11. Juli, Glen Urquhart

Sehr geehrte Miss Granger,

nachdem ich nun neue Maßstäbe gesetzt habe, was die Zeitdauer betrifft, die man vor einem leeren Blatt Papier verbringen kann, um eine angemessene und gleichzeitig nicht künstlich erscheinende Formulierung für simples Bedanken zu finden, bin ich zu dem Schluß gekommen, daß es am sinnvollsten ist. Es einfach auf den Punkt zu bringen.

Danke für Ihre Unterstützung.

Sie wären erstaunt, wenn Sie wüssten, wie außerordentlich wichtig es mir ist, wieder an eine Schule zurückkehren zu können. Und Ihren freundlichen Zeilen entnehme ich, daß Sie noch erstaunter wären, in welcher Form man meine Anfragen zum Teil zurückgewiesen hat. Ich hätte dies verstanden, wenn es darum gegangen wäre, mich nach meiner allgemeinen Beliebtheit zu beurteilen. Ich kenne meinen Status diesbezüglich und, der Effektivität des Unterrichts zum Nutzen, lag es noch nie in meiner Absicht, mit meinen Schülern auf einer freundschaftlichen Ebene zu agieren. Daß jedoch auch das Urteil über den gelehrten Stoff so überaus negativ ausfallen würde, hätte ich nicht gedacht.

Zunächst ging ich davon aus, daß es einfach nur eine hervorragende Möglichkeit war, mir das eine oder andere persönliche Geplänkel heimzuzahlen, aber bei den letzten Absagen und ungeöffnet zurückgeschickten Briefen kamen langsam Zweifel auf, ob ich nicht doch schlicht dem falschen Beruf nachgehe.

Auch wenn es sicher nicht in Ihrer Absicht lag, hat mich Ihr Brief in diesem Punkt beruhigt.

Es freut mich tatsächlich, daß Sie für Ihr berufliches Leben die Kunst des Brauens gewählt haben. Ich hatte gehofft, daß Sie diese Entscheidung treffen würden.

Sie richten also zur Zeit ein eigenes Labor ein? Dieser Luxus ist einer der Gründe, weshalb ich an eine Schule zurückkehren möchte. Ich fürchte, daß bereits einige meiner Fertigkeiten eingerostet sind. Es reicht nicht, diese Kunst allein im Kopf zu betreiben – es bedarf ständiger Übung.

Aber wenn ich diese Tatsache irgendjemandem nicht erläutern muß, dann sind dies wohl Sie.

Ihr Verlobter und Sie haben sich den Heiltränken verschrieben? Wie überaus typisch für Sie, Miss Granger.

Da Sie schreiben, daß Sie das Labor gemeinsam einrichten, kann ich wohl davon ausgehen, daß Ihr Zukünftiger der gleichen Profession nachgeht? Ich habe in jungen Jahren bei einem Montgomery in der Nähe von Inverness in den Schulferien Wissen über Kräuter und ihre Aufbereitung erlernt. Er hat jedes Jahr eine handvoll Schüler bei sich für die Ferienzeit aufgenommen.

Aber dieser Montgomery war ein alter Herr, der von einer ebenso alten Haushälterin umsorgt wurde und ich habe nie Kinder in seinem Haus gesehen – so daß Ihr Verlobter schwerlich mit ihm verwandt sein dürfte. Zumal Montgomery nicht zu den seltensten Namen des Landes zählt.

Hermine Montgomery...

Professor McGonagall schuldet mir nun ein kleines Vermögen. Aber bedenkend, daß wir seit gewisser Geschehnisse keinen Kontakt mehr hatten, werde ich wohl nicht mehr dazu kommen, die Wettschuld einzufordern. Und bevor Sie fragen: Minerva McGonagall hatte gewettet, daß Sie Ronald Weasley heiraten würden. Sie meinte in Ihrem fünften Schuljahr „gewisse Anzeichen" erkannt zu haben, die sie diesbezüglich sicher sein ließen. Ich freue mich außerordentlich diese Wette gewonnen zu haben.

Wie Sie feststellen können, macht die grenzenlose Langeweile zu der man mich seit dem, doch eigentlich positiven, Schlussurteil verdammt hat, selbst jemanden wie mich redseelig. Daher beende ich diese Zeilen nun, bevor es peinlich wird.

Ich bedanke mich noch einmal bei Ihnen für Ihre Hilfe und wünsche Ihnen und Ihrem Verlobten und Ihrer Familie eine Feier wie eine Gryffindor sich eine solche vorstellt und Erfolg in Ihrer Forschungsarbeit. Ich bin sehr gespannt darauf, in der Presse zu erfahren, an was Sie gearbeitet haben.

Mit freundlichen Grüßen

Severus Snape