Lena

Was sehen die Menschen, wenn sie in den Spiegel schauen? Sind sie zufrieden? Lacht ihr Spiegelbild zurück oder sehen sie nur ihre Makel?

Lena hat sich nie gefragt, was andere sehen. Betrachtet sie ihr Spiegelbild, sieht Lena keine Makel. Ihr Gesicht ist hübsch, diese Sicherheit habe ihr andere gegeben. Es ist makellos. Gleichwohl wirkt ihr Spiegelbild nicht glücklich und zufrieden. Ihre Makel liegen wo anders.

Sie fragt sich, ob Kara es ahnt.

Kara.

Nachdem ihre Arbeit im DEO getan war, schaut sie Sie noch eine Weile beim Schießtraining zu.

Kara, die mit ihren leuchteten Augen so happy aussieht, während sie die Waffe in der Hand hält. Winn, hilft ihr mit den Einstellungen und Kara ist so stolz nach jedem Treffer. Alex kommt hinzu und zusammen stecken sie die Köpfe über die Waffe und machen gemeinsam Schießübungen. Karas Schießgenauigkeit wird mit jedem Tipp besser und immer wieder sieht sie zu Lena und winkt. Sie verhält sich wie ein aufgeregtes Kind, das möchte, dass man ihm zusieht und lobt. Und Lena? Lena winkt zurück, mit den Daumen der anderen Hand nach oben und möchte diese Unbeschwertheit fühlen.

Und fühlen tut sie. Sie kann nicht anders und lässt ihren Blick über die Muskeln schweifen, während Kara ihren Körper anspannt, der Bizeps hervorgedrückt wird und Lena läuft das Wasser im Mund zusammen.

Der Anzug wird niemals etwas anderes mit Lena machen als ihr Blut in Wallung bringen, dieses protzige S auf der Brust, wird sie immer antörnen und gleichzeitig beschämen. Die Lust, die sie empfindet, ist nicht abgeflaut, nachdem sie ihre Fantasie ausgelebt hat. Sie blickt nicht zufrieden auf ein gelebtes Ereignis zurück, wovon sie immer fasziniert hat. Nein, die Erinnerung quält sie. Bauchmuskeln, die Lena spürt und mit ihrer Hand streift und danach greift. Finger die daran entlangfahren auf ihrem Weg nach unten in das warme blonde Dreieck. Es ist fotografisch in ihr Gedächtnis abgespeichert, als gelebte Erfahrung eingebrannt. Jeder Zeit abrufbar in hightech-color Farben mit besten Sound dazu. Lena kann an fast nichts anderes denken.

Wenn sie dachte, es reiche nur das eine Mal mit Supergirl zu schlafen und der Traum sei aus ihrem System raus, ist sie ein Idiot.

Es kreiert völlig neue Fantasien. Dinge die sie mit Kara anstellen möchte.

Mit Kara. In ihren Träumen mag es anfangs Supergirl gewesen sein, als sie noch nicht wusste, wer unter dem Anzug steckt. Aber nun?

Sie hat von Anfang an mit Kara geschlafen. Der Anzug war ausgezogen, um sie zu wärmen. Es waren Karas zärtliche und sanfte Berührungen, die sie gewärmt haben.

Eins führte zum Anderen und Lena halb wahnsinnig vor Begehren hat die Kontrolle übernommen, so wie sie es immer tut. Kara war so offen in allem, so happy und wunderbar. Weich und sexy und sie vertraute Lena einfach so, ihre erste Erfahrung mit einer Frau an.

Und natürlich wollte Kara auch. Und Lena wünscht es sich, denkt einen Moment, es würde funktionieren. Aber sie kann nicht. Sie ist deshalb nicht enttäuscht, sie kann es einfach nicht. Sie kann nicht ändern, wer sie ist. Woher sie kommt.

Jetzt kann Lena nach der Erinnerung greifen, die so lebhaft vor ihren Augen tanzt, das was sie miteinander getan haben.

Gott, es schreit nach mehr.

Mehr ist immer gefährlich.

Selten hat sie die Zeit, über diese Dinge nachzudenken und das ist gut so. Es fällt ihr schwer, mit ihren Fehlern und Baustellen umzugehen, ständig über analysiert sie sich, doch sie kommt nicht weiter, dieses Problem zu lösen. Sie hat sich damit abgefunden. Beinahe. Wenn da nicht dieser Wunsch wäre. Mit Kara.

Normalerweise hat sie tonnenweise Arbeit, selbst auf dem Handy kann sie ihre Projekte abrufen und arbeiten erledigen.

Doch ihrer aufmerksamen Sekretärin Jess ist nicht entgangen, dass Lena in den letzten Wochen seltener im Büro als üblich war. Selbst am Firmen-Messanger war Lena weniger online, zu sehr war sie in ihre Arbeit mit dem DEO und dem roten Stein beschäftigt. Was immer Jess denkt, was Lena treibt, ihre Assistentin hat ihre Arbeit gemacht. L-Corp lief auch hervorragend ohne Lena weiter. Ihre Mitarbeiter sind selbstständig und wissen was zu tun ist.

