Kapitel 1: Rückkehr

14. Dezember, 2005

Wie oft habe ich ihnen gesagt, zu dieser Jahreszeit mit den Scherzen aufzuhören?
Ich kann diese Zwillinge nicht tolerieren, verstehen sie denn nicht, dass ich
kein Interesse daran habe wen auch immer auszulachen, dem sie diesmal einen
Streich spielen wollen und dass ich nur allein gelassen werden will? Es ist
jedes Jahr das Gleiche und obwohl sie ein paar Tage nach mir gestorben sind,
kannten sie mich doch als ihren Prinzen! Dies hier ist mein Zuhause! Es ist…es
war Harrys Zuhause.Warum, in Gottes Namen, musste ich noch dazu ihren idiotischen jüngeren Bruder
als meinen Leitengel bekommen? Mit den dreien habe ich kaum eine Chance jemals
Ruhe und Frieden zu haben oder je Harry zu finden. Ron hatte 900 Jahre Zeit
seine Seele wieder in diese Burg zu bekommen und bis jetzt hat er jede
Reinkarnation verpasst! Er ist den Heiligenschein auf seinem Kopf nicht wert!Ich hasse Dezember; jeder vergehende Tag bringt mich den grauenvollen
Erinnerungen an die Ereignisse des 26. Dezember, vor all diesen Jahren, näher.
Obwohl alle meine Erinnerungen an meinen Liebsten hier sind, wünschte ich bloß,
dass der Dezember verschwinden würde. Es sind mehr als 900 Jahre und trotzdem
erinnere ich mich an diesen Tag so genau; ich könnte ihn nie vergessen und ich
hoffe, dass Sirius in der Hölle schmort, weil er ihn ermordet hat.

Draco hielt beim Schreiben inne, für einen Moment in unangenehme Erinnerungen
vertieft, bevor er die Spitze seines Federkiels in das Fässchen mit schwarzer
Tinte zu seiner Rechten tauchte und sie zurück auf das Pergament setzte. Er saß
dort und starrte für einen Moment auf das Papier, bevor er fortfuhr zu
schreiben.Ich erwische mich dabei, wie ich wieder diese Seiten anstarre und mich frage,
wie oft ich wohl noch in diesen Tagebüchern schreiben werde, bis ich Harry
wieder finde. Ich weiß nicht was passieren wird, wenn oder vielleicht sogar nur
falls ich ihn finde, aber ich habe mich aus freiem Willen dazu entschieden hier
zu bleiben; es ist mir egal, ob ich bis an das Ende aller Zeiten warten muss,
wenn das bedeutet, dass ich ihn ein letztes Mal sehen darf.Ich habe die ersten beiden Dezemberwochen in Harrys altem Raum verbracht, nur
mit meinen alten Erinnerungen und damit, die alten Tagebücher, aus der Zeit als
ich noch lebte, zu lesen. Ich denke, ich werde bis Neujahr hier bleiben, mir
liegt nichts daran, wieder hinauf zu den Studenten und den Zwillingen zu gehen;
ich will mit meinem Gedanken allein gelassen werden, denn sie sind das einzige,
was mir geblieben ist.

Draco legte die Feder zurück auf den Tisch und lehnte sich im großen
Eichenstuhl, auf dem er saß, zurück. Er ließ die Tinte kurz trocknen, während
die eine Kerze auf dem Tisch leicht flackerte, bevor er das Tagebuch schloss,
den Stuhl auf dem kalten Steinboden zurück schob und aufstand. Er legte sein
Tagebuch auf einen weiteren Stapel Tagebücher auf dem Boden in einer Ecke des
Zimmers und beschloss noch einige frühere Einträge anzusehen. Der Raum selbst war alt, hunderte Jahre alt, älter als Dracos Tod. Die einst
prächtigen Wandteppiche, die die dunklen Steinwände bedeckten, verrotteten und
das Himmelbett, früher der ganze Stolz des Raumes, verstaubte zwischen den
Spinnweben. Das eine winzige Fenster im Raum, ganz oben an der Wand, war schon
seit langer Zeit durch Erde und Steine verstopft worden, denn das Zimmer, das
einst dem Liebhaber des Prinzen gehört hatte, lag begraben unter der Zeit
selbst. Niemand wusste, wie man hineingelangen konnte, oder dass es überhaupt
existierte; alle hatten es vergessen, außer einem.Als Draco gestorben war und als Geist zurückkehrte, hatte er den Erzengel
Hermine um eine Sache gebeten. Er wollte weiterhin in seinen Tagebüchern
schreiben können, wie schon sein ganzes Leben lang und sie hatte ihm diesen
Wunsch erfüllt. Sie hatte ihm Bücher gegeben, die nie alt würden, einen
Federkiel der sich nie abnütze, ein Tintenfässchen, das nie leer würde, einen
Tisch und einen Stuhl, die vom Zahn der Zeit verschont würden und eine ewig
brennende Kerze. Sie hatte ihm geboten diese an einem sicheren Ort
aufzubewahren, mit der Bedingung, dass kein lebender Mensch sie je finden
durfte.

