Grosse Jäger, grosse Sorgen, kleine Jäger...noch mehr Sorgen

Flucht vor dem Vatikan

05


Beinahe wäre van Helsing vom Brett gefallen, sprang nun aber auf und rannte zur Tür, um diese aufzureissen und zur Kutsche zu rennen.

Dort stieg zuerst Mrs. Simons aus und danach trugen zwei Männer Karl auf einer Trage aus der Kutsche.

Gabriel blieb abrupt stehen. "Carl...?", flüsterte er heisser und lief dann zu ihm. "CARL!" Schon schossen dem Kleinen Tränen in die Augen.

Doch Mrs. Simons find ihn ab. "Shht, er schläft, er braucht Ruhe."

Doch die Tränen wollten nicht versiegen, zumal der Junge völlig übermüdet war. Schluchzend krallte er sich an ihrem Rock fest.

"Shht, mein Kleiner, es wird nun alles wieder gut, er muss sich nur erholen, dann geht es ihm wieder gut."

Gabriel ließ nicht mehr los und tapste an ihrer Seite zurück ins Herrenhaus. Erst in einem der Gästezimmer, wo Carl vorsichtig in Bett gelegt wurde, ließ van Helsing los und krabbelte zu seinem Freund ins Bett.

Diesem schien die Nähe gut zu tun, schließlich seufzte er zufrieden und atmete ruhig weiter.

Gabriel hatte sich schliesslich in den Schlaf geweint und hielt Carls heile Hand mit seinen Händchen fest umklammert.

Mrs. Simons ließ die beiden allein und am nächsten Tag lange ausschlafen.

Lange nachdem van Helsing aufgewacht war, blieb er noch liegen und strich mit kleinen Fingerchen Carls Haarsträhnen aus der Stirn. "Das werden sie büssen", flüsterte der Knabe immer wieder.

Der Ältere seufzte leise und drückte Gabriels kleine Hand leicht.

Sofort schreckte Gabriel hoch. "Carl? Carl, bist du wach? Carl!"

Nur langsam öffneten sich die Augen des Ordensbruders. "G...Gabriel?"

"Jaaha...", schluchzte der kleine Junge auf und vergrub sein Gesicht dann an Carls Schulter und weinte.

"Zum...zum Glück geht es dir gut..."

Gabriel vergoss noch eine Weile dicke Tränen, setzte sich dann aber auf und fuhr sich ruppig über die Augen, schliesslich weinten Jungs ja nicht.

"Wo...wo sind wir?", fragte Carl schwach und sah sich um.

"Bei Mrs. Simons...der Signora di Samira...", meinte van Helsing leise und hatte Carls Hand wieder in seine genommen und an sich gezogen.

"Wer...wer ist das?"

"Nette Dame...hat mich aufgenommen, nachdem ich aus dem Vatikan raus war und nun hat sie dich auch geholt...sie muss sehr mächtig sein..." Gabriel nickte nachdrücklich, auch wenn seine Augen immer noch ganz rot waren.

Carl hob schließlich eine Hand und strich ihm über die Wange. "Du bist schon wieder Älter geworden, der Trank verliert an Wirkung."

"Nur wenig...", meinte Gabriel leise und schmiegte sich in die Hand.

"Aber immerhin...", seufzte Carl. "Und du bist in Sicherheit, du solltest hier bleiben."

"Wir...wir bleiben hier...", nickte van Helsing.

"Ich...ich muss zurück."

"Nein! Die...die haben dich fast umgebracht", schreckte van Helsing auf.

"Aber anders kann ich dich nicht schützen, wenn sie erfahren das du auch hier bist, werden sie kommen."

"Mrs. Simons sagt, dass sie uns beschützen kann..."

"Aber wenn ihr auch etwas geschieht.."

"Sie sagt, das würde der Vatikan nicht wagen, weil ihr Mann zu mächtig ist...schhhht, jetzt Carl...tu dich ausruhen...du musst wieder gesund werden", meinte Gabriel sehr erwachsen.

Carl nickte und schloss die Augen.

