12. Juli, Norwich
Sehr geehrter Herr Professor Snape,
diesem Brief anbei, finden Sie das von Ihnen gewünschte Empfehlungsschreiben.
Meiner Meinung nach wäre es ein Gebot der Fairness, Ihnen zumindest Ihre Leistungen im fachlichem Bereich anzuerkennen. Jedoch wird es Sie wohl kaum verwundern, wenn ich Sie darauf hinweise, dass eine ganze Menge Personen das Wort 'Fairness' nicht unbedingt mit Ihnen in Verbindung bringen.
Nein, werfen Sie diesen Brief jetzt nicht ins Kaminfeuer!
Lassen Sie mir die Gelegenheit, Ihnen ohne falsche Scheu mitzuteilen, was ich über Sie denke.
Einen Teil davon finden Sie natürlich in dem Empfehlungsschreiben wieder - jedoch ist dies in der Tat nur ein Teil!
Ich habe es immer zutiefst bedauert, dass Sie scheinbar nicht in der Lage waren, Ihre Arbeit zu genießen und zu schätzen. Ja, Sie gaben es vor, indem Sie uns davon überzeugen wollten, dass Dummköpfe die Kunst des Zaubertrankbrauens weder jemals wirklich beherrschen, noch begreifen könnten.
Sicher hatten Sie Recht mit dieser Aussage. Doch hätte ich es gerne gesehen, dass Sie einem begabten Schüler gegenüber eben jene Begeisterung an den Tag legen, wie ich sie glaube jetzt bei Ihnen herauslesen zu können.
Dies bringt mich auf einen Gedanken, der vielleicht nicht fair ist - aber über das Thema Fairness habe ich mich ja bereits geäußert...also erwarten Sie besser auch von mir einen Tiefschlag.
Musste man Ihnen erst alles nehmen, damit Sie sehen was Sie hatten? Verzeihen Sie meine offenen Worte - und meine besserwisserische Art, die Sie mir sicher gerade ankreiden.
Doch diese Frage ist ernst gemeint!
Es berührt mich, Sie bei Null anfangen zu sehen. Der Kampf gegen den Lord ist gewonnen. Sie haben einen Beitrag zum Sieg geleistet, der Sie für den Orden unverzichtbar machte.
Sie sind freigesprochen worden und ich möchte Ihnen gestehen, dass ich Ihren Prozess mit Herzklopfen verfolgt habe. Ihren Freispruch habe ich zum Anlass genommen, eine Mixtur zu mir zu nehmen, die nicht unbedingt den Ansprüchen eines Zaubertrankmeisters genügt, jedoch unter dem Namen 'Sex on the beach' in jeder guten Muggelcocktailkarte zu finden ist
Ich wünsche Ihnen, dass Sie einen Neubeginn schaffen und Sie Frieden und Erfüllung finden, in dem was Sie tun.
Ihre Fähigkeiten auf dem Gebiet der Zaubertränke sind für mich über jeden Zweifel erhaben - Ihre menschlichen Fähigkeiten sind es leider nicht!
Jedoch glaube ich einen Wandel zu erkennen, der mich - offengestanden - sehr glücklich macht und so möchte ich Ihnen gerne Ihre Fragen beantworten, auch wenn es mich ein wenig irritiert, dass Sie scheinbar wirklich Interesse an meinem Leben haben.
Für den Fall, dass Sie mein privates Leben - nach meiner Offenheit Ihnen gegenüber - nun doch nicht mehr interessiert, wäre jetzt der richtige Zeitpunkt, den Brief den Flammen zu überantworten. (Vergessen Sie aber nicht, zuvor das Empfehlungsschreiben herauszunehmen!)
Gut, wenn Sie noch hier sind, dann freut mich das - und dies ist mein voller Ernst!
Mit Ihrer Vermutung, meinen zukünftigen Ehemann betreffend, haben Sie ganz Recht. Er ist ein begnadeter Zaubertrankbrauer. Justin hat jedoch seit seinem zehnten Lebensjahr in den Staaten gelebt und ist erst vor einem Jahr nach Großbritannien zurückgekehrt. Wir haben uns durch einen dummen Zufall kennengelernt...doch ich bin mir sicher, dass Sie dies ohnehin nicht hören möchten.
