Zusätzliche Warnings: Erwähnung von Selbstmordgedanken


IV.


„Du bist ein echter Optimist, weißt du das?"

Hinata Shouyou hatte sich das in seinem Leben sehr oft von vielen anderen Menschen anhören müssen. Von seiner Mutter, seiner Schwester, seinen Freunden, seinen Teamkameraden, von Kageyama…. Und ja, meistens versuchte er wirklich sein Bestes um das Positive an jeder Situation zu erkennen, versuchte jede Lage zu reframen und sich auf das Schöne anstatt auf das Schlimme zu konzentrieren, aber….

… aber irgendwann stieß auch ein Optimist an seine Grenzen. Vermutlich hätte er voraussehen müssen, dass Kageyama Tobio derjenige wäre, der ihn an seine Grenzen stoßen lassen würde.

Damals in ihrer Schulzeit, da hatte er sich immer eingeredet, dass sein Optimismus Kageyama dabei half seine eigene Schwermut abzulegen und stattdessen ebenfalls optimistisch zu werden. Doch Jahre und diverse Beziehungsversuche später, da konnte er Kageyama nicht mehr aufmunternd, weil es ihm selbst zunehmend schwer fiel etwas Positives an diversen Situationen zu finden, in denen sie zusammen steckten. Vielleicht war er deswegen so schnell bereit gewesen ihre Ehe aufzugeben, weil er klarer als Kageyama sah, dass sie nirgendwo hinführte.

Aber nicht einmal ihre letzte Trennung war so eine große Herausforderung für ihn gewesen wie ihre aktuelle Lage. Als er Tobio eingeladen hatte mit ihm zusammen zu ziehen, da er hatte er so viele große Pläne gehabt, doch schon nach wenigen Tagen war er vollkommen ernüchtert und musste sich fragen wieso er nur jemals gedacht hatte, dass das hier einfach werden würde.

Shouyou versuchte wirklich alles richtig zu machen. Er versuchte sein Bestes um für Tobio da zu sein, und das war wirklich nicht einfach. Aber Tobio schien ihm nicht dankbar zu sein, schien seine Hilfe nicht zu wollen, schien zu stolz und zu verlegen zu sein um ihn an seinem Leid teilhaben zu lassen.

Shouyou schlief in einem Klappbett am Gang vor Tobios Zimmer um immer auf Abruf bereit zu sein, kochte so oft er konnte besondere Häppchen, und beschwerte sich nicht darüber, dass er Tobio versorgen musste als wäre dieser ein Kleinkind. Er hatte mit all diesen Dingen auch kein Problem. Scheiße von Hintern putzen, sich die Nächte um die Ohren zu schlagen um aufzupassen, dass jemand nicht von der Toilette fiel … das war nichts womit er nicht klar kam. Womit er nicht klar kam war, dass sein Ex keinen Wert auf seine Meinung legte und immer noch der gleiche sture Kerl war, der er schon immer gewesen war!

Shouyou machte sich nun mal Sorgen um Kageyama, er hatte es nur gut gemeint, als er vorgeschlagen hatte, dass dieser zum Arzt gehen sollte, immerhin könnte er ernsthaft krank sein, und ja, er verstand ja, dass Kageyama in letzter Zeit den Großteil seines Lebens in medizinischen Einrichtungen verbrachte und daher nicht an solche Orte wollte, wenn es nicht sein musste, aber das war kein Grund ihm gleich den Kopf abzubeißen, nur weil Shouyou ihm vorschlug zum Arzt zu gehen!

Er tut immer noch so als wüsste er alles besser und als hätte ich keine Ahnung von nichts. Und er will immer noch keine Partnerschaft… Okay, genau genommen hatte Tobio ihm klar und deutlich gesagt, dass dieser Teil ihrer Beziehung vorbei war, bevor er sich dazu bereit erklärt hatte mit ihm zusammen zu ziehen, aber trotzdem, er könnte Shouyou ja zumindest nicht gleich den Kopf abbeißen, wenn dieser ihm einen Vorschlag machte, der ihm dabei helfen sollte es besser anstatt schlechter zu haben!

Und im Grunde war es nicht nur der Streit, nein, es war Tobios ganze Einstellung; ständig zog er eine finstere Miene, war wortkarg, und zog sich alleine in sein Zimmer zurück. Er redete nicht mit Shouyou, und er schien ihn nicht einmal in seiner Nähe haben zu wollen.