Draco hatte sich dazu entschieden, sie in Harrys Raum zu verstauen und
verscheuchte jeden, der es wagte in die Nähe zu kommen, indem er mit Dingen warf
und allgemein tat, was Geister tun können, um Leute fern zu halten. Und so, nach
so vielen Jahren, da niemand wusste, dass der Raum existierte, war er nur für
Draco und obwohl die Zeit für die Gegenstände, die sich einst im Raum befunden
hatten, verstrich und nichts als kalten, blanken Stein in der Dunkelheit
zurückließ, hatte sich Draco kein einziges Mal gewünscht einen anderen Platz
gewählt zu haben. Dies war der Raum in dem er so viel Zeit verbracht hatte, wenn
er, durch den Geheimgang, den er seinem, ehemals, treuen Diener Sirius befohlen
hatte zu erbauen, aus seinen königlichen Gemächern geschlichen war.Dies war Harrys Zimmer, das Zimmer, das die einzigen glücklichen Erinnerungen
enthielt, von denen er sagen konnte, dass er sie in seinem Leben wirklich gehabt
hatte und er würde nie, nie irgendwen herein kommen lassen.„Hey! Oh, königlicher Arsch, bist du hier unten?"Nun, außer denen vielleicht. Lebende Personen fern zu halten war kein Problem;
Unheil stiftende Zwillingsgeister, die durch Wände gehen konnten, waren eine
ganz andere Sache.„Wie viele Male habe ich euch gesagt, dass ihr mich allein lassen sollt, wenn
ich hier unten bin?" Draco warf den Oberkörpern von Fred und George Weasley, die
zurzeit kopfüber durch die Decke hingen, einen wütenden Blick zu. „Und ich bin
immer noch euer Prinz, ich erwarte ein wenig Respekt."„Ah, also bist du hier unten!", sagte George und ignorierte ihn ansonsten, „Komm
schon, Ron will dich sehen."„Nun, ausgenommen den Fall, dass er gute Nachrichten bringt, will ich ihn
wirklich nicht sehen.", sagte Draco verärgert und blätterte in einem Tagebuch,
das er gerade, als drittes von oben, aus einem Stapel gezogen hatte.

„Ich glaube, er bringt gute Nachrichten. Er hat gesagt er will wissen, wie du
mit ihm hier zurecht kommst.", sagte Fred schulterzuckend.Draco legte das Buch zurück auf den Haufen, als er bemerkte, dass es nicht das
richtige Datum war, nach dem er suchte und ließ seinen Finger an jedem
Bücherrücken hinunter gleiten, wobei er nach dem Datum guckte, das er suchte.
„Mit wem hier?", fragte er, nicht wirklich interessiert, aber er wusste, dass es
besser war ihnen nachzugeben, als genervt zu werden, denn je genervter er wurde,
desto mehr Spaß und Möglichkeiten um ihn zu ärgern bekamen sie und nahmen das
als Anlass dazu ihn noch mehr zu triezen.„Keine Ahnung, aber Ron meinte, er ist überrascht, dass du noch nicht nach ihm
verlangt hast, er glaubte, dass du ihm eventuell danken möchtest.", sagte Fred,
schwebte nach unten und drehte sich richtig herum, um auf dem Boden laufen zu
können. „Um ehrlich zu sein, war er ziemlich gekränkt, weil du es nicht getan
hast und wenn man bedenkt, dass ihr Jungens euch sowieso hasst, muss es für ihn
ein Horrortrip sein, dem hochnäsigen Prinzen zu helfen, der-"Draco hörte auf nach dem Buch zu suchen, das er wollte und schaute zu ihm
hinüber. Wenn er ihn nicht jetzt unterbrach, würde er den ganzen Tag so weiter
machen. „Ich habe keine Ahnung, worüber ihr da redet, denn ich bin seit zwei
Wochen hier unten gewesen."„Tja, wir wissen auch nicht, worüber er redet.", sagte George, während er immer
noch kopfüber durch die Decke hing. „Aber komm hoch, okay? Er sagt, dass Hermine
ihn nicht zurück lässt bis du sagst, dass es dir gut geht, was bedeutet, dass
wir unseren kleinen Bruder auf dem Hals haben werden, der damit angibt, wie er
ein Engel geworden ist…und es bedeutet auch, dass er auch häufiger in deiner
Nähe sein wird.", fügte er grinsend hinzu, denn er wusste, dass ihn das
überzeugen würde und er hatte Recht.„Fein.", sagte Draco gänzlich verstimmt. „Aber nach was auch immer er möchte,
werdet ihr mich für den Rest des Monats allein lassen."„Ja, ja, schon klar, es ist deine ‚Jahreszeit' und dieser ganze Kram.", sagte
George, schoss hoch zu seinem Bruder und grinsend verschwanden sie beide nach
oben durch die Decke.Draco seufzte. Hoffentlich ging es um etwas Wichtiges.

