erst jetzt übernimmt der jahrelang geschliffene Instinkt und zornige Flammen erwachen um ihren Körper zum Leben. Mit einer geschickten Drehung landet sie auf ihren Füßen. Fieberhaft versucht sie die Anzahl ihrer Gegner einzuschätzen. Sie zählt ein Dutzend – nein – mehr. Vielleicht Zwanzig von den maskierten Gestalten haben sie umzingelt. In dem kurzen Moment, in dem die Flamme in ihrer Hand erlischt, leuchten unzählige grüne Brillen wie übergroße Käfer in der Nacht auf. Es sind zu viele und bevor der Kampf richtig angefangen hat ist er bereits vorbei, als plötzlich zwei von den Equalisten ihre Chi Punkte treffen und ihr Körper kraftlos auf dem Boden zusammensackt. Ihr Gesicht presst unangenehm gegen den kalten Stein des Tempels und für eine Weile hört sie nichts außer ihrem zittrigen Atem und klopfendem Herzen. Dann wird sie an beiden Armen gepackt und auf ihre Knie hochgezogen. Ihre Augen sehen erst verschwommen, bevor sich ihr Blick klärt und sie sieht, wie eine weiße Maske aus der Dunkelheit hervortritt. Ein sanfter Druck gegen ihre Stirn und sie spürt, wie sie alle Kräfte verlassen."Ich habe versprochen, dass ich dich zerstören werde."
Funken stoben in die Luft, als Azok einen Arm voll Zweige in das prasselnde Feuer schmiss. Sie hatten es vor über einer Stunde für Konna entfacht, damit sie nicht weiter unterkühlen würde, aber ihre Lippen waren noch immer blau und sie hatte noch nicht einmal die Augen aufgeschlagen. Unter geschlossenen Liedern huschten sie jedoch umher und Benjiro fragte sich, wovon sie träumte. Ihre Augenbrauen waren zusammenzogen und bildeten eine Furche auf ihrer Stirn.
Sanft strich er sie mit einem Daumen glatt.
"Amon," wisperte sie kaum hörbar und Benjiro zog seine Hand zurück.
Ein Klopfen an ihrer Tür lässt sie aus ihrem Schlaf hochschrecken. Mondlicht fällt durch ein Fenster in das Zimmer und sie wundert sich über die Besucher zu dieser späten Stunde. Müde reibt sie sich die Augen und durchquert den spärlich eingerichteten Raum um die Tür zu öffnen. Es ist die Garde des Weißen Lotus. Drei Männer in identischen Uniformen, deren Blautöne in der Dunkelheit schwarz aussehen. Sie kennt diese Wachen und als sie sie auffordern ihnen zu folgen, wundert sie sich, aber gehorcht, ohne einen zweiten Gedanken zu verschwenden.
Draußen vor dem Tempel der Luftbändiger ist die Luft kühl und der Nachthimmel klar. Sie führen sie die schmale, gepflasterte Treppe hinab und bleiben erst stehen, als sie schließlich das Ufer des Meers erreichen. Der Mond steht rund und silbern am Firmament und wirft sein Spiegelbild auf die Wellen unter sich. Im ewigen Kreislauf strömt das Wasser über das Ufer, um sich daraufhin wieder zurück zu ziehen. Bei dem Anblick spürt Korra das Echo der Macht, das an diesem Ort herrscht. Für einen Wasserbändiger ist dies die mächtigste Stunde. Unter dem Schein des Vollmonds, umgeben von seinem Element. Doch Korra ist kein Bändiger mehr."Es hat keinen Sinn", sagt sie schließlich an die Garde gewandt."Meisterin Katara hat bereits alles versucht, ich kann das Wasser nicht mehr beherrschen." Es liegt Bitterkeit in ihrer Stimme, aber auch unterdrückte Wut. Die Wachen schweigen, bis einer von ihnen schließlich entscheidet ihr zu antworten. Sein Kopf ist abgewandt und Korra folgt seinem Blick; Zur andern Seite der Bucht, wo sich Republica ausbreitet. Wie ein Leuchtfeuer strahlt die Arena in goldener Pracht, bei dem Anblick spürt Korra ganz deutlich einen Stich im Herzen und sehnsüchtig muss sie an einfachere Zeiten denken."Das wissen wir."Die Wache dreht sich um und nun endlich blickt er Korra an. Seine Augen sind in der Nacht so schwarz wie Pech und sein Mund zu einer harten Linie verzogen.Unweigerlich nimmt Korra einen Schritt zurück. Sie weiß nicht, was es ist, aber plötzlich überkommt sie ein ungutes Gefühl."Manchmal", führt die Wache mit den harten Augen fort, "müssen harte Entscheidungen für das Wohl aller getroffen werden. Republica befindet sich am Rande eines Bürgerkriegs, der sich wie ein Waldbrand auf die vier Nationen ausbreiten kann. Die Welt braucht ihren Avatar mehr als je zuvor."Die Augen des Wachmanns sind unergründlich, während er Korra fixiert."Wir tun, was getan werden muss, Korra."Eine Hand presst sich auf ihren Mund und erstickt ihren Schrei. Ein Tritt gegen ihre Knie und sie liegt im Wasser.
