Disclaimer: Haikyuu ist nicht mein geistiges Eigentum und ich verdiene kein Geld damit.
Spoilerwarning: Spoiler für Staffel 4, die OVAs, sowie Manga-Spoiler
Warnings: Angst, Schwere Verletzung, Depression, Minderwertigkeitskomplex, emotionale Unnahbarkeit, Eifersucht, japanische Schreibweise der Namen (Nachname vor Vorname)
Pairings: Kagehina, sowie die anderen obligatorischen Zuspieler/Angreifer-Pairings (die kommen später noch vor), außerdem viel Inter-„Dating" in der queeren japanischen Volleyballgemeinschaft, in diesem Kapitel dazu erwähnt: Oikawa/Hintata und Atsumu/Hinata
Lonley at the Top
I.
Verzweifeln werde ich erst dann, wenn ich nicht mehr Volleyball spielen kann. Wer hätte je gedacht, dass diese Worte ihn einmal verfolgen würden? Der junge Kageyama Tobio hatte sie seinem Gegner in der Annahme, dass er unbesiegbar sei, entgegen geschleudert. Doch er war nicht unbesiegbar, nein, ganz im Gegenteil, er war besiegt worden, er war vernichtet worden, nicht von einer anderen Mannschaft oder einem anderen Spieler, nein, vom Schicksal, vom Leben, wie auch immer man es nennen wollte. Von all dem, was er nicht haben konnte, nicht mehr haben konnte, und vielleicht auch nie wieder haben können würde.
Volleyball war Tobios ganzes Leben gewesen, schon seit frühester Kindheit an. Volleyball hatte ihn mit seiner Familie und seinen Freunden verbunden, hatte ihm letztlich seine Familie und seine Freundschaften ersetzt. Volleyball war sein Beruf und seine Berufung gewesen. Er war so stolz gewesen, als man ihn als einzigen Schüler aus Miyagi in das Ganz Japan Jugendcamp eingeladen hatte, er war so stolz gewesen, dass sein Talent früh erkannt worden war, dass er besser war als Oikawa oder Ushiwaka, sogar besser als die größten Talente des Landes.
Er hatte nach seinem Schulabschluss praktisch sofort in den Profisport über gewechselt und seit dem zarten Alter von 18 nichts anderes mehr getan als Volleyball gespielt. Sein Weg hatte ihn von Anfang an steil nach Oben geführt und niemals hatte er in Frage gestellt, dass er weiterhin aufsteigen würde. Über ein Danach hatte er sich niemals Sorgen gemacht. Für ihn hatte es kein „Danach" gegeben. Er war immer davon ausgegangen, dass Volleyball sein ganzes Leben bestimmen würde, solange er leben würde.
Auf die Warnungen von Anderen hatte er nie gehört. Auf die, die ihm gesagt hatten, dass Volleyball nicht alles war. Er hatte ihnen nicht geglaubt, hatte nicht verstanden warum das jemand denken sollte. Warum das ausgerechnet jemand wie Oikawa zu ihm sagen sollte. Für Tobio war Volleyball immer alles gewesen, so einfach war das.
Und dann, dann hatte er eines Tages viel früher als gedacht erreicht – das „Danach".
Und auf einmal wusste er nichts mehr mit sich anzufangen. Auf einmal wusste er nicht mehr wie es weitergehen sollte.
Er befand sich vollkommen alleine in Italien, starrte seine Befunde an, die alle nicht auf Japanisch verfasst worden waren und er deswegen kaum verstand, und fragte sich was genau er jetzt mit sich anfangen sollte. Nicht nur jetzt in diesem Augenblick, sondern überhaupt.
Einen Plan B hatte er niemals gehabt. Damals in der Oberschule hatte er Sensei Takeda und Coach Ukai keine Beachtung geschenkt, wenn sie ihm nahe gelegt hatten, dass es besser wäre einen Plan B in der Hinterhand zu haben, nur für den Fall. Nein, sein Leben war immer klar vorgezeichnet gewesen. Aber jetzt, jetzt wusste er auf einmal nicht mehr, wie es weitergehen sollte.
