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Kapitel 10

„Schalten Sie ab, Data. Sofort abschalten!" Geordi hatte aus Leibeskräften geschrien. Der Maschinenraum war in das pulsierende Licht des Warpkerns getaucht.

Nur drei Besatzungsmitglieder versahen zur Zeit ihren Dienst in dieser Sektion des Schiffes. Ihre Arbeit bestand lediglich aus Routineaufgaben. Beim Schrei des Ingenieurchefs waren Sie alle zusammengezuckt.

Data hatte Geordi während der Prozedur genau überwacht. Er hatte keinerlei Fehler erkennen können, trotzdem brach er den Eingriff auf Geordis Wunsch sofort ab. Er trennte die Verbindungen und reichte Geordi seinen Visor. LaForge griff mit zitternden Händen danach und schob ihn auf die Kontaktpunkte an seinen Schläfen.

Erst jetzt sah er, dass alle anwesenden Besatzungsmitglieder ihn anstarrten.

Data legte den Kopf etwas schief und fragte, „Geordi, warum sollten wir an dieser Stelle abbrechen? Der Versuch sah sehr vielversprechend aus. Noch ein wenig länger und Sie hätten vielleicht eine relativ gute Sehkraft erreichen können."

„Oder alles was ich jetzt sehen kann, wäre unwiderruflich verloren gegangen."

Geordi versuchte die anderen genauso anzustarren wie sie es bei ihm taten. Nun wurde den Besatzungsmitgliedern ihr Verhalten erst bewusst und mit einem mal waren alle äußerst von ihren Aufgaben in Anspruch genommen. Nur Data blickte ihn nach wie vor an und öffnete gerade den Mund, um Geordi zweifellos mitzuteilen, dass diese Wahrscheinlichkeit äußerst gering gewesen sei.

Aber Geordi kam ihm zuvor. „Data, das war unser letzter Versuch meine Sehkraft betreffend. Ich möchte nicht mehr darüber sprechen. Entschuldigen Sie, dass ich Ihre Zeit in Anspruch genommen habe."

Noch bevor Data etwas antworten konnte, war Geordi aufgesprungen und hatte den Maschinenraum verlassen. Data speicherte die gesammelten Informationen über den Versuch und sämtliche Gespräche, die er mit Geordi je darüber geführt hatte, und versah sie mit einem entsprechenden Sperrvermerk. Er würde nun Geordi gegenüber dieses Experiment nicht wieder erwähnen.

Er bemerkte erstaunt, dass es ihm widerstrebte dies zu tun.

Der Androide verließ nun ebenfalls den Maschinenraum und machte sich auf den Weg zum neuen Quartier von Counselor Troi.

Er hatte gerade den Türsummer betätigt, als er auch schon ihre Stimme vernahm, die ihn hereinbat. „Oh, hallo Data. Was kann ich für Sie tun?"

Data sah sich kurz um. Dieses Quartier passte nicht zu Deanna Troi. Sie legte im Allgemeinen sehr viel Wert auf Behaglichkeit.

Der Raum sah jedoch sehr wüst aus. Überall standen Kisten auf dem Boden und Kleidungsstücke lagen in Stapeln auf einer Couch. Deanna sah sich ebenfalls kurz um, dann lächelte sie und sagte: "Ich bin gerade dabei meine Sachen auszupacken. Es dauert eine Weile bis alles an seinem Platz ist."

Data nickte kurz: "Wenn Sie möchten, könnte ich Ihnen helfen, Counselor. Mich würde es nicht mehr als ein paar Minuten kosten, Ihre Sachen einzuräumen."

Jetzt lächelte Deanna verlegen. „Vielen Dank Data, aber das möchte ich lieber selbst erledigen. Zwar dauert es bei mir sicherlich ein paar Stunden, aber es ist gut um den Kopf freizubekommen und mit der Vergangenheit abzuschließen. Sie waren aber sicher nicht ursprünglich hergekommen, um mir beim Einräumen zu helfen, Data."

„Ich hörte, dass Sie an Bord bleiben. Haben Sie auch Ihren Dienst schon wieder aufgenommen? Ansonsten suche ich Sie zu einem späteren Zeitpunkt wieder auf."