Van Helsing seufzte und kuschelte sich an den anderen, bis das Zimmermädchen mit dem Frühstück kam.

Carl schlief tief und fest und bekam davon nichts mit.

"Carl? Oh Carl, es gibt lecker Haferschleimsüppchen", versuchte Gabriel ihn zu wecken.

Doch der andere regte sich keinen Zentimeter.

Besorgt kam Gabriel näher. "Carl? Bitte wach auf, Carl...komm schon!"

Doch noch immer keine Reaktion, nur das steige ruhige Atmen gab an, das es dem anderen gut ging.

"Lassen sie ihn, junger Master", meinte das Mädchen beruhigend. "Er wird nachher sicher essen. Wir können die Suppe auch aufwärmen. Möchten sie jetzt ein Honigbrötchen?"

Gabriel nickte nur abwesend, schmatzte aber bald darauf zufrieden auf einem Brötchen herum, während er weiter bei Carl sitzen blieb.

Dieser schlief wirklich noch den ganzen Tag und wachte nicht einmal auf, als Mrs. Simons am Mittag kam. "Gabriel, du solltest etwas nach draußen und frische Luft schnappen."

"...bei ihm bleiben", meinte der kleine Junge und sah seine Ersatzmutter aus grossen, traurigen Augen an.

"Aber davon wird er auch nicht eher gesund, du solltest wenigstens etwas Bewegung bekommen und darauf bestehe ich, wenn du nicht hörst, werd ich Anweisung geben, dass du die ganze Woche nicht mehr zu ihm darfst."

"Was? Nein! Das...das dürfen sie nicht...!", jammerte Gabriel sofort.

"Dann hör auf mich und geh etwas nach draußen. Marie hat im Garten Plätzchen und Milch, hol dir davon etwas."

Missmutig und mit Schmolllippe trollte sich der Knirps aus dem Zimmer hinaus in den Garten.

In der Zeit wurden Carls Verbände gewechselt und seine Wunden versorgt.

Draussen stopfte Gabriel sich ein Plätzchens ums andere in den ausgehungerten Bauch.

Und wurde dabei von allen Dienstboten grinsend beobachtet.

"Was ist?", murrte er den nächststehenden Mann an.

"Nichts my Lord...", sagte dieser sofort und verzog sich.

Gabriel murrte und stopfte noch entschlossener die restlichen Plätzchen in sich hinein und das Milchglas wurde auch so hastig geleert, dass er sich prompt verschluckte und zu husten begann.

Sofort waren wieder vier Dienstboten an seiner Seite, um sich um ihn zu kümmern.

Schliesslich verabschiedete sich der querliegende Krümel aus seinem Hals und etwas baff hockte Gabriel im Gras und schnappte nach Luft, ein leises "Danke" japsend. Die Bewegung neben sich, zeigte ihm, dass seine Ziehmutter ebenfalls in den Garten getreten war. Scheu blickte er zu ihr hoch. "Wie...wie geht es Carl?"

"Gut, seine Wunden heilen und was machst du dort im Gras?"

"Sitzen!", gab der Junge unschuldig von sich.

"Und deswegen hustest du dich fast zu Tode?"

"Verschluckt...Milch...", erklärte van Helsing, stand nun aber artig auf, um der Damen Respekt zu zollen.

"Alles okay?", fragte diese schließlich und zog ihn an sich.

Gabriel nickte lächelnd. "Jetzt ja...", meinte er und sah hoch zur Signora. "Aber Carl macht sich Sorgen, dass Ihnen nun etwas passieren könnte..."

"Dein Freund soll sich nicht so viele Gedanken machen, aber ich mache mir Sorgen um dich. Wenn er hier ist und sie her kommen und dich hier finden."

Van Helsing zitterte leicht. "Meint Ihr, sie sind auch so böse auf mich, wie auf Carl?"

"Ich weiß es nicht, aber ich möchte es auch lieber nicht herausfinden."

"Dann...dann passen sie gut auf Carl auf, ja?", meinte der Kleine leise und ließ Mrs. Simons los, um zum Gartentor zu gehen.

