Liebe Leser - unseres Wissens nach sind jetzt alle angeforderten Tintenflohsterne verschickt. Wir hoffen, daß sie unbehelligt und in gutem Zustand angekommen sind. Sollte irgendjemand seinen Stern nicht bekommen haben, bitten wir, dies zu entschuldigen und darum, daß ihr uns kurz darauf aufmerksam macht... Ansonsten - viel Vergnügen! PS. Wer inzwischen weiß wer wir sind - obwohl das nicht wichtig ist - der könnte in diesem Brief einen für eine der Autorinnen SEHR typischen Liedertext-Bezug finden... Aber das nur für die Knobelfreunde - denn wichtig... nein, wichtig ist es wirklich nicht. Wichtig ist nur, daß ihr Freude an diesem Briefwechsel habt. Und wir danken euch, fürs Mitlesen... Eure Arikaitas-Ladies

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Nacht des 19. Juli auf den 20. Juli, an der Quelle des Strathfarrar

Liebste Miss Granger,

ich habe Orkney-Primeln gefunden... und fühle mich wie ein Erstklässler, der seinem ersten Phönix gegenübersteht. Ich hatte mich mit Ihrem Brief in den Glen Strathfarrar zurückgezogen und bin so lange gegangen, den Brief wieder und wieder lesend, daß ich nicht gemerkt habe, wie die Stunden verstrichen sind. Und plötzlich stand ich an der Quelle des Flusses, inmitten des seelenstreichelnden Nichts der Highlands. Um mich herum meilenweit nur die weichen, grünen Hügel und stellte plötzlich fest, daß um die Quelle herum Sumpfkraut wächst, das den Primeln ja so überaus ähnlich sieht. Wenn die Primeln blühen, ist es kein Problem, sie dazwischen zu finden, aber so war es wie die Suche nach einem vierblättrigen Kleeblatt inmitten einer Blumenwiese. Kennen Sie dieses Gefühl, wenn Sie zum hundertsten Mal ein Kleeblatt aus den anderen herausgezogen haben in der Überzeugung, dieses sei vierblättrig, um dann doch wieder nur drei Blätter daran zu finden? Ich finde es so faszinierend, daß die Natur in der Lage ist, unseren Augen bei so einer, doch eigentlich unwichtigen Sache, einen Streich nach dem anderen zu spielen.

Aber wenn Sie dieses Spiel mit der Natur kennen, dann kennen Sie auch das Gefühl, wenn man dann tatsächlich ein vierblättriges Kleeblatt findet. Man strahlt, ganz gleich, wie alt man ist, wie ein Kind bis über beide Ohren und möchte es am liebsten der ganzen Welt zeigen. So ging es mir, als ich die erste Orkney-Primel in Händen hielt. Aber mein Strahlen galt nicht nur der Orkney-Primel und dem ganzen Arm voll, den ich danach dann gefunden habe - es war da, wenn auch, meinem Naturell entsprechend, nur innerlich, weil ich weiß, daß Sie sich über diese Primeln freuen werden.

Miss Granger, zum ersten Mal habe ich in vollem Ausmaß verstanden, wie großmütig ein Herz sein kann. Sie haben mir nicht nur verziehen, Sie haben sogar die Anrede benutzt, auf die ich – was ich vor meinem desaströsen Brief niemals zugegeben hätte – so stolz war, Sie sagen, daß die Bande des Vertrauens nicht zerstört sind und daß Sie ebenfalls wünschen, daß wir uns weiter schreiben. Näher kann man dem Glück wohl nicht kommen.

Himmel! Sind diese Zeilen wirklich von mir? Was stellen Sie mit mir an, Miss Granger?

Miss Granger sprachlos? Weil ich verletzlich bin? Für was für einen seltsamen Menschen man mich halten muß, daß man glaubt, ich brächte nur Wut zustande...

