13. Juli, Glen Strathfarrar

Sehr geehrte Miss Granger,

verzeihen Sie mir, wenn Ihr Brief mich heute, obwohl er so voll von Sorgen zu sein scheint, zum ersten Mal seit... ich kann nicht sagen seit wie langer Zeit – dazu gebracht hat, laut zu lachen.

Ich glaube Ihnen gerne, daß Sie meine Reaktion auf den Namen des Cocktails sehen wollten und ich kann Ihnen verraten, daß es sich in der Tat gelohnt hätte. Ich werde jedenfalls beim Lesen ihrer weiteren Briefe erst einmal keinen Kaffee mehr trinken... der Rest sei getrost Ihrer Phantasie überlassen.

Und nein – ich habe den Namen nicht mit meiner Person in Zusammenhang gebracht! Ich bin seltsamerweise überhaupt durch Ihre Bemerkung diesbezüglich jetzt darauf aufmerksam geworden, daß man es hätte seltsam auslegen können... Sie müssen mir bei Gelegenheit einmal erklären, woraus dieses Getränk besteht.

Ach, und Sie wollten wissen, ob Sie Recht damit hatten, daß ich mein Gesicht missbilligend verzogen habe, bei den Zeilen, in denen Sie von Ihrer weiterhin bestehenden Freundschaft zu Potter und Weasley schrieben. Missbilligung wäre das falsche Wort – es war mehr das Seufzen, mit dem man sich der Tatsache ergibt, daß es gewisse Konstanten im Universum gibt, die zu ändern man einfach außerstande ist.

Ihren Schienbeintritt nehme ich erstaunt zur Kenntnis. Daß Sie Ihren unbezwingbaren Rede-Drang und Ihre unstillbare Neugier ausgerechnet auf einem so dramatisch wichtigen Bereich zurückstecken, erscheint mir unvernünftig. Auf der einen Seite kann ich durchaus nachvollziehen, was Sie schreiben und ich bin sicher, dass Ihr Verlobter sehr dankbar dafür ist, daß Sie nicht fragen – aber auf der anderen Seite begeben Sie sich in eine Bindung, die üblicherweise auf Vertrauen basieren sollte. Nun können (und werden) Sie sicherlich argumentieren, daß Sie ihm Vertrauen entgegenbringen, indem Sie ihn in seinem Schweigen gewähren lassen – aber wo ist sein Vertrauen in Sie? Schweigen hat immer einen Grund – und nur selten einen guten... Und es gibt hunderte von Sprichworten und Redensarten darüber, wie blind Liebe macht. Einer der treffendsten Aussprüche zu diesem Thema ist noch immer das, was mein Großvater zu sagen pflegte (und dabei würde ich jetzt Sie gerne sehen, wenn Sie das Folgende lesen) „Wenn die Liebe im Kopf ist, ist der Verstand im Arsch"

Miss Granger, Sie haben noch nie halbe Sachen gemacht. Was Sie tun, tun Sie mit ganzem Herzen und vollem Einsatz. Ob dies Lernen war, ob dies die Loyalität zu Ihren Freunden war, oder in letzter Instanz sogar das Stehlen von Zaubertrankzutaten, um ein Ziel zu erreichen, das Sie sich gesetzt haben (wofür Sie sich nicht entschuldigen brauchen – es ist längst nur noch eine Anekdote aus den Hogwarts-Jahren – gestatten Sie mir nur, Sie damit hin und wieder aufzuziehen, weil es einen gewissen Unterhaltungswert hat, wie Sie sich unter der Erkenntnis winden, daß Sie diesen winzigen schwarzen Tupfer auf Ihrer weißen Weste nicht mehr loswerden können) Und daher bin ich sicher, daß Ihr Verlobter sich zu den sehr glücklichen Männern dieses Landes zählen kann. Denn wenn Sie alles ganz und gar tun, dann werden Sie davon nicht ausgerechnet die Liebe ausnehmen.

