Snape hat seinen Brief gerade logeschickt, als ihm eine Eule Post von Hermine bringt...

17. Juli, London

Lieber Herr Professor Snape,

die neue Anrede erscheint mir schon jetzt vertraut - ich halte dies für eine Bestätigung der Richtigkeit unseres Vorgehens und freue mich sehr, dass Sie mir nicht nur gestatten diese Worte zu verwenden, sondern ebenfalls Gebrauch davon machen. Und irgendwie macht es mich ein wenig stolz, der Auslöser für diese Premiere zu sein.

Ihr Brief hat mich kurz vor meiner Abreise nach London erreicht. Er war mir eine große Hilfe meinen Weg zum Ministerium auch wirklich anzutreten.

Harry traf ich in London vor dem Ministeriumseingang. Er wirkte ein wenig so, als wolle er erneut in den Kampf ziehen und ich war ihm sehr dankbar für seine Anwesenheit.

Meine Aussage wurde zu Protokoll genommen. Auch dass ich sie unter dem Einfluss von Veritaserum machte, wurde protokolliert. Im Ministerium für Patentrecht machte man mir Hoffnungen, dass ich zu meinem Recht kommen werde - es benötige allerdings Zeit, wie man mir gleich mehrfach mitteilte.

Gleich darauf habe ich auch meine Anzeige wegen Betruges gemacht und die Beweismittel vorgelegt, die mir inzwischen zur Verfügung standen. In der Unterabteilung für die Verfolgung von Zauberern, die sich strafbar gemacht haben, und immer wieder den Wechsel zwischen den Welten zur ihrem Vorteil nutzen, konnte man mir nur mitteilen, dass Justin auf keiner Animagi-Liste steht. Was, wie wir natürlich wissen, nicht bedeuten muss, dass er nicht fähig sein könnte Tiergestalt anzunehmen. Nachdem man mir Akteneinsicht gewährte, muss ich jedoch zugeben, dass er dies vielleicht nicht einmal benötigt, um unterzutauchen. Ich habe ihn auf den Bildern kaum wiedererkannt. Er sah aus wie ein anderer Mensch. Einzig seine Augen schienen mir den gleichen Blick zu haben. Nachdem ich diesen Mann nun so völlig fremd erlebt habe, fällt es mir leichter ihn gedanklich dorthin zu schicken, wo er hingehört.

Er hatte übrigens mit dem Geld seiner Ex-Frau wirklich ein Labor in den Staaten eingerichtet. Man wird verfolgen, ob er dort wieder auftaucht. Ich hoffe er wird bald dingfest gemacht. Als ich ihn vor etwa einem Jahr kennen lernte, trafen wir uns in einem Laden, der Einrichtungsgegenstände für Laboratorien verkauft. Ich denke das Brauen ist tatsächlich seine Passion, wenn er nicht gerade Betrügereien betreibt. Als er erfuhr, dass ich ein eigenes Labor einrichten möchte, hat er mich kurzerhand gefragt, ob er nicht mein Kompagnon sein könne. Es dauerte noch einige Monate, bis wir unser Vorhaben in die Tat umsetzen konnten und in dieser Zeit trafen wir uns häufig...ja, so gab das eine das andere und während ich dachte, dass eine wundervolle Beziehung gewachsen wäre, harrte er nur darauf, dass er mein Projekt zu seinem machen konnte. Aber ich schweife ab, ich sollte lieber bei den aktuellen Ereignissen bleiben.

Die Aussagen haben bis zum Mittag gedauert. Als ich zusammen mit Harry das Gebäude wieder verließ, wartete eine Überraschung auf mich. Ron und Ginny nahmen uns in Empfang und mir wurde regelrecht befohlen, dass der Rest des Tages nur mit angenehmen Dingen verbracht werden sollte. Ich werde Sie jetzt nicht mit Einzelheiten langweilen, jedoch kann ich bestätigen, dass meine Freunde es geschafft haben, ihre Pläne in die Tat umzusetzen.

Gegen Abend habe ich dann die Entscheidung getroffen, für eine Nacht hier zu bleiben und mir ein Zimmer in einer Pension in der Winkelgasse genommen. Morgen früh sehe ich mich nach einem neuen Denkarium um.

Verdammt, jetzt kocht schon wieder die Wut in mir hoch! Dieses miese Schwein hat neben meinen handschriftlichen Notizen mein Denkarium gestohlen. Merlin sei dank (oder zu meinem großen Unglück) liegen dort fast nur berufliche Erinnerungen. Die Betonung liegt allerdings auf dem 'fast', denn ich habe die ein oder andere Erinnerung an Justin dort abgelegt, wenn sie mich zu sehr von der Arbeit abhielt. Jetzt sitzt er da, hat meine Aufzeichnungen über den Trank, und kann sich zudem noch an meinen Erinnerungen an gemeinsame Nächte aufgeilen.

