14. Juli, Norwich

Sehr geehrter Herr Professor Snape,

ich weiß gar nicht, wie ich diesen Brief beginnen soll. Vielleicht mit den Fakten - ich weiß, dass Sie dies schätzen würden und mir fällt es so leichter, meine Gedanken (und meine Wut) unter Kontrolle zu halten.

Justin und ich haben an einem Trank gearbeitet, der Magier-Muggel-Schizophrenie heilen kann. Es bedarf einer einmaligen Gabe des Trankes, um den geistigen Zustand zu festigen und der Kranke hat die Gelegenheit, sich für eine Daseinsform zu entscheiden, bevor er durch die Langzeittherapie endgültig in der Lage ist, diese Identität beizubehalten. Kein Wechsel mehr zwischen magisch und nichtmagisch, was diese Kranken oftmals sogar in akute Lebensgefahr brachte, wenn sie zum Beispiel in einem Moment glaubten auf einem Besen fliegen zu können, sich im nächsten Moment aber für einen Muggel hielten und zur Erde stürzten.

Die Forschungen waren äußerst schwierig und zeitaufwendig, wie Sie sich sicher vorstellen können.

Vielleicht sollte ich dazu erwähnen, dass Justin erst zu dem Projekt hinzustieß, als meine schriftlichen Aufzeichnungen bereits fertig und mehrfach korrigiert waren, so dass wir uns voll und ganz dem Brauen widmen konnten. Die Resultate waren sehr erfolgversprechend und ich nahm mit St. Mungos Kontakt auf um zu erfahren, ob sie an dem Mittel interessiert seien und eine Versuchsreihe starten würden.

Für mich war es eigentlich nur noch eine reine Formsache. Ich war mir sicher, dass sie zusagen würden.

Und dann kam dieser Brief. Der Brief, der mich gestern so verwirrt hat. Justin brachte ihn mir, nachdem er die Eule in Empfang genommen hatte.

Es war eine Absage. Eine verdammte Absage!

Ich konnte kaum begreifen was dort stand. Man teilte mir mit, dass bereits ein anderer Bewerber mit dem gleichen Mittel ein Angebot unterbreitet hätte. Professor Snape - man warf mir ernsthaft vor, eine Betrügerin zu sein, die die Idee eines anderen gestohlen hätte!

Zuerst dachte ich noch, dass es sich um ein Missverständnis handeln würde. Also schickte ich noch gestern eine Eule an den Absender des Briefes und bat um den Namen desjenigen, der das Angebot eingereicht hatte.

Oh Gott - ich kann es gar nicht sagen...nicht schreiben...nicht einmal darüber nachdenken!

Ich bekam heute diesen Namen, mit dem Hinweis, dass ich sofort davon absehen sollte, weiter Tränke anzubieten die ein anderer erfunden hätte.

Der Name meines Konkurrenten ist Justin Montgomery!

Ich wollte ihn zur Rede stellen. Als ich ihn nicht in unserer Wohnung vorfand, eilte ich zum Labor.

Er ist weg! Er hat seine Sachen gepackt und ist fort. Zudem hat er all unsere Forschungsunterlagen mitgenommen, wie mir auffiel als ich danach suchte.

Wie soll ich so beweisen, dass die meisten Tränke meine Erfindungen sind? Meine Arbeit, die Monate des mühseligen Forschens gekostet hat.

Bei Merlin - dies hat sich alles so schnell entwickelt.

Sie erleben mich gerade in meiner persönliche Hölle, Professor Snape!

Ich bin solch eine Idiotin gewesen! Ein dummes Schaf! Ja, Sie hatten Recht - ich war blind!

Und das Schlimmste daran ist - ich wollte blind sein!

Doch warum? Warum hat er das getan? Ich verstehe es nicht!

Noch bevor ich diesen Brief an Sie begonnen habe, habe ich drei Eulen weggeschickt, deren Wiederkehr ich nun entgegenfiebere. Jede von ihnen wird Erkundigungen über den Mann einziehen, den ich eigentlich in drei Tagen heiraten wollte.

Ja - ich hätte dies früher tun sollen - und welch ein Hohn ist es, wenn ich jetzt sage, dass es mir vorher so vorgekommen wäre, als würde ich Justin hintergehen, wenn ich gegen seinen Willen in seiner Vergangenheit stöbere. Er hat mich hintergangen!

Ich bin betrogen worden und habe rein gar nichts in der Hand, um dies zu beweisen.

Vielleicht war alles wirklich zu perfekt, wie Sie schon sagten - zu perfekt für jemanden wie mich jedenfalls.

Nie wieder werde ich einem Mann mein Herz schenken! In diesem Leben mit Sicherheit nicht mehr! Ich bin enttäuscht, aber mehr noch wütend! Und während ich mich bei Ihrem Schienbein entschuldigen muss, möchte ich lieber gar nicht sagen, wo Justin sich getreten fühlen sollte. Sie haben mit Ihrem, bzw. Ihres Großvaters derben Spruch über die Liebe und den Verstand wohl genau ins Schwarze getroffen.

Ich habe Justin geliebt - ist Ihnen schon mal aufgefallen, dass man das Gefühl der Liebe nicht abstellen kann, selbst wenn man es möchte? Immer noch hoffe ich, dass die Eulen mir eine logische Erklärung für sein Handeln bringen werden. Das er zurückkommt und mir erklärt, dass alles nur ein dummes Missverständnis war. Können Sie das verstehen?

Nun sitze ich hier, allein im Labor und heule mir die Augen aus dem Kopf. Glauben Sie, jemand hat schon mal versucht, sich Phönixtränen direkt ins Herz zu injizieren?

Nein, keine Sorge, ich weiß, dass dies nicht funktionieren würde...aber es fühlt sich so an, als wäre auch ein tödlicher Fehlschlag nicht weiter schlimm.

Aber eines verspreche ich...von mir aus der ganzen Welt...ich werde es schaffen! Wenn ich mich so umsehe, dann wird mir klar, dass es noch viel zu tun gibt. Auch wenn das heißt, dass ich von vorne anfange. Ein Neubeginn - das ist etwas, das wir gemeinsam haben, Professor Snape.

Dass Ihr Neubeginn sich derart schwierig gestaltet, ist einfach grausam und ungerecht.

Die verlangen von Ihnen eine Prüfung? Allein der Gedanke hat mich schon meinen Kopf schütteln lassen. Aber vielleicht schaffen wir beide es, aus diesen Rückschlägen gestärkt hervorzugehen.

Machen Sie diese verdammte Prüfung und zeigen Sie denen was eine Harke ist!

Sie berichten, dass Sie mehr Freizeit haben werden, auch wenn Sie wieder arbeiten - dann wird man Sie also nur eingeschränkt einsetzen?

Kann sich eigentlich unser Bildungssystem erlauben, erstklassige Lehrer so lange auf der Ersatzbank sitzen zu lassen? Man bietet Ihnen etwas anderes an? Ich bin sehr interessiert was dies sein mag! Vielleicht wäre es ein guter Zeitpunkt uns gegenseitig zu versprechen, dass wir uns nicht unterkriegen lassen.

In diesem Sinne...

Hermine Granger