XV.


Es war wie Oikawa ihm prophezeit hatte: Es gab gute Tage, und es gab schlechte Tage. Manche Tage waren auch sehr schlecht. Und manche – selten aber doch –waren aber auch sehr gut. Nicht auf die selbe Weise, auf die sie früher gut gewesen waren - nicht weil er ein wichtiges Match gewonnen hatte, oder einen Angreifer einen besonders gelungen Schlag ermöglicht hatte – sondern weil es ein Tag war, an dem sich nicht hilf- und hoffnungslos fühlte, sondern am dem er sich sogar wirklich gut fühlte, zumindest für einige Minuten lang.

Er hatte sich dazu entschlossen sich von einem Psycho-Therapeuten helfen zu lassen, weil er wollte, dass es ihm irgendwann wieder besser ging, weil er wollte, dass er jemand sein konnte, der unter der Last seines Lebens nicht zusammenbrach, sondern ihr standhielt.

Vielleicht tat er es mehr für Shouyou als für sich selbst, zumindest zu Beginn, aber er stellte fest, dass es durchaus seine Vorteile hatte jemanden an seiner Seite zu wissen, über dessen Gefühlsleben er sich keine Sorgen machen musste. In der Therapie konnte er schreien und weinen und schimpfen und laut werden, so oft er wollte. Er konnte seine Zweifel offenbaren, die Dinge aussprechen, die ihm wirklich Sorgen bereiteten, und er musste sich nicht davor fürchten, dass er damit eine Apokalypse in seinem Privatleben auslöste. Dr. Nakamura war nicht zu beleidigen oder zu vertreiben. Sie forderte ihn heraus, brachte ihn zum Nachdenken, und half ihm mehr als er erwartet hätte. Niemals sagte sie ihm, dass etwas mit ihm nicht stimmen würde, obwohl er das eigentlich erwartet hätte, und sie schien ihn auch niemals zu verurteilen.

Tobio stellte fest, dass er dankbar dafür war, dass er sie in seinem Leben hatte. Und dass er dankbar war, dass Oikawa ihn dazu gezwungen hatte einzusehen, dass er Hilfe gebraucht hatte.

Ohne seine Therapeutin wären die schlechten Tage vermutlich noch schlechter und schwerer für ihn als sie es sowieso schon waren.

Doch es gab ein Thema, über das Tobio nicht gerne und immer nur sehr zögerlich mit Dr. Nakamura sprach, und das war sein Liebesleben.

Shouyous Vorschlag von der Paar-Therapie hatte altbekannte Ängste in ihm ausgelöst, und diese hatte auch seine bisherige Therapie nicht wirklich vertrieben. Ein Teil von ihm fürchtete einfach immer noch, dass er Liebe in Wahrheit gar nicht verdient hatte, dass er Shouyou nicht verdiente. Und ein anderer Teil von ihm fürchtete, dass sie Tatsache, dass er in einer Beziehung war, und die Bedürfnisse anderer Personen wichtiger nahm als seine eigenen, von seiner Therapeutin als ungesund angesehen werden würde. Wenn sie jemals herausfände, dass Shouyou der Hauptgrund dafür war, dass Tobio überhaupt mit der Therapie angefangen hatte, dann wäre Dr. Nakamura vermutlich enttäuscht von ihm. Und er wollte seine Beziehung nicht aufgeben, selbst wenn das in Wahrheit besser für ihn wäre.

Aber konnte man es überhaupt eine Beziehung nennen? Ja, sie waren verheiratet, und lebten zusammen, aber alles, was sie früher miteinander verbunden hatte, war jetzt Vergangenheit. Tobio und Shouyou waren nicht mehr das Traumpaar auf und abseits des Volleyball-Feldes, das sie einst gewesen waren. Sie spielten nicht mehr zusammen oder auch nur gegeneinander Volleyball, veranstalteten kein dummen Wettbewerbe mehr, schleuderten einander keine Beschimpfungen, die gar nicht so gemeint waren, mehr an den Kopf. Sie stahlen sich nicht heimlich davon um alleine zusammen Zeit miteinander zu verbringen, sie gingen nicht miteinander aus, hielten nicht Händchen, teilten sich keine Bento-Boxen oder Milchpäckchen mehr, sie machten keine Hausaufgaben zusammen, analysierte keine Volleyball-Matches zusammen, und sie hatten keinen Sex miteinander. Sie machten ja nicht einmal mehr miteinander herum.

