Montag: Kapitel 52 und 53
Dienstag: Kapitel 54 und 55
Mittwoch: Kapitel 56 - Finale!

und... das dicke Extra...


OoOoO


Neben einer Vase mit einer Wandelrose, die alle paar Minuten ihre Farbe ändert, lehnt dieser Brief auf dem Tischchen neben Severus' Krankenbett in St. Mungos


3. August, London

Geliebter Severus,

es wird schwer für dich sein, dies alles zu begreifen.

Noch schwerer wird es vielleicht sein, dass ich nun nicht bei dir bin, um alles selbst zu erklären, aber ich habe eine Aufgabe zu erfüllen und ich bin dankbar dafür.

Doch es ist zu früh davon zu erzählen.

Lass mich dir erst berichten was geschehen ist.

Severus, dein Brief erreichte mich noch am späten Abend des 2. August.

Allein dies wird dir schon unwahrscheinlich vorkommen, aber es entspricht den Tatsachen.

Du warst in einer Zeitverzerrung gefangen, die so wirklich war, wie paradox.

Es war eigenartig für mich, als ich in deinem Brief las, wie viele Tage für dich vergangen waren und ich hätte es vielleicht auf eine geistige Verwirrung aufgrund eines neuen Anschlags auf dein Erinnerungsvermögen angesehen, wenn nicht auch deine Eule so offensichtlich betroffen gewesen wäre.

Als sie sich wie eine Verhungernde auf meinen Keksvorrat stürzte, ahnte ich nichts Gutes - denn es gab keinen Grund, warum der Vogel so übermäßig hungrig sein sollte.

Als ich dann deinen Brief las, wurde ich immer unruhiger...doch am schlimmsten wurde meine Vorahnung, bei der Stelle, an der mir klar wurde, dass du scheinbar tagelang versuchtest mir eben diesen Brief zu schicken und mir von dem Umstand erzähltest, dass du nicht aus dem Tal herauskamst.

Mir wurde klar, dass du dies tatsächlich erlebt hattest - dass diese Zeit vergangen war und du in Lebensgefahr warst.

Miss Carpenter wollte mich nicht zu dir lassen - ich war außer mir vor Sorge...ich habe sie letztendlich mit meinem Zauberstab bedroht und gesagt, dass sie mich schon mit Gewalt abhalten müsse zu dir zu apparieren. Sie war überfordert und sprach davon Harry zu holen.

Ich stimmte zu und nutzte die Chance als sie abgelenkt war, um ihr zu entkommen.

In dem Moment, als ich disapparierte kam mir ein schrecklicher Gedanke.

Du sprachst davon, dass das Tal versiegelt sei, und in dem Moment, in dem ich merkte wie ich mich auflöste, wurde mir klar, dass ich vielleicht niemals heil bei dir ankommen konnte - das mich die Barriere zersplintern könnte.

Bruchteile von Sekunden später erschien jedoch die dunkle Umgebung der Highlands vor mir und ich atmete erleichtert aus als mir bewusst wurde, dass ich mich umsonst gesorgt hatte.

Die Eule hätte mir Hinweis genug sein müssen, dass die Barriere inzwischen aufgehoben war.

In deiner Hütte brannte Licht und du wirst es nicht glauben, aber eine Kerze stand in deinem Fenster. Ich weiß nicht, ob du sie hineingestellt hast, aber es traf mich direkt ins Herz.

Ich kam nach hause - ich wurde erwartet!

Doch schon mit dem Betreten deiner Hütte wurde mir klar, dass die Situation so gefährlich war, wie ich es befürchtete.

Du lagst in deinem Bett - die Decke lag am Boden und du schienst im Schlaf erbärmlich zu frieren.

Ich versuchte dich zu wecken, doch es war mir unmöglich.

Deine einzige Reaktion waren deine Hände, die sich in die Decke krallten, die ich über dich gelegt hatte.

Immer wieder sprach ich dich an - ohne Erfolg.

Ehe ich darüber nachdenken konnte, was nun zu tun sei, fiel ein Glas klirrend von deinem Regal und zerbarst am Boden zu Tausend kleinen Scherben.

Dies holte mich aus meiner Starre.