Er wandte sich bereits zum Gehen. „Nein, nein. Schon gut, Data. Als Counselor ist man eigentlich ständig im Dienst. Gefühle lassen sich nun einmal nicht abschalten."

Data sah sie schweigend an. Er war damals in der Lage gewesen Gefühle ein- und abzuschalten, als er noch den Emotions-Chip besessen hatte, den Dr. Soong für ihn entwickelt hatte. Nachdem Lore ihn entwendet hatte, ohne dass Data ihn vorher hätte ausprobieren können, musste er lange Zeit darauf warten, bis er ihn wieder in den Händen hielt und noch länger, bis er ihn schließlich einsetzen konnte. Es war überwältigend gewesen Emotionen zu erleben. So überwältigend, dass er sogar Menschenleben, durch seine Unfähigkeit damit umzugehen, in Gefahr gebracht hatte.

Und noch bevor er den richtigen Umgang damit erlernt hatte, wurde ihm das Wichtigste, das er im Leben besaß, wieder genommen. Die Borgkönigin hatte ihn gefangen genommen und ihn dazu benutzt, Picard in ihre Gewalt zu bekommen. Für Data hatte es nur eine Möglichkeit gegeben seinen Captain zu retten. Er hatte einen hohen Preis bezahlt, und dabei nicht nur seine synthetische Haut verloren, die leicht ersetzt werden konnte, sondern auch seinen Emotions-Chip, der leider nie wieder ersetzt werden konnte.

Dr. Soong hatte das Geheimnis seiner Bauweise mit ins Grab genommen. Für Data waren diese Erinnerungen an Emotionen nichts weiter als Daten. Er konnte sich nicht wirklich daran erinnern, wie es gewesen war etwas zu empfinden.

Der Counselor war dies wohl bewusst, denn sie sagte: „Ja, ich weiß, Sie können es nicht verstehen, dass Emotionen immer vorhanden sind und uns jede Sekunde unseres Lebens beeinflussen – nicht mehr jedenfalls...", fügte sie hinzu.

Data hatte den Eindruck, sie bemitleide ihn.

„In der Tat Counselor, ist dies der Grund warum ich Sie aufsuche. Können diese Gefühle einen Menschen auch daran hindern etwas zu tun, was für ihn richtig und logisch wäre?"

„Können Sie mir genauer sagen, worauf Sie hinauswollen, Data?"

„Nein, Counselor. Oder eigentlich doch...Ich könnte mit Ihnen sprechen, aber Sie dürften nicht mit der Person darüber reden, weil er nicht mehr darüber sprechen möchte."

Deanna sah verwirrt aus. „Geordi...," stellte sie schließlich fest.

Der Androide nickte.

„Ich werde nicht darüber sprechen, was Sie mir auch immer anvertrauen, Data."

„Nun, ich verstehe sein Verhalten nicht, Counselor. Er hat die Möglichkeit, seine Sehkraft zu verbessern. Das Risiko durch diesen Versuch seine jetzige Sehkraft einzubüßen, ist minimal. Trotzdem bricht er den Versuch ab und reagiert völlig unlogisch, indem er keinen zweiten Versuch unternehmen will."

Deanna überlegte kurz. „Er hat Angst, Data."

„Aber wieso, Counselor. Wie ich schon sagte, ist es sehr unwahrscheinlich, dass er durch diesen Versuch die Fähigkeit, mit dem Visor sehen zu können, einbüßt."

„Vielleicht ist das nicht seine eigentliche Angst. Geordi hat so lange mit diesem Visor gelebt. Er ist ein Teil von ihm. Außerdem hat Geordi durch ihn besondere Fähigkeiten. Er hat vielleicht Angst diese zu verlieren. Dazu kommt, dass Geordi noch nie richtig sehen konnte. Er träumt vielleicht davon, aber er weiß nicht wie es sein würde und das macht ihm angst."

„Counselor, leider kann ich diese Angst nicht nachvollziehen. Ich danke Ihnen für Ihre Erklärung. Die Menschen entscheiden so viele Dinge aufgrund von Gefühlen. So sehr ich mich auch bemühe - Freude, Leid und auch Angst werde ich niemals wirklich verstehen können. Vielen Dank."