Er wusste nicht einmal wohin er jetzt gehen sollte. Er sah keinen Sinn darin weiter in Italien zu bleiben, aber zurück nach Japan … nun dorthin wollte er auch nicht zurück. Immerhin würde das bedeuten, dass er allen offenbaren würde, dass er versagt hatte. Dass er gescheitert war, und das auf jeder Ebene. Dass alles, was er jemals hatte erreichen wollen, nur ins Verderben geführt hatte.
Doch wohin sollte er sonst gehen?
Was wurde aus Profisportlern, wenn sie ihren Sport nicht mehr ausüben konnten? Wohin verschwanden sie?
Tobio wusste es nicht. Er wusste gar nichts mehr.
Und zum ersten Mal in seinen Leben wünschte er sich, dass er sein Leben vielleicht doch einfach anders geführt hätte als er es getan hatte.
Miwa hatte vor ein paar Jahren geheiratet, Tobio hatte ihr pflichtschuldig seine Glückwünsche ausrichten lassen, doch keine Zeit dazu gehabt auf ihre Hochzeit zu kommen oder auch nur sie und ihren Mann nach der Hochzeit zu besuchen. Inzwischen waren ein paar Kinder geboren worden. Nach Tobios letzter Rechnung hatte er zwei Neffen und eine Nichte, wie alt sie inzwischen waren konnte er nicht mit Sicherheit sagen.
Die Familie hieß Nakamura, nicht einmal die Presse wusste von ihrer Verbindung zu dem berühmten Volleyball Star Kageyama Tobio. Miwa anzurufen fiel ihm schwer, aber es war besser als die Alternative. Familie, nahm Tobio an, war dazu verpflichtet einem zu helfen, wenn es kein anderer tun würde.
Mit Miwas Hilfe kehrte Tobio nach Japan zurück. Zu ihrer Wohnung im dritten Stock führte kein Aufzug, den Rollstuhl dort hinauf zu bekommen gestaltete sich schwieriger als erhofft. Ichiru gab sich freundlich, doch Tobio spürte, dass er diesen fremden Mann, der im Grunde nur eine Belastung für ihn sein würde, nicht in seiner Wohnung haben wollte. Wenn Tobio die Wahl gehabt hätte, dann hätte er die Wohnung nie verlassen, doch Arzttermine mussten sein, und so hievten Nachbarn und Bekannte seinen Rollstuhl regelmäßig die Treppen hinauf und hinunter.
Wenn man in der heutigen Zeit berühmt war – egal wofür – und dann einfach verschwand, nun dann musste das irgendwann auffallen. Tobio hatte befürchtet, dass seine Fans irgendwann bemerken würden, dass er einfach nicht mehr da war. Dass seine italienische Mannschaft ihn nicht mehr aufstellte, und er auch in der japanischen Nationalmannschaft fehlte. Er hatte aber gehofft, dass es länger dauern würde, bis sein Verschwinden bemerkt werden würde, und dass die Italiener verschwiegener wären.
Es brauchte keine zwei Tage der Social Media-Spekulationen über sein Verschwinden bis „eine Quelle innerhalb der italienischen Mannschaft" alles leakte. Inklusive seiner Rückkehr nach Japan. Und es dauerte nur bis zu seinem nächsten Arztbesuch bis sich Fotos von ihm in seinem aktuellen Zustand im Internet wiederfanden. Und nach nur wenigen Tagen wusste jeder, wo er gerade wohnte. Auf einmal wussten alle von Miwa und Ichiru und seinen Neffen und seiner Nichte. Paparazzi begannen anzurufen und das Wohnhaus zu belagern.
