Einige Stunden später lagen Ennis und Jack auf dem Bett in ihrem Hotelzimmer, die Gesichter einander zugewandt. Nur das entfernte Rauschen der Autos auf den Straßen und das Ticken der Uhr in ihrem Zimmer störte die Stille.
Jack war ungewöhnlich ruhig von seinem Treffen mit Bobby zurück gekommen. Er hatte Ennis begrüßt und sich dann sofort aufs Bett gelegt und eine lange Zeit nur an die Decke geschaut, ohne ein Wort zu sagen. Ennis beobachtete ihn, unsicher, wie er sich verhalten sollte.
Er kannte Jack plappernd, schräge Witze reißend, Geschichten erzählend, sich beklagend und alles kommentierend – aber er hatte Jack noch nie ruhig und schweigsam erlebt. Es zerriss ihm das Herz, das war nicht sein Jack – irgendetwas bedrückte ihn und Ennis litt Höllenqualen, weil er nicht wusste, wie er ihm helfen konnte.
„Ich bin sein Mann ... im Guten wie im schlechten, oder? Wenn ihn etwas bedrückt, will ich wissen, was es ist. Muss es wissen. Will ihm helfen. Aber wie? Ich bin nicht so smart wie Jack. Niemals gut im Reden, niemals gut darin, Gefühle zu zeigen. Hab dreizehn Jahre gebraucht, um einen Schritt auf ihn zuzugehen. Wie viel hat er meinetwegen in Kauf genommen? Ich kann das nie wieder gut machen, oder?
Irgend etwas ist mit ihm, das spüre ich. Es ist etwas mit Bobby. Er hat immer gesagt, dass er keine Kinder wollte. Aber ich weiß es besser, ich wusste es immer besser. Damals 1967, als er mich besuchte und Alma und mir erzählte, dass er einen Sohn hat. „Einen Jungen. Acht Monate alt. Ein richtiger Strahlemann" hat er gesagt. Und seine Augen haben geleuchtet vor Stolz – und vor Liebe. Schätze, das hat er nicht gewusst. Ob er es jetzt weiß? Er hat immer gesagt, dass er seine Familie für mich verlassen würde, jederzeit, ohne nachzudenken.
Ich habe das nie verstanden. Wie kann man ohne nachzudenken seine Kinder zurück lassen? Mir ist das so schwer gefallen – und ich habe furchtbare Angst, meine Engel nie wieder sehen zu können. Mein Herz ist geteilt. Eine Hälfte gehört Jack, die andere meinen Kindern. Kein Mensch kann sich leichtfertig für einen Teil seines Herzens entscheiden. Ich hab es getan, nach dreizehn Jahren. Ich bereue es nicht – aber es tut trotzdem weh.
Ob Jack es bereut? Vielleicht. Was, wenn er denkt, er hat einen Fehler gemacht? Mit mir. Bobby zu verlassen. Lureen. Sein Haus, das Geld, das er verdient hat. Himmel, er hatte ein sicheres Leben, etwas, das ich immer für ihn wollte. Und was hat er jetzt? Hat mich am Hals, ohne Job, ohne Geld, ohne Ausbildung, nicht gut darin, mein Leben zu leben. Hab es nie wirklich geschafft, etwas aus mir zu machen. Hab immer nur für meine Mädchen gelebt – oder für Jack. Fast nur für Jack. Für die Wochen mit ihm. Sie waren alles wert – alles.
Er ist mein Mann. MEIN Mann. Mein Lebensretter.
Ich hoffe, dass er das weiß. Ich hoffe, dass er versteht, was ich für ihn empfinde. Ich habe nie genug Worte, nie genug, um auszudrücken, was er mir bedeutet, wie sehr ich ihn brauche ... wie sehr ... wie sehr ... ich ihn ... liebe.
Ich muss mit ihm reden. Reden. Irgendwie den Anfang machen. Ihn fragen, was ihn bedrückt. Ich halte das nicht aus, wenn er so still ist und nichts sagt."
„Jack?"
„Hmmmm."
„Baby, was ist los? Du bist so schrecklich still. So kenne ich Dich nicht."
„Tut mir leid, wenn Dein Weltbild gerade ins Wanken gerät. Kann halt nicht immer der Animateur für Dich sein."