Verzeihung, Sir!

Ich bin wütend - dies ist meine einzige Entschuldigung für diesen Ausrutscher.

Vermutlich wird dieser Brief Sie ohnehin nicht erreichen, denn ich nehme für die Zustellung eine der pensionseigenen Eulen. Die sahen mir allesamt nicht besonders zuverlässig aus, und so wird es wohl mein Glück sein, wenn Sie diese Zeilen gar nicht erst erhalten, und meine verbale Entgleisung nie zu Gesicht bekommen.

Mir wird nur wirklich ganz schlecht, je mehr ich über die ganze Sache nachdenke...ich habe fast das Gefühl, der betäubende Schock ist vorbei.

Und dann ist da noch die Tatsache, dass ein ausgiebiges Bad leider auch noch nicht zum gewünschten Erfolg geführt hat. Vielleicht habe ich zuviel erwartet. Es braucht wohl noch etwas Zeit, bis ich alles wieder zusammen bekomme.

Was mich unendlich ärgert, ist, dass Justin diese Informationen hat und ich nicht weiß, was er jetzt damit anstellt, nachdem er im St. Mungos keine Chance mehr haben wird, seine Pläne umzusetzen.

Von der Klinik habe ich übrigens noch keine Nachricht bekommen. Ich denke, man will dort nicht offiziell Stellung beziehen, bevor nicht hundertprozentig feststeht, wem die Rechte an dem Trank gehören.

Im Moment bin ich sogar froh darüber - denn stellen Sie sich mal vor, die möchten eine Versuchsreihe starten und ich müsste erst in wochenlanger Kleinarbeit meinen eigenen Trank analysieren. Da hoffe ich doch eher darauf, dass mein Gehirn die Informationen wieder preis gibt. Und ich weiß, dass wird es! Es ist einfach nur noch alles zu frisch - ich brauche etwas mehr Zeit - Entspannung vielleicht...

...die habe ich im Moment. Ginny hatte mir angeboten bei mir zu bleiben und morgen gemeinsam mit mir einkaufen zu gehen, aber ich habe abgelehnt. Als ich ihr von Justins Betrug erzählte war sie sehr enttäuscht. Auch sie hätte dies nie von ihm gedacht - allerdings hatten Sie mit Ihrer Vermutung recht - sie hat mich tatsächlich gefragt, warum ich nie seine Vergangenheit hinterfragte habe. Aber wie sagt man so schön...hinterher ist man schlauer.

Jetzt sitze ich also hier in dieser Pension und muss daran denken, dass dies schon wieder eine Gemeinsamkeit zwischen uns ist - wenn mein Aufenthalt hier auch eher einem Urlaub gleicht. Bei Ihnen hört es sich fast wie ein Exil an. Die Landschaft ist sicher traumhaft schön. Und die Ruhe wird Ihnen gut getan haben. Doch auch wenn ich Sie immer als Einzelgänger sah, so war ich dennoch fest der Meinung, dass sie nicht wirklich ein Einsiedler sind.

Sie brauchen Menschen, mit denen Sie diskutieren können, die Ihnen gewachsen sind, und die einen Kontrapunkt einnehmen wollen.

Dies hielt ich bislang tatsächlich für Ihr vorrangiges Interesse an Ihren Mitmenschen.

Und nun schreibe ich folgend ein paar Zeilen, wieder fast schon in der Hoffnung, dass diese Eulen Norden von Süden nicht unterscheiden können.

Ich wäre vor Freude und Glück am liebsten zersprungen, als ich Ihren Brief las!

Auch ich habe mir einige Gedanken über unsere merkwürdige neue Verbindung gemacht. In dem Moment als ich Ihre Verwunderung (und Freude?) darüber las, dass Sie bereits Kenntnis von Dingen haben, die ich meinen Freunden erst noch mitteilen muss, durchfuhr mich der Gedanke, ob dies so richtig sein kann. Vielleicht war es ein ähnliches Gefühl, wie Sie es hatten, als sie sich still fragten, ob meine Briefe nur ein Scherz seien.

Unser Briefwechsel ist wohl etwas, das eigentlich nicht sein darf. Und dennoch - so merkwürdig er auch ist - er tut mir ebenso gut wie Ihnen! Ich weiß nicht wie es wäre - wie es sich entwickelt hätte, wenn ich nicht in dieses tiefe Loch gefallen wäre. Und wenn ich ehrlich bin, dann muss ich mich wieder fragen, ob ich nicht zuviel von mir preisgebe - ob ich mich nicht wieder zu sehr verwundbar mache. Ihr Brief - Ihre Offenheit mir gegenüber, hat diese Zweifel ausgeräumt. Ich bin unendlich dankbar, dass Sie mir ein wenig über sich erzählen - über Ihr Leben, Ihre Gedanken und über Ihre Gefühle. Dies empfinde ich weder als egozentrisch noch als eitel - es ist einfach nur wundervoll menschlich!

