Verfolgung

Arm in Arm gingen sie dann zu den anderen zurück. Glücklich lächelnd sahen sie in die abwartenden Gesichter von Inu Yasha und den Wolfsdämonen. Diese hatten sich in der Zwischenzeit kaum von der Stelle gerührt, so gebannt waren sie von dem Schauspiel, das sich ihnen geboten hatte. Inu Yasha hatte sogar völlig auf das Kämpfen vergessen, nur der Gedanke an Kagome hatte ihn nicht ganz verlassen. Doch um Aufklärung über ihren Verbleib zu erhalten, brauchte er Sango, die war ja im Moment leider anderweitig gefragt. Nun hielt er sich aber nicht mehr länger mit Nettigkeiten, Glückwünschen oder anderen Dingen auf.

„Wo ist Kagome?"

Sango sah ihn einen Moment verdutzt an, schien sich aber dann wieder an die Geschehnisse rund um ihre Freundin zu erinnern. Schnell löste sie sich aus Mirokus Armen, der sie darauf hin nur traurig ansah und begann hektisch zu erklären.

„Schnell! Wir müssen ihr hinterher! Sie ist los um Kouga zu helfen. Er ist in Gefahr!"

Die unterschiedlichsten Gefühle und Empfindungen waren während ihrer Ausführung über Inu Yashas Gesicht gehuscht.

Unsicherheit und Hektik, dann Enttäuschung und Zorn als Kougas Name fiel und Trotz als er hörte, dass der Wolfsdämon in Gefahr sein sollte. Dennoch drängte er seine beiden Freunde nun, sich zu beeilen.

„Was trödelt ihr dann hier noch rum? Ihr hinterher! Sango, weißt du wohin wir müssen?"

Das braunhaarige Mädchen schüttelte den Kopf.

„Sie ist zu den Bergwölfen. Dort hält Kouga sich im Moment auf. Wir müssen dort hin!"

Inu Yasha packte den ihm am nächsten stehenden Wolfsdämonen an der Gurgel und hob ihn hoch. Drohend hielt er ihm dann seine Klauen vor die Nase und zischte mit einem gefährlichen Ton: „Na, los! Wo finden wir diese Bergwölfe?"

Der Wolfsdämon klammerte sich an Inu Yashas Arm und wollte so sein Ersticken verhindern. Dann deutete er unter Keuchen und Würgen in östliche Richtung auf den nächstgelegenen Berg. Zufrieden ließ Inu Yasha den Mann fallen und ignorierte, wie dieser nach Luft schnappend nach hinten robbte, weg von dem seiner Meinung nach verrückten Halbdämon.

„Sango! Miroku! Wir gehen!"

Sein Blick war bereits Richtung Berg gewandt gewesen, doch als er keine Antwort bekam, drehte er sich überrascht um. Hatten die Dämonen seine Freunde gefangen genommen, oder warum reagierten diese nicht?

Wie erstarrt blieb er dann stehen, aber nur für einige Sekunden. Dann ballte er die Hand zur Faust und eine Augenbraue wanderte in die Höhe. Seine Augen verengten sich vor Zorn. Das konnte doch nicht sein! Kagome schwebte vielleicht in höchster Gefahr und was taten die Dämonenjägerin und der Mönch?

Standen dort, Händchen haltend und warfen sich verliebte Blicke zu! Inu Yasha konnte es nicht fassen! Wütend schoss er los und gab dem Mönch eine Kopfnuss, dass dieser zu Boden ging.

„Kommt ihr jetzt, oder muss ich alleine gehen?"

Er ignorierte Sangos wütend schmollenden Blick genauso wie Mirokus schmerzhaftes Stöhnen.

Ohne weiter auf seine Freunde zu achten, lief er dann los, direkt in die gewiesene Richtung. Sollten sie doch schauen, wo sie blieben. Er musste zu Kagome! Sie war sicher in Gefahr!

