Ennis zog die Luft scharf durch die Nase ein und merkte, wie die Adern an seiner Stirn erneut zu pochen anfingen. „Diese verdammten Schweine", dachte er. Voller Zorn presste er seine Daumen gegen seine Augen, um die Bilder von Jack aus seinen Augen zu vertreiben. Jack wie er zu Boden ging, wie er getreten wurde, Jack wie er reglos da lag.
Tränen traten ihm in die Augen. Diese furchtbare Angst, Jack zu verlieren – an einen Mob wütender Männer – die Ängste der ganzen Jahre hatten ihn eingeholt. Unvorbereitet. Und das schlimmste: es war seine Schuld. Hätte er bloß Mc Gill gegenüber den Mund gehalten. Aber er fühlte sich so frei, nachdem er seine Entscheidung getroffen hatte. Er war gedanklich schon gar nicht mehr in Riverton – er hatte zu früh seine Deckung verlassen und nun musste Jack darunter leiden.
Er spürte, wie ein unkontrolliertes Zittern seinen Körper erfasste und ein Schluchzen in seinem Hals aufstieg.
„Ennis, Ennis, es ist ok, es ist vorbei" flüsterte Jack und versuchte, sich aufzusetzen, um Ennis in den Arm zu nehmen. „Bleib liegen, Cowboy, es geht schon wieder" sagte Ennis leise, als er das schmerzverzerrte Gesicht von Jack sah.
Besorgt beugte er sich über ihn: „Jack, ich denke, es ist besser, wir fahren zum Arzt. Ich mach mir Sorgen, dass sie Dir Deine Organe in Fetzen geschlagen haben."
„Mir geht's gut, Ennis. Ich will nicht zum Arzt. Der wird die Polizei rufen, wenn ich ihm erzähle, was passiert ist." Mühsam brachte Jack die Worte hervor und sah Ennis aus schmerzverschleierten Augen an. Vermutlich waren mehrere Rippen geprellt.
„Jack, red' keinen Mist", brummte Ennis beschwichtigend. „Wenn der Arzt fragt, erzählst Du alles und wenn er die Polizei ruft, umso besser, dann bekommen diese Hurensöhne, was sie verdienen." Sanft streichelte er Jack die feuchten Haare aus der Stirn.
„Ennis", sagte Jack eindringlich und umfasste Ennis Hand mit seiner. „Wenn die Polizei die Sache in die Hand nimmt, steht es vielleicht morgen oder übermorgen in der Zeitung. Das mit uns beiden ... jeder in diesem verdammte Kaff wird es dann wissen. Mir wäre es egal, aber Ennis, Deine Mädchen, Alma ...". Er schluckte und Tränen traten ihm in die Augen. „Ich will Dir hier nicht noch mehr Probleme machen", brachte er mit brüchiger Stimme hervor.
Ennis starrte Jack wortlos an. Sekunden vergingen. Dann beugte er sich vorsichtig über ihn, so dass ihre beiden Oberkörper aufeinander lagen. Er stützte sich mit den Hände ab, um Jack keine Schmerzen zuzufügen, sah ihm tief in die Augen und küsste ihn, hart und fordernd.
„Jack" sagte er schließlich. „Es ist mir scheißegal, was die Polizei sagt, oder was in der Zeitung steht. Wir sind morgen weg und die Mädchen werden darüber hinweg kommen. Wer mir nicht scheißegal ist, bist Du. Ich hasse es, Dich leiden zu sehen. Ich habe Angst, dass Du innere Verletzungen hast. Also verdammt noch mal, wenn die Schmerzen schlimmer werden, Du Blut pinkelst oder kotzen musst, WERDEN wir zu Arzt gehen, he?" Jack nickte hilflos.
„Gut, also wenn du jetzt nicht zum Arzt gehen willst, dann lass uns zusehen, dass wir Dich bis morgen wieder auf die Beine bringen", sagte Ennis und blickte Jack an. „Als erstes: geh aufs Klo!"
Jack blickte Ennis konsterniert an. „Äh ... Ennis ... kann ich bitte selbst entscheiden, wann ich der Natur ihren Lauf lasse? Warum soll ich pinkeln gehen, wenn Du mir sagst, dass ich das tun soll? Mein bestes Stück ist auch so noch voll funktionstüchtig. ... Und ich weiß das zufällig ganz genau ... Du hast gerade auf mir gelegen ..." Jack zwinkerte Ennis vielsagend zu.
Ennis rollte die Augen und seufzte auf. „Jack, um Dein bestes Stück werd ich mich nachher ausgiebig kümmern, da kannste drauf wetten. Im Augenblick will ich wissen, ob Du Blut pinkelst." Jack holte unter Schmerzen Luft und wollte gerade eine passende Antwort geben, als Ennis ihn unterbrach. „Geh!", sagte er und zeigte mit dem Finger zur Toilettentür.
Jack stieß entnervt die Luft aus, erhob sich ächzend vom Sofa und grummelte: „Gib mir Tiernamen, nenn mich Sammy – warum mach ich eigentlich was Du willst ... Scheucht mich hier unter Schmerzen durchs Haus, der Bastard ... he .. uh ..." Jack blieb die Luft weg, als Ennis sich ihm in den Weg stellte, ihn mit seinem ganzen Körper umarmte und ihm die Lunge aus dem Leib küsste.
„Für den Rest des Tages sag ich, wo's lang geht und zwar so lange, bis es Dir besser geht, ok?" sagte er mir rauer Stimme und ließ Jack los. Jack blickte ihn verträumt an: „Ich liebe es, wenn du der Boss bist", sagte er und verschwand im Badezimmer.