Stille. Ennis schluckte. Das saß. „Nicht aufgeben, Ennis. Nicht aufgeben."
Ennis ging langsam auf das Bett zu, legte sich auf die Seite und sah Jack an. Von ihm kam keine Reaktion. Ennis streckte seine Hand aus und drehte vorsichtig Jacks Gesicht in seine Richtung. Jack blickte ihn an. Seine sonst so strahlenden blauen Augen wirkte müde und matt.
Ennis erschrak. So hatte er Jack noch nie gesehen, nicht einmal wenn sie sich nach ihren kurzen, wundervollen Wochen wieder trennen mussten. Immer hatte Jack dafür gesorgt, dass er Ennis beim Abschied noch einmal zum Lachen brachte. Immer hat er die Motivation für sie beide aufgebracht, weiter zu machen, das nächste Treffen zu planen und dran zu glauben.
Immer war er es, der zum Abschied sagte: „Ennis, guck nicht so traurig. Die Welt dreht sich auch morgen noch - für uns nur etwas langsamer. Dieser Abschied ist nicht das Ende der Welt. Der nächste vielleicht, dieser nicht. Wir sehen uns in vier Monaten wieder." An der Stelle musste Ennis immer lächeln. „Ja, Jack. In vier Monaten."
Es war wie ein Beschwörung, ein Band, das sie zusammen hielt über die Staatsgrenzen hinweg, die sie voneinander trennte. Ein letzter Kuss, eine letzte Umarmung, ein letzter Blick in Jacks leuchtende Augen – und beide entschwanden ins jeweils andere Ende der Welt, für vier lange qualvolle Monate.
Ennis seufzte. Zögernd sagte er:
„Jack, bereust Du? Ich meine mit mir … wegen Bobby ?"
Jack setzte sich ruckartig auf und schubste Ennis' Hand von seinem Gesicht. Wütend blaffte er:
„Ennis, mein Freund. Die Welt dreht sich nicht nur um Dich, wenn es mir nicht gut geht und ich mal nicht der ‚nette, lustige Jack' bin, der Dir das Leben erleichtert."
Ennis blickte ihn sprachlos an.
„Jack fuckin' Twist", knurrte er schließlich wütend. „Ich habe nie, NIE erwartet, dass sich Deine Welt nur um mich dreht und umgekehrt. Ich habe 13 Jahre lang genau das versucht zu verhindern. Vor einer Woche habe ich mich entschlossen, meine Welt um Deine drehen zu lassen. Und wenn Du blödes Arschloch glaubst, dass damit Deine Welt in Deinem eigenen Rhythmus weiter gondeln kann, dann haben wir beide ein Problem. Du hast Sorgen, Du hast Kummer, ich will Dir helfen. Hab mich vielleicht schlecht ausgedrückt, aber besser ging's nicht. Wenn Du mit mir reden willst, bin in der Hotelbar."
Zwei Stunden später saß Ennis immer noch in der Hotelbar. Alleine. Vor ihm auf dem Tisch stand das achte Glas Whiskey und Ennis war voll wie ein Haubitze.
Der bohrende Ärger verschwand mehr und mehr in einem Nebel aus Frustration und Depression.
„Jack fuckin' Twist, warum willst Du nicht mit mir reden? Was zur Hölle ist los? Was geht hier vor, was ich ums Verrecken nicht verstehe?"
Ennis' Gedanken drehten sich im Kreis. Übelerregender Schwindel erfasste ihn. Leise stöhnend stützte er seinen Kopf auf seine Hände und verharrte so einige Minuten, bis ihn eine Stimme aus der Erstarrung erlöste.
„Ist hier noch frei?"
„Sssicher."
„So ganz alleine, schöner Mann?"
„Hmm."
„Das bin ich auch. Was dagegen, wenn wir zusammen einen trinken?"
„Uh ..."
„Sei so nett und bestell mir das gleiche, was Du auch hast, Süßer."
Ennis hob seinen Arm und gab die Bestellung auf.
„So, jetzt erzähl mir mal, was mit Dir los ist. Ich beobachte Dich schon eine ganze Weile. Was bedrückt Dich Schätzchen? Was auch immer es ist – ich schätze, ich kann Dir helfen."
„Uhm ..."