Miwa und Ichiru fanden das nicht so prickelnd. Tobio entschuldigte sich, aber im Grunde konnte er nichts an der Lage ändern. Interviews würde er mit Sicherheit nicht geben, und selbst wenn er das tun würde, helfen würde es vermutlich nichts.
Nachdem sein Zustand Gegenstand des nationalen Interesses geworden war, hatte er damit gerechnet von einigen Bekannten von Früher zu hören. Er ignorierte ihre Anrufe und Social Media Posts genauso hartnäckig wie die der Paparazzi. Er wollte sich niemanden stellen, vor niemanden zugeben wie schlimm es um ihn stand. Er wollte sich nicht erklären müssen, wollte kein Mitleid. Er wollte einfach nur so seine Ruhe.
Aber es funktionierte nicht. Niemand verlor das Interesse an ihm, zumindest nicht schnell genug.
Miwa und Ichiru sagten ihm nicht, dass er ausziehen sollte, sobald es ihm gut genug dafür ginge, aber das mussten sie auch nicht, er wusste, dass sie das von ihm erwarteten. Er hatte ihre Leben schon schlimm genug durcheinander gewirbelt bevor die Medien auf sie aufmerksam geworden waren, doch jetzt, nun jetzt waren diese Leben unverzeihlich entstellt worden.
Tobio nahm sich vor auszuziehen, sobald er irgendwie dazu in der Lage wäre. Er hatte genug Geld für eine Erdgeschoss-Wohnung irgendwo übrig, davon war er überzeug, er musste nur noch warten bis er dazu in der Lage wäre sich selbst zu versorgen. Sobald er sich alles eingelernt hätte, würde er auf eigenen Beinen stehen können.
Natürlich würde es nicht einfach sein alleine zu sein, aber es wäre besser alleine zu sein als jemand anderem zur Last zu fallen. Noch dazu jemandem, den er nicht einmal richtig kannte – und so sehr er Miwa auf eine abstrakte nostalgische Weise auch liebte, so sehr kannte er sie auf ein sehr reale Weise genauso wenig wie Ichiru.
Und wenn er weg wäre, dann könnten auch die Kinder wieder frei atmen, und die Nachbarn, und seine Anwesenheit und die der Paparazzi würde niemanden mehr das Leben erschweren, und das war, nachdem sie ihn hier aufgenommen hatten, das Mindeste, was er ihnen schuldete.
Er begann also sich schon einmal nach einer passenden Wohnung umzusehen, begann sich mehr Mühe zu geben, die Reha ernster zu nehmen, denn er wollte ja möglichst schnell alleine funktionieren können, nicht wahr?
Doch dann stand auf einmal Hinata vor ihm.
„Bakeyama!", brüllte dieser und schob sich an Ichiru vorbei, der ihn für einen Reporter gehalten hatte, und baute sich vor Tobio mit hochrotem Kopf auf. „Aus dem Internet! Ich habe das alles aus dem Internet erfahren!", bellte er Tobio an, „Warum zum Teufel hast du nicht angerufen?!"
Es gab so viele Antworten auf diese Frage. „Ich wusste nicht, dass du wieder Japan bist", erwiderte Tobio anstatt eine von ihnen zu offenbaren.
Hinata sandte ihm giftige Blicke zu. „Ich war nicht in Japan!", betonte er, „Aber jetzt bin ich es! Und was sagt dir das?!"
Tobio wusste nicht was er darauf erwidern sollte. „Du hättest nicht kommen müssen", formulierte er dann langsam, „Deine Karriere…."
„Es gibt Dinge, die wichtiger sind als meine Karriere!", schnappte Hinata, „Du Idiot!"
Tobio biss sich auf die Zunge und verzichtete darauf zu erwidern, dass Hinata das nicht immer so gesehen hatte. Stattdessen strafte er den anderen Mann mit Schweigen.
„Entschuldigung", mischte sich Ichiru an dieser Stelle ein, „Aber wer ist das?"
