Kapitel 15
Die Enterprise hatte an der Saturnstation die entsprechenden Güter an Bord genommen und war nun auf dem Weg nach Adnirim Vier.
„Wie lange noch bis wir in die Umlaufbahn einschwenken können, Fähnrich?"
Redmond blickte auf die Anzeigen. „Noch 10 Minuten, Sir."
„Gut, ein Außenteam wird die Medikamente und Nahrungsmittel auf den Planeten..."
Plötzlich erschütterte eine heftige Explosion die Brücke.
Riker brauchte nur eine Sekunde ehe er rief: "Roter Alarm. Schilde hoch. Captain Picard auf die Brücke!"
Eine zweite Salve ließ die Brücke ein weiteres Mal erbeben.
„Bericht," rief der erste Offizier.
Fähnrich Redmonds Stimme vibrierte jetzt eindeutig, als sie Meldung erstattete. „Sir, zwei romulanische Warbirds haben sich soeben enttarnt. Sie haben uns eingekeilt. Ein dritter befindet sich im Anflug.
„Rufen Sie die Schiffe."
Der Offizier an der Kommunikation bemühte sich eine Verbindung herzustellen, die einzige Reaktion war ein weiterer Beschuss.
Deanna krallte sich an ihren Sitz, als das Schiff heftig durchgeschüttelt wurde.
Redmond klang nun noch aufgeregter. „Hüllenbruch auf Deck 4. Künstliches Kraftfeld wurde aktiviert. Die Trägheitsdämpfer werden versagen, wenn wir noch einmal so getroffen werden."
„Leiten Sie Hilfsenergie in die Trägheitsdämpfer um. Laden Sie die Waffen und versuchen Sie weiter Kontakt mit den Romulanern herzustellen."
Die Tür des Turboliftes öffnete sich und Picard kam auf die Brücke. Mit eiligen Schritten ging er zum Captainsessel und ließ sich von Riker die Lage erklären.
„Visueller Kontakt wird gewünscht, Sir," rief Redmond.
„Auf den Schirm," befahl Picard.
Augenblicklich erschien das Gesicht eines Romulaners auf dem Bildschirm. Er sah selbstsicher und gelassen aus.
„Ich bin Captain Tillian von der Welaris II . Wir haben Grund zu der Annahme, dass Sie im Begriff sind einen Angriff gegen das romulanische Reich zu planen. Sie befinden sich nun in unserer Gewalt. Deaktivieren Sie sofort Ihre Waffen und lassen Sie uns auf ihr Schiff beamen, dann übernehmen wir es, ohne Ihre Crew zu töten."
„Captain Tillian, ich bin Captain Picard von der Enterprise. Ich weiß nicht woher Sie Ihre Informationen haben, aber ich versichere Ihnen, dass sie falsch sind. Wir wurden von der Föderation hergesandt um den Frieden in dieser Sektion zu sichern. Es war ihr Volk, das unprovoziert einen Anschlag auf Adnirim Vier verübt hat."
Der romulanische Captain machte eine Handbewegung, als wolle er das soeben von Picard Gesagte vom Tisch wischen.
„Captain, Ihnen dürfte nicht entgangen sein, dass Sie uns hoffnungslos unterlegen sind. Wenn Sie dennoch versuchen sich mit drei romulanischen Warbirds zu messen, garantiere ich Ihnen einen schnellen Heldentod."
Tillian lächelte ein breites Lächeln, bei dem es nicht nur Counselor Troi kalt den Rücken hinunterlief.
Picard ließ sich keine Emotion anmerken, wenngleich die Counselor seine Wut und eine gewisse Verzweiflung spüren konnte, so sprach er doch mit ruhiger Stimme und bedachten Worten.
„Ich versichere Ihnen, dass mir nichts daran liegt einen frühen Heldentod zu sterben. Das wir Ihnen derzeit kämpferisch unterlegen sind, ist mir durchaus klar – Sie sollten jedoch bedenken, dass ein weiterer Angriff Ihrerseits, zu einem Krieg führen wird. Sie befinden sich auf Föderationsgebiet und ich versichere Ihnen..."
„Die Föderation!" unterbrach ihn Tillian spöttisch. „Die Föderation redet von Diplomatie und neuen Verträgen. In Wahrheit treibt sie ein doppeltes Spiel. Sie versucht die Grenzen auszuweiten, indem sie Leute auf Planeten in der Nähe der neutralen Zone ansiedelt, die in Wirklichkeit Soldaten sind und einen Überraschungsangriff planen. Aber wir lassen uns nicht überrumpeln. Wir sind ihnen zuvorgekommen und nun werden Sie zugeben, dass die Föderation mein Volk vernichten will, oder Sie werden auf der Stelle sterben. Alle Waffen sind auf Ihren Warpkern gerichtet – also , ich höre!"