„Ich schätze, ich kann Dir sehr gut helfen ... hab selten so einen einsamen, traurigen Mann gesehen. Du berührst mein Herz – und noch ganz andere Bereiche meines Körpers..."
Eine Hand fuhr an Ennis Oberschenkel hinauf und legte sich zielsicher zwischen Ennis' Beine. Ennis drehte ruckartig den Kopf und blickte auf die Person neben sich. Strahlend blaue Augen blickten ihn an aber – aber irgendetwas störte das Bild. „Verdammter Whiskey", dachte Ennis noch, dann wurde sein Mund von einem leidenschaftlichen Kuss verschlossen. Süßes Parfum umwirbelte ihn und bevor er auch nur irgendetwas tun konnte, packte ihn eine Faust im Nacken und zog ihn zurück.
„Ennis, Du räudiger Hund ! Beim ersten Streit hast Du nichts besseres zu tun, als Dich an die nächst beste Frau heran zu machen ! Leck mich am Arsch !"
Ennis blickte aus blutunterlaufenen Augen auf und sah in zwei paar blaue Augen. Das eine paar wundersam vertraut – mit einem wutentbrannten Ausdruck in den Augen, der ihm das Blut in den Adern gefrieren ließ.
Das zweite paar Augen – kannte er nicht. Es gehörte zu einer Frau mit blond gefärbten Haaren, die Ennis und Jack abwechselnd anblickte. Sie sah den schuldbewussten, irritierten Ausdruck in Ennis' Augen, den Zorn und den Schmerz in Jacks – und ihr war alles klar.
Vertraulich beugte sie sich zu Ennis und flüsterte ihm hörbar zu: „Ist schon ok, Schätzchen. Schätze, da werden wir beide heute nicht mehr zum Zug kommen. Vielleicht ein anderes Mal." Sie zwinkerte Ennis noch einmal verschwörerisch zu und entschwand mit einem aufreizenden Hüftschwung.
Bevor Ennis auch nur zucken konnte, wurde er vom Barhocker geschoben und ein brutaler Handgriff beförderte ihn auf seine Füße.
„So, mein Freund, wir beide gehen jetzt zurück in unser Zimmer und dort haben wir ein Hühnchen miteinander zu rupfen", zischte Jack.
Ennis befreite sich aus Jacks Umklammerung. „Lass mich los, Jack. Das ist alles nicht so, wie es aussah."
„Erzähl mir nix ! Leugne nicht, was ich eben mit eigenen Augen gesehen habe!" Jacks Stimme wurde lauter.
„Verdammt noch mal, Twist ! Das geht zu weit ! Vorhin die Unterstellungen, jetzt schon wieder. Ich bin nicht Dein gottverdammter Fußabtreter für Deine Launen. Es reicht. Lass mich los!" Ennis wurde laut und stand, schlagartig nüchtern, mit hochrotem Kopf vor Jack. Die wenigen Gäste in der Hotelbar verstummten gleichzeitig und wandten ihre Köpfe den beiden Männern zu. Einige neugierig, einige konnten sich ein Lachen nicht verkneifen.
Jack blickte sich um, sah die Blicke, die auf sie beide gerichtet waren, schob Ennis unsanft zur Tür hinaus und zog ihn mit sich, bis sie vor der Zimmertür standen. Da riss sich Ennis los und stand wutentbrannt vor Jack. „Wenn Du glaubst, dass ich mit Dir hier aufs Zimmer komme und mir Deinen Scheiß weiter anhöre, hast Du Dich geschnitten, Jack", fauchte er ihn an und wandte sich um. Jack schloss die Zimmertür auf und bevor Ennis weit kommen konnte, hatte Jack ihn eingeholt, zerrte ihn ins Zimmer, knallte die Zimmertür mit dem Fuß zu, schleuderte Ennis gegen die Wand und brüllte los:
„Du Scheißkerl ! Küsst eine Frau ! Was zur Hölle soll das? Haste schon zu viel von mir? Brauchst Du den ultimativen Beweis für Deine Männlichkeit, he? Ennis del Mar ist nicht schwul, nein ! Ennis del Mar küsst die erst beste Frau, die ihm über den Weg läuft. Worauf warst Du scharf, he? Auf ihre Titten? Jetzt pass mal gut auf, denn ich sag's nur ein Mal: Wenn ich noch Mal sehe, dass Du eine Frau küsst, dann bring ich Dich um, das schwör ich Dir."