Tobio hatte Natsu und Hinata-san seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen, und ein gemeinsames Herumhängen mit ihren Volleyball-Freunden gab es auch nicht mehr. Manchmal sahen sie sich zusammen mit Kozume und Kuroo-san Handball-Matches an, und sie sahen Kozume beim E-Sport zu, aber das war nicht das Selbe.

An manchen Tagen fragte sich Tobio, was ihn und Shouyou eigentlich noch miteinander verband. Klammerten sie sich nur einander, weil sie starke Liebe zueinander empfanden, oder hatten sie doch noch irgendetwas gemeinsam? Zusammen zu frühstücken, sich dumme Sendungen oder E-Sport-Turniere nebeneinander sitzend anzusehen, war das alles, was ihnen geblieben war? Und mussten sie um das zusammen zu tun überhaupt zwangsläufig zusammen sein?

Kozume und Kuroo-san fanden auch immer Ausreden um zusammen Zeit zu verbringen, doch die beiden waren definitiv kein Paar. Und die alte Angst, dass Shouyou eines Tages Sex vermissen würde und sich nach jemand umsehen würde, der ihm das liefern konnte, die war auch immer noch präsent in Tobios Kopf. Er machte Fortschritte, aber soweit, dass er darüber nachdenken könnte, ob auch nur manches davon jemals wieder bei ihm funktionieren würde, war er definitiv noch lange nicht.

Also ja, natürlich zweifelte er. Da alles, was ihn und Shouyou früher zu einem Paar gemacht hatte, nicht mehr vorhanden war, wie hätte er da nicht zweifeln können? Wie hätte ihm diese Tatsachen nicht Sorgen bereiten sollen?

Liebe konnte vieles überwinden, das wusste er. Aber konnte sie alles überwinden? Dessen war er sich einfach nicht sicher.

Überhaupt war ihre Zukunft ungewiss. Shouyou konnte nicht ewig mit seiner Karriere pausieren, nur weil Tobio ihn brauchte. Und er selbst konnte auch nicht ewig von seinen Ersparnissen leben. Er war noch keine Dreißig, und Versicherungssumme hin oder her, früher oder später würde er sich überlegen müssen, was er eigentlich mit dem Rest seines Lebens anstellen wollte, und wie seine Beziehung zu Shouyou dort hineinpasste.

Aber momentan war er einfach noch nicht soweit sich das überlegen. Momentan wollte er einfach nur die Tatsache genießen, dass es jemanden gab, der ihn so sehr liebte, dass er ihm zu Hilfe gekommen war, als er am dringendsten Hilfe gebraucht hatte, und der bei ihm geblieben war, auch als die Dinge schwierig geworden waren.

Leider aber blieb ihm dazu keine Zeit mehr. Denn wie sich herausstellte, hatte auch Shouyou eine Entscheidung treffen müssen, was den Rest seines Lebens anging. Und nun teilte er seinem Ehemann diese Entscheidung mit.

„Ich habe bei den Schweiden Adlers einen neuen Vertrag unterschrieben. Nur für eine Saison, und wenn es nicht funktionieren sollte, dann unterschreibe ich keine Verlängerung, das verspreche ich dir. Aber ich konnte nicht einfach weiterhin keine Entscheidung treffen. Die Assoziation hat mir mitgeteilt, dass ich aus dem Nationalteam fliege, wenn ich nicht weiterhin als aktiver Profi-Spieler gelte, und um als das zu gelten, muss ich bei irgendeinen Team unter Vertrag stehen", erklärte er ihm, „Es tut mir leid, falls das ein Fehler war, aber du hast immer gesagt, dass ich unterschreiben soll, wo ich möchte." Und jetzt werden wir wohl sehen, ob du das ernst gemeint hast, fügte er nicht hinzu, aber sie wussten beide, dass es darum in Wahrheit gerade ging.