Counselor Troi nahm deutlich Picards Emotionen auf diese Drohung wahr.
Anders als erwartet, verstärkte sich jedoch nicht die Angst, sondern die Wut, die er empfand.
„Captain Tillian, ich wurde schon oft mit Einsätzen betraut, die mit Ihrem Volk in Zusammenhang standen. Darf ich Ihnen die Frage stellen, welche Position genau Sie innerhalb des romulanischen Reiches einnehmen?"
Tillian blickte finster, ließ sich ansonsten aber nicht aus der Ruhe bringen, mit der gewohnt romulanisch steifen Art erklärte er: "Sie sind nicht in der Position Fragen zu stellen. Sie werden jetzt und auf der Stelle ein Geständnis über die Verbrechen der Föderation ablegen oder wir schießen."
„Wissen Sie was ich glaube," Picard schaute kurz zu Riker. Der erste Offizier hatte den Namen Tillians in der Datenbank gesucht und bestätigte mit einem kurzen Nicken die Vermutungen des Captains. „Ich glaube," fuhr Picard fort, „dass Sie gar nicht auf Befehl Ihrer Regierung diesen Feldzug gegen uns führen. Ich glaube, Sie hegen einen persönlichen Groll gegen die Sternenflotte. Warum ist mir natürlich nicht klar, und ich frage mich, was Sie sich davon versprechen einen Krieg auszulösen."
Nun brauste der ansonsten so ruhige Romulaner auf. „Sie sind Mörder, die es nicht verdienen weiter zu existieren, ich werde Sie und die Föderation vernichten, Picard!"
Bevor die Verbindung unterbrochen wurde, konnte Picard noch hören wie Tillian den Feuerbefehl erteilte.
„Ausweichmanöver!" schrie Picard und der erste Treffer schlug nicht in den Warpkern sondern nur in die Aussenhülle ein.
„Die anderen beiden Warbirds laden ebenfalls ihre Waffen Sir," rief Riker.
Picard wusste, es war vorbei.
Sie alle würden sterben.
Nicht in einem fairen Kampf, sondern durch die Hand eines Extremisten.
Es gab keine Logik für die Vorgehensweise dieses Mannes. Die Föderation hatte die Gefährlichkeit der Situation völlig unterschätzt. Aber wer würde auch glauben, dass ein einziger Mann einen irrwitzigen Privatkrieg führen würde.
Die Frieden wäre vermutlich nicht gefährdet. Wenn die Ermittlungen abgeschlossen sein würden wäre wahrscheinlich klar, dass es nur ein einzelner Romulaner mit einer handvoll Anhängern war, der eine blutige Fehde hatte anzetteln wollen. Der Vorfall würde von Diplomaten diskutiert und schließlich zur Erhaltung des Friedens zu den Akten gelegt werden. Aber es bestand auch immer noch die Möglichkeit, dass dieser Vorfall tatsächlich einen Krieg auslösen könnte, und vielleicht doch von der romulanischen Regierung in Auftrag gegeben war. Wie auch immer sich dieser Zwischenfall klären würde, die Enterprise wäre dann zerstört. Die Crew würde hier und jetzt sterben.
Dies alles ging dem Captain durch den Kopf, und er rief: "Ausweichmanöver Omega eins. Photonentorpedo abfeuern."
Sie würden vielleicht einen der Warbirds erwischen, aber alle drei? - völlig ausgeschlossen! Tillians Schiff feuerte eine Breitseite ab und traf die ausweichende Enterprise in eine der Warpgondeln.
Der abgefeuerte Photonentorpedo der Enterprise traf hingegen das Schiff von Tillian in dem Moment, wo die Schutzschilde deaktiviert waren weil ihre Gegner feuerten.
Picard musste zugeben, dass es ihn befriedigte zu sehen wie das Schiff dieses Wahnsinnigen unter nur einem einzigen Treffer zerbarst. Tillian war tot, aber dennoch würde seine schreckliche Vision erfüllt werden, da die beiden anderen Warbirds nun die Gelegenheit hatten zu feuern.
Eine Sekunde verstrich, dann eine zweite und nichts geschah.
Picard, der nicht gewagt hatte den Blick vom Bildschirm zu nehmen, wandte sich nun um.
„Nehmen Sie sie ins Visier Fähnrich," dann an Riker gewandt: „Was geht dort vor?"
Riker hatte nicht aufgeblickt, er starrte auf die Anzeigen seiner Konsole und bediente einige Schaltelemente.
„Sir, beide Schiffe verfügen über keinerlei Energie mehr."
„Keine Energie? Was soll das heißen Nummer Eins?"