Aber geben Sie auf sich Acht. Auch wenn ich mir dafür nun noch einen Tritt einfange: Die Männer um Sie herum haben Sie stets in Schwierigkeiten gebracht!

Ein Mann, der Sie reden lässt und selber schweigt, der sie gleichzeitig anleitet, so daß Sie mitgehen können, anstatt vorausgehen zu müssen, der Ihre Arbeit schätzt und versteht, der mit großer Konzentration arbeitet – das klingt so unglaublich perfekt für Sie. Klingt es nicht ein wenig zu perfekt...?

Ach, vielleicht bin ich einfach nur ein misstrauischer Narr, der Ihnen nicht gönnt, was Sie gefunden haben. Nehmen Sie meine Worte nicht zu ernst – aber bitte ignorieren Sie sie auch nicht.

Ist ein Unglück im Labor geschehen? Es klingt ganz danach. „Einige Dinge klären" lässt andere Vermutungen aufkommen. Was ist geschehen? Fühlen Sie sich nicht bedängt, diese Frage zu beantworten, wenn Ihnen nicht danach ist – aber es klang sehr beunruhigend.

Was die Beschaffung der Kräuter betrifft, fühlen Sie sich bitte völlig frei, mir eine Liste der Dinge zu schicken, von denen Sie vermuten, daß man Sie hier finden kann. Und ihre Idee bezüglich der Tintenflohsterne ist hervorragend! Ich habe seit heute wieder die Möglichkeit, zu apparieren und befinde mich im Moment im Glen Strathfarrar, um dort die Nacht zu verbringen. Ich habe bereits zwei Stellen entdeckt, die relativ eindeutig die Anwesenheit von Tintenflohsternen zeigen. Vielleicht gibt es morgen früh schon gutes zu berichten. Wußten Sie eigentlich, daß es nach wie vor nicht geklärt ist, ob die Tinfenflohsterne Pflanzen sind, die sich frei bewegen können, oder blühende Tiere? Ich hatte mir immer vorgenommen, dies selbst in Erfahrung zu bringen, aber es kamen stets wichtigere Dinge dazwischen. Ich tippe übrigens auf die blühenden Tiere.

Mir bleibt auf jeden Fall auch dann, wenn ich wieder arbeite deutlich mehr Freizeit, als anzunehmen gewesen war. Aber davon berichte ich, wenn sich meine Wut zu dem Thema wieder gelegt hat. Nur soviel sei schon gesagt – man hat mir mit meinem Zauberstab einen Brief geschickt, in dem mir mitgeteilt wurde, daß Ihre Empfehlung absolut ausreichend sei, es seien inzwischen aber sämtliche denkbaren Posten belegt, so daß man mir etwas anderes anbietet... außerdem legt man mir nahe, nach den Jahren die ich, bedingt durch den Prozess, nicht mehr gebraut habe, erst einmal wieder ein wenig zu „üben". Man gestattet mir erst wieder selbständig zu brauen, wenn ich eine Prüfung abgelegt habe... Ich soll beweisen, daß ich noch etwas von Zaubertrankmagie verstehe! ICH soll mich von irgendeinem Dümmling aus dem Ministerium prüfen lassen!

Auf der einen Seite kann ich nun endlich wieder Magie anwenden – aber auf der anderen Seite hätte der Tag trotzdem kaum schlechter beginnen können – doch dann kam Ihr Brief und hat wieder Licht in meinen verfinsterten Kopf gebracht. Hätte ich einen „Sex on the Beach" zur Verfügung – ich würde ihn nun auf Ihr Wohl trinken, Miss Granger.

Mit freundlichen Grüßen

Severus Snape

PS. Es wird äußerst ungewohnt sein, Sie ab dem 17. Mrs. Montgomery zu nennen... und ich bin sicher, daß Sie zu den Frauen gehören, die vor der Hochzeit ihre neue Unterschrift üben... ich wette fünf Tintenflohsterne, daß es so ist!