"Naechster Halt: Berlin Hauptbahnhof"

Berlin. Seit fast 2 Jahren war er nicht mehr hier gewesen. Warum er diese schoene Stadt so fluchtartig verlassen hatte, daran erinnerte er sich nur aeusserst ungern. Vor 2 Jahren war er der gluecklichste Mann gewesen und er haette der Mann an Lisa Plenskes Seite werden sollen. Diese hatte ihn jedoch vor dem Altar stehen gelassen und war ein paar Minuten spaeter mit einem ganz anderen Mann - ihrem Traumprinzen David Seidel - wieder vor den Altar getreten. Zutiefst verletzt hatte er noch an diesem Tag Berlin verlassen und war nach Tibet geflogen. Nach einen halben Jahr hatte er jedoch beschlossen, wieder nach Deutschland zurueckzukehren und bei einem neuen Schuhlabel angefangen, mit dessen Chefin er gut befreundet war. Diese hatte ihn auch letzte Woche gebeten, 2 moegliche Geschaeftspartnet in Berlin zu treffen.

"Rokko, ich weiss, dass du eignelich nie wieder nach Berlin wolltest, aber Chrissy und Luna haben keine Zeit, ich kann auch nicht weg und du bist der einzige, der das noch hinbekommen wuerde! Du weisst, wie wichtig das fuer uns ist."

So hatte er eingewilligt, fuer fuenf Tage nach Berlin zu fahren, in der Hoffnung, Lisa nicht begegnen zu muessen. line Rokko nahm seinen Koffer und stieg aus dem Zug aus. Wie so oft kriesten seine Gedanken um Lisa.

"Lisa! Juergen!"

"Hallo Mama."

Mit stark geroeteten Augen stand Lisa vor der Tuer ihres Elternhaises in Goeberitz, neben ihr ihr bester Freund Juergen, beide mit einem Koffer in der Hand.

"Dieses Mal ist es endgueltig", sagte Lisa und fiel ihrer Mutter weinend in die Arme.

Helga war erstaunt. Vor fast 2 Jahren hatte ihre Tochter ihren Traumschwiegersohn Rokko Kowalski fuer David Seidel sitzen lassen und ihn geheiratet. Seit dieser Hochzeit stand Lisa schon 2 Mal weinend vor der Tuer und hatte geschluchzt, dass sie sich von David trennen wolle. Doch schon 2 mal war sie wieder zu ihm zurueckgekehrt. Oft sagte Helga sich, dass Rokko ihr Tochter nicht so verletzt haette.

Langsam fuehrte helga ihre Tochter ins Wohnzimmer.

"Schnattchen!" bernd Plenske, Lisas Vater, sprang vom Sofa auf. "Was hat der Seidel dieses Mal gemacht?"

Mittlerweile war auch er nicht mehr von seinem reichen Schwiegersohn begeistert. Lisa schiefte nur und helga reichte ihr ein Taschentuch.

"Ich... bring mal deine Koffer nach oben", meinte Bernd.

Lisa war mit deutlich mehr Gepaeck als beim letzten Mal hergekommen, ein grosser und ein kleiner Koffer standen noch vor der Tuer. Von draussen wehte ein angenehmer Wind herein.

Lisa schluchzte und schniefte immer mehr. "Heute morgen hab ich in Juergens Kiosk... David... er hat eine duerre Blondine gekuesst und das Foto war in so einer Klatschzeitung." Juergen hielt ihre Hand.

"Ich hab sie dann zur Villa Seidel gebracht, ihr geholfen, ihre Sachen zu packen und sie dann zu euch gebracht", erklaerte er. Dann stand er auf. "Ich geh jetzt Lisa, bei deinen Eltern bist du besser aufgehoben als bei den Seidels!"

"Danke Juergen, vielen Dank." Bernd begleitete ihn zur Tuer und setzte sich dann auch ins Wohnzimmer.

Schliesslich stand auch Lisa auf. "Ich waer jetzt gern ein wenig allein... aber danke, dass ich wieder zu euch darf."

Wieder fing sie an zu schluchzen und ging schnell nach oben in ihr altes Zimmer. Dort sah sie sich um. Ihre Eltern hatten noch immer nichts veraendert. Mit Traenen in den Augen setzte sie sich auf das Fensterbrett, ihre Lieblingsecke. Sie drueckte ein Kissen an sich und sah aus den Fenster. Als sie das letzte Mal aus der Seidelschen Villa hier her geflohen war hatte sie gerade einen heftigen Streit mit David hinter sich gehabt. Schon zum zweiten Mal war er erst morgens nach hause gekommen, lippenstiftspuren am Hemd. Zum zweiten Mal hatte Lisa ihre Sachen gepackt und war zu ihren Eltern gezogen - und zum zweiten Mal war sie ein paar Tage spaeter wieder zu ihm zurueckgekehrt. Doch dieses Mal wuerde sie nicht zu ihm zurueckgehen. Das Foto, dass sie heute Mittag auf dem Titelblatt einer Zeitung in Juergens Kiosk gesehen hatte hatte ihr den Rest gegeben. Von wegen "Geschaeftsreise"! Mit einer duennen blondine am Strand zu knutschen und sich auch noch fotografieren zu lassen!

Die Strasse verschwamm vor ihren Augen. Traenen tropften auf das Kissen. Zitternd sass sie da und fragte sich wieder einmal, ob sie nicht vielleicht den falschen geheiratet hatte.

Rokko lief allein durch die hell erleuchtete Innenstadt Berlins. Ueberall sassen Menschen an kleinen Tischen vor den Restaurants, aus den Bars war Musik zu hoeren. Er lief an hohen Wohnhaeusern vorbei und begegnete einigen Paerchen, die haendchenhalten durch die Nacht gingen, vielleicht auf dem Weg zur Disco. Alles war froehlich; man genoss die warmen Augustabende nach dem verregneten Juli. Eine Gruppe junger Frauen lief an ihm vorbei, alle mit kurzen Roecken und bauchfreien Tops. Sie lachten und redeten. Doch er selbst schien nicht in das bunte Treiben der Hauptstadt zu passen. line Er hatte sich mit Hugo, Hannah und Timo in der Tikibar verabredet, aber in Berlin hatte er einfach keine Lust auf Party. So hatte er sich bald wieder verabschiedet, mit dem Versprechen, morgen kurz bei Kerima vorbeizuschauen - in der Mittagspause, denn Lisa wollte er auf keinen Fall antreffen. Ein paar Meter vor ihm stand ein Paar und kuesste sich. Schnell drehte er sich im und ging einfach wieder in die Richtung, aus der er gekommen war. So lief er noch eine Weile ziellos durch die Strassen, bevor er sich auf den Weg zum Hotel machte. Dort wuerde er Lisa bestimmt nicht begegnen.