Ich lief aus dem Haus und suchte in der Dunkelheit nach dem magischen Brunnen. Er war voller Wasser! Schnell füllte ich den Eimer und nahm ihn mit ins Haus. Im Vorbeilaufen griff ich ein Glas und füllte es bis zum Rand. Auch ein Tuch fand ich, das ich in das kühle Nass tauchte um damit dein Gesicht zu befeuchten. Deine Lippen waren so trocken, dass sich blutige Risse auf ihnen zeigten, doch als sie mit der Flüssigkeit benetzt wurden, öffnetest du leicht den Mund und ich konnte dir etwas von dem Wasser einflößen. Der meiste Teil ging daneben, doch auch dies holte dich nicht aus deinem tiefen Schlaf.

Mir wurde klar, dass ich es alleine nicht schaffen würde, dich aus diesem Zustand zu befreien.

Und dann sah ich sie.

Die Tintenflohsterne.

Sie waren überall!

Für einen Moment war ich wie erstarrt.

So winzig sie auch sind - wenn sie sich auf uns gestürzt hätten - wenn sie uns hätten beißen wollen, so hätten wir keine Chance gehabt, aus dieser Hütte wieder herauszukommen. Es waren Hunderte!

Aber nur ein einziger kam so nahe, dass ich ihn hätte berühren können.

Es war Severus, dessen bin ich mir ganz sicher.

Und er war nicht alleine. Das Weibchen von dem du mir berichtet hast, kam ebenfalls sehr nahe - doch hielt es sich dennoch im Hintergrund.

Severus hingegen sprang auf deine Brust und sah mich mit dieser Intensität an, die ihm schon früher zu eigen war.

Ich kann es mir bis jetzt nicht erklären, aber plötzlich stellte ich ihm die Frage: "Warum?"

Er antwortete mir nicht - nein, es war viel unglaublicher - die Antwort formte sich aus dem Schütteln der Blätter aller Tintenflohsterne zusammen.

Es klang, als würde ein Baum zu mir sprechen.

"Wir helfen wollten."

Ich brauchte einen Moment, dann versuchte ich meine Stimme ruhiger klingen zu lassen, als ich mich fühlte.

"Ihr habt ihn fast umgebracht!"

"Nein - Schneller Mond kann helfen. Wenn Zeit schnell vergeht, kann Gift nicht töten. Nur wenn Zeit hat zu zerstören Körper, dann ist Tod nicht weit."

Ich weiß nicht wie sie es fertiggebracht haben, aber es scheint so, als hätten die Tintenflohsterne dafür gesorgt, dass dein Körper das Gift, welches dir verabreicht worden war, über mehrere Tage verarbeiten konnte, obwohl es dich normalerweise innerhalb kurzer Zeit umgebracht hätte.

Während ich dir unter den Blicken von Severus erneut Wasser einflößte, fragte ich sie, warum sie die Barriere errichtet hätten.

Sie sagten, dass diese durch die Zeitverschiebung entstanden sei, da nur dieser Ort von dem Paradoxon betroffen gewesen sei.

Auch das Versiegen des Brunnens sei auf diese Verschiebung zurückzuführen, denn gerade weil das Wasser immer andere Quellen aufweise, seien diese durch den Zeitsprung nicht mehr offen gewesen.

Aber es gab kein Zurück mehr. Hätten sie die Beeinflussung der Zeit unterbrochen, so wärst du an den Folgen des Giftes gestorben. Also harrten sie bei dir aus und hofften, dass die Zeit einerseits ausreichen würde, um dich überleben zu lassen, andererseits nicht zu lang war, um dich verdursten zu lassen. Als die Barriere wieder aufgehoben war, und die Zeit wieder normal ablief, warteten sie auf mich, damit ich mich um dich kümmern würde. Severus wusste, dass ich kommen würde.

Natürlich wollte ich gerne wissen, wie diese Wesen es schaffen die Zeit zu beeinflussen - ich vermute es hängt mit den Bissen zusammen und ich glaube, dass diese zur Verstärkung ihrer natürlichen Fähigkeiten führen, denn immerhin waren sie auch in der Lage ihren Standort zu wechseln, ohne dass ich es mitbekam - doch all dies war in diesem Moment unwichtig, denn es war so unendlich viel wichtiger dich an einen Ort zu bringen, wo man sich um dich kümmern konnte. Also fragte ich Severus, ob sie dich nun freigeben würden.