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Es gab zwei Dinge, die Draco an seinem Dasein als Geist nicht mochte. Das erste
war, dass er die Kleidung, die er anhatte nicht wechseln konnte. Die Sachen in
denen er gestorben war, hatte er seither immer getragen. Er trug eine
kurzärmelige, dunkelgrüne Wamstunika, die aus gepresstem Samt bestand, mit
silbernem Saum, einem V-förmigen Halsausschnitt und schwarzen Schnüren, die sich
vor der Lücke überkreuzten. Darunter trug er ein schlichtes, langärmeliges,
weißes und lockeres Hemd mit einem hohen Halskragen und schwarze Baumwollhosen,
die sich sehr eng an seine Haut schmiegten. Die schwarzen Stiefel, die er
anhatte reichten bis weit über seine Knöchel, mit großen Silberschnallen an der
Seite. Der ganze Stolz seines Outfits war jedoch der Umhang aus gepresstem Samt,
in der gleichen Farbe wie seine Tunika, der durch eine silberne Spange in Form
eines Kreuzes, ähnlich einem Eisernen Kreuz, um seinen Hals gehalten wurde. Auch
der Umhang war durch Silber am Saum verziert und mindestens dreißig Zentimeter
davon schliffen hinter ihm über dem Boden. Er liebte ihn, weil Harry den Umhang
für ihn gemacht hatte. Als er noch gelebt hatte, war Harry der Sohn eines
Schneiders gewesen und der Umhang war das erste Geschenk gewesen, das er ihm
gemacht hatte. Draco war immer froh darüber das, obwohl er eigentlich seine
Sachen nicht wechseln konnte und die Auswahl an königlicher Kleidung vermisste,
die einst ihm gehört hatte, er doch wenigstens noch Harrys Umhang besaß.Die zweite Sache war das, abgesehen vom Betreten Harrys Zimmers, Draco es nie
gemocht hatte, durch Wände oder Leute zu schweben; selbst nach 900 Jahren war es
ihm unangenehm und er tat es nur wenn es absolut nötig war. Zum Beispiel um den
Zwillingen zu entwischen. Er versuchte sogar den Leuten aus dem Weg zu gehen,
die auf ihn zu liefen, obgleich er sich erst daran hatte gewöhnen müssen. Da er
in seinem Leben ein Prinz gewesen war, war er daran gewöhnt, dass die anderen
Leute ihm auswichen, wenn er in ihre Richtung lief und sich verbeugten wenn er
vorbei ging, aber das passierte ganz sicher nicht mehr.Das hatte seinen Leitengel immer genervt, da er immer in Eile war und jedes Mal
wenn er Draco auf der Erde besuchte, musste er warten bis der die Treppen
erklommen und Flure durchquert hatte, bis er ihn zu sehen bekam. Ron erschien
immer in seinen königlichen Gemächern im Gryffindor-Turm, der in alten Zeiten
ein gigantischer Raum mit goldenen und roten Wandteppichen, Bettwäsche aus
feinstem Stoff und teuren Statuen und Gemälden gewesen war. Seit die Burg vor
150 Jahren durch die Familie Dumbledore gekauft und zu einem Internat gemacht
worden war, war sein Raum renoviert und in 10 getrennte Schlafzimmer für die
Studenten aufgeteilt worden. Das hatte Draco sehr geärgert, aber da er ein Geist
war, hatte er nichts dagegen tun können.Der eine Raum, der gleich geblieben war, war das Vorzimmer des Schlafzimmers,
das nun als Gemeinschaftsraum der Studenten diente, die im Gryffindor-Turm
wohnten und es war der Ort, an dem Ron normalerweise auftauchte.Als er einen Studenten passierte, der zum Unterricht hetze, stoppte Draco vor
einer Klassenraumtür als er eine Art kurze Rauferei dahinter vernahm und Fred
und George plötzlich durch die Wand stolperten, mitten in einem Lachanfall,
während Draco ein geschrienes ‚Nachsitzen mit Professor Snape' aus dem
Klassenzimmer hörte.„Was habt ihr beiden jetzt wieder angestellt?", seufzte Draco, als die Zwillinge
versuchten wieder an Haltung zu gewinnen.„Den Neuen geärgert.", schaffte Fred schließlich auszustoßen, bevor er wieder in
Gelächter ausbrach.„Ja, er wird so verwirrt darüber sein, wer wirklich das Buch an Flitwicks Rücken
geworfen hat.", lachte George, während er sich an seinem Bruder abstützte.Die beiden versuchten wieder richtig zu atmen, bevor Fred Draco, die Stirn
runzelnd, ansah. „Hey, solltest du nicht bei Ron sein?", fragte er.„Da wollte ich gerade hingehen."Die Zwillinge warfen einander kurz einen Blick zu, dann grinsten sie Draco an.
„Wir können dich ja nicht allein lassen, nicht wahr?" Fred grinste.„Du wirst auch nicht mehr lernen, dass sich die Welt nicht um dich dreht."
George grinste genauso ausgelassen beim Anblick von Dracos Gesichtsausdruck.„Na, komm schon!", sagten beide zusammen und flogen, indem sie auf beiden Seiten
nach Dracos Armen griffen, hoch in die Luft und durch die Decke, ihn mit sich
nehmend.