"Wo willst du hin?", rief diese ihm nach und rannte ihm hinterher um ihn festzuhalten.

"Ich bringe sie nur alle in Gefahr. Ich geh lieber...ich werd schon wieder gross werden...irgendwann..."

"Nein, du bleibst hier! Wir brauchen dich alle, was denkst du wie Carl sich fühlt wenn du ihn allein lässt."

"Aber...zu gefährlich...", stammelte van Helsing. "Wir würden hier nie Ruhe haben..."

"Erst einmal muss er gesund werden, dann sehen wir weiter."

"Aber wenn ich in der Zeit hier bin...ist...ist er in Gefahr...und Sie auch..."

"Red nicht so einen Unsinn, ich kann mich wehren..."

"Gegen die Wachen des Vatikans...?", wollte Gabriel unsicher wissen und drängte sich an Mrs. Simons Seite. Nur zu gern würde er ihr glauben, ihr sogar den Wunsch erfüllen ihn zu adoptieren, wenn nur alle sicher vor dem Vatikan wären.

"Natürlich, ich sagte dir schon, wir sind mächtig und wissen uns zu verteidigen."

"Gut...", lächelte Gabriel erleichtert und kuschelte sich an Mrs. Simons. "Danke..."

"Du brauchst mir nicht zu danken, dein Lächeln ist dank genug."

Röte stieg in van Helsings blasse Wangen und er senkte etwas beschämt den Blick.

"Komm, lass uns jetzt zu deinem Freund, er ist wach."

"Uhm...", nickte Gabriel schnell und griff wie selbstverständlich nach Mrs. Simons Hand.

Diese strahlte ihn an und folgte ihm zum Haus.

Kaum im Zimmer dann aber, ließ Gabriel sie los und hüpfte zu Carl aufs Bett. "Wie geht es dir?"

Der Ordensbruder lächelte gequält. "Ganz gut, wenn du nicht auf meinen kaputten Rippen rumtanzen würdest."

"Oh...tschuldigung!" Sofort setzte sich Gabriel still hin.

Doch Carl lachte leise. "Schon gut." Dann blickte er zu Mrs. Simons. "Und Sie sind unsere Retterin?"

Die Dame lächelte. "Man tut was man kann...vorerst werdet ihr beide hier sicher sein..."

"Das ist gut, Gabriel braucht ein zu Hause."

"Wie mir scheint braucht ihr beide das vorläufig..."

"Vorläufig..."

"Nun...das Haus ist gross...und ziemlich leer. Etwas Leben würde ihm nicht schaden..."

"Leben? Ich bin Ordensbruder, was denkt ihr von mir?"

"Was soll ich denn denken?", lächelte die Signora und hatte sich neben dem Bett auf einen Stuhl gesetzt.

"Ich weiß nicht... ich muss zurück in den Vatikan..."

"Der sie so zugerichtet hat? Tut mir leid, aber dass kann ich nicht zu lassen...schon seinet Willen nicht...", meinte die Dame mit einem liebevollen Blick auf Gabriel

"Aber sonst bekommen sie ihn und dann wird er noch mehr leiden."

"Wir haben ein nettes, kleines Ferienhaus in Siena, in der Toscana...", meinte Mrs. Simons lächelnd. "Waren sie schon mal in der Toscana?"

"Nein...nein war ich nicht."

"Ist ja auch öde da", meinte Gabriel patzig, wofür er von Signora di Samira lachend auf den Schoss gezogen wurde. "Warst du denn schon mal da kleiner Mann?"

"Nein, eben weil es öde ist...keine Vampire, keine Werwölfe...nicht mal Zombies...öde eben."

Carl lachte leise. "Und das weißt du, obwohl du noch nicht da warst?"

"Wen es das dort gäbe, wäre ich schon dort gewesen."

"Meinst du, der Vatikan verrät dir alles?" Carl seufzte leise.

Gabriel sah ihn aus grossen Augen an, dann legte er das Köpfchen nach hinten um zu Mrs. Simons hochzublicken. "Nicht?"