Ich kann sehr gut nachvollziehen, dass Sie sich zur Zeit des Prozesses von jedem engen Kontakt ferngehalten haben. Es macht mich sehr glücklich, dass ich es bin, die diese Abwehr durchbrochen hat. Vielleicht gelang es mir, weil ich es gar nicht wollte.

Ich lese Ihre Briefe mit Freude und manches trifft mich direkt bis ins Mark.

Zum Beispiel, dass man Sie für eine solche Stelle vorsieht, hat mich wirklich erschüttert. Ich weiß ja, dass unsere Welt oftmals von Blinden und Tauben regiert wird, aber dass man Ihre Fähigkeiten in einem solchen Büro begraben möchte, ist einfach nur frevelhafte Dummheit.

Nachdem Sie diesen langen Weg zurückgelegt haben, sollte er keinesfalls so enden. Darum hat es mich sehr erleichtert, als Sie schrieben, dass Sie sich weiter um eine Stelle als Lehrer bemühen werden.

Dass man Ihre persönlichen Sachen behält, darf ich wohl als reine Schikane auslegen. Es ist ein Skandal, dass Sie trotz Freispruch derart behandelt werden. Mit Sicherheit wurden von Ihrer Seite aus schon alle juristischen Mittel ausgeschöpft - dies lässt mich umsomehr an unserer Rechtsprechung zweifeln!

Verzeihen Sie, aber ich muss das Thema wechseln, damit ich nicht wieder völlig in Rage gerate.

Die Tintenflohsterne habe ich vor meiner Abreise gut versorgt und sie verfügen sowohl über das nötige Futter, wie auch über einen kleinen Zauber in ihrem Käfig, der ihre natürliche Umgebung simuliert. Dem Bissigen und dem Stillen habe ich bereits Namen gegeben - ich werde sie Ihnen jedoch vorenthalten, da ich nicht Ihren Groll auf mich ziehen möchte.

Vermute ich übrigens richtig, dass es sich bei denen mit den filigraneren Blütenblättern um die Weibchen handelt?

Ich danke Ihnen sehr für die Zusendung des Wollgrases und der getüpfelten Flatterbinsen!

Auf Ihre Frage nach den fluoreszierenden Igelkolben antworte ich Ihnen natürlich gerne.

Tatsächlich bin ich auf die Verwendung in der Heilmedizin gekommen, als ich einen Bogen Schriftrollenpapier vor mir liegen hatte. Ich suchte damals schon fast verzweifelt nach einem Mittel, das große Wunde verschließen konnte, bei denen normalerweise große Narben bleiben, da der Körper nicht in der Lage ist, wieder normales Gewebe zu produzieren. Ich brauchte also etwas, das die körpereigene Heilung in großem Rahmen simulierte. Bei der Veredelung von Schriftrollenpapier werden die Fasern geglättet, die Pflanzenextrakte heften sich an Unebenheiten und gleichen diese aus, das Papier wird dadurch besonders stabil. Mit der richtigen Dosierung gelang es mir, den Igelkolben in dieser Form auf menschlicher Haut zu nutzen. Allerdings ist der gewöhnliche Igelkolben nicht haltbar genug. Der Fluoreszierende jedoch hat durch seine Verstärkte Absorption des Sonnenlichtes, und seiner relativ kurzen Abgabe dessen, eine erhöhte Widerstandskraft, die genau dort zum Tragen kommt, wo ich sie für meine Forschungen benötigte. Da fluoreszierende Igelkolben jedoch nur schwer zu finden sind, musste ich meine Forschungen diesbezüglich erst einmal auf Eis legen. Ich würde mich freuen, wenn ich sie irgendwann fortsetzen könnte, denn wie Sie mir sicher zustimmen werden, müssen Ideen einfach so lange verfolgt werden, bis sie sich als Erfolg, oder eben als Niederlage herausstellen - eher gibt der Forscherdrang keine Ruhe.

Apropos Ruhe...ich werde uns beiden jetzt welche gönnen...der Eule allerdings nicht...falls sie Sie tatsächlich findet, stellt sich jetzt wohl eher mir die Frage, ob Sie mit einer Frau weiter Kontakt haben möchten, die - wenn sie von Wut gepackt ist - schon mal auf derbe Ausdrücke zurückgreift.

Mit freundlichen Grüßen,

Hermine Granger