13. Juli, Norwich
Sehr geehrter Herr Professor Snape,
Ihr Brief hat mich sehr aufgewühlt. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich zur Zeit scheinbar nicht vom Glück verfolgt werde, zumindest nicht auf beruflicher Ebene.
All die Arbeit, all die Mühe und dann...verzeihen Sie, aber ich muss mich erst sammeln, bevor ich Ihnen berichten kann was geschehen ist.
Aber eines kann ich Ihnen versichern - Kräuter aus den Highlands würden in mir einen äußerst dankbaren Abnehmer finden. Nach den blauen Tintenflohsternen wage ich schon gar nicht zu fragen, denn ich kann Sie unmöglich bitten, sich für mich auf die Lauer zu legen. Ich würde Ihnen aber gerne einen Vorschlag machen. Da die Tintenflohsterne ohne ihre natürliche Umgebung nur mit dem ständig frisch zusammengebrauten entsprechenden Futter überleben, und Ihnen das Brauen zur Zeit ja noch unmöglich ist, würde ich mich bereiterklären, die Flöhe solange zu versorgen, bis Sie sie selbst wieder benötigen - und vielleicht habe ich ja das außerordentlich seltene Glück, dass sie sich vermehren, so dass ich vielleicht einen Teil davon behalten kann.
Es gibt eine Stelle in Ihrem Brief, die ich liebendgerne totschweigen würde. Doch Sie kennen mich sicher zu gut, um mir abzunehmen, dass ich sie einfach übersehen hätte.
Es geht um meinen Diebstahl damals. Ich weiß nicht was ich sagen soll - außer - es tut mir unendlich leid und ich schäme mich noch heute dafür.
Sie schienen mir damals so reich zu sein - so reich an Wissen und eben auch reich an den Dingen, die mir zu diesem Zeitpunkt noch unmöglich waren selbst zu beschaffen. Ich nahm diese Zutaten, weil mir kein anderer Weg einfiel. Oh, bei Merlin! Das ist eine denkbar schlechte Ausrede - die Ausrede einer wirklichen Diebin!
Es bleibt mir nur, Sie nochmals um Verzeihung zu bitten!
Ein anderer Aspekt Ihres Schreibens hat mich ebenso bewegt. Ihre Erklärung, warum Sie mich so behandelt haben...naja, wie Sie mich eben behandelt haben. Ich kann Ihre Beweggründe nun besser nachvollziehen - dennoch stelle auch ich mir die Frage, wie es gelaufen wäre, wenn Sie so hätten agieren können, wie Sie es von sich selbst aus gewollt hätten. Da ich mir nicht vorstellen kann, wie es gewesen wäre, in Ihrem Haus einsortiert zu sein, scheitere ich leider auch an der Vorstellung wie es gewesen wäre, wenn Sie mir Ihre volle Unterstützung gegeben hätten. Ich denke fast, ich wäre nicht wirklich glücklich damit gewesen, da immer andere darunter leiden mussten, wenn Sie Ihre Slytherins bevorzugten.
Dass Sie nach wie vor von Harry und Ron schlecht reden, ist wohl eine Tatsache die ich hinnehmen muss. Doch auch wenn ich mit Ron recht schnell einen Schlussstrich unter unsere Beziehung gezogen habe, so bin ich doch immer noch mit ihm befreundet, und er und Harry bedeuten mir viel!
Sie sehen, ich bin nach wie vor durch und durch eine Gryffindor. Hah! Ich kann Sie jetzt vor mir sehen - wie Sie Ihr Gesicht bei diesen Worten missbilligend verziehen. Sagen Sie mir, ob ich Recht damit habe.
Ein wenig traurig bin ich ohnehin, dass ich Ihre Reaktionen nicht wirklich sehen kann, während Sie meinen Brief lesen. Ich hätte ehrlichgesagt zu gerne Ihre Reaktion auf meinen Lieblingscocktail gesehen.
Ich trinke ihn übrigens auch zu anderen Gelegenheiten; Sie sollten seinem außergewöhnlichen Namen also im Zusammenhang mit Ihnen nicht zuviel Bedeutung beimessen. Aber ich bin sicher, das haben Sie ohnehin nicht getan.
Zu meiner Reaktion, was Sie über meinen Männergeschmack schreiben, würde ich schon einen persönlichen Kontakt benötigen. Aber so muss es wohl reichen, wenn ich Ihnen schreibe, dass Sie sich gegen das Schienbein getreten fühlen sollten!
Mein Verlobter mag stellenweise ein wenig schweigsam und verschlossen sein - dennoch, es sind vielleicht gerade diese Eigenschaften, die ich an ihm schätze. Er arbeitet mit größter Konzentration und ist sehr ehrgeizig. Gut, er mag vielleicht genau das Gegenteil von Ron Weasley sein, aber eben dies macht unsere Beziehung ja auch so einzigartig für mich. Ich muss ihn nicht anleiten, sondern kann mich auch mal von ihm führen lassen - das gefällt mir recht gut, insbesondere weil er meine Arbeit ebenso schätzt, wie ich seine. Wir scheinen uns einfach wunderbar zu ergänzen und ich möchte ihn nicht vergraulen, indem ich ihm Fragen stelle, die ihm unangenehm sind. Oh ja, auch ich habe inzwischen gelernt, dass man manche Fragen besser für sich behält.
Wir werden in vier Tagen heiraten. Alles ist vorbereitet und aufgrund der Tatsache, dass Justin eben keinen Kontakt mehr zu seiner Familie hat, wird die Feier in einem recht kleinen Rahmen stattfinden.
Ich freue mich, dass mein Empfehlungsschreiben Ihre Zustimmung findet. Es würde mich wirklich glücklich machen, wenn ich auf diese Weise einen Beitrag leisten konnte, dass Ihr Wunsch, wieder zu unterrichten, bald erfüllt werden kann.
Bitte entschuldigen Sie, dass ich auf meine Aussage vom Anfang des Briefes nicht weiter eingehe. Ich muss erst einige Dinge klären, bevor ich näher darüber berichten möchte; zudem, weil ich gar nicht sicher bin, ob ich Sie mit meinen Problemen noch zusätzlich belasten sollte.
Mit freundlichen Grüßen,
Hermine Granger