Es war verständlich, dass er unglücklich über seinen Zustand war, und vielleicht hatte er Schmerzen, aber er könnte Shouyous Versuche alles besser für ihn zu machen doch wenigstens zur Kenntnis nehmen, oder?

Ihr kleines Zusammenwohn-Experiment war noch keine drei Tage alt, und doch fühlte Shouyou sich schon so erschöpft und hilflos, als ob es seit Wochen gleich ablief. Tobios schlechte Laune zog auch ihn hinunter, und er begann langsam zu begreifen, dass einer der besten Volleyball-Spieler der Welt mehr verloren hatte als nur seine Karriere, dass dieser Mann alles verloren hatte, und sich entsprechend fühlte und es nichts zu geben schien, dass das besser machen konnte.

Und das wiederum ließ selbst Hinata Shouyou seinen Optimismus verlieren.

Er kehrte müde nach Hause zurück, besser gesagt zu Kenmas Zuhause, wo er zu allem Überfluss auch noch nicht so einfach wieder hin zurückfand, nachdem er auf einen Beruhigungs-Spaziergang gegangen war. Tokyo war für Shouyou immer noch ein fremder Ort, der ihm mehr unheimlich als bekannt war, und er fürchtete, dass der Tag, an dem er sich hier nicht mehr ständig verirren würde, noch lange auf sich warten lassen würde.

In Kenmas Wohnung angekommen, traf er auf einen geknickt wirkenden Kageyama, der sich dafür entschuldigte, dass er sich „so benommen hatte". Tobio saß mit hängenden Kopf in seinem Rollstuhl, schien bereit zu sein Shouyou nachzugeben und zum Arzt zu gehen, und obwohl sich das eigentlich wie ein Sieg anfühlen sollte, fühlte sich Shouyou nicht wie ein Sieger, er fühlte sich wie ein Verlierer, wie jemand, der etwas enorm Wichtiges verloren hatte. Wie jemand, der seinen sturen Ehemann, der ein Sturschädel, aber immer voller Hoffnung und Energie war, verloren hatte. Alles an Tobios Haltung wies darauf hin, dass er einfach aufgegeben hatte, und das war schlimmer als jeder Streit es sein könnte.

Shouyou wusste, dass ein Trip zum Arzt möglicherweise Tobios Verdauung in Ordnung bringen würde, aber das darunter liegende Problem, das würde dieser Trip nicht lösen können. Tobio würde weiterhin für alles Hilfe brauchen und würde noch deprimierter sein als bisher, weil er nicht einmal mit Durchfall alleine klar kam.

So hatte Tobio sich sein Leben definitiv niemals vorgestellt, und so hatte sich auch Shouyou das Leben von Kageyama Tobio niemals vorgestellt. Und beide mussten sie sich aber trotzdem an den Gedanken gewöhnen, dass das nun sein Leben war und bis auf Weiteres auch bleiben würde.

Und Shouyou war sich nicht so sicher, ob auch nur einer von ihnen dazu in der Lage wäre.


Da er sich durchaus der Tatsache bewusst war, dass Tobios Bereitwilligkeit zum Arzt zu gehen ein Friedensangebot darstellte, versuchte Shouyou seinerseits ebenfalls Frieden zu halten. Er versuchte sich nach Möglichkeit nicht in Entscheidungen einzumischen, die Tobio für sich selbst zu fällen hatte. Wenn Tobio ihn also fragte, ob dieser oder dieser andere Termin zur Nachuntersuchung besser für Shouyou, der ihn ja fahren musste, geeignet war, dann erklärte ihm dieser, dass Tobio selbst aussuchen sollte, dass er sich immer Zeit nehmen würde. Genauso antwortete er auch auf Terminkoordination für die Physiotherapie-Termine und die Untersuchungen, die mit Tobios allgemeinen Zustand zusammenhingen: „Entscheide du, ich werde dich auf jeden Fall fahren."

Tobio blickte ihn dann lange an, suchte sich aber selbst Termine aus.

Shouyou versuchte auch prinzipiell mehr Rücksicht auf Tobio zu nehmen. Er kochte absichtlich weniger abenteuerlich, fragte seinen Ex vorher, wann er essen wollte, ob er weniger essen wollte, was er essen wollte.