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„Es wurde verdammt noch mal auch Zeit!"Als Draco und die Zwillinge im Gemeinschaftsraum des Gryffindor-Turmes ankamen,
wo Studenten, die gerade keinen Unterricht hatten, saßen und sich leise
unterhielten, fanden sie einen sehr wütenden Engel vor, der von der Decke auf
sie herunter starrte.„Hey, kleiner Bruder!", sagten die Zwillinge wie im Chor. „Dein Heiligenschein
sitzt schon wieder schief."Ron, der die altbekannte weiße lange Tunika trug, die jeder Engel anziehen
musste, wenn er die Erde besuchte, griff nach seinem Heiligenschein, der wieder
einmal auf einer Seite herunterhing und begradigte ihn.„Ich schwöre, dass ich bei diesen Sachen den letzten Müll abbekommen hab.",
sagte er und schlug verärgert mit seinen Flügeln. „Aber egal, lenkt nicht vom
Thema ab!" Er schaute die Zwillinge böse an und drohte ihnen mit erhobenem
Finger.Ron und seine Zwillingsbrüder waren vor 900 Jahren Küchenjungen gewesen und ein
paar Tage nach Draco dort in einem Feuer gestorben. Als die Zwillinge als
Geister auf der Erde geblieben waren, hatten sie sich erst sehr demütig
verhalten, als sie bemerkt hatten, dass auch er in der Burg spukte, aber schon
nach kurzer Zeit – und Draco schämte sich zuzugeben, dass es nur zwei Wochen
gewesen waren – hatten die Zwillinge ihre wahren Gesichter gezeigt, als ihnen
aufgegangen war, dass sie nicht so höflich zu ihm sein mussten, da er tot war
and seitdem hatten sie Draco…nun, ohne den nötigen Respekt und Höflichkeit
behandelt, den Draco wiederholt versucht hatte, in ihre hohlen Köpfe zu
bekommen.„Was willst du?", fragte Draco Ron, verschränkte seine Arme und schaute zu ihm
hoch, denn er wollte es endlich hinter sich bringen und dann zurück zu Harrys
Raum gehen.Ron schien ihn jedoch nur anzustarren. „Was ich will?", wiederholte er langsam.
„So viele Jahre und das ist der Dank dafür? Scheiße, weißt du, du könntest ein
bisschen dankbarer sein, Euer Hoheit.", fügte er gehässig hinzu.„Ich habe keine Ahnung, worüber du da redest, also rück endlich raus mit der
Sprache." Draco sah ihn wütend an.Ron sah ihn einen Moment länger an, während die Zwillinge sich daran erfreuten,
die Seiten eines Buches umzupusten, das auf einem Tisch lag und in dem ein
Mädchen zu lernen versuchte, bevor sein Mund aufklappte. „Du weißt es wirklich
nicht, oder?", sagte er, doch Draco hörte nicht auf, ihn böse anzustarren.„Es scheint wohl so."„Ich hab ihn gefunden!", sagte Ron in einem Tonfall, der Lob forderte und Dracos
böser Blick entglitt ihm. „Er ist seit zwei Wochen hier gewesen, hast du ihn
etwa noch nicht gesehen?"Draco sah seinen führenden Engel mit zweifelnden Augen an, denn er wollte nicht
glauben, dass er über den redete über den er hoffte, dass er redete, für den
Fall, es breche ihm das Herz. „Wen?", fragte er leise.„Harry!", rief Ron und Draco spürte, wie sein Herz einen Schlag aussetzte. „Ich
hab seine neueste Wiedergeburt endlich gefunden! Nachdem ich vor zwei Wochen
einen Studenten verscheucht hab, indem ich ihn die plötzlich Eingebung haben
ließ, dass er lieber Atomwissenschaftler als irgendetwas historisches sein
möchte, ist Harry sofort eingezogen."