„Hinata Shouyou", erwidert Tobio ruhig, „Ein anderer japanischer Volleyball-Star."
Hinata warf ihm einen vielsagenden Blick zu und korrigierte Tobio dann voller Überzeugung: „Ich bin sein Ehemann."
„Oh." Ichiru schienen für einen Moment die Worte zu fehlen. „Ich wusste nicht, dass Kageyama verheiratet ist", erklärte er dann vorsichtig. Mit einem anderen Mann, sagte er nicht, aber man konnte es deutlich hören.
„Es ist eine geheime Ehe", erklärte Hinata, „Wegen der Publicity."
„Wir leben getrennt", sagte Tobio im selben Moment.
Hinata warf ihm einen strafenden Blick zu. „Oh, nein, mein Freund, so einfach kommst du mir nicht davon", prophezeite er düster.
Tobio versuchte das Positive an der ganzen Sache zu sehen; zumindest würde er nicht alleine leben müssen. Er wünschte sich nur, dass das ausreichen würde um ihn alles, was gerade passierte, wirklich positiv sehen lassen zu können.
Die Liebesgeschichte zwischen Hinata Shouyou und Kageyama Tobio lautete wie folgt:
Sie lernten sich kennen und konnten sich auf den ersten Blick nicht leiden, doch sie respektierten die Fähigkeiten des Anderen und erkannten jemanden, der ihnen ähnlicher ist als sonst jemand. Sie stellten sich darauf ein Feinde zu sein, doch stattdessen wurden sie, als sie einander wieder begegneten, zu Teamkollegen, Freunden und Partnern. Jedem außer ihnen beiden war klar, dass sie am Ende zueinander finden würden, und letztlich fanden sie auch zueinander.
Doch junge Liebe ist nur solange unkompliziert, solange sie frisch ist, und Seelenverwandte, die sich in jungen Jahren kennenlernen, nun denen steht oft kein einfacher Weg bevor. Ihre Wege trennten sich unweigerlich, zuerst geographisch gesehen, und dann auch beziehungstechnisch.
Sie beide redeten sich ein, dass sie dem anderen nur würdig sein müssten, und dann wieder alles gut werden würde. Dass sie nur glücklich miteinander sein könnten, wenn sie auf dem selben Level wäre. Dass ihre private Beziehung nur dann funktionieren könnte, wenn sie beruflich miteinander konkurrieren könnten. Und so dauerte es Jahre bis sie einander wiederfanden, einander die Ewigkeit versprachen, sowohl im übertragenden als auch im tatsächlichen Sinn, und dann endlich miteinander glücklich werden konnten.
Nur dass es nicht hielt, dass ihre Karrieren sie auf unterschiedliche Pfade führten, und dieses Mal nicht alle Parteien zu Verständnis und Geduld bereit waren. Es gab Streit, und mehr Streit, und dann schließlich trennten sich ihre Wege erneut, nur dass sie dieses Mal gar nicht mehr miteinander redeten.
Nicht weil sie sich nichts zu sagen hatten, sondern eher, weil sie sich zu viel zu sagen hatten. Statt diese Dinge zu sagen schwiegen sie lieber. Und so kam, es dass Hinata Shouyou aus den sozialen Medien von der Verletzung seines Ehemannes und dessen scheinbarem Karriereende erfahren musste. Aber zumindest erfuhr er durch die sozialen Medien auch wo er ihn finden konnte.
Miwa und Ichiru hatten sich zurückgezogen um Tobio und Shouyou die Möglichkeit zu lassen sich privat miteinander zu unterhalten. Aber da viel geschrien wurde, war anzunehmen, dass sie das Meiste so oder so mitbekamen.
Shouyou war offensichtlich wütend, aber Tobio war derjenige, der verlassen worden war, also behielt er sich das Recht vor ebenfalls wütend zu sein. Nur, dass Wut zu keiner Lösung führte. Wut führte niemals zu etwas anderem als mehr Wut. Und zu Schmerz. Das hatte Tobio aus langer leidvoller Erfahrung gelernt.