Schwer atmend stand Jack vor Ennis. Ennis packte Jack am Kragen und schob ihn brutal gegen die andere Wand. Jacks Kopf knallte unsanft dagegen. Ennis Augen loderten, sein Körper zitterte unkontrolliert, als er Jack mit vor Zorn rauer Stimme anfuhr:
„Ach ja? Jetzt will ich Dir mal was sagen, Twist – und ich sag's auch nur ein Mal: Wenn Du mir weiterhin Sachen unterstellst, die ich weder gesagt, noch getan habe, dann hast Du mich das letzte Mal gesehen, hast Du mich verstanden?"
„Na klar, Ennis ! Lauf nur weg. Das kenn ich zur genüge. Da, da ist die Tür, HAU DOCH AB, verdammt noch mal! Damit hab ich eh gerechnet ... Das hab ich gewusst, das hab ich befürchtet." Jack schluchzte auf, umfasste Ennis Kopf mit beiden Händen und schubste ihn gegen die gegenüberliegende Wand.
„Du gottverdammtes Arschloch", heulte Jack auf. „Worauf wartest Du noch? He?"
Ennis Blut pulsierte heiß durch seine Adern, seine Augen flackerten und Zorn loderte unkontrolliert in ihm hoch. Mit einem heiseren Schrei riss er Jacks Arme von seinem Kopf, ballte seine rechte Hand zur Faust, packte Jack mit der linken an seinem Hemdkragen – und holte aus.
Ein Bild tauchte vor Ennis' inneren Auge auf. Jack in seinem blauen Hemd, an ihrem letzten Tag auf dem Brokeback Mountain. Ennis saß seit Stunden einsam auf der Lichtung und sah Jack beim Packen zu. Ihm fehlte jegliche Kraft, ihm zu helfen.
Schwer hing die herannahende Trennung in seinen Gedanken, schmerzvoll zog sich sein Bauch zusammen, als er daran dachte, dass er Jack nur noch wenige Stunden um sich herum haben würde. Jack. Sein Lachen, sein Herumalbern. Jack, der ihn bei jeder sich bietenden Gelegenheit neckte, der ihn, wann immer sein Mund nicht auf der Mundharmonika spielte oder ihm Geschichten erzählte, leidenschaftlich küsste.
Jack, dessen blauen Augen in der Sonne engelsgleich strahlten, der jetzt mit seinem Lasso auf ihn zukam, ihn einfing, ihn mit sanfter Stimme zum Gehen aufforderte. ‚Gehen. Ich will nicht gehen, Jack. Bitte mach, dass wir nicht gehen müssen. Ich weiß nicht, wie ich uns davor stoppen kann, den Berg zu verlassen. Ich will nicht weg. Ich kann nicht zurück in mein Leben. Ich kann nicht ohne Dich leben.'
Jack, der ihn lachend zu Boden rangelte – ein Spiel. Alles war ein Spiel für Jack Twist. Aber der Abschied war kein Spiel. Es war bitterer Ernst. ‚Jack, kannst Du das nicht verstehen? Kannst Du nicht verstehen, dass wir in wenigen Stunden für immer getrennt sein werden? Dass wir nicht zusammen sein können? Niemals zusammen sein werden? Warum machst Du ein Spiel daraus? HÖR AUF, DARAUS EIN SPIEL ZU MACHEN!' Und Ennis schlug zu.
Ennis schloss die Augen, um seine Erinnerungen abzuschütteln. Langsam senkte er die Faust und löste den Griff von Jacks Hemdkragen.
„Ich werd' ihn nicht noch einmal schlagen. Niemals wieder."
Jegliche Spannung wich aus seinem Körper. Aufschluchzend wandte er sich von Jack ab und ging zum Fenster. Müde lehnte er seine heiße Stirn gegen das kalte Glas und blickte mit leeren Augen in den Abend hinaus.