"Konna."
Hände drücken ihren Kopf unter die Wasseroberfläche und das Salz brennt in ihren weitaufgerissenen Augen.
"Konna, wach auf!"
Ein Wasserbändiger der ertrinkt. Was für eine schreckliche Ironie.
Eine Hand rüttelte ihre Schulter und mit einem Ruck fuhr Korra aus dem Schlaf in die Höhe, instinktiv packte sie die Hand ihres Angreifers und verdrehte das Gelenk, bevor sie sie von sich stieß. Die Bilder ihres Traums tanzten noch immer hinter ihren Augen und sie spürte das Blut in ihren Ohren rauschen. Es dauerte einen langen Moment bevor sich ihr Blick klärte.
Ein Lagerfeuer prasselte im Dämmerlicht und neben ihr saß Benjiro, der mit überrumpelter Miene seine verletzte Hand im Schoß hielt und sie mit großen Augen anblickte.
"Wow, das war Killer, Konna."
Ihr Kopf fuhr herum zu Chan, der auf der anderen Seite des Feuers saß. Seine Stimme klang amüsiert aber Konna hörte den angespannten Unterton. Sie rieb sich den pochenden Schädel und lies ihren Blick einmal über die versammelte Runde fliegen, bevor er wieder auf Benjiro fiel. Sie runzelte die Stirn und blickte auf seine Hand, dann öffnete sie den Mund um sich zu entschuldigen, aber außer einem heiseren Husten brachte sie keine Worte hervor.
Von einem plötzlich brennenden Schmerz überrascht, fuhr ihre Hand zu ihrem Hals.
"Du solltest versuchen, nicht zu reden", sagte Benjiro und sie starrte ihn verständnislos an. Dann kamen die Erinnerungen mit schwindelerregender Geschwindigkeit zurück.
Der See, der Bändiger, das Eis.
Matt rieb Korra sich ihre schmerzende Kehle und bevor sie an ihren Kleidern zupfte, die noch immer unangenehm nass an ihrer Haut klebten, dann runzelte sie die Stirn und blickte Benjiro fragend an.
"Wie bin ich…", ihre Stimme brach mitten im Satz ab, aber er schien ihre Frage zu verstehen.
Seine Antwort erwischte sie jedoch wie aus heiterem Himmel.
"Amon hat dich aus dem Wasser gezogen."
Was.
Sie konnte die Überraschung nicht von ihrem Gesicht verbergen während sie erfolglos versuchte das Bild in ihrem Geist zu beschwören. Amon war kalt, grausam und erbarmungslos, nicht beschützend. Zu ihrem Entsetzen spürte sie wie sich ihre Wangen vor Scham wärmten. Sie hasste es mehr als alles andere hilflos zu sein, aber dass einer ihrer größten Feinde sie in diesem Zustand erlebt hatte, war unerträglich und sie beschimpfte sich in Gedanken selbst. Ihr Blick schweifte kurz über die versammelte Runde, nur um sicher zu gehen, dass er nicht da war.
Azok, der ihre Reaktion missinterpretierte, grinste.
"Du hast den besten Teil vergessen," meinte er dann an Benjiro gewandt, bevor sein Blick wieder auf Korra fiel.
"Wer glaubst du, hat dich anschließend zum Lager getragen?" fragte er und hob suggestiv eine Braue.
"Ich wette dafür wärst du gerne wach gewesen."
Jetzt stand ihr Gesicht erst recht in Flammen. Ihr Hals schmerzte zu sehr um etwas Schnippisches zu erwidern, also rollte sie nur die Augen und versuchte das geistige Bild zu verdrängen, das Azok gemalt hatte. Ihr entging, wie Benjiro die Lippen zusammenpresste.
"Im Laster liegt ein Stapel trockener Kleider", meinte Benjiro dann unvermittelt.
Korras Blick fiel auf das dunkle Fahrzeug, dass etwas abseits vom Feuer geparkt stand und sie rappelte sich vom Boden auf.