Die Ästen und Zweige der dicht belaubten Bäume schnellten an ihm vorbei, während er durch das Geäst sprang, immer auf den Berg zu, auf dem er Kagome vermutete. Hin und wieder traf ihn ein vereinzelter Sonnenstrahl, doch meist hastete er durch das beinahe geheimnisvolle Halbdunkel des Waldes. Die Bewegungen, die er auszuführen hatte, um möglichst rasch weiterzukommen, waren ihm schon mehr als bekannt und so konnte er die Gedanken schweifen lassen. Er spürte kaum mehr die raue Borke unter seinen Füßen, den Wind in seinen Haaren und auf seiner Haut. Sein Blick nahm die Bäume, den Boden und den Himmel nur mehr am Rande wahr, war viel mehr nach innen gerichtet. Ein schmales von schwarzem, leicht gewelltem Haar eingerahmtes Gesicht, in dem zwei rehbraune Augen leuchteten, nahm seine Aufmerksamkeit gefangen. Die Augen sahen traurig und enttäuscht auf ihn, der Ausdruck in ihnen zerriss förmlich sein Herz. Doch gestand er sich das nicht ein, wollte es nicht wahrhaben, dass ihm ein Lächeln von ihr, ein freudiger Blick so viel bedeutete, dass die Trauer in ihren Augen ihn mindestens genauso schmerzte. Nein, wenn er in seinem Leben als einsamer, nirgends dazugehöriger Halbdämon etwas gelernt hatte, dann, dass es nicht gut war, sich von Gefühlen bestimmen zu lassen. Doch genau das war bei ihm der Fall und anstatt es sich einzugestehen und hatte er sich dagegen wehren wollen, hatte in blindem Eifer um sich geschlagen und dabei die verletzt, die er doch niemals verletzen wollte.

Wie waren sie nur soweit gekommen? Verstand Kagome denn nicht, dass er Kikyo beschützen musste? Das war er ihr schuldig, schließlich war er derjenige der lebte und sie diejenige, die dahinvegetierte, getrieben nur von dem Hass auf ihn. Warum wollte Kagome nicht sehen, dass er Kikyo verpflichtet war, dass dies aber den Gefühlen, die er ihr entgegenbrachte keinen Abbruch tat? Er konnte und wollte seine Vergangenheit nicht ungeschehen machen, eine Vergangenheit, die nun einmal untrennbar mit Kikyo verbunden war. Die schönsten Augenblicke aber auch die schmerzvollsten Erfahrungen seines Lebens verdankte er dieser Frau. Und ehe Kagome in sein Leben getreten war, hatte es nur sie gegeben, die ihn als das akzeptierte hatte, das er nun einmal war. Sie hatte nicht Inu Yasha, den Halbdämon gesehen, sondern einfach nur ihn, Inu Yasha. Es war für sich nicht länger wichtig gewesen, ob er Mensch, Dämon oder Halbdämon war. Und das dankte er ihr. Sie hatte ihm das Vertrauen in die Menschen nicht völlig vergessen lassen. Sie hatte ihm gezeigt, dass es nicht wichtig war, dass alle einen mochten und vertrauten, sondern dass es so manches Mal genügte, wenn man eine Person hatte, der man sich völlig öffnen konnte, die einem zur Seite stand. Er war ihr viel schuldig, eine Schuld, die er in diesem Leben noch begleichen wollte. Doch das hieß nicht, dass sich seine Gefühle Kikyo gegenüber nicht verändert hatten. Früher, bevor Kagome in sein Leben getreten war, hatte er sie geliebt – wenigstens mit soviel Liebe wie für ihn zu dieser Zeit möglich gewesen war. Sie war die wichtigste Person in seinem Leben gewesen, und das über einen längeren Zeitraum. Seit dem Tod seiner Mutter hatte er sich niemandem mehr so verbunden gefühlt wie Kikyo damals. Sie hatte ihm aus seiner selbst errichteten Festung ans Tageslicht gezerrt, hatte seine Gefühle, von denen er befreit geglaubt war, wiedererweckt.

Doch er war sich sehr wohl bewusst, dass dies vorbei war. Es endete an jenem Tag, da sie ihn an den Baum heftete. Dennoch hatte sie immer einen festen Platz in seinem Herzen und immer noch empfand er so etwas wie Liebe für sie, wenn auch nicht mehr die reine, unschuldige, alles in Kauf nehmende Liebe, die es am Anfang war. Es war mehr eine Liebe für einen Menschen, der für das eigene Leben wichtig gewesen war, dem man viel verdankte und es nur auf diese eine Art und Weise zeigen konnte. Indem man für ihn da war, sich bereit erklärte, ihn zu schützen, auch wenn man nicht immer mit allem, was derjenige tat einverstanden war. So war es bei ihm und Kikyo. Manches Mal konnte man sich nicht aussuchen, wenn man liebte. Es war so wie jedes Kind seinen Vater und seine Mutter liebte, egal was diese auch taten. Im übertragenen Sinne war Kikyo eine zweite Mutter für ihn. Sie hatte ihm ein Leben geschenkt, hatte ihn aus der Dunkelheit des Daseins geführt, dass er bis dorthin als Leben gesehen hatte.