Ob er mit 'Ihrem' Montgomery verwandt ist, kann ich beim besten Willen nicht beantworten, denn Justin erzählt nur selten von seiner Familie. Er ist früh seinen eigenen Weg gegangen und sein Weg hat ihn zu mir geführt...dies ist alles was ich wissen muss!
Ich kann sehr gut nachvollziehen, was Sie über das Einrosten geschrieben haben. Es wird Sie wohl kaum überraschen, wenn ich Ihnen gestehe, dass ich täglich ins Labor gehe und braue - selbst an Tagen, die eigentlich frei sind - es entspannt mich auf eine fast schon magische Weise.
Unser Labor ist allerdings noch recht chaotisch und würde Ihnen vermutlich wenig zusagen. Wir müssen bei einigen Dingen improvisieren, da uns die nötigen Gelder für die entsprechende Ausrüstung noch fehlen. Mit unserem ersten Verkauf an St. Mungos hoffen wir, den finanziellen Engpass endlich hinter uns zu lassen.
Ich fand es übrigens überaus erstaunlich, dass Sie und Professor McGonagall bezüglich meiner Zukunft gewettet haben.
Zwar bin ich vermutlich keineswegs verpflichtet, Ihnen diesbezüglich Auskunft zu geben - ich möchte es dennoch tun.
Wenn Ihre Wette nur die Eheschließung betraf, so sind Sie eindeutig der Sieger...sollte sie allerdings ein Verhältnis ebenfalls eingeschlossen haben, so muss ich Sie scheinbar enttäuschen - denn Ron Weasley und ich waren tatsächlich eine Zeit lang ein Paar. Um es kurz zu machen und Sie nicht länger zu langweilen, möchte ich dazu nur sagen, dass es nicht geklappt hat und man aus guten Freunden keine Liebhaber machen sollte.
Und mit dieser Einsicht, die für Sie vermutlich von wenig Interesse ist, möchte ich mich von Ihnen verabschieden.
Sollten Sie Einwände haben, was Empfehlungsschreiben angeht, so melden Sie sich bitte. Ich würde mich aber auch so freuen wieder von Ihnen zu hören...möchte Ihnen jedoch versichern, dass Sie mir zu keinerlei Dank verpflichtet sind. Sie haben aus mir den Menschen gemacht, der ich heute bin...nun ja, zumindest beruflich...und so sind wir wohl quitt.
Mit freundlichem Gruß,
Hermine Granger
Anhang Empfehlungsschreiben
11. Juli Norwich
Herr Professor Severus Snape unterrichtete mich sieben Jahre an der Zaubererschule Hogwarts in dem Fach Zaubertränke.
Seine hervorragende fachliche Kompetenz und seine Fähigkeit diese uneingeschränkt zu vermitteln, haben es mir ermöglicht, eine gefestigte Basis für ein Studium in diesem Fach zu erwerben.
Sowohl seine praktische Arbeit, als auch seine schriftliche Ausarbeitung des Lehrstoffes sorgten dafür, dass der Unterricht nicht nur fachlich einwandfrei, sondern auch mit der nötigen geistigen Festigung absolviert werden konnte.
Professor Snape zeichnet vor allem auch seine absolute Präzision aus, die für die Kunst des Zaubertrankbrauens unbedingt notwendig ist.
Als Schülerin durfte ich von seinem Wissen profitieren und kann heute, als eigenständige Zaubertrankbrauerin bestätigen, dass seine Fähigkeiten weit über den Schulstoff hinausgehen, und er daher stets auch auf unvorhergesehene Ereignisse schnell zu reagieren weiß.
Professor Snape ist für jede Schule ein Gewinn in seinem Fach und ich wünsche ihm, dass er alsbald wieder Schülern sein unerschöpfliches und fundiertes Wissen vermitteln kann.
Hermine Granger