Also was tut Jess, als Lena ankündigt ins Büro zu kommen, nachdem sie Kara genug angeschmachtet hat und sich damit quält. Jess sagt ihr, es ist alles in Ordnung und eh schon spät. Jess sagt ihr, sie sollte sich den restlichen Nachmittag frei nehmen. Lena ist zu perplex, um zu argumentieren.

Nach Wochen der Konzentration, nach der Arbeit mit dem DEO, steht sie nun in ihrem Penthouse, irgendwie arbeitslos.

Lenas Hilfe war geleistet, mehr kann sie nicht tun. Die Aliens muss Kara selbst bekämpften, sie hat geholfen, es ihr dafür so einfach wie möglich zu machen. Wenn alles erfolgreich abläuft, wollen die Superfriends feiern gehen, Winn hat ihr das erzählt. Natürlich wird Supergirl die garstigen Aliens wegsperren und dahin verbannen, wo sie hergekommen sind. Und natürlich hat sie sich anschließend eine Feier verdient. Einen sorglosen Abend mit ihren Freunden. Den Superfriends, wie sie sich nennen. Gehört Lena noch dazu? Sie weiß, dass sie es sich mit den meisten ein wenig vertan hat, sie war einfach zu verletzt, die Sache mit Kara ist aus heiterem Himmel Supergirl. Lena kann den Gedanken nicht ausstehen, dass sie die Einzige ist, die nichts von diesem Geheimnis wusste. Selbst Maggie. Aber wenn sie diese Menschen, die sie wirklich gerne hat, nicht verlieren möchte, muss sie sich zusammenreißen und nach vorne sehen.

Lena lässt sich ein Entspannungsbad ein und zieht sich aus.

Sie betrachtet ihren nackten Körper.

Auch hier ist kein Makel zu sehen. Ihr Körper ist die Hülle, welche diese versteckt.

Das Piepsen ihres Handys lässt sie hochschrecken, benommen sieht sie sich um. Lena ist in der Wanne weggeknickt, ihr Nacken ist steiff, als sie nach dem Handy greift.

Eine neue Nachricht von Kara erscheint auf ihrem Display.

Kara: rate mal wer erfolgreich Alienhintern versohlt hat und jetzt am Feiern ist?

Lena grinst und tippt eifrig eine Antwort.

Lena: mein Cowboy?

Kara: Yes! Dein Cowboy. Wann kommst du? Wir warten alle auf dich? Wir möchten gemeinsam feiern!

Lena kann nicht widerstehen. Sie will Kara sehen.

Lena: gibt mir 15 Minuten.

Kara: ich gebe dir 20 Minuten.

Daraus wird eine knappe Stunde. Lena hüpft rasch aus der Wanne und duscht sich kurz ab dieses Mal mit Seife. Sie ist flink, aber dann verbringt sie alle Zeit damit, ihren Körper vorsorglich mit der Bodylotion einzureiben, welche ihre Haut weich werden lässt. Nur für den Fall. Sie weiß nicht, ob Kara wiederholen würde mit Lena zu schlafen, sicherlich fand sie es gut, Lena weiß, was sie gesehen hat. Kara war befriedigt und sie hat es selbst gesagt.

Ich hab nicht gewusst, dass es so gut sein kann, dass man sich so verbunden dabei fühlt."

Dieses Wort verbunden.

Was hat Kara damit gemeint? War es Neugier auf die Erfahrung mit einer Frau. Ist es dass, weshalb sie Lena nicht abgewiesen hat und mit ihr geschlafen hat? War dass ein Traum, von dem Kara immer fasziniert hat? Lena hat keine Ahnung, was in Kara vorgeht, sie sprechen nicht über diese Art von Dingen. Lena kennt diese Seite von Kara nicht. Einen Vorgeschmack hat sie nun erhalten.

Der Club ist voll und der Bass dröhnt, als Lena dort aufkreuzt. Ohne Alkohol, welche ihre Sinne ein wenig betäubt wird, sie den Abend nicht überleben. Pech, das sie vorhatt heute nüchtern zu bleiben. Weniger gefährlich.

Sie sind alle da. Kara, Winn, Alex, Maggie, J'onn und James, sie sitzen auf einer Couch, Sessel und Couchtischen in einer etwas ruhigeren Ecke. Lena nickt in die Runde und begrüßt alle. Auf dem Tisch steht ein Kübel mit einer Flasche Champagner darin. Dort steht auch anderer, harter Alkohol, sicherlich Maggies. Lena will nicht unhöflich sein und nimmt das Glas Champagner, das James ihr einschenkt entgegen.