Es machte Sinn, dass Shouyou die Adlers ausgewählt hatte, nahm Tobio an. Internationale Teams hatten sie beide für die nahe Zukunft ausgeschlossen, und die Adlers waren nicht nur in Tokyo beheimatet, sondern auch eine vertraute Größe. Für Shouyou musste es eine Art Heimkehr darstellen für das Team zu spielen, gegen das er in seinem ersten Match als Stammspieler einer japanischen Mannschaft angetreten war.

Tobio an seiner Stelle hätte sich vielleicht ebenso entschieden. Und er hatte Shouyou immer gesagt, dass er wollte, dass der Andere flog, und er hatte ihm auch gesagt, dass er nicht wollte, dass Shouyou seine Ambitionen zurückstellte und in die Zweite Liga abstieg, nur weil Tobio nicht mehr spielen konnte.

Dass die Adlers seine alte Mannschaft waren, für die er nicht mehr spielen konnte, verletzte ihn nicht; er hatte sie schon zuvor verlassen gehabt, als er nach Italien gezogen war. Er missgönnte sie Shouyou nicht.

Aber er wusste nach wie vor nicht, ob er es aushalten würde mit jemandem zusammen zu sein, der immer noch das machte, was Tobio nie wieder machen würde können. Deswegen hatte Shouyou nur für eine Saison unterschrieben, um auszuprobieren wie es sein würde, wie sie beide damit umgehen könnten, dass nun nur noch einer von ihnen im Profisport war.

Tobio horchte in sich hinein, versuchte herauszufinden, was er ob dieser Enthüllung empfand. „Noch kann ich zurücktreten", erklärte Shouyou schnell, „Wenn du…."

„Ich freue mich für dich", unterbrach ihn Tobio, „Ja, das tue ich wirklich. Vergiss nicht, ich will, dass du fliegst, du bist nie schöner. Ich bin froh, dass du dich entschieden hast das weiterzumachen, was du liebst."

„Es ist nur eine Saison", wiederholte Shouyou, „Wenn wir damit nicht klar kommen, dann mach ich was anderes. Aber wir können es nicht wissen, wenn wir es nicht versuchen." Shouyou kratzte sich den Kopf. „Und wer weiß? Die Adlers sind nicht mehr so gut wie sie es noch vor ein paar Jahren waren. Und jetzt hat Hoshiumi bei den Jackals unterschrieben, also vielleicht scheiden wir nach ein paar Spielen aus", fügte er nervös hinzu.

„Wage es nicht", erwiderte Tobio streng, „Wenn du schon spielst, dann will ich, dass du dein Bestes gibst. Für uns beide. Und dass du gewinnst, so oft du kannst, und so lange es möglich ist am Platz bleibst. Ich will keine Kompromisse, vergiss das nicht. Ich will nicht, dass du absichtlich auf der Bank sitzt oder eine Verletzung vortäuscht oder sonst was. Ich will, dass du es richtig machst und alles gibst, was du hast!"

Shouyou blinzelte überrascht. Dann nickte er. „Aber natürlich. So habe ich das ja auch nicht gemeint", behauptete er dann, „Ich werde mein Bestes geben, das verspreche ich dir. Und da es vielleicht meine letzte Saison sein wird, um so mehr. Man wird von mir sprechen, du wirst schon sehen!"

Für einen Moment blitzte der alte Kampfgeist in Shouyous Augen auf. Doch dann erlosch dieser wieder. „Kenma hat gesagt, dass es kein Problem für ihn ist auszuhelfen, wenn ich bei meinen Matches bin und durchs Land reise. Aber wenn du mich brauchst, dann bin ich trotzdem da. Mein Bestes zu geben heißt nicht, dass du deswegen nicht mehr meine Priorität bist", versicherte er seinem Mann.

„Wichtig ist nur, dass du zu mir zurückkommst", erklärte Tobio, „Solange ich weiß, dass du zurückkommst und das tust, was du liebst, solange ist alles gut."

Doch das war einfach zu sagen, bevor all das zur Realität wurde. Wie es sein würde, wenn Shouyou wirklich wieder spielte, das würde sich erst noch zeigen müssen.