Stille breitete sich aus. Schließlich sagte Ennis leise: „Jack, ich habe diese Frau nicht geküsst. Sie hat mich geküsst. Das mag für Dich keinen Unterschied machen, für mich schon. Ich bin nicht interessiert an Titten. Mein Herz schlägt für Deinen Schwanz, Jack – und nicht nur für den. Verdammt noch mal ! Ich weiß, dass ich die letzten dreizehn Jahre nicht ungeschehen machen kann. Aber was zur Hölle muss ich tun, damit Du verstehst, dass ich nicht weglaufen werde? Jack, ich habe meine Töchter zurück gelassen, ich habe meinen Job gekündigt. Ich habe meine Pferde verkauft. Außer eintausend Dollar und ein paar nicht nennenswerter Besitztümer stehe ich mit leeren Händen hier."
Ennis holte zitternd Luft, Tränen liefen über seine Wangen und flüsternd fuhr er fort:
„Jack, ich habe keine Ausbildung, kein Geld. Ich kann Dir nichts bieten, nicht einmal Sicherheit. Ich habe mein ganzes Leben lang Alpträume gehabt. Angst ist mein zweiter Vorname, Jack, und ich habe wahnsinnige Angst, dass Dir was passiert, habe Angst, dass Du bereust. Und ich habe alles in Kauf genommen, um mit Dir zusammen zu sein. Und jetzt kommst du mir und machst mir ne Szene wegen einer dahergelaufenen Tussi, die meint, mich anbaggern zu können, gibst mir nicht mal die Gelegenheit, ihr selbst eine zu verpassen. Unterstellst mir vorhin, dass ich nur daran interessiert bin, dass Du der nette, lustige Jack bist, den ich aus alten Brokeback-Tagen kenne. Dass ich mich nur deshalb um Dich sorge."
Ennis seufzte verzweifelt auf. „Gott, Rodeo, das ist wirklich haarsträubend." Erschöpft verstummte Ennis, wischte sich mit seiner Hand über sein tränennasses Gesicht und wandte sich zu Jack.
Jack stand bewegungslos vor ihm, die Tränen liefen ungehindert über sein Gesicht. Ennis schluckte. Er konnte viel ertragen, aber Jack weinend zu sehen, ging über seine Kraft. Er streckte die Arme aus und Jack stürzte sich hinein. Sie klammerten sich aneinander wie Ertrinkende.
„Ennis, Baby, es tut mir so leid", murmelte Jack mit unterdrückter Stimme und presste sich haltsuchend an Ennis.
„Ich wollte das alles nicht so sagen, bitte glaub mir das. Ich hab alles verbockt, Ennis. Mit Bobby, mit Lureen. Mit Dir. Heute war ich zum ersten Mal ein guter Vater für Bobby und im gleichen Moment verlasse ich ihn, enttäusche ihn, kann nicht für ihn da sein und will es so gerne. Aber es geht nicht. Ennis, ich bereue nichts in meinem Leben, gar nichts. Außer der Tatsache, dass ich bis heute nicht verstanden habe, dass Bobby mich liebt und dass ich ihm bis heute kein guter Vater war." Jack weinte.
Ennis streichelte ihm über den Rücken. „Shh, Liebling ist gut, ist gut", redete er beruhigend auf Jack ein, wiegte ihn sanft hin und her. „Du hast mit mir nichts verbockt, Jack. Es gehören immer zwei dazu und für die letzten dreizehn Jahren bin ich mindestens ebenso verantwortlich wie Du. Und was Bobby angeht: Du hast ab heute alle Zeit der Welt, ihm ein guter Vater zu sein. Und ich weiß, dass Du das kannst, Jack. ... Das wusste ich schon immer," fügte er leise lächelnd hinzu.
„Ennis, ich weiß nicht, was ich ohne Dich machen soll. Ich bin in den letzten Tagen nachts immer wieder aufgewacht, um zu schauen, ob Du noch da bist. Ich hatte solche Angst, dass alles nur ein Traum ist, dass ich morgens aufwache, Lureen neben mir im Bett anstelle von Dir. Dass ich aufwache in meinem alten beschissenen Leben, in dem ich nichts richtig gemacht habe. Gott, Ennis, versprich mir, dass Du mich nicht wieder verlässt." Hilflos klammerte sich Jack an Ennis.
Ennis hielt ihn fest und drückte ihn an sich. „Jack, spürst Du mein Herz?", wisperte Ennis in Jacks Ohr. Jack nickte.
„Es schlägt nur für Dich, Rodeo. Nur für Dich. Komm niemals auf den Gedanken, dass sich daran etwas ändern wird. Niemals, verstehst Du?"