Doch Kagome…Kagome war mehr für ihn – mehr und anders. Er konnte nicht sagen, was es war, aber Kagome berührte einen Bereich seines Herzens, der bis dahin völlig abgeschottet gewesen war. Ihre hilflose, oftmals naive Art hatte einen Beschützinstinkt in ihm geweckt. Doch beschützen allein wollte er sie nicht. Da war mehr. Er konnte noch nicht sagen, was es war, zu neu und zu unbekannt schien es ihm und deshalb machte es ihm auch Angst. Ja, er fürchtete sich davor – vor sich und Kagome. Er wollte sie nicht noch weiter an sich heranlassen, wollte nicht die Barrieren niederreißen, die er unter soviel Schmerz und Trauer errichtet hatte. Doch er wollte sie auch nicht gehen lassen und so hatte er sie mit einer Hand weggestoßen, während die andere sie beinahe verzweifelt zu sich gezerrt hatte. Er war zerrissen gewesen, verwirrt und unsicher. Völlig neue Gefühle waren auf ihn eingestürmt, Gefühle mit denen er nicht umgehen konnte, die er nicht artikulieren konnte, die er nicht bestimmen konnte. Er hatte geglaubt die Kontrolle über sich zu verlieren und hatte dem entgegenarbeiten wollen. Doch niemals hatte er erreichen wollen, dass Kagome ihn verließ und zu dem idiotischen Wolf rannte. Seit sie weg war, fühlte er sich innerlich leer, unausgefüllt, verlassen. Es war, als wäre ein Teil von ihm gestorben. Selbst der Besuch bei Kikyo hatte nicht den gewünschten Effekt gehabt. Kagomes Verlust war nicht verblasst, sondern eher stärker geworden. Die beinahe seelenlose Kikyo in ihrer neu gebastelten Hülle hatte ihm wieder vor Augen geführt, was er bei Kagome hätte haben können. So hatte er sich nur kurz aufgehalten und war dann wieder zurück zu seinen Freunden, die ihm wenigstens etwas Halt gaben – oder sollte er sagen, gegeben hatten? Denn nun war es so, dass ihr Anblick, der verliebte Ausdruck in ihren Gesichtern ihn schmerzte, ihn qualvoll bewusst werden ließ, was er verloren hatte, was er hätte haben können. Er gab Kagome keine Schuld daran, dass sie ihn alleine gelassen hatte. Rückblickend bewunderte er sie für die Geduld, die sie ihm gegenüber aufgebracht hatte und war überrascht, dass sie es solange bei ihm ausgehalten hatte. Er wollte jetzt keine Rechtfertigung für sein Verhalten suchen, aber irgendwie, ganz tief in ihm, steckte immer noch der Verdacht oder die Befürchtung, dass ihn niemand mögen konnte, weil er nur ein Halbdämon war. Er gehörte weder zu den Menschen, noch zu den Dämonen, hatte keine Heimat, keine Freunde, nichts. Wer konnte so einen wie ihn schon mögen, geschweige denn lieben? Sein Inneres, seine verwundete Seele hatte sich dagegen gesträubt, in Kagomes Verhalten etwas anderes zu sehen, als nur die bloße Absicht ihn zu verletzen. Warum sollte sie anders sein, als die anderen Menschen auch? Das, was sie nicht kannten, was ihnen nicht geheuer war, was nicht wie sie war, verurteilten sie. Das hatte er im Laufe seines Lebens gelernt. Menschen waren nett mit einem, wenn sie Hilfe brauchten, doch im Grunde ihres Herzens fürchteten und verabscheuten sie ihn. Bei Kagome hatte er zum ersten Mal so sein dürfen, wie er war, hatte sich keine Sorgen darum machen müssen, dass sie sich von ihm abwandte. Und nun? Nun sollte das alles ein Ende haben? Nein! Er würde kämpfen! So leicht gab er das Beste, was ihn in seinem Leben widerfahren war, nicht auf. Und schon gar nicht für einen lächerlichen Wolfsdämon!

Mit diesem Gedanken spurtete er noch etwas schneller durch die Bäume, den Berg, das Ziel seiner Reise, schon dicht vor Augen.