Vielleicht liegt es daran, daß ich mich so oft zu Unrecht angegriffen fand, so daß es heute scheint, als träfe mich nichts mehr. Ein Irrtum, dem selbst Albus hin und wieder verfiel. Dabei habe ich mich nur an Meinesgleichen glattgeschliffen, so wie das Wasser einen Stein am anderen schleift. Doch, so gerne ich es gehabt hätte – unverwundbar bin ich dadurch nicht geworden. Stattdessen wurde ich verschlossener und gab weniger von mir hin. Alles Gesagte und alles Getane machten mich zu dem, der ich heute bin.

Bestimmte Fehler habe ich wieder und wieder gemacht und werde es wohl auch immer wieder tun.

Ich will mich dafür nicht nach Rechtfertigungen umsehen. Ich stelle nur fest, wie es ist und beschönige nichts an dieser Tatsache. Ich verlange auch nicht von Ihnen, mich zu verstehen, wo ich mich selbst manchmal nicht verstehen kann.

So seltsam es klingen mag: eigentlich wollte ich immer nur das Beste – aber es ist ein schmaler, gewundener Pfad dorthin und so führten mich mancher Zweifel und manches Irrlicht dorthin, wo wir nun aufeinandergetroffen sind.

Ich bin, alles in allem, vielleicht nicht unbedingt ein glücklicher, so aber doch wenigstens ein zufriedener Mann, denn gemessen an dem, was mir auf Grund meiner Fehler hätte widerfahren können, habe ich es wohl sehr gut getroffen.

Einer Ihrer Fehler, die wohl immer da sein werden, wo ein so warmes Herz wie das Ihre zu finden ist, Miss Granger, ist es wohl in der Tat, immer wieder zu vertrauen. Und ich bitte die Mächte von Avalon um die Gnade, daß ich dieses Vertrauen niemals mehr missbrauche.

Der brennenden Hitze des Tages wegen, habe ich erstmals seit Jahren unter freiem Himmel auf meine Robe verzichtet, da mich hier sowieso niemand sehen kann und bin die letzten Stunden meiner Wanderung nur noch mit meiner Hose bekleidet durch die Natur gestriffen. Habe den Wind und die Sonne auf meiner Haut gefühlt, als sei mir dieses Gefühl völlig unbekannt und habe mich zum ersten Mal überhaupt, wirklich frei gefühlt, weil mir Ihr Brief weitaus mehr wie ein Freispruch von meiner Schuld vorkam, als jedes Gerichtsurteil dies hätte tun können. Ihr Brief hat mir gezeigt, daß es keiner jahrelangen Prozesse bedarf, um mir einen Fehler zu vergeben. Ihr Brief hat mir mehr Hoffnung für mein eigenes Leben gegeben, als die Vernichtung des dunklen Lords dies getan hat. Sie glauben, ich übertreibe? Nein, Miss Granger. Für die Welt war das Ende des Krieges mit Sicherheit das wichtigere Ereignis – für mich, Severus, war es Ihr Brief.

Nun sitze ich hier, vor dem kleinen Feuer, neben mir der Korb mit den Primeln und über mir der Sternenhimmel, der auf der ganzen Welt kein zweites mal so schön zu finden ist wie in den Highlands, schreibe Ihnen diesen Brief und stelle mir gerade vor, wie Sie völlig gedankenverloren und gleichzeitig in Konzentration versunken in Ihrem Labor vor dem Kessel stehen und eine Zutat nach der anderen Ihrem Heiltrank hinzugeben, weil Morgen Ihr großer Tag ist. Ihre Haare werden von der Hitze des Feuers und den aufsteigenden Dämpfen feucht sein und die unbezähmbaren Strähnen an den Seiten drehen sich zu kleinen Locken hoch. Sie beißen sich auf die Unterlippe, wenn es nur noch eine Sache von Sekunden sein kann, bevor der Trank sich erneut verändern muß und irgendwann – irgendwann ganz gewiss – aber nicht heute Nacht! – werden Sie versehentlich einen Zauberspruch bewirken, wenn Sie in diesem Stadium höchster Konzentration wieder und wieder mit der Spitze Ihres Zauberstabes auf die Seite Ihres linken Zeigefingers tippen.