Er erhielt auf diese Anfragen jedoch nur lauter überaus kurze unaussagekräftige Antworten. Tobio erweckte manchmal fast den Eindruck, als ob ihn diese ganzen Fragen nerven würden, und er sie in Wahrheit gar nicht hören wollte.

Shouyou seinerseits bekam das Gefühl, dass er nichts richtig machen konnte. War er zuvor offenbar zu bestimmend für Tobios Geschmack gewesen, schien sein Versuch rücksichtsvoller zu sein, dem Mann genauso wenig zuzusagen. Er beschwerte sich zwar nicht offen, aber seine Laune schien nur schlechter anstatt besser zu werden, und seine Miene immer finsterer.

Und auch ansonsten lief es alles andere als gut. Jeden Tag fragte Shouyou Tobio nach seinem Tagesplan, doch abgesehen von gesundheitsmäßigen Terminen gab es so etwas nie. Und wenn Shouoyou dann versuchte Vorschläge zu machen, so stießen diese meistens auf taube Ohren.

Tobio hatte nie Lust auf Computer-Spiele, auch Gesellschaftsspiele schienen ihm keine Freude zu bereiten, Fernsehen hielt er nicht länger als ein oder zwei Stunden am Tag aus, und dann immer nur diese doofe J-Soap, die sie an ihren ersten gemeinsamen Tag bei Kenma zusammen entdeckt hatten, und die Wohnung verließ er freiwillig schon gar nicht.

Er wollte nicht in die Stadt, weder zum Essen gehen, noch zum Spaziergehen, Kino- oder Theaterbesuche kamen schon gar nicht in Frage, Marktbesuche oder gemeinsames Einkaufen schien für ihn eine absurde Idee zu sein, und jedes Mal, wenn Shouyou vorschlug ein Sportevent zu besuchen blickte Tobio ihn an als hätte er ihn geschlagen.

Er weigerte sich sogar seine Schwester und ihre Familie zu besuchen. Nein, Tobio zog sich meistens alleine in sein Zimmer zurück um zu lesen oder zu schlafen. Kenma kaufte ihm ein eigenes Tablet, damit er sich zumindest mit irgendetwas anderen beschäftigen konnte, doch dieses benutzte er höchstens eine halbe Stunde am Tag, in der er seine E-Mails nicht beantwortete, seine Social Media nicht updatete, und vor allem kurze Youtube-Vidoes anzusehen schien (Shouyou wusste das, weil er es kontrolliert hatte. Und ja, vielleicht war das genau genommen Spionage, weil es ihn nichts anging, aber machte sich nun einmal Sorgen!).

Shouyou schlug öfter mal vor ihre gemeinsamen Freunde und Bekannten zu besuchen, immerhin machten sie sich ja Sorgen und wollten Tobio gerne sehen, doch diese Vorschläge stießen auf besonders bestimmten Widerstand. Es war beinahe so als ob Tobio niemanden sehen wollte, aber Shouyou war sich sicher, dass das nicht wahr sein konnte. Tobio hatte immer schon vorgegeben, dass ihn andere nicht interessieren würden, aber das hatte niemals gestimmt. Shouyou wusste, dass er einsam war, und dass ihm menschlicher Kontakt abseits von Shouyou und Kenma gut tun würde.

Kenma schien sich ebenfalls Sorgen zu machen. Er hatte Tobio eingeladen ihm bei einem E-Sports-Turnier zuzuschauen, doch Tobio hatte Müdigkeit vorschützt. Kenma hatte ihm auch angeboten in seinem Podcast als Gast aufzutreten, doch daran hatte Tobio behauptet kein Interesse gezeigt, und Kenmas Aufforderung seine Videos für ihn zu schneiden hatte er mit der Ausrede, dass er das nicht könne, abgetan. Kurz danach hatte Kenma ihm das Tablet besorgt. Aber falls es dazu gedacht gewesen war Tobio dazu motivieren irgendwie aktiver zu werden, war dieser Versuch gescheitert.

„Kuro hat angeboten, dass ihr ihn bei seiner Arbeit begleiten könnt", meinte Kenma eines Morgens.

Tobio, der bisher lustlos in seinen Milchreis gestarrt hatte, sah auf. „Eine Volleyball-Kampagne?", wollte er dann wissen.