Das kann nicht sein.
Draco trat einen Schritt zurück, der Atem stockte ihm in
der Kehle, gerade als die Schulklingel durch das Schloss läutete und das Ende
der derzeitigen Stunde ankündigte.„Körperlich auch keine schlechte Mischung. Ich weiß, dass dein Harry braunhaarig
war und dieser hier schwarzes Haar hat, aber alles andere stimmt überein. Grüne
Augen, ein wenig klein, der ganze Kram halt. UND!", stieß Ron plötzlich aus,
sehr aufgeregt wegen der ganzen Sache. „Er hat das Blitzmal auf seiner Stirn,
was bedeutet, dass er zweifellos eine Wiedergeburt von jemandem ist und es muss
dein Harry sein! Wenigstens sollte er es sein, darum bin ich hier, weil Hermine
will, dass ich nachgucke, um ganz sicher zu gehen."Ron schwebte, mit einem Grinsen auf dem Gesicht, auf der Stelle und wartete auf
eine Flut von „Danke" und „Du bist so wunderbar", aber Draco schien festgefroren
zu sein, als er zu ihm hoch starrte. Seine sonst genervten grauen Augen, waren
aufgerissen und starrten ins Leere als, das was Ron ihm gerade erzählt hatte, zu
ihm durchdrang.Harry war…hier? 900 Jahre und…und…

Draco fühlte, wie er vor Schock zitterte und in einem Anflug eines seltenen
Gefühlsausbruchs fühlte er sich, für einen kurzen Moment, als hätte er einen
Kloß im Hals, als er ein Schluchzen unterdrückte.„Grüne Augen?", fragte Fred plötzlich und schaute auf, während das Mädchen,
deren Buchseiten er angepustet hatte, die Stirn runzelnd, zu einem nahe
gelegenen Fenster ging und dort versuchte einen Luftzug zu finden.„Schwarze Haare?", schloss sich ihm George an. „Er hat doch keine Brille, oder?"Ron nickte.„Das ist der Neue!", riefen die Zwillinge fröhlich. „Das ist der, de-"„DAS IST DER, DEN IHR GEÄRGERT HABT?", schrie Draco sie wütend an, seine
Schockstarre war offensichtlich vergangen und er verschwand im Boden, ganz
vergessend, dass er das nicht mochte, ließ einen aufgebrachten Ron im
Aufenthaltsraum zurück und raste hinüber zu dem Klassenraum, aus dem er Fred und
George hatte purzeln sehen.Es konnte nicht wahr sein, er konnte es nicht sein, nach so vielen Jahren war er
endlich wieder in die Burg zurückgekommen? Würde er wirklich seinen Harry wieder
sehen? Wäre das die letzte Nacht, die er allein mit seinen Erinnerungen
verbracht hatte? Draco hatte sich nach diesem Moment gesehnt und wenn diese
Person nicht Harry war, dann würde er persönlich Rons Flügel abreißen!Als er durch die Tür des Klassenzimmers stürzte fand er es leer vor und dachte
plötzlich daran, dass es Harry gewesen sein musste, den Flitwick hatte
nachsitzen lassen, was bedeutete, dass er in Professor Snapes Büro wäre.
Wiederum ohne darauf zu achten durchfuhr er Wände und Leute, hetzte nach unten
ins Erdgeschoss und die Treppen hinunter zum Eingang der Slytherin-Kerker.Als Draco noch gelebt hatte, waren diese kein Gefängnis, sondern die Quartiere
der Bediensteten gewesen. Ungefähr 200 Jahre nach seinem Tod, als sich das Land
im Krieg befunden hatte, waren die Quartiere zu Verliesen für die Gefangenen
gemacht und Slytherin-Kerker genannt worden.