Er sagte: "Ja - frei - ich auch frei - zusammen, was zusammen gehört."

Dann sah ich, wie sie deine Hütte verließen. Es war ein Strom aus unendlich vielen Tintenflohsternen, die alle über dich gewacht hatten, mit dem Wunsch dich zu heilen.

Und sie haben es geschafft, Severus. Ohne ihre Hilfe hätte das tückische Gift dich getötet.

Nachdem ich dich nach St. Mungos gebracht hatte, wurde mir versichert, dass du bald völlig genesen würdest.

Der Flüssigkeitsmangel konnte durch die Gabe von Liqvitalis behoben werden und Schwester Rebecca versicherte mir, dafür zu sorgen, dass du genug essen würdest.

Ich hoffe, du bist mir nicht böse, aber ich habe sie darum gebeten, damit mein 'väterlicher' Freund bald wieder auf den Beinen ist.

Es fällt mir schwer, dich nun zu verlassen - dein Gesicht sieht jetzt so entspannt aus, nachdem dein Körper nicht mehr ums Überleben kämpfen muss. Ich streiche dein Haar zurück und wünsche mir, es einmal zu tun, wenn du es spürst und deine Augen in die meinen tauchen.

Mein Finger wandert über deine Lippen, die immer noch rau sind und die ich so gerne küssen würde, um ihnen zu zeigen, wie begehrenswert sie selbst in diesem Zustand sind.

Doch dies ist nicht die Zeit, um sich in romantischen Gedanken zu verlieren.

Du brauchst noch Ruhe, denn dein ganzer Organismus ist durch den Zeitsprung zusätzlich belastet worden.

Aber du lebst! Ich weiß nicht, was ich gemacht hätte, wenn das teufliche Gift seine Wirkung hätte voll entfalten können.

Manchmal beginne ich doch an die Fügungen des Schicksals zu glauben.

Wenn wir diesen kleinen Tintenflohstern nicht hätten in seine Heimat zurückkehren lassen, dann könnte ich diesen Brief nun nicht mehr an dich richten.

Wir werden uns noch viele Fragen stellen über diese wundersamen Tiere. Ich war im Zuge meiner Recherchen einmal über einen Bericht einer Mona Stairia gestolpert, die der Ansicht war, dass diese Wesen älter als die Welt seien und auch noch existieren würden, wenn es unsere Welt nicht mehr geben würde. Ich hielt es für Unsinn - aber jetzt muss ich sagen, dass sie vielleicht Recht hatte, wenn man bedenkt, dass die Zeit für Tintenflohsterne ein Spielplatz zu sein scheint.

Wenn du diese Zeilen liest, dann geht es dir hoffentlich schon sehr viel besser.

Ich habe mich bereits meinen Aufpassern gestellt und Harry hat klare Worte für mein Verhalten gefunden, die ich lieber nicht wiederholen möchte.

Aber das 'hintertriebene Biest' von Miss Carpenter war noch nett dagegen.

Dennoch hat Harry mir zugestimmt, dass wir sofort das Wasser im Ministerium untersuchen.

Ich werde dich auf dem Laufenden halten.

Er machte mir klar, dass ich nur unter der Voraussetzung an den Untersuchungen teilnehmen dürfte, wenn ich mich ab sofort artig verhalte.

Genaugenommen hat er mir gedroht, dass er mich in Sicherungsverwahrung nehmen lässt, wenn ich noch eine Aktion bringe, die ihn oder seiner Kollegin Schwierigkeiten bereitet.

Damit dürfte auch geklärt sein, dass man mich nach unserem Einsatz im Ministerium sofort nach Hause verfrachten wird.

Viel lieber würde ich an deinem Krankenbett wachen und dabei sein wenn du zu dir kommst - aber so habe ich die Möglichkeit, dir die neuesten Ergebnisse, die Untersuchung betreffend zukommen zu lassen, und nach allem was geschehen ist, bin ich allein schon für diese Tatsache unendlich dankbar!

Irgendwie werde ich es schaffen, dich in St. Mungos zu besuchen - auch wenn ich hoffe, dass man dort nicht zu lange auf deine Anwesenheit besteht.

Erhole dich erst einmal - in unendlicher Dankbarkeit, dass es dich gibt,

Hermine