Kenma schüttelte den Kopf. „Nein, das japanische Nationalteam hat sich für die diesjährige Handballweltmeisterschaft qualifiziert. Kuro will Werbung für sie machen, ihre Existenz und ihre Leistung ins nationale Bewusstsein einbrennen. Er denkt, dass die Anwesenheit von ein paar bekannten Sport-Stars vielleicht helfen könnte, wenn schon nicht vor der Kamera, dann zumindest damit die Handballer aus sich herausgehen und in den Interviews besser rüber kommen", erklärte er.

Shouyou hätte schwören können, dass er für einen Moment Interesse in Tobios Augen aufleuchten sah. Doch dann meinte dieser: „Ich glaube nicht, dass meine Anwesenheit in diesem Fall motivierend wirken würde." Er nickte Shouyou zu. „Aber du kannst es gerne machen. Das solltest du sogar. Dann musst du nicht den ganzen Tag zu Hause sitzen", fügte er hinzu.

Shouyou blinzelte. „Ich sitze den ganzen Tag zu Hause, weil du den ganzen Tag zu Hause sitzt", erklärte er dann empört, „Weil du mich brauchen könntest!"

„Ich komme ein paar Stunden alleine zu recht", behauptete Kageyama, „Du musst nicht ständig … auf mir sitzen."

„Ich sitze nicht auf dir, ich bin für dich da!", behauptete Shouyou, der jetzt nicht mehr anders konnte als wütend zu werden, „Du wolltest doch immer, dass wir mehr Zeit miteinander verbringen, und jetzt … was? Schnüre ich dir auf einmal die Luft zum Atmen ab?! Ist es das?!" Er funkelte Tobio herausfordernd an.

Der sollte jetzt eigentlich explodieren, wie früher immer, wenn sie sich gestritten hatten, doch stattdessen schien er in sich zusammen zu sinken. „Nein, ich bin … dankbar für alles, was du für mich tust und opferst", erklärte er leise, „Ich wollte nur … du schlägst ständig vor auszugehen und die anderen zu treffen, ich dachte, du willst das vielleicht tun. Kollegen begegnen, auch wenn es nur Handballer sind…."

„Natürlich will ich das tun!", schnauzte ihn Shouyou an, „Aber um mich geht es hier nicht! Kuroo-sans Angebot war für dich!"

„Nun, ich bin nicht interessiert", behauptete Tobio, und nun klang er doch leicht wütend, „Sagt ihm vielen Dank, aber ich werde mich nicht als seinen Aufhänger zur Verfügung stellen, nur damit Handball für Japan interessanter wird, weil der gefallene Volleyball-Star, der jetzt ein Krüppel ist, dafür wirbt!"

„Kuro wollte nur helfen!", verteidigte Kenma seinen besten Freund, doch Tobio schüttelte nur seinen Kopf. „Ich will jetzt nicht mehr darüber reden", erklärte er, und dann rollte er davon, floh in sein Zimmer. Und das doch erstaunlich schnell.

Shouyou blickte ihm kopfschüttelnd hinterher. „Ist das zu glauben?", beschwerte er sich, „Warum ist er nur so? Jedes Mal, wenn wir versuchen ihm zu helfen, dann macht er zu!"

Kenma blickte Tobio mit einem nachdenklichen Gesichtsausdruck hinterher. „Vermutlich ist er deswegen so, weil es ihm weh tun würde anders zu sein", meinte er.

Shouyou warf ihm einen irritierten Blick zu und wusste nicht was das jetzt schon wieder heißen sollte. Doch Kenma schien nicht vorzuhaben weiter ins Detail zu gehen.

„Nun, wie auch immer, du kannst Kuroo-san gerne wissen lassen, dass wir ihm dankbar für sein Angebot sind, aber Kageyama zu stur ist um es anzunehmen!", erklärte Shouyou dann wütend.

Kenma öffnete den Mund um zu antworten, doch Shouyou ließ ihn nicht zu Wort kommen: „Aber in einem hat er recht: Ich sitze nur ich in der Wohnung herum und warte darauf, dass er sich dazu aufrafft die Wohnung zu verlassen. Nun, jetzt nicht mehr, ich werde nicht enden wie er! Ich werde unter Leute gehen! Und wenn er mich braucht dann … Nun, dann hat er eben Pech! … Du hilfst ihm doch aus, während ich weg bin, oder Kenma?"