"Ich glaube in der Sache kannst du deinem Freund vertrauen. Der Vatikan ist bekannt für seine Geheimnisse."

"Und ich bin ihr Grösstes", kicherte der Junge.

"Ja, nur das du jetzt wohl ihr Kleinstes bist...," grinste Carl.

Gabriel streckte ihm die Zunge raus, schien sich aber sichtlich wohl auf dem Schoss der Dame zu fühlen und plänkelte noch eine Weile mit Carl, bevor der Kinderkörper nach Schlaf zu verlangen begann.

Auch Carl brauchte dringend wieder Erholung und klopfte neben sich. "Na komm her mein Kleiner."

Gabriel quäkte kurz auf, bevor Mrs. Simons ihn neben Carl setzte, wo er sich schnurrend, aber vorsichtig an ihn kuschelte.

Auch Carl seufzte zufrieden und hauchte einen Kuss ins Haar des Jungen.

Und Gabriel fühlte sich wohl. Vielleicht zum ersten Mal in seinem Leben. Jedenfalls in dem Leben, an dass er sich erinnern konnte.

Mrs. Simons lächelte und stand dann auf. "Ich wecke euch später zum Essen."

Von klein van Helsing kam kein Mucks mehr. Bald darauf war auch Carl eingeschlafen.

Er brauchte einige Tage, um sich einigermassen zu erholen. Gabriel veränderte sich in dieser Zeit kaum, nur einer seiner Zähne begann zu wackeln, was er sehr unheimlich fand. Aber man versuchte ihn zu beruhigen, da es ja 'nur' Milchzähne waren.

Carl konnte sich inzwischen wieder aufsetzen und lachte als er die Zahnlücke sah, die der Zahn hinterließ.

Aber nun hatte van Helsing erst recht einen Grund nicht mehr zu lächeln und guckte griesgrämig drein, was bei einem sechsjährigen ziemlich niedlich wirkte.

"Ach, du bist so süß...", grinste Carl und streichelte ihn über den Kopf.

Dafür begann van Helsings Unterkiefer zu ruckeln. Schliesslich murrte er nur leise. "Warte nur, bis ich wieder gross bin..."

"Und dann? Willst du mich umhauen?"

"Dann guck ich wieder auf dich herab!"

"Wenn du irgendwann mal wieder groß bist...", schmunzelte Carl.

"Ich werd wieder gross...ganz bestimmt", ereiferte sich klein van Helsing. "Ich muss jetzt aber erst mal gehen...der Mann von der Signora di Samira ist glaub ich heute heim gekommen und ich muss mich ihm stellen."

Carl lächelte ihm aufmunternd zu. "Schaffst du schon."

Gabriel hopste noch mal zu ihm und drückte ihm einen feuchtfröhlichen Kinderschmatzer auf die Wange und hüpfte dann aus dem Zimmer, auf in den Kampf.

Die Signora und ihr Mann saßen bereits im Salon und erwarteten den kleinen Racker. Mrs. Simons hatte in allen schimmernden Farben von Gabriel geschwärmt, so das ihr Mann nun auch neugierig war, wer das Herz seiner Frau so erobert hatte.

Die aufgestaute Energie Gabriels verpuffte genau vor der grossen Salontür und schüchtern streckte er sein Köpfchen durch einen Spalt ins Zimmer.

Die Frau stand sofort auf und eilte zu ihm, lächelte ihn liebevoll an. "Gabriel, da bist du ja, komm rein."

"Ja...hi...", lächelte er vorsichtig und nahm lieber ihre Hand, wenn auch nur, um sich selbst davon abzuhalten weg zu laufen.

Signore di Samira sah den Jungen musternd an und blickte dann kurz zu seiner Frau. "Du bist also Gabriel?", brummte er mit seiner tiefen Stimme, aber dennoch konnte Gabriel das Lachen in seinen freundlichen Augen sehen.

Gabriel schluckte, beeilte sich dann aber, sich kurz zu verbeugen und ein "Ja, Sir", verlauten zu lassen.

