Erschöpft lagen sie nebeneinander, atemlos von der Gewalt der Gefühle, die über sie hineingebrochen war. Die Nacht war mild und sternenklar. Schimmerndes Mondlicht fiel ins Zelt. Jack drehte seinen Kopf zu Ennis und blickte ihn an. Es war, wie er vorausgesehen hatte: die Qual der letzten Wochen war vergessen. Nichts existierte mehr für ihn – außer Ennis und der Tatsache, dass er mit ihm hier war, an diesem gottverlassenen Ort irgendwo in Wyoming. Er seufzte auf.
„Issn los, Jack?" nuschelte Ennis und schmiegte sein Gesicht an Jacks Kopf. „Ich frage mich", antwortete Jack leise „warum Du die Pferde nicht mitgebracht hast. Ich mein, es stört mich nicht, die ganze nächste Woche mit Dir hier im Zelt zu verbringen – aber meinst Du nicht auch, dass ein bisschen frische Luft zwischendurch gut tun würde?" Jack küsste Ennis Brust und Ennis spürte dabei sein Lächeln.
Ennis lachte leise. „Cowboy, wenn Du frische Luft willst – wir können auch vor dem Zelt weiter machen. Was die Pferde angeht ... hmm ... also, was soll ich sagen – ich hab sie nicht mehr."
„Du hast Deine Pferde nicht mehr? Warum?" Jack blickte Ennis erstaunt an.
„Jack, ich hab die verdammten Gäule verkauft."
„Verkauft. So, so. Verkauft ?" Jack setzte sich auf und blickte auf Ennis herunter. „Hab ich das eben richtig gehört?" Ennis nickte. „Und sagst Du mir vielleicht auch, warum Du das getan hast?"
Ennis stützte sich auf seinen Arm und blickte auf den Boden. „Jack, das wollte ich Dir vorhin eigentlich schon sagen. Aber wir sind irgendwie davon abgekommen." Ein leises Lächeln umspielte seinen Mund.
„Also, mit den Pferden, das war so ... ich hab in den letzten Wochen viel nachgedacht." Ennis stockte. „Mein Freund, wenn Du anfängst nachzudenken, macht mir das Angst", flüsterte Jack.
Ennis blickte kurz zu ihm hin, ein schiefes Grinsen blitzte kurz auf. „Ich weiß Jack, mir auch. Aber diesmal ... es war anders ... Ich hatte diese Träume, seit Du weggefahren bist. Hab viel getrunken in den letzten Wochen. Mehr als sonst." Jack schloss die Augen und senkte den Kopf. Sacht berührte er Ennis Schulter. Ennis umfasste Jacks Hand, holte tief Luft und sprach weiter.
„Jack, Du musst mir glauben, es tut mir so leid, was ich vor vier Wochen gesagt habe. Weißt Du, die Mädchen waren da, Du hast mich überrascht ... na ja ... ich war nicht vorbereitet und hatte nicht erwartet, dass Du – also, na ja .. Du weißt schon."
„ENNIS ! Sprich zu mir in ganzen Sätzen. Was willst Du mir sagen?", fuhr Jack ihn an.
Ennis zuckte zusammen. „Jack, ich bin nicht so der große Redner. Ich habe mir auf der Fahrt hierhin die Wörter zurecht gelegt, aber verdammt – ich bin ein bisschen nervös." Er räusperte sich und fuhr fort. „Also, ich hatte diese Träume, dass Du wegfährst und ich Dich nicht aufhalten konnte. Jede verdammte Nacht in den letzten vier Wochen bin ich aufgewacht und konnte nicht mehr schlafen. Mein Boss hat mich zur Sau gemacht, hat mir gesagt, ich solle meine Probleme mit meinem Weib in den Griff kriegen." Ennis lachte leise auf und sah Jack an. Jacks Gesicht war unbeweglich. Ennis blickte wieder auf den Boden und sprach weiter.
„Um es kurz zu machen: ich war so einsam wie noch nie zuvor. Ich habe immer wieder Dein Gesicht gesehen, als Du weg gefahren bist und es hat ... es hat ... es hat mir das Herz gebrochen", setzte Ennis leise hinzu. Sein Kiefer zuckte und Jack merkte, dass Ennis kurz davor war, in Tränen auszubrechen. „Sch, ist gut Ennis, erzähl weiter", wisperte Jack atemlos.
Ennis wischte sich mit der Hand über die Augen. „Jack, ich habe in den letzten Wochen Angst gehabt, Dich zu verlieren. Ich hatte gedacht, ich seh Dich nicht mehr wieder. Ich hab an Deinen Augen gesehen ... also ... na ja, dass ich Dich verletzt habe. Ich wollte das nicht. Jack, ich ertrage es nicht, Dich leiden zu sehen", brach es aus ihm heraus. Ennis blickte kurz zu Jack und sah, dass dieser Tränen in den Augen hatte. Jack nickte ihm zu „Weiter", sagte er.
Ennis schluckte. „Die Angst Dich zu verlieren, war schlimm. Ich hab's kaum ausgehalten. Und als mein Boss mir dann die Pistole auf die Brust gesetzt hat, hab ich gedacht, ich geb ihm gar nicht erst die Gelegenheit."
„Die Gelegenheit wofür, Ennis?"
„Mich rauszuschmeißen. Ich habe gekündigt." „Du hast gekündigt? Und was hat das nun mit den Pferden zu tun?" Jack wusste nicht mehr, ob er lachen oder weinen sollte.
„Die Pferde hab ich ihm verkauft. Ich brauchte Geld, um es Alma zu geben." „Du brauchtest Geld ... um es Alma zu geben ?" Jack schüttelte verzweifelt den Kopf. „Mein Freund, ich will ja – aber ich versteh kein Wort. Erzähl mir doch bitte der Reihe nach, damit ich mitkomme."
Ennis seufzte tief auf. „Ja, ich denke, das sollte ich wohl tun."