Der Androide erhob sich und ging zur Tür.

„Data," rief Troi.

Er wandte sich um.

„Wenn Sie jetzt und auf der Stelle ein Mensch sein könnten, mit allen Emotionen - würden Sie es wollen?"

„Ich weiß nichts über Emotionen. Ich habe keinerlei Erfahrungen damit, außer denen die ich bei Menschen beobachte..."

„Sie haben meine Frage nicht beantwortet. Vielleicht weil Sie Angst davor haben. Sie wünschen sich nichts sehnlicher als menschlich zu sein, solange ich Sie kenne und doch können Sie auf diese Frage nicht mit einem klaren Ja antworten, weil Sie nicht wissen, was auf Sie zukäme."

Deanna blickte ihn herausfordernd an. Der Androide hob die Hände und ließ sie wieder sinken. „Nun, Counselor, dies ist lediglich eine Hypothese, daher kann ich nicht darauf antworten."

Deanna lachte jetzt. „Sie haben angst Ihre Angst zuzugeben, Data. Schon wieder so eine typisch menschliche Reaktion. Vielleicht ist es irgendwann keine Hypothese mehr, dann müssen Sie sich damit abfinden nicht mehr perfekt zu sein."

Sie hatte den Androiden selten sprachlos erlebt und genoss sein verdutztes Gesicht. Er dankte ihr noch einmal und verließ dann das Quartier.

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Picard sah Dr. Crusher erwartungsvoll an. Sie wusste nicht recht, wie sie beginnen sollte.

„Der Reisende berührte Wesley mit einer Art Energieausstoß. Eine immense Kraft schleuderte Wesley hoch und das Kraftfeld, von dem Wesley eingeschlossen war, löste sich auf. Im gleichen Augenblick erschienen Biowerte auf dem Monitor. Äußerst schwach, aber stabil. Der Reisende brach vor Erschöpfung zusammen. Ich ließ ihn in einen anderen Raum der Krankenstation bringen, wo seine Vitalwerte überprüft wurden. Seine Werte sind jedoch ebenso rätselhaft, wie die von Wesley. Ich kann sie mit nichts vergleichen das ich je gesehen habe. Der Reisende ist jedoch schnell wieder auf den Beinen gewesen. Er bat darum, zu Wesley gebracht zu werden. Nun schauen Sie nicht so böse, Jean Luc. Ich habe ihn zu ihm gebracht. Hätte er ihn töten wollen, so hätte er dafür keinen zweiten Versuch benötigt. Die Energie, die er Wesley zukommen ließ, war so etwas wie ein Elektroschock – eine Wiederbelebungsmaßnahme..."

Picard sah Beverly misstrauisch an. „Also ist Wesley bei Bewusstsein?"

Die Ärztin blickte bekümmert. „Nein, leider nicht. Noch nicht! Er wird das Bewusstsein wohl erst in ein paar Stunden wiedererlangen. Der Reisende sagte, dies sei eine behutsamere Lösung, da Wesleys Körper einem enormen Stress ausgesetzt war, und sich nun davon regenerieren muss, bevor sein Geist erwachen kann."

Picard wartete geduldig, aber die Ärztin schwieg nun.

„Beverly, ich kenne Sie wohl lange genug, um zu merken, dass Sie noch etwas auf dem Herzen haben. Also heraus mit der Sprache."

Die Ärztin lächelte resigniert. Dann atmete sie tief durch und strich ihr rotes Haar hinter die Ohren.

„Der Reisende hat mich nochmal darauf hingewiesen, dass mit Wesleys Erwachen zeitgleich sein Verfall einsetzen wird, und das ich machtlos bin, dagegen etwas zu unternehmen."

Picard wusste nicht was er darauf sagen sollte.

Er hatte keinen Trost für die Ärztin, denn auch er musste um Selbstbeherrschung kämpfen. Der junge Wesley Crusher war für ihn fast wie ein Sohn geworden.

Auch für Picard war der Gedanke unerträglich, Wesley auf diese Art zu verlieren.

tbc