Shouyou gab sich wirklich Mühe, das wusste Tobio. Er versuchte das Training und Tobios Bedürfnisse auf einander abzustimmen, versuchte beide Seiten seines Lebens in Balance zu halten, soweit es möglich war, und er versuchte Tobio nicht zu viel von seinem Training zu erzählen, was untypisch für den mitteilsamen Mann war, der sich sonst nie ein Blatt vor dem Mund genommen hatte, wenn es um Volleyball ging.

Tobio fand es beinahe ein wenig schade, dass Shouyou sich zurückhielt und ihn nichts von seinen Tagen erzählte, aber er war sich immer noch nicht sicher, ob er es ausgehalten hätte zu hören was vor sich ging, wenn er daran doch nicht teilhaben konnte. Also akzeptierte er das Schweigen des Anderen.

Und es funktionierte. Shouyous Beschäftigung bei den Adlers stand nicht zwischen ihnen, Tobio war nicht neidisch oder wütend, ja noch nicht einmal traurig. Er fühlte sich ein wenig ausgeschlossen, aber er dachte, dass er mit der neuen Situation klar kam.

Bis das erste Auswärtsspiel der Adlers auf dem Plan stand.

Er vermisste Shouyou, kaum, dass er wusste, dass der andere Mann Tokyo verlassen hatte. Kozume beobachtete ihn aus den Augenwinkeln wie es schien, denn er schien einen untrüglichen Instinkt dafür zu haben wie Tobios Befinden war, da er sich beinahe sofort besonders intensiv mit seinem Mitbewohner beschäftigte.

In den letzten Monate hatte Tobio begonnen als eine Art unbezahlter Assistent für Kozume zu arbeiten, er hatte öfter mal bei dessen Videos ausgeholfen, technischen Beistand geliefert - alles immer freiwillig um sich beschäftigt zu halten. Doch nun fand er sich auf einmal regelrecht eingespannt wieder, mit Aufgaben überschwemmt, von denen er wusste, dass viele in Wahrheit eigentlich automatisiert waren und gar nicht von einem Menschen gemacht werden mussten.

Aber sich als Assistent eines Influencers und Pro-Gamers zu betätigen half nicht ihn von der Leere, die er empfand abzulenken. Sie war trotzdem da, und sie drohte ihn aufzufressen.

Nachdem er mit seinen Aufnahmen fertig war, versuchte Kozume ihn mit Handball abzulenken, aber auch das funktionierte nicht. Nicht wirklich.

„Ich vermisse Shouyou", gab Tobio schließlich zu, „Ich weiß, dass er kaum einen Tag weg ist, und es dumm ist, weil er doch wieder kommt, aber …" Er verstummte. „Ich vermisse ihn."

„Er vermisst dich sicherlich auch", meinte Kozume dazu.

„Das glaube ich nicht. Er hat momentan sicher nur Volleyball im Kopf", erwiderte Tobio, „Du weißt doch wie er vor großen Matches ist."

Kozume musterte ihn mit verengten Augen. „Hast du in Wahrheit vielleicht doch Angst, dass er nicht wieder kommt?", wollte er dann wissen.

Tobio zuckte die Schultern. „Es ist mehr als das", räumte er dann ein, „Ich habe das Gefühl, dass ich ihn verliere. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob wir überhaupt wirklich ein Paar sind. Alles, was uns früher verbunden hat, ist weg. Unsere gemeinsamen Interessen und Tätigkeiten … es ist als würden wir nur noch nebeneinander her leben und nicht mehr miteinander leben. Und zu wissen, dass er dort draußen ist und ein Leben führt, an dem ich nicht teilhaben kann…. Schlimm genug, dass er mit mir nie über das Training redet, aber jetzt hat er ein Match, und ich kann nicht einmal dort sein um ihn zu unterstützen."

Kozume wirkte nachdenklich. „Willst du denn dort sein um ihn zu unterstützen?", wollte er wissen.

„Ich weiß es nicht", gab Tobio ehrlich zu, „Aber, dass ich es nicht bin, kommt mir falsch vor."

„Früher wart ihr auch nicht bei allen Spielen des Anderen", warf Kozume ein.