Sango und Miroku beeilten sich, Inu Yasha einzuholen. Beide saßen auf Kiraras Rücken und schwebten über den Dächern der Bäume dahin, den Blick konzentrierte auf den Boden gerichtet, um nach Inu Yasha Ausschau zu halten. Doch nicht das kleinste Zeichen zeigte ihnen den Verbleib des Halbdämons, kein Aufblitzen des auffallend roten Stoffes, kein Geräusch. Wo mochte er nur stecken? Sie hatten sich sofort auf den Weg gemacht, um ihm zu folgen, aber scheinbar hatte er es ausgesprochen eilig zu Kagome zu gelangen. Auch sie hielten auf den Berg zu, überzeugt, dass sie irgendwann wieder auf ihre Freunde treffen würden. Miroku hatte seinen Arm leicht um Sangos Hüfte geschlungen, sie lehnte mit dem Oberkörper halb auf ihm. Einem plötzlichen Impuls folgend griff sie nach seiner Hand und drückte sie sanft.

„Ich bin so froh, dass es so gekommen ist!"

„Ja, ich auch…vor allem bin ich froh, dass sich die Drohung des Teufels nicht bewahrheitet hat. Du hasst mich nicht! Im Gegenteil, du liebst mich sogar!"

Eine Spur von Erleichterung lag in Mirokus Stimme. Ja, seine schlimmste Befürchtung hatte sich nicht bewahrheitet, Sangos rascher Aufbruch beruhte nur auf einem Missverständnis, das sie aus der Welt hatten schaffen können. Vor ihnen lag ein gemeinsames Leben voll Freude und Sonnenschein. Mirokus Blick wanderte von der grünen Fläche unter ihm zu Sangos Kehrseite. Er fragte sich, ob sie immer noch…? Langsam wanderte seine Hand höher, näherte sich dem verführerisch wirkenden Hinterteil, verhaarte. Sollte er…? Sie würde doch nicht…? Er hatte schließlich bereits ganz andere Stellen ihres Körpers berührt, welchen Grund hätte sie also noch…? Entschlossen senkte sich seine flache Hand auf das warme Fleisch, tastete und fühlte. Doch ehe er den Kontakt auch nur genießen konnte, machte seine Wange eine weitaus unangenehmere Bekanntschaft mit Sangos Hand. Klatschend landete dieses nämlich dort. Miroku riss die Augen auf und starrte in Sangos nicht minder überraschtes Gesicht. Verlegen legte die Frau vor ihm ihre Hand auf ihren Hinterkopf und lächelte ihn entschuldigend an.

„Reflex, weißt du?"

Miroku nickte wissend und nahm vorsichtshalber seine Hand wieder von ihrem Hintern. In Gedanken mahnte er sich beim nächsten derartigen Angriff zuerst an den Schutz zu denken. Vielleicht sollte er sich auch einfach mit einem leidenschaftlichen Kuss ablenken? Ja, das klang wirkungsvoll…und vor allem amüsant. Miroku war in Gedanken bei dem, wozu der Kuss führen konnte und ein träumerisches Lächeln glitt über seine Züge. Ja, sie mussten ja schließlich auch noch ihr Wiedersehen und ihre Wiedervereinigung gebührend feiern, nicht?

Er war so in Gedanken versunken, dass ihm Sangos nachdenklicher Blick erst nach einigen Augenblicken auffiel. Fragend sah er sie an, und, als sie nicht reagierte, stupste sie leicht in die Seite. Sie sah hoch, lächelte ihn kurz an, doch der unsichere Ausdruck in ihren Augen verschwand keineswegs.

„Was ist denn los?" Miroku fragte sich, was das Mädchen auf einmal beschäftigte.

„Ach, ich weiß nicht…es ist sicher nichts", versuchte Sango ihre Gedanken als unwichtig abzutun, „mir kommt nur vor, als hätten wir irgendetwas vergessen. Aber mir will einfach nicht einfallen, was es ist."

Auch Miroku runzelten nun die Stirn und dachte angestrengt nach. Doch auch ihm wollte nichts einfallen. Er zuckte die Schultern, verstärkte den Druck um ihre Hüfte und meinte: „Du musst dich täuschen, Liebste!"