"Komm mal her zu mir mein Junge..."

Zögernd ließ Gabriel Mrs. Simons Hand los und ging auf den Mann zu. Sah unter dichten, schwarzen Wimpern zu ihm hoch.

"Sag mir, was willst du werden wenn du mal groß bist?"

Etwas verwirrt über diese Frage blickte Gabriel zu seiner Ziehmutter.

Doch diese lächelte nur. "Na sag es mir mein Junge."

Gabriel überlegte kurz und meinte dann sehr, sehr vorsichtig: "Jäger?"

"Jäger..." Singore di Samira lachte. "Das ist eine interessante Antwort, ich mag dich Junge."

Kurz erwiderte Gabriel das Lächeln und sah dann wieder vorsichtig hoch. Das war das Nervigste am Ganzen...er war so klein und musste immer hochsehen, dabei war er doch mal so schön hochgewachsen gewesen.

Mrs. Simons stand schließlich hinter ihm und blickte ihren Mann an, der nickte. Dann setzte auch sie sich und zog Gabriel auf ihren Schoß. "Wir wollen dich adoptieren..."

Sofort ruckte sein Kopf zu ihr herum. "Und wenn ich wieder gross bin?"

"Dann hast du Eltern, die für dich da sind."

"Darf Carl dann auch bleiben? Fahren wir jetzt in die Toscana? Hat's da wirklich ein so grosses Schwimmbecken, das man ein Boot drin schwimmen lassen kann?"

Mrs. Simons lachte. "Ja, das ist alles wahr und Carl kommt auch mit."

"Gut..." Erleichtert atmete Gabriel auf. Ohne Carl würde er gar nirgends hingehen. Dann aber fiel ihm noch etwas ein. "Wie...wie geht das mit adoptieren? Ich bin kein Kind aus dem Weisenhaus...hab ja nicht mal einen Pass!"

"Das regeln wir schon, wir haben gute Anwälte..." Mrs. Simons drückte Gabriel an sich. "Bald bist du mein Sohn."

Und das geschah auch wirklich, kaum eine Woche später war Gabriel offizielles Mitglied der Familie die Samira.

Und kam sich ziemlich seltsam dabei vor. Sein Leben lang hatte er nach seiner Familie gesucht und nun hatte er eine Neue. Trotzdem hing er weiter mit einer Affenliebe an Carl und hockte auch bei ihm auf dem Schoss auf der Fahrt in die Toscana.

Der Ordensbruder war endlich wieder soweit gesund, dass er sich bewegen konnte ohne Schmerzen zu haben. Er war selber aufgeregt wie ein kleiner Junge, war er doch selbst noch nie dort gewesen.

Gabriel rutschte von seinem Schoss her, über den seiner Mutter, um mal links und mal rechts aus dem Fenster sehen zu können. "Wow...", machte er, als sie die grauen Häuser Roms

hinter ließ liessen.

"Gefällt es dir?", fragte die Signora und lächelte ihn an.

"Ja...es ist so...so...so weit und...keine Grenzen...wem gehört das alles?"

"Das meiste gehört zum Vatikan, er hat die meiste Macht hier, der Rest eher den kleineren Leuten, die sich dafür aufopfern."

"Wie ihr? Warum ist der Vatikan so mächtig, wenn er doch so böses tut?"

"Weil die meisten Leute immer noch denken, er erfüllt nur den Willen Gottes."

"Mit Gott hat das wenig zu tun", murrte der Kleine, was die Erwachsenen mal wieder staunen ließ . Jedenfalls jene, die nicht wussten wer er war oder es eben nicht glauben wollten.

"Wahrscheinlich nicht, aber sag das den Tausenden von Menschen auf der Welt, die daran glauben."

Gabriel seufzte und begann sich so nach zwei Stunden sich dahin ziehender Fahrt zu langweilen und in der Kutsche hin und her zu gehen. Allerdings konnte er selbst mit seiner Minigrösse gerade mal vier, fünf Schritte machen, ehe er umdrehen und auf die andere Seite gehen musste.