"Danach möchte Amon mit dir sprechen", fügte er nach kurzer Pause hinzu und seine Worte ließen sie an Ort und Stelle festfrieren. Ungläubig folgte sie seinem Blick hoch zu den Umrissen des zweiten Stocks der Hütte und Korra spürte, wie sich ihr Magen verkrampfte. Keiner der Rekruten hatte bisher einen Fuß in Amons Bereich getan.
Bevor sich die Rekruten wieder etwas auf ihre Reaktion einbilden konnten floh sie zum Transporter. Sie schlüpfte ins Innern des Wagens und erst als die Tür hinter ihr zufiel erlaubte sie sich ihren zittrigen Atem loszulassen. Dann rutschte sie am Innern der Tür zu Boden und spürte wie ein Zittern durch ihren ganzen Körper fuhr.
Jede Nacht fand sie sich unter dem Glockenturm und anschließend an der Yue Bucht wieder, aber ihre Albträume waren schon lange nicht mehr so realistisch gewesen. Seufzend wischte sie sich den kalten Schweiß von der Stirn und übte die Atemtechniken, die Tenzin ihr beigebracht hatte.
Tenzin.
Es war ihr alter Bändigungsmeister gewesen, der im letzten Moment erschienen war und die Wachen von Korra gerissen hatte, kurz bevor sie zu Ertrinken gedroht hatte. Noch nie zuvor hatte sie den Luftbändiger so wutentbrannt erlebt, wie in jener Nacht. Der sonst sanfte und friedliche alte Mann war wie ein Sturm auf die Männer niedergefahren. Selbst in ihrer Überzahl hatten sie keine Chance gegen seinen Zorn gehabt.
Der Verrat des Weißen Lotus brannte noch immer wie Säure auf Korras Zunge. Sie musste an den Mann mit den schwarzen Augen denken und ihre Hände ballten sich zu Fäusten.
Die Welt braucht ihren Avatar nun mehr als je zuvor.
Die Worte hallten noch immer in ihrem Ohr. Sie verfolgten sie nicht nur in ihren Träumen.
Erschöpft ließ sie ihren Kopf gegen das Metall der Tür fallen, aber der Schmerz lenkte sie nur kurz von ihren düsteren Gedanken ab. Dann schloss sie die Augen und erinnerte sich daran, weshalb sie überhaupt da war, im Laderaum eines Lasters neben einer entlegenen Hütte im Umland von Republica.
"Ich kann das", flüsterte sie in den leeren Raum. Sie würde der Stadt und der Garde des Weißen Lotus zeigen, dass sie noch immer der Avatar war. Niemand würde es wagen eine Hand gegen sie zu erheben, wenn sie schaffte Amon und seine Equalisten zu Fall zu bringen.
Sie klammerte sich an den Gedanken wie an eine Rettungsleine.
Schließlich stand sie auf und straffte die Schultern. Es war nicht schwer die Kleider in dem halbleeren Transporter zu finden. Es war ein kompletter Satz einer Equalistenkleidung. Sie fuhr über den grauen Stoff und zögerte.
Dann schälte sie sich aus ihren verschlissenen, nassen Kleidern und fröstelte, bevor sie in die leichte Rüstung schlüpfte. Zum größten Teil bestand sie aus grauem Stoff, aber lederne Stiefel und Armschützer, sowie zwei schmale Schulterplatten boten ein gewisses Maß an Schutz, ohne ihre Beweglichkeit einzuschränken. Zu guter Letzt band sie sich eine rote Schärpe um die Hüfte und wickelte sich einen gleichfarbigen Schal um den Hals.
Sie musste kurz an Mako und Bolin denken.
Wenn ihr mich jetzt sehen könntet.
Als sie aus dem Wageninnere heraustrat, spürte sie die Blicke der anderen Rekruten auf sich ruhen, während sie ohne Umwege am Feuer vorbeilief und durch die dunkle Eingangstür in die stille Hütte trat. Es brannte kein Licht, aber sie wusste, wo die Treppe in den zweiten Stock führte.
Sie ließ sich Zeit die Stufen emporzusteigen und zupfte nervös an einem Ärmel ihrer Kleider. Als sie schließlich vor einer dunklen Tür stehen blieb, zögerte sie. Unwillkürlich blitzten die Bilder ihres Traums erneut vor ihren Augen auf und sie musste schlucken, als sich die vertraute Angst in ihren Adern ausbreitete.
Lass los.
Sie schloss die Augen und atmete tief ein, bevor sie gefasst die Klinke nach unten drückte und die Tür zu Amons Raum aufschlug.