„Natürlich bin ich gekommen, und natürlich stehe ich dir bei, solange du mich brauchst. Es spielt keine Rolle was wir zuletzt zueinander gesagt haben, ich bin für dich da", behauptete Shouyou, nachdem sie keine Stimmen mehr zum Schreien übrig hatten, leise und ernsthaft, „In guten wie in schlechten Zeiten."
„Unsere Ehe ist in Japan nicht einmal rechtskräftig", gab Tobio düster zurück, „Du bist in keinerlei Weise verpflichtet dich um mich zu kümmern."
„Ich will mich aber um dich kümmern, Bakeyama!", rief Shouyou aus, „Das hat nichts mit Verpflichtung zu tun! Es hat damit zu tun, dass ich …." Der orange-haarige Mann unterbrach sich. „Nun, du weißt schon", fügte er leiser hinzu, „Du bist mir immer noch wichtig."
Er konnte nicht einmal mehr sagen, dass er Tobio liebte, wie es schien. Und da wunderte er sich wirklich darüber, dass der ihn nicht angerufen hatte, kaum dass sein Leben in die Brüche gegangen war?
„Ich will dein Mitleid nicht", erklärte Tobio rau, „Ich habe mich bei niemanden gemeldet, weil ich nicht wollte, dass sie mich ansehen so wie du mich jetzt ansiehst. Und von dir wollte ich schon gar nicht so angesehen werden."
„Tobio…."
Der schüttelte nur den Kopf. „Nein, verstehst du denn nicht wie es für mich ist? Wie würdest du dich fühlen, wenn du es wärst, der alles verliert? Wenn deine Karriere von einem Moment auf den anderen vorbei wäre, und dir nichts mehr bleibt, weil du nichts anderes gehabt hast als die?", wollte er wissen, aber zugleich war ihm klar, dass Hinata immer mehr gehabt hatte als nur Volleyball, er hatte immer Freunde gehabt, und nicht nur das. Tobio war sich ziemlich sicher, dass Shouyou während seiner Zeit in Brasilien nach der Schule damals mehr mit Oikawa getan hatte als nur Volleyballs zu spielen, und er wusste von Shouyou und Miya Atsumu und hasste allein den Gedanken daran. Und wer wusste schon mit wem sich Shouyou herum getrieben hatte, seit sie sich getrennt hatten? Und um alles noch schlimmer zu machen, hatte Shouyou immer die Unterstützung und die Liebe seiner Mutter und seiner Schwester besessen. Hinata Shouyou könnte niemals in die Lage geraten, in der sich Tobio jetzt befand.
„Du verstehst es nicht, du kannst es einfach nicht verstehen", stellte Tobio fest, „Du hast Volleyball gespielt, weil du allen beweisen wolltest, dass du genauso gut sein kannst wie alle anderen, Aber für mich war Volleyball alles. Meine erste große Liebe." Und dann, vielleicht um Hinata weh zu tun, fügte er noch hinzu: „Meine einzige wahre Liebe."
Er wich Hinatas Blick aus. „Und jetzt habe ich gar nichts mehr. Alle haben mich immer unterstützt, weil sie sich erwartet haben, dass ich ein großartiger Spieler werde, ein Sieger, aber ich habe sie alle enttäuscht, alle, die je an mich geglaubt haben. Tu nicht so als hätte ich dich nicht enttäuscht, als hättest du nicht mehr von mir erwartet!"
Erst jetzt wagte er es wieder hinüber zu Shouyou zu blicken.
Der schüttelte den Kopf. „Du irrst dich, Bakeyama", behauptete er, „Wenn du denkst, dass es niemand gibt, dem du einfach um deiner selbst willen wichtig bist. Wir haben dich nicht alle unterstützt damit du groß Karriere machst und Japan in der Welt bekannt machst, wir haben dich unterstützt, weil du du bist. Niemand ist von dir enttäuscht, wir machen uns alle Sorgen."