„Ja, aber das hatte andere Gründe. Wir haben in verschiedenen Ländern oder Städten gelebt, waren in verschiedenen Teams; wir hatten einfach keine Zeit dafür. Aber wir haben trotzdem immer versucht für einander da zu sein", erwiderte Tobio, „Aber jetzt…"

Kozume sah ihn fragend an. „Wir können das Match ansehen, wenn du willst. Ich weiß, wo die Übertragung läuft", schlug er vor.

Tobios Herz schlug schneller, als er das hörte.

„Aber wenn du es nicht willst, dann müssen wir es nicht tun", fuhr Kozume fort.

Und das war der Krux, nicht wahr? Die ultimative Prüfung: Wenn er es nicht ertragen könnte das Spiel anzusehen, hätte seine Ehe dann nicht endgültig keine Zukunft mehr?

Wenn er es nicht ausprobieren würde, dann würde er es niemals wissen, aber wenn er es ausprobierte, und dabei herauskam, was er befürchtete….

„Kageyama, ich hab mal eine Frage … Du liebst Shouyou doch, oder?", wollte Kozume wissen.

„Ja, sehr sogar", erwiderte Tobio sofort.

„Und ihr verbringt Zeit miteinander, sehr viel sogar, mehr als früher als ihr geheiratet habt, oder nicht?", erkundigte sich Kozume weiter.

„Nun … zumindest war es bis zu Saison-Beginn so, und ich nehme an, verglichen mit früher ist es immer noch so", gab Tobio zu.

Kozume nickte. „Und ihr redet viel miteinander, unterhaltet euch stundenlang über eure Gefühle und Ängste und Bedürfnisse", meinte Kozume.

Tobio nickte. Das war richtig.

„Und ihr sitzt immer ganz nahe nebeneinander, wenn wir was zusammen machen, und wenn ihr denkt, dass ich es nicht bemerke, dann legt ihr eure Hände ganz dicht nebeneinander und lasst sie einander berühren, und wenn es euch überkommt, dann beginnt einer von euch die Hand des anderen mit kleinen Küssen zu bedecken", stellte Kozume fest.

Tobio errötete ein wenig, nickte aber wieder.

„Und wenn es eine Krise gibt, dann seid ihr immer für einander da", meinte Kozume, „Shouyou ist gekommen, als du ihn gebraucht hast, und du wärst gekommen, wenn er dich gebraucht hätte. Oder nicht? Und jetzt stört es dich, dass du ihn nicht unterstützen kannst, weil es dir wichtig ist, den Menschen, den du liebst, zu zeigen, dass du auf seiner Seite bist."

Tobio musterte den älteren Mann nachdenklich. „Worauf willst du hinaus?", wollte er wissen.

„Darauf, dass ich nicht verstehe warum du der Meinung bist, dass ihre kein Paar seid, wenn ihr doch eindeutig eines seid! Ja, eure Beziehung hat sich verändert - alles hat sich verändert. Ihr seid keine Schüler mehr, und auch keine Teamkameraden mehr. Aber ihr seid eindeutig ein verliebtes Ehepaar, welches das Schlimmste, was passieren kann, bereits überstanden hat, und jeden Tag um eine gemeinsame Zukunft kämpft", erklärte ihm Kozume, „Und ich bin überzeugt davon, dass ihr, selbst wenn du es nicht ertragen kannst Shouyou spielen zu sehen, trotzdem einen Weg finden werdet zusammen zu bleiben."

Vielleicht hatte er ja recht. Tobio hatte bis jetzt immer nur bemerkt, was er und Shouyou alles nicht mehr zusammen taten, was sie nicht mehr miteinander verband. Aber wenn man es so betrachtete, dann waren sie wohl doch immer noch in einer Beziehung, nur dass diese sich verändert hatte.

Aber wäre diese veränderte Beziehung wirklich stark genug um der ultimativen Prüfung Stand zu halten? Wäre Tobio stark genug um ihr Stand zu halten?

„Ich könnte Kuro anrufen, und wir könnten uns das Match gemeinsam ansehen", meinte Kozume dann, „Damit du … dir das Match nicht alleine ansehen musst."