Carl beobachtete ihn eine Weile, dann murrte er leise. "Setz dich hin, du machst mich nervös."

"Aber mir ist soooo langweilig...", murrte Gabriel und setzte sich wieder auf Carls Schoss und blickte aus dem Fenster. "Ich sehe was, was du nicht siehst und das ist... grün..."

Carl sah aus dem Fenster. "Da draußen ist ALLES grün Gabe..."

"...dunkelgrün..."

Carl blickte wieder nach draußen. "Gabe, da gibt es sicherlich hundert Sachen die dunkelgrün sind."

"Okay...ich sehe was, was du nicht siehst und das ist schwarz und ist schnell..."

"Schwarz und schnell?" Carl sah ihn an. "Was soll das sein?"

Gabriel zeigte nach draussen auf eine Gruppe schwarzer Reiter, die schnell näher kam.

Carl sah erschrocken darauf und blickte dann zu Mrs. Simons. "Sie kommen...sie werden ihn kriegen..."

Unbekümmert von Carls Sorgen winkte klein van Helsing den Reitern zu.

Dieser hielt ihn dann jedoch fest. "Was tust du da?"

"Den Onkeln da draussen winken..."

"Diese Onkel wollen dich wegnehmen..."

"Was?" Sofort war Gabriel im Innern der Kutsche verschwunden und sah Carl aus grossen Augen an.

"Ja, was denkst du woher die sonst kommen..."

"Oh...aber...aber...aber die können doch nicht einfach... können die nicht, oder?"

"Sicher..." Carl wirkte besorgt, aber das Ehepaar Samira blickte ganz ruhig drein.

Gabriel rückte näher an Carl und schloss die Augen. Vielleicht würden die einfach weiter reiten, wenn sie dachten er würde schlafen.

Carl jedoch zitterte leicht.

Ganz leise murmelte Gabriel Carl etwas ins Ohr und hopste auf den Boden der Kuschte, als diese von den Reitern angehalten wurde. Ein Griff unter die Sitzbank und etwas metallischglänzendes verschwand in seinem Hemdärmel.

Carl beobachtete ihn genau und wollte etwas sagen, doch da wurde schon die Tür aufgerissen und jemand zerrte Gabriel am Hemd aus der Kutsche.

Der Kleine quietschte auf und funkelte dem Mann ins Gesicht. "Lass los, Opa oder es setzt was!", fluchte er und zappelte, um runter zu kommen.

"Du kommst mit...", murrte er und zog ihn zu sich auf den schwarzen Hengst. Carl wollte hinterher, doch wurde sogleich von einem weiteren Mann zurückgestoßen. Signora di Samira sah sich beschämt um. "Geben Sie und unseren Sohn, oder sie werden mit den Konsequenzen Leben müssen."

Die Männer lachten nur dreckig. Doch gleich darauf verging ihnen das, als der Reiter, der sich Gabriel gekrallt hatte tonlos vom Pferderücken glitt und zu Boden krachte.

Carl blickte sich fragend um und auch die anderen Reiter blickte geschockt auf Gabriel.

Der hockte nun allein auf dem Pferd, die Zügel in der Hand und grinste herausfordernd. "Na was ist, ihr Lahmärsche...komm schon..." Er nickte Carl nur zu und hoffte, dieser würde verstehen und weiter fahren. Mit einem Pferd konnte van Helsing ihnen auch später noch folgen.

Carl schloss eilig die Tür, woraufhin er von dem Ehepaar kritisch gemustert wurde, dann gab er dem Kutscher das Zeichen loszufahren.

Van Helsing ließ inzwischen den Hengst tänzeln und rückwärts gehen. Erst als die Männer wieder im Sattel sassen, riss er die Zügel herum und trieb das Tier in die entgegen gesetzte Richtung.

Sofort folgen die Reiter ihm und blickte nicht einmal zurück, nach dem Mann am Boden, erstochen von dem Dolch, den Gabriel in seinem Ärmel versteckt hatte.