Hi ihr Lieben!
Habe ein neues Chap für Euch!
Wünsche Euch viel Spaß beim lesen!
Chap 10
Unerwartete Überraschungen
Gemächlich schritt Sirius die Treppen zum Gemeinschaftsraum hinunter. Er hatte es nicht eilig, da seine Freunde anderwärtig beschäftigt waren. Leise seufzte der junge Mann auf und ließ seinen Blick durch den gut besuchten Gemeinschaftsraum wandern, als er Lara in einem der Sessel am Fenster entdeckte. Entschlossen ging Sirius zu Lara hinüber, die, wie er beim näher kommen bemerkte, in einem Buch las.
„Oh man, Prongs! Kannst du nicht mal eine Pause einlegen?" stöhnte Sirius innerlich laut auf, als er Laras blasses und müdes Gesicht sah.
Sie hatte dunkle Rändern unter den Augen, was darauf schließen ließ, dass sie nur sehr wenig Schlaf bekommen hatte.
„Hey", begrüßte Sirius sie sanft und setzte sich ihr gegenüber in den Sessel.
„Hi Sirius", erwiderte Lara seinen Gruß und sah kurz von ihrem Buch auf.
„War wohl eine lange Nacht, hm?"
„Eine sehr lange Nacht, ja", stimmte Lara ihm zu, ohne Sirius anzusehen.
„James?" fragte der Marauder vorsichtig, glaubte aber, die Antwort auf seine Frage schon zu kennen.
Unentschlossen, ob sie Sirius darauf antworten sollte, ließ Lara das Buch sinken und fuhr sich über die müden Augen.
„Ich weiß nicht…", begann Lara, wurde aber von Sirius unterbrochen.
„Es tut mir ehrlich Leid, dass du wegen Prongs so viele schlaflose Nächte hast", platze es aus Sirius heraus.
„Du kannst ja nichts dafür. Ist nicht deine Schuld", beruhigte Lara ihn, doch Sirius sah das in diesem Moment etwas anders.
„Ich weiß auch nicht, was mit James los. So wie in den letzten Tagen, habe ich ihn noch nie erlebt", versuchte Sirius das Verhalten seines Freundes zu entschuldigen.
Lara sah ihrem Gegenüber nachdenklich an und überlegte, ob sie ihm die Wahrheit sagen sollte. Sie holte tief Luft und beugte sich etwas nach vorne, damit die Anderen nichts von dem, was sie sagte, verstehen konnten.
„Die Mädchen fragen sich mittlerweile auch schon, warum dein Freund sie so abweisend behandelt", startete Lara und ließ Sirius dabei nicht aus den Augen.
„Abweisend? James?", hakte Sirius irritiert nach, worauf Lara nur nickte.
„Was meinen die denn mit abweisend? Er flirtet mit ihnen, und na ja, nimmt anschließend eine von ihnen mit, aber was ist daran abweisend? Okay, er gibt ihnen am nächsten Tag oder gleich danach wieder den Laufpass, aber das ist…!"
„Er bricht ihnen das Herz Sirius und behandelt sie wie Menschen zweiter Klasse. Vielleicht solltest du mal mit ihm reden und ihm sagen, dass er ihnen das Herz bricht", schlug Lara vor.
„Ich denke nicht, dass er auf mich hören wird. Weißt du, es ist ja nicht so, als wäre ich ein Engel, was das betrifft, aber zurzeit schlägt Prongs wirklich über die Stränge. Und die Mädchen wissen das auch. Auch wenn du es nicht gerne hörst, aber Prongs wird ihnen nie Hoffnung auf mehr als ein One Night-Stand gemacht haben", räumte Sirius ein.
„Hm, wenn es denn zu diesem besagten One Night-Stand gekommen wäre und er sie vielleicht erst anschließend fallen gelassen hätte, wäre es wahrscheinlich nur halb so schlimm für die Mädchen. James schickt sie schon vorher wieder weg und geht dabei noch nicht einmal sehr taktvoll und feinfühlig mit ihnen um", erklärte Lara etwas vorwurfsvoll.
Es dauerte ein paar Sekunden, bis Sirius wirklich verstanden hatte, was Lara da gerade gesagt hatte.
„Was meinst du…soll das vielleicht heißen, er… Prongs hat gar nicht mit ihnen geschlafen?" stammelte Sirius.
Lara, die seine Reaktion völlig falsch gedeutet hatte, legte ihm beruhigend eine Hand auf den Arm.
„Hör mal, von mir wird es niemand erfahren. Ich darf ohnehin nicht darüber reden. Dir habe ich es nur gesagt, weil James dein bester Freund ist, okay?" antwortete Lara, die annahm, dass James irgendeinen Marauder Kodex verletzt hatte.
Sirius hob abwehrend die Hände und lachte leise, als er merkte, worauf Lara hinaus wollte.
„Daran hatte ich nicht gedacht. Es ist mir auch eigentlich egal, ob James mit ihnen geschlafen hat oder nicht und wer davon erfährt. Ich finde nur… ich denke Evans sollte davon wissen", entgegnete Sirius und lehnte sich irgendwie erleichtert in seinem Sessel zurück.
„Evans?"
„Natürlich. Ihre Freundinnen werden ihr sicher geschrieben haben, was hier abgeht. Und darum sollte Lily die Wahrheit erfahren. Findest du nicht?" wollte Sirius wissen.
„Und warum schreibst du Lily nicht einfach und sagst es ihr?"
„Weil, wie du schon sagtest, ich James bester Freund bin und sie mir ganz bestimmt nicht glauben wird", machte Sirius klar und sah Lara bittend an.
„Warum ist es dir eigentlich so wichtig, dass Lily es weiß? Vielleicht interessiert es sie ja gar nicht, durch welche Betten James hüpft, besser gesagt, nicht hüpft?" wollte Lara wissen.
„Ob du es glaubst oder nicht, James mag Lily. Sehr sogar, und das, was du mir eben gesagt hast, zeigt es auch ganz deutlich", meinte Sirius und Lara konnte sehen, dass er das nicht einfach so dahersagte.
„Du musst zugeben, dass er eine sehr merkwürdige Art hat, seine Liebe zu zeigen."
„Mag schon sein, aber das ändert nichts an Prongs Gefühlen zu Lily. Ich bin mir ziemlich sicher, dass er Lily vermisst und… lassen wir das", unterbrach Sirius sich selbst und hoffte inständig, dass James das nicht machen würde, was er gerade gedacht hat.
„Also gut, ich werde sehen, was ich machen kann. Aber versprechen tue ich nichts", gab Lara schließlich nach und lächelte schwach.
„Danke, dafür werde ich in den nächsten Nächten davor sorgen, dass du genügend Schlaf bekommst, versprochen", antwortete Sirius und schenkte Lara ein dankbares Lächeln, bevor diese sich erhob, um nach Remus zu suchen, da die Beiden heute mit Rundgängen dran waren.
Sirius saß noch eine ganze Weile in seinem Sessel und dachte über das Gespräch mit Lara nach. Er wusste nicht, was er von alle dem halten sollte, auch nicht, ob es richtig war, mit Lara anstatt mit James darüber zu reden. Und doch musste er zugeben, dass ihn das Gespräch mit ihr gut getan hatte. Sirius war sich sicher, dass sein bester Freund unter der Trennung mehr litt, als er sich selbst eingestehen wollte.
„Kein Wunder, dass Evans uns immer so anfährt