Nun, sie hatten alle Räume außer einen genutzt, denn sie alle waren zu ängstlich
gewesen sich dem kleinen Raum ganz hinten, mit dem winzigen Fenster gleich unter
der Decke, zu nähern. Dieser Raum gehörte Harry und Draco sorgte dafür, dass
kein halbverrotteter Gefangener dort hineingesperrt wurde, außerdem mussten
seine Tagebücher ein Geheimnis bleiben. Sollten irgendwelche Menschen
Aufzeichnungen von jemandem finden, der so viele Jahre zuvor gestorben war und
noch dazu mit aktuellen Daten versehen, tja, dann würde die ganze übernatürliche
Welt wie man sie kannte, völlig auf den Kopf gestellt und die Menschen waren
noch nicht dafür bereit zu erfahren, dass alle, oder zumindest die meisten, der
Gespenstersichtungen, überall auf der Welt, der Wirklichkeit entsprachen.Die Kerker selbst waren schon lange für Studenten verboten gewesen und die
riesige alte Eichenpforte, der Eingang, war übersäht von Holzbrettern, die
darüber genagelt waren, durch Ketten und Bolzen festgehalten und ein rotes
„Betreten Verboten" Schild war gut sichtbar davor angebracht. Es gab jedoch
einen Raum vor dem Eingang, der sich gerade noch in Höhe des Erdbodens befand
und dieser Raum war das Büro von Professor Snape.Draco wollte gerade durch die Tür huschen, da hielt er inne, während sein Herz
raste. Was wäre wenn Harry sich wirklich geradewegs auf der anderen Seite der
Tür befand? Was wäre wenn die Person, die er selbst nach seinem Tod geliebt
hatte, auf der anderen Seite dieses Stück Holzes stand?Er schluckte nervös den Kloß in seinem Hals hinunter und bemerkte, dass er
wieder zitterte. Er streckte eine Hand aus und legte seine Finger sanft an die
Tür, in der die Ränder seiner Finger ein wenig verschwanden und in einem Moment
nervösen Mutes ging er hindurch.„Ich meine, ich hab diesen Traum immer hin und wieder einmal gehabt, mein ganzes
Leben lang, aber ich hab ihn jede Nacht geträumt seit ich hierher gekommen bin.
Ich weiß nicht, vielleicht werd ich einfach allgemein verrückt. Was denkst du
Hedwig?"Hedwig schuhute sanft, aber ihr Blick ruhte nicht auf Harry, sondern ein wenig
hinter ihm, auf Ihrer Hoheit Prinz Draco Malfoy, welcher zum ersten Mal seit 900
Jahren wieder den Mann sah, den er mehr als sein Leben liebte.Draco stand vor der Tür und sah wie sich Harry lässig in seinem Stuhl
zurücklehnte, die Füße auf dem Tisch an seiner Seite und, unwissend ob des
Geistes hinter ihm, den sie eigentlich anschaute, die Eule anlächelte.