Gemeinsam stoßen sie an, freuen sich, dass die Welt wieder einmal gerettet wurde und nur sie darüber Bescheid wissen. J'onn hält eine Rede und Lenas Gedanken schweifen ab.

Kara sieht wunderschön aus. Sie trägt eine gepunktete Bluse und ihr traumhaftes Haar ist halboffen, so wie sie es als Kara üblicherweise trägt, niemals das ganze Haar auf.

Lena nippt an dem Getränk, doch merkt, wie die blubbernde Flüssigkeit ihr bereits in den Kopf steigt. Geh zu Kara, streiche ihr Haar aus dem Nacken und küsse sie dort, bis sie zu zittern beginnt.

Als sie Gelächter wahrnimmt, ist die Rede zu Ende. Sie steht auf und geht zur Bar. Dort bestellt sie ein Wasser mit Zitronenscheibe. Sie bleibt ihrem Vorhaben besser treu und verzichtet auf Alkohol. Das letzte Mal war Scotch im Spiel, als diese Dinge getan hat, Kara vernascht hat und ein Gefühl dafür bekommen hat, worauf die Blonde steht.

„Du hast deinen Cowboy gar nicht richtig begrüßt." Kara steht plötzlich neben ihr.

Oh, geht dieses Cowboy/Cowgirlspiel etwa weiter?

Lena lacht. „Naja ich würd mir an den Hut tippen oder mein Lasso schwingen, aber ich habe beides nicht dabei. Leider kann ich dir damit nicht dienen." Lena legt das Geld für ihr Getränk auf die Theke.

„Hmm. Ich will einen Kuss auf die Wange, zur Begrüßung."

Es dauert einen Moment. Dann dreht Lena sich zur Seite. Kara hat den Kopf ein wenig zur schief gelegt und grinst so breit, ihre Zähne sind sichtbar.

Lena überlegt. Was erwartet Kara? Ist das ein Spiel? Ein Geheimcode für irgendwas. Karas Wangen sind rosig, sie wirkt so wahnsinnig happy.

Lena gibt nach. Sie beugt sich nach vorne, sie behält die Hände bei sich und küsst Kara auf die Wange. Doch Kara dreht ihren Kopf. Sie dreht ihn so, dass Lena's Lippen auf ihren Mund treffen. Es folgt ein fester Kuss.

Überrascht blickt Lena auf.

„Hinterlistig," sagt sie so normal wie möglich. Sie denkt nicht darüber nach, wie heftig ihr Herz mit einem Mal schlägt, wie ein leichter Schwindel sie befällt. Lena nimmt das bestellte Wasser entgegen und trinkt eifrig.

„Oh, ist es so furchtbar einen Kuss von mir zu bekommen," sagt Kara, sie grinst immer noch.

Lena mag keine coole Erwiderung einfallen und so rollt sie mit den Augen. „Erzähl mir von deinem Kampf," sagt sie stattdessen und nimmt einen weiteren Schluck. Das Wasser ist beinahe leer, als sie es abstellt. Ihre Lippen vibrieren immer noch.

Jetzt rollt Kara mit den Augen. „Wie oft denn noch? Du hast die Rede von J'onn gehört. Wir waren alle toll. Gemeinsam haben wir das geschafft. Lass uns tanzen Lena."

Was? Lena verschluckt sich an ihrer eigenen Spucke oder ist es, weil sie zu hastig getrunken hat. Hat Lena die Frage am Ende des Satzes tatsächlich richtig verstanden oder sich die Frage nur eingebildet. Was soll sie jetzt tun? Flirten? Ist Lena die beste Freundin von Kara?

Kara nimmt ihr die Entscheidung ab. Sie zieht Lena an sich.

Hat Kara immer schon so gut gerochen? Will sie hier mit ihr tanzen, neben der Bar. Soll Lena sagen, dass sie nicht tanzen kann. Sie konnte es noch nie. Sie wurde beim Tanzkurs von niemanden aufgefordert und somit ist sie nach der ersten Stunde gegangen.

„Lena, hör bitte auf damit."

„Was?"

„Hör auf zu denken."

„Was? Ich soll mein Gehirn abschalten?" Na toll, jetzt klingt sie ärgerlich. Sie ist überrumpelt. Sie verfällt in alte Muster. Sie braucht nur einen Moment ihre rasenden Gedanken zu sortieren. Schnell spricht sie weiter. Sagt einfach irgendetwas. „Es ist normal, dass Menschen denken, es-"

„Stopp Lena. Ich weiß, dass in deinem hübschen Kopf allerhand umher geht. In meinem auch. Aber für den Anfang, möchte ich, dass wir beide unsere wilden Gedanken zurückschrauben und den Abend genießen. Der Tag heute war hart, deiner sicherlich auch und wir haben uns alle ein wenig Erholung und eine Pause verdient. Kannst du das für mich tun? Kannst du dich ein wenig entspannen und dich von mir führen lassen? Ich halte dich."