Kenma blinzelte irritiert. „Ehm ….", meinte er langsam, „Klar?"

Shouyou nickte zufrieden. „Gut", meinte er, „Dann bin ich mal weg. Ich brauche einen freien Kopf, und vielleicht treffe ich ein paar Freunde! Bis bald!"

Und dann war er auch schon nur mit seinem Handy bewaffnet zur Türe heraus.


Wie so oft in seinem Leben musste Shouyou schnell feststellen, dass ein stilvoller Abgang nur so lange eine gute Sache war, solange dieser stattfand. Wie es nach diesem Abgang weiter gehen sollte war eine andere Frage.

Immerhin war „ein paar Freunde" treffen nicht so einfach, wenn man ohne Vorwarnung verkündete, dass man jetzt sofort Gesellschaft brauchte.

Wenn sich niemand gefunden hätte, der für ihn Zeit gehabt hätte, dann wäre das die Spitze der Demütigung schlechthin gewesen. Doch zum Glück konnte Shouyou zumindest ein paar Chaoten mit mehr oder weniger flexiblen Arbeitszeiten zu seinen Freunden zählen.

Und so fand er sich in Miya Osamus Onigiri Shop in Tokyo wieder, zwar ohne den Besitzer, aber dafür in Begleitung dessen Bruders.

„Es ist als würde er sich niemanden helfen lassen wollen, oder vielleicht nur von mir nicht. Ich werde manchmal das Gefühl nicht los, dass ich das Problem bin", jammerte Shouyou gerade zwischen einem Sake und einen Onigiri direkt an der Theke sitzend vor sich hin, „Vielleicht bin ich einfach zu unsensibel für all das! Früher habe ich immer genau gewusst und verstanden, was Kageyama braucht, aber jetzt … jetzt habe ich das Gefühl mit einem Fremden zusammenzuwohnen!" Er nahm einen Schluck Sake.

Atsumu, der neben ihm saß, zuckte die Schultern. „Na ja, ihr habt ja auch nicht besonders viel Zeit miteinander verbracht, seit ihr erwachsen geworden seid, oder nicht? Im Grunde kennst du ihn nicht wirklich", behauptete er.

„Das ist nicht wahr", hielt Shouyou daneben, „Egal wie lange wir getrennt waren, ich habe immer gewusst was er denkt. Aber jetzt auf einmal nicht mehr." Er seufzte. „Es ist als wäre er gestorben, und der Mann, den ich jetzt vor mir habe, wäre sein Geist oder etwas Ähnliches."

„Dann musst du eben einen Weg finden ihn wieder zum Leben zu erwecken", meinte Atsumu ungerührt.

„Wenn ich wüsste wie ich das anstellen sollte, dann wäre ich jetzt nicht hier", belehrte ihn Shouyou.

„Hey, hey, hey! Da seid ihr ja!" Bokuto Koutarou drängte sich nach dieser lauten Begrüßung direkt zwischen sie beide und stahl Onigiri von Shouyous Teller. „Kaashi konnte nicht mitkommen, er sagt er hat eine Deadline", erklärte er, „Könntet ihr euch vorstellen in einem Büro zu arbeiten? Das muss so was von öde sein! Warum siehst du so unglücklich aus, Shou?"

„Er hat Ärger mit Kageyama", erklärte ihm Atsumu.

Bokuto zuckte die Schultern. „Hat er das nicht immer?", gab er zurück, während sich Shouyou zunehmend eingezwengt an seinem Platz an der Theke fühlte, da der riesige Mann neben ihm von Sekunde zu Sekunde immer mehr Platz einzunehmen schien, „Ärger mit Kaashi löse ich meistens mit einer Entschuldigung und einem Kuss. Und dann…."

„Danke, ich brauche keine Details", unterbrach ihn Shouyou.

„Ich schon", erwiderte Atsumu, „Ich bin schon viel zu lange Single. Tu dir keinen Zwang an."