Riker schaute nun auf und schien zu überlegen, wie er es dem Captain sagen sollte.
„Nicht nur ihre Waffensysteme sind außer Funktion, auch die Antriebssysteme funktionieren nicht mehr. Alle lebenserhaltenden Funktionen ihrer Schiffe sind ebenfalls offline. Die Crews werden sterben wenn wir ihnen nicht helfen, Sir."
Picard versuchte immer noch den Grund für diese plötzliche Wendung herauszufinden, aber er hatte sich soweit unter Kontrolle um Befehle erteilen zu können.
„Picard an Lieutenant Worf. Richten Sie in Frachtraum Vier Arrestzellen ein. Dr. Crusher, begeben Sie sich mit Ihrem Team zu Frachtraum Vier. Mr. O' Brian wir müssen die Crews beider romulanischen Schiffe in Frachtraum Vier beamen. Uns bleibt nicht viel Zeit."
„Könnte es eine Falle sein?" fragte Riker, obwohl er selber nicht wirklich an diese Möglichkeit zu glauben schien.
Picard schüttelte den Kopf. „Sie hätten damit keinerlei Vorteil erreicht. Sie würden in unserem Arrest festsitzen, während wir Ihre Schiffe in unserer Gewalt hätten."
Nein, das ergab keinen Sinn.
Aber wie konnte das passieren? Dass alle Systeme eines Schiffes versagten war schon selten genug, aber bei zweien gleichzeitig?
Da steckte mehr als Zufall dahinter.
„Wir müssen herausfinden was geschehen ist. Wir sind mit heiler Haut davongekommen und ich bin sehr froh darüber, dennoch möchte ich gerne wissen, wie dies möglich sein konnte."
Nun nickte Picard. „Ja Nummer Eins. Für uns ging es ums nackte Überleben. Wir sollten sofort Starfleet informieren. Es müssen Vorkehrungen getroffen werden, dass so etwas nicht noch einmal passiert. Commander, ich möchte, dass Sie unsere „Gäste" verhören. Lieutanant Worf soll mit einigen seiner Männer anwesend sein. Es ist nicht gut den Romulanern gegenüber Schwäche zu zeigen, Will."
Riker nickte ernst.
Der Captain hatte einen Moment inne gehalten, um die Wichtigkeit dieser Worte zu unterstreichen.
Nun fuhr er fort. „Counselor, Sie begleiten Commander Riker. Ich möchte jedoch, dass Sie sich im Hintergrund halten. Versuchen Sie herauszufinden, ob die Gefolgsleute von Tillian seinen Hass auf die Föderation teilen und wenn ja, warum dies so ist."
Riker und Troi bestätigten kurz und verschwanden dann zusammen im Turbolift.
Picard rieb sich nachdenklich die Stirn. Zu vieles lief einfach schief. Sie hatten es lediglich einem Zufall, oder vielleicht gar einem Wunder zu verdanken, dass sie noch am Leben waren.
„Picard an Crusher. Wie ist der Zustand der an Bord gebeamten Romulaner?"
Die Ärztin meldete sich augenblicklich. „Sie wirken desorientiert, ansonsten geht es ihnen jedoch gut. Keine Verletzten."
„Nun, daraus schließe ich, dass sie vernehmungsfähig sind."
Crushers Stimme verriet Unbehagen als sie sagte: „Ja. Ich denke, dass sind sie."
Jeder an Bord hatte begriffen wie ernst die Lage für die Enterprise gewesen war. Und dass leichtsinnig ein Krieg provoziert worden war. Dennoch fühlte sich Crusher erst jetzt daran erinnert, dass die Enterprise ein Schlachtschiff war, auf dem jederzeit das Kriegsrecht ausgerufen werden konnte.
Dieser Aspekt ihrer Arbeit an Bord war ihr noch nie sonderlich angenehm gewesen. Denn Krieg bedeutete auch immer Verwundete und Tote. Beverly jedoch vertrat den Standpunkt, dass dieser Frevel in ihrem Jahrhundert längst hätte ausgemerzt sein müssen.
Als die Tür sich öffnete und Riker von Troi gefolgt den Frachtraum betrat, konnte Crusher ihnen ansehen, dass auch sie mit ihrer Aufgabe zu kämpfen hatten.
Aber Riker würde das Verhör mit Worfs Hilfe durchziehen, koste es was es wolle.
Es ging darum herauszufinden ob es sich wirklich nur um eine Splittergruppe handelte, oder ob sie etwa doch schon mitten in einem Krieg mit den Romulanern steckten.
Beverly verließ gerade die provisorischen Arrestzellen, als sie Riker fragen hörte: „Wer von Ihnen sind die Captains? Melden Sie sich sofort, ich bin nicht in der Stimmung zu warten!"
tbc