Tobio wusste es besser. Er wusste, dass er ihre Hoffnungen zerstört hatte, dass sein Versagen nicht nur ein harter Schlag für ihn selbst war, sondern auch für alle, die er jemals besiegt hatte, denen er jemals einen Platz in einer Mannschaft weggeschnappt hatte, mit denen er jemals zusammen gesiegt hatte, die ihn jemals dabei geholfen hatten besser zu werden. Er hatte sie alle im Stich gelassen, sie dazu gebracht all die Zeit, die sie in ihn investiert hatten zu bereuen, da sich diese Zeit nun als verschwendet herausstellte.
Er kannte sich selbst und wusste was andere von ihm dachten, niemand von denen hatte freiwillig um seiner selbst willen Zeit mit ihm verbracht, sie hatten sich aufgeopfert um ihn zu unterstützen, und er war es ihnen schuldig gewesen sein Bestes zu tun und der beste Spieler von allen zu werden. Doch das war ihm nicht gelungen. An ihrer Stelle wäre er ebenfalls enttäuscht.
„Ich will nicht, dass du meinetwegen aufhörst", sagte er stattdessen, „Zumindest einer von uns soll es schaffen."
„Ich habe nie von aufhören geredet", gab Hinata zurück, „Aber ich kann mir eine kleine Pause leisten, denke ich. Ich will für dich da sein, Tobio. Du brauchst mich jetzt, das weißt du. Ich weiß, dass du immer denkst, dass du alleine zurechtkommst und niemand anderen brauchst, aber…"
„Mir ist durchaus klar, dass ich nicht mal alleine aufs Klo gehen kann, danke", erwiderte Tobio spitz. Als ob er in der letzten Zeit nicht an nichts anderes mehr gedacht hatte als daran wie er zumindest das ändern könnte um hier endlich ausziehen zu können!
„Das habe ich nicht gemeint", behauptete Hinata erstaunlich sanft, „Ich habe gemeint, dass ich weiß, dass du Angst hast und dich verloren fühlst, und dass du das alles nicht alleine durchstehen musst. Dass ich da bin."
Tobio wusste nicht, ob er über diese Behauptung lachen sollte. Hinata hatte ihn immer dann verlassen, wenn er ihn an dringendsten gebraucht hatte, war immer dann nicht da gewesen, wenn Tobio am Meisten Angst gehabt hatte. Warum sollte sich das ausgerechnet jetzt ändern? Musste ich nur alles verlieren, was mein Leben lebenswert macht, um von Hinata endlich an erste Stelle gesetzt zu werden?
Wenn er gewusst hätte, dass er seine Ehe so hätte reparieren können, dann hätte er sich den Rücken schon viel früher gebrochen!
Nein, er wollte weder aus Shouyous Mitleid noch sein Pflichtbewusstsein ausnutzen um das zu bekommen, was er niemals würde haben können. „Du kannst da sein", erklärte er dann, „Du kannst gerne für mich da sein. Als ein Freund. Aber nicht als mehr. Unsere Ehe ist vorbei. Wir sind vorbei. Und ich kann jetzt nicht auch noch daran arbeiten. Und um ehrlich zu sein, will ich das auch gar nicht. Und du willst es auch nicht."
Shouyou schien widersprechen zu wollen, doch Tobio unterbrach ihn. „Nein, das ist meine Bedingung. Du willst mir helfen? Dann akzeptiere, dass das alles ist, was von jetzt an jemals wieder zwischen uns sein wird", betonte er.