Draco fand keine Worte oder Gedanken, um das zu beschreiben, was er in diesem
Moment fühlte. Es war Harry, er war es wirklich. Nicht nur das Aussehen, er
konnte auch seine Seele fühlen, die Seele, die er liebte und die genau vor ihm
saß. Jedes Gefühl, das Draco, seit Harrys Ermordung, nicht mehr gehabt hatte,
jeder Gedanke an Liebe und Anbetung, jede Empfindung von Vollständigkeit und
Heiterkeit, die er seit 900 Jahren nicht gefühlt hatte, spülten über seine Seele
hinweg und einen Moment lang fühlte Draco sich wieder lebendig.Sein Blick wurde sanfter und seine Augen schimmerten mit Tränen, von denen er
nicht gewusst hatte, dass er sie noch vergießen konnte und ein Lächeln erreichte
seine Lippen, ein Lächeln, das nur Harry jemals wirklich gesehen hatte. Es war
ein Lächeln, das alle Anspannungen vergessen ließ, die er hatte, jeden
deprimierenden Tag , den er damit verbracht hatte durch die Burg zu wandern in
der Hoffnung das Gesicht seines Geliebten wieder zu sehen; ein Lächeln, das
jedem, der fähig wäre es zu sehen, sagen würde, dass der junge Mann, der dort
stand, ohne Zweifel äußerst verliebt war.Draco versuchte seine Beine dazu zu bringen sich zu bewegen und seine Arme und
verdammt sein Hirn, aber er konnte an nichts anderes denken, als diese
wunderschöne Gestalt in sein Gedächtnis einzubrennen, damit er diesen Moment nie
wieder vergessen würde.

„Potter, Füße runter!"Draco schaffte es schließlich seine Augen von Harry abzuwenden, als er bemerkte,
dass sich die Tür hinter ihm durch ihn hindurch geöffnet hatte, Professor Snape
hineinkam und Harry anblaffte, die Füße vom Tisch zu nehmen und die Eule
loszuwerden. Die Augenbewegung in diesem Moment schien Dracos Gehirn wieder zum
Arbeiten zu bringen und er ging um die rechte Seite des Tisches und beobachtete
Harry mit verliebtem Blick, als dieser sich wieder aufrichtete und nach seiner
Brille griff.

Bamm!Schwere Bücher wurden auf den Tisch fallen gelassen und Harry fiel die Brille
auf den Boden. Draco kniete sich, ein wenig seitlich vor Harry, hin und da er
ihm so nah war, konnte er das glitzernde Grün seiner Augen sehen und sein
Herzschlag wurde schneller. Er schaute hinunter zur Brille auf dem Boden und
lächelte plötzlich sanft. Zu Harry und dem Professor aufsehend, als Harry
offensichtlich versuchte ein Grinsen zu unterdrücken beim Anblick eines
aufgebrachten Snapes, der seinen Stuhl abwischte, hob Draco langsam die Brille
auf, klappte sie ordentlich zusammen, damit sie nicht kaputt ging und legte sie
auf die Tischkante.Harrys Gesichtsausdruck, als er sich hinunterlehnte, um eine Brille aufzuheben,
die nicht mehr dort war ließ Draco frech grinsen. Harry war so süß, schon immer
gewesen, denn es waren diese grünen Augen und das jungenhafte Lächeln, die ihn
überhaupt erst zu ihm gezogen hatten. An diesem Tag, an dem sie sich das erste
Mal getroffen hatten, hatte es eine automatische Anziehung gegeben und Draco
hatte Jungs vorher nicht einmal gemocht. Aber als Harry ihn nach der Verbeugung
langsam durch diese langen Wimpern und mit einem zagen Lächeln auf dem Gesicht
angeschaut hatte, war es, als verschwänden alle anderen Personen mit denen er
eine romantische Beziehung führen könnte.Draco stand vom Boden auf, stellte sich hinter Harrys Stuhl und streckte, leicht
lächelnd, seine Hand nach Harrys Nacken aus und strich mit seinen Fingern
darüber. Er wusste, dass er ihn nicht anfassen konnte, denn tote Seelen konnten
lebendige nicht berühren, aber als Harry seine Hand hob, um seinen Nacken dort
zu reiben, wo er ihn berührt hätte, konnte Draco das uncharakteristische
Grinsen, das sein Gesicht erhellte, nicht verstecken. Er kniete sich wieder hin,
lehnte sich näher, so dass seine Haarspitzen in Harrys eigenen verschwanden und
küsste sanft seinen Nacken.„Was soll so lustig sein, Potter?"

„Nichts, Sir."Draco schaute zu ihm hoch, als sich ein Lächeln auf seines Liebsten Gesicht
befand. Irgendwie wusste seine wiedergeborene Seele, dass Draco da war und Draco
lächelte selbst.

Er war zurückgekehrt.