Tobio dachte noch einen Moment darüber nach. Dann nickte er wortlos. Wenn er schon versagen musste, dann wollte er zumindest nicht alleine versagen, dann wollte er dabei zumindest von Freunden umgeben sein.

Wenig später hatten sie sich zu dritt um den riesigen Fernseher herum versammelt. Tobio spürte wie sich sein Herzschlag beschleunigte. Was immer auch passiert, er hat nur für eine Saison unterschrieben. Wenn ich es nicht ertrage, dann muss das nicht zwangsläufig das Ende für uns sein, rief er sich in Erinnerung, Shouyou kann auf viele Weisen fliegen.

Aber er wollte ihn nicht zwingen weniger hoch zu fliegen, und er wollte stark genug sein um seinen Ehemann bei allem, was er tat, unterstützen zu können. Und außerdem wollte er in der Lage sein ein Volleyall-Match anzusehen ohne dabei in abgrundtiefe Verzweiflung zu verfallen. Volleyball war so lange sein Leben gewesen, er wollte dass es immer noch Teil seines Lebens sein konnte.

Aber vielleicht ist es dafür einfach zu früh. Vielleicht bin ich einfach noch nicht so weit.

Nun, er würde es gleich herausfinden. Er atmete tief durch, und sah zu wie der Fernseher eingeschaltet wurde. Die Adlers spielten gegen die MSBY Black Jackals. Wie es wohl für Shouyou war gegen sein altes Team zu spielen und dabei nun auf der anderen Seite zu stehen? Sah er das als besondere Herausforderung an, oder sorgte es für widersprüchliche Gefühle in ihm?

Aber das Match hatte bereits begonnen. Tobio konzentrierte sich auf die Aufstellungen der beiden Teams und konnte nicht anders als zu analysieren, was sich vor seinen Augen abspielte. Der alte Instinkt meldete sich zu Wort, und er konnte nicht einfach nur zusehen, er musste im Geiste auch mitspielen.

Dann sah er Shouyou aufs Spielfeld treten. Offenbar hatten sie ihn zunächst auf der Ersatzbank gelassen. Ich habe ihm gesagt, dass er alles geben soll, hat er sich daran etwa nicht gehalten? Oder gab es taktische Gründe für diese Entscheidung? Die Jackals waren Shouyous ehemaliges Team, sie kannten ihn und seine Stärken. Oder dachten sie, dass er schwach geworden war, nachgelassen hatte? Vielleicht setzten die Adlers darauf, dass sie das dachten.

Shouyou wirkte konzentriert und bereit zu allem, wie immer eben. Und dann rannte er los, verfolgte einen Ball. Seine Annahme war sauber und gezielt wie Tobio zufrieden feststellte. Ja, sein Mann hatte sein Versprechen gehalten, er gab wirklich alles.

Tobio sah dem Match eine Weile lang zu. Shouyou machte eine gute Figur, alle Spieler taten das, sie alle gaben ihr Bestes. Und dann … dann wurde Shouyou vom Zuspieler ein Ball zugespielt…

„Kageyama-kun?"

„Kageyama! Tobio!"

Er bemerkte, dass Kuroo und Kozume ihn besorgt anstarrten. „Tobio, ist alles in Ordnung?", wollte Kozume von ihm wissen.

„Ich … Ja, ja, es geht mir gut. Ich dachte nur gerade … wie wunderschön er ist, wenn er fliegt", erwiderte Tobio, „Und wie froh ich darüber bin, dass ich ihm das gesagt habe. Dass ich damals in unserer Schulzeit mutig genug war ihm zu sagen was ich empfinde. Ansonsten hätte ich ihn vielleicht verpasst, dann würde er jetzt vielleicht für jemand anderen fliegen."

Shouyou flog für sich selbst, natürlich tat er das, aber er flog jetzt auch für Tobio, er flog für sie beide.

Und so überwältigend das war, so sicher war sich Tobio auf einmal auch, dass er damit sehr wohl würde leben können.


A/N: Diese Fic neigt sich langsam dem Ende zu, betrachtet euch hiermit als vorgewarnt.

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