Ich kann es mir so gut vorstellen... ich habe das Bild so genau vor mir, als stünde ich hinter Ihnen und sähe Ihnen dabei über die Schulter. Ich wäre so gerne dabei... aber in Gedanken bin ich es und damit bin ich heute Nacht ein glücklicher Mensch.

Nun habe ich über mich und sogar nur über mich geschrieben. Das habe ich nie getan. Aber bei Ihnen erscheint es auf einmal ganz leicht. Missbrauche ich Sie damit vielleicht schon wieder, nur auf eine „freundlichere" Art? Wenn dies so ist, dann schreiben Sie es mir bitte.

Ich will in meinem nächsten Brief wieder auf Ihre Sache eingehen, die für Sie sicherlich wichtiger ist, als die Ausschweifungen Ihres ehemaligen Professors für Zaubertränke, nur soviel sei jetzt schon gesagt: ich bin absolut sicher, daß das Ministerium jetzt, da gewisse Dinge klarer werden, fieberhaft nach Montgomery suchen wird!

Und ich bin auch sicher, daß Sie die Gelegenheit bekommen werden, Ihm noch einmal gegenüberzustehen und Ihm zu sagen, was Sie ihm sagen wollen – oder vielleicht auch einfach nur nichts zu sagen...

Sein „Danke für alles" ist der Gipfel der Grausamkeit. Es ist nicht nur grausam – es ist auch stillos und zeigt, wess' Geistes Kind er ist. Fast betrübt es mich, daß er Ahnung von Zaubertrankmagie hat und damit unsere Zunft beschmutzt. Aber ich kann gut verstehen, daß Sie die Änderungen, die er gemacht hat, so gut erkennen können. Ihre Rezeptur war wie ein Gedicht der Zaubertrankmagie – und an den Stellen, die er verändert hat, reimten sich die Verse plötzlich nicht mehr und der Rhythmus war gebrochen – dadurch bin selbst ich auf das eine oder andere aufmerksam geworden, obwohl ich ganz sicher nicht jede Stelle erkennen konnte, die anders war, da ich das Original ja nicht kenne. Ihr Trank ist eine Komposition, das Kunstwerke einer Meisterin, und er konnte nicht mehr tun, als darin herumzupfuschen, um es zu verändern. Er hat eine billige Kopie erschaffen, die dem Original nicht mehr gerecht werden konnte. Er ist nicht schlecht in dem, was er tut, aber er brauchte Sie, um zu einem Ergebnis zu kommen. Alleine hätte er es nie geschafft. Er ist auf der Stufe vor Ihnen stehengeblieben – zu Ihrer Klasse wird er es nie bringen. Ihre Rezeptur ist so schön, so vollständig und gleichzeitig von so komplexer Intensität, daß es einem auf der Stelle in den Fingern kribbelt, sie selbst zu brauen.

Miss Granger, Miss Granger...

Wer hätte gedacht, daß Sie einmal über Stunden hinweg auf diese Weise in meinen Gedanken kreisen? Wie soll ich Ihnen für das freie Atmen danken, den Sie mir heute Nacht schenken?

Ich werde diesen Brief nun beenden, mich ins Gras legen und hier bei der Quelle noch eine Weile den Sternenhimmel betrachten und wohl einfach hier übernachten, während ich Ihnen das Glück, das Entgegenkommen und das Verständnis wünsche, das Ihnen morgen in St. Mungos beschieden sein soll.

Nach all dem, um was ich Sie gebeten habe, möchte ich diesem Brief, gemeinsam mit den Primeln noch eine weitere Bitte anhängen. Darf ich Sie um die Ehre bitten, daß Sie mich bei meinem Vornamen nennen, wie Kollegen es manchmal tun oder... ich wage es zu schreiben... Freunde...?

Ich wünsche Ihnen eine erholsame Nacht

Mit den allerbesten Wünschen

Severus