Gar nicht so weit entfernt sah sich ein kleiner Fuchsdämon in einer wirklich unerfreulichen Lage. Er saß ganz einsam und verlassen auf einer Lichtung nahe einer Höhle. Na ja, einsam und verlassen stimmte nicht ganz, denn eigentlich hatte er viel Gesellschaft. Ihm schien es, als würden hunderte, nein tausende hungrige Augen auf ihn starren.

Shippos Blick wanderte über die fünf Wolfsdämonen, die ihre Zähne fletschten, als wollten sie sich jeden Moment auf ihn stürzen. Zitternd wich er einige Schritte zurück. Er sah, wie sich einer der gruseligen Gestalten zum anderen, der am gefährlichsten wirkte, beugte und ihm etwas zu flüsterte.

„He, Hakaku! Ich glaub, der Kleine fürchtet sich. Grins doch nicht so blöd, du machst ihm Angst!"

Shippo konnte nicht anders, er begann laut loszubrüllen.

„KAGOME!!!! SANGO!!! MIROKU!!! INU YASHA!!! HILFE!!!!"

Inashi war schon gespannt, was Sesshoumaru so wichtiges mit ihr zu besprechen hatte. Sie folgte ihm erneut durch die Gänge des Schlosses, den Blick auf seinen Rücken geheftet. Ihn zu verstehen war ja nicht so schwierig, seinen Charakter einzustufen. Zwar gab es einige Vorfälle, die so gar nicht in das Bild passen mochten, dass sie von dem eisigen und mächtigen Hundedämon hatte, aber dennoch glaubte sie, ihn im Großen und Ganzen durchschaut zu haben. Er mochte niemanden, am wenigsten Menschen und Dämonen, die es meinten, mit ihm aufnehmen zu können. Bei seinen Entscheidungen ließ er sich nie von Gefühlen leiten, eigentlich würde sie überhaupt an dem Vorhandensein von Gefühlen in ihm zweifeln, wären da nicht der Kuss am ersten Morgen und die Szene im Badezimmer. Auch sein Umgang mit Rin war etwas, das Inashi zu denken gab. Er mochte das Mädchen, das stand außer Frage. Aber warum gerade sie? Was band ihn an den kleinen Menschen? Was war so besonderes an ihr?

Inashi schüttelte den Kopf. Warum interessierte sie dieser Dämon überhaupt so? Sie hatte nichts mit ihm zu schaffen, hatte ihn sogar töten wollen. Warum versuchte sie nun seine Gefühle zu durchschauen?

Sie gelangten in den Raum, in dem sie immer ihr Essen einnahmen und tatsächlich war der Tisch schon wieder gedeckt und herrliche Sachen standen bereit. Inashi spürte einen kurzen Zug an ihrem Handgelenk als sich die Kette zu sehr spannte und wurde so wieder an ihre Existenz erinnert. Wenn sie sie doch nur los wäre…Dann könnte sie von hier verschwinden, ob mit oder ohne Schwert war ihr in der Zwischenzeit ziemlich egal geworden. Hauptsache weg von dem Dämonen, der ihre Gefühle so durcheinander wirbelte. In seiner Nähe konnte sie sich nicht mehr auf ihr eigentliches Ziel konzentrieren, war abgelenkt und nervös. So auch jetzt, als sein nachdenklicher Blick sie traf. Erst nach einigen Sekunden merkte sie, dass er und das kleine Mädchen bereits am Tisch saßen und nur noch auf sie warteten, die immer noch abwartend mitten im Raum stand. Mit einem entschuldigenden Lächeln ließ auch sie sich nieder, blieb aber während des Essens genauso ruhig, wie die anderen beiden auch.

Später schickte Sesshoumaru Rin auf ihr Zimmer und er selbst deutete Inashi ihm in sein Zimmer zu folgen. Sehr zu ihrer Überraschung waren die Spuren ihres nächtlichen Mordversuchs bereits beseitigt worden und das Zimmer erstrahlte wieder in altem Glanz. Der Hundedämon ließ sich, das Buch immer nun auf seinem Schoss, in einen Sessel gleiten. Inashi setzte sich auf das neue Bett und sah abwartend zu ihm.

Er räusperte ehe er mit emotionsloser Stimme zu sprechen begann.

„Ich weiß nun, was es mit dieser Kette auf sich hat und was wir erdulden müssen, um sie wieder loszuwerden!"

Inashis Augen hatten bei diesen Worten zu leuchten begonnen, doch er sah immer noch gleich nichts sagend auf sie.