Es war besser so. Sex wäre sowieso nicht mehr möglich, und möglicherweise auch niemals wieder in der Zukunft, und er wusste, dass Shouyou im Gegensatz zu ihm Sex mochte, und Tobio seinerseits war schon vor dem Unfall nicht gut darin gewesen auf die emotionalen Bedürfnisse seines Partners einzugehen, und jetzt, wo ihm jeder Versuch sich von seinen Stuhl auf eine andere Fläche zu stemmen so viel Energie kostete wie früher fünf Sätze gegen Oikawa, hatte er einfach keine Kräfte mehr übrig, die er für die emotionalen Bedürfnisse von irgendjemand anderen als ihn selbst erübrigen konnte.
Shouyou schien einen Moment lang darüber nachzudenken, dann nickte er. „Also gut", gab er nach, „Wenn du dann zulässt, dass ich für dich da bin, dann bin ich bereit das zu akzeptieren."
Tobio musterte den orange-haarigen Mann misstrauisch. Normalerweise war Hinata nicht so schnell bereit nachzugeben. Doch der strahlte ihn nur an und fügte dann hinzu: „Das heißt wir sind uns einig, und du ziehst bei mir ein, ja?"
Tobio blinzelte überrascht, da das eigentlich nicht der Plan gewesen war, zumindest hatte er das nicht angenommen. Aber andererseits, immerhin hatte er vorgehabt bei Miwa und Ichiru auszuziehen, nicht wahr?
Aber wenn wir zusammenziehen, dann werden die Medien von uns erfahren, fiel ihm siedend heiß ein. Dann würden irgendein doofer Reporter mit Sicherheit alles ausgraben, und dann, nun dann könnte Hinatas Karriere Schaden nehmen.
Er öffnete den Mund um zu protestieren, aber dieses Mal kam Shouyou ihm zuvor. „Ich bin auf deine Bedingungen eingegangen, vergiss das nicht! Jetzt musst du auf meine eingehen!"
„Unsere Ehe wird ans Tageslicht gezerrt werden", informierte ihn Tobio, „Die haben sogar herausgekriegt wo ich lebe, alles über meine Schwester herausgefunden … wenn wir zusammenziehen, dann wirst du geoutet werden."
Shouyou zuckte die Schultern, als würde das überhaupt keine Rolle spielen. „Damit kann ich leben", behauptete er, „Haben wir jetzt einen Deal, oder nicht?"
Tobio seufzte. „Idiot", murmelte er, „Aber von mir aus, von mir aus haben wir einen Deal."
Er wollte seiner Schwester und ihrem Mann nicht mehr zur Last fallen, er wollte nicht mehr ständig von Paparazzi belagert werden, und ja, er hatte es auch satt sich ständig einsam und verlassen und hoffnungslos zu fühlen. Trotz allem, was sie durchgemacht hatten, verlassen und einsam hatte er sich an Hinatas Seite niemals gefühlt, und hoffnungslos schon gar nicht.
Vielleicht war das alles eine dumme Idee, eine nostalgischer Versuch die glücklichste Zeit seines Lebens, seine Oberschulzeit, zurückzubringen um zumindest irgendeinen Grund dafür zu haben Morgens aufzuwachen. Vermutlich würde es furchtbar schief gehen. Vermutlich würde es alles zwischen ihm und Hinata zerstören und die Dinge für ihn schlechter als besser machen.
Aber so wie bisher konnte er einfach nicht mehr weitermachen.
Man sagte ja immer, dass Veränderung eine gute Sache sein konnte, wenn man sich nur darauf einließ. Nun, vielleicht wäre das ja endlich einmal wirklich der Fall, wenn er zur Abwechslung einmal Hinata dabei an seiner Seite hätte.
A/N: Da ich mich nicht dazu in der Lage bin, die Fanfictions, die ich eigentlich schreiben wollte zu schreiben, habe ich stattdessen das hier angefangen. Angesichts des Beginns der nächsten Hitzewelle weiß ich nicht wie schnell das hier vorankommen wird, aber ich habe ein vage Idee wohin es geht, also mal sehen.
Irgendjemand musste das hier nach diesem Satz von Kageyama ja schreiben!
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