„Jungs, es ist ernst", schaltete sich Shouyou ein, „Ich mache mir wirklich Sorgen um ihn. Ich weiß nicht, ob ihn je zurück gewinnen kann oder nicht, ich glaube eher nicht, aber darum geht es gar nicht mehr. Ich glaube, er würde lieber gar nicht mehr leben als so weiterzumachen wie er gerade leben muss, und ich kann nichts tun um ihm zu helfen, und das macht mich fertig, und ich werde aggressiv gegen ihn anstatt ihm zu helfen."

„Wow, wenn es so schlimm ist, Shou, dann solltest du ihn zu einem Arzt schicken", meinte Bokuto, der sogar tatsächlich aufhörte sich Onigiri in den Rachen zu stopfen, als er das hörte und ein ernstes Gesicht machte.

„Das trau ich mich nicht mal vorzuschlagen. Als ich ihn das letzte Mal zu einem Arzt schicken wollte … Nun, das ist nicht so gut gelaufen", erwiderte Shouyou, „Er würde sich weigern zu gehen, das weiß ich genau. Ich wünschte nur, dass ich wüsste wie ich ihn aufheitern könnte. Ich meine, ich wäre auch depressiv, wenn ich verletzt wäre, und abgesehen von den Ärzten immer nur die selben zwei Gesichter sehen würde. Aber er weigert sich unter Leute zu gehen."

„Dann bring doch Leute zu ihm. Das mach ich immer, wenn Kaashi vor lauter Arbeit alles andere vergisst und behauptet zu müde zu sein um das Appartement zu verlassen", schlug Bokuto vor.

Atsumu schüttelte den Kopf. „Es ist ein Wunder, dass er dich noch nicht verlassen hat", murmelte er.

„Ich lade natürlich nur Leute ein, die er mag. Und passe auf, dass er rechtzeitig ins Bett kommt", behauptete Bokuto, bevor er sich wieder an Shouyou wandte, „Zuviel Gesellschaft ist für Introvertierte auch nicht gut, aber ein wenig brauchen sie. Gibt es niemanden, von dem du denkst, dass Kageyama sie gerne sehen würde?"

„Also mich will er vermutlich eher nicht sehen", meinte Atsumu, „Ich hatte immer das Gefühl, dass er mich nicht sonderlich leiden kann." Das war unbestritten.

Shouyou dachte nach, und ihm fielen einige Leute ein, von denen er annahm, dass Tobio sie tatsächlich gerne sehen würde. Vielleicht könnte er den einen oder anderen dazu überreden nach Tokyo zu kommen, wenn er sich bemühte.

„Ich glaube, dass ist gar keine so schlechte Idee, Bokuto", meinte er dann.

Atsumu warf ihm einen ungläubigen Blick zu. „Ernsthaft, du folgst einen Rat, den Bokuto Koutarou dir gegeben hat?", wunderte er sich, „Du weißt hoffentlich, dass das nur schief gehen kann, oder?"

Bokuto musterte Atsusmu mit einem finsteren Blick. „Kaashi war immer ein besserer Zuspieler als du", erklärte er ernsthaft.

Atsumu tat so als würde ihm diese Behauptung nichts ausmachen. „Wenn mein Vertrag ausläuft, wirst du mich vermissen", behauptete er, „Und deine Ratschläge werden dann immer noch Mist sein."

„Halt den Mund, Atsumu, du warst ja nicht hilfreich", meinte Shouyou, „Und Bokuto ist älter und lebenserfahrerner als du. Und weiser."

„Jede Kakerlake ist weiser als Atsumu", murmelte Bokuto, bevor er lauter hizufügte: „Ich bin immer gerne für dich da, mein kleiner Kouhai."

„Das wird böse enden", behauptete Atsumu, doch Shouyo hörte ihn schon nicht mehr, er war damit beschäftigt zu planen wen er einladen könnte um Kageyama aufzuheitern.

Und er war überzeugt davon, dass er endlich einen Weg gefunden hatte Kageyamas Laune zu verbessern. Dass diese ganze Geschichte nach Hinten losgehen könnte, auf die Idee kam er gar nicht erst.


A/N: Usprünglich hätte die Weltmeisterschaft in diesen Kapitel die Basketballweltmeisterschaft sein sollen, doch Basketball ist in Japan einfach zu beliebt um selbst in einen Paralleluniversum, in dem der Sport wegen einem Dutzend großer Stars von Volleyball überschattet wird, Promotion von Kuroo zu brauchen. Also habe ich Handball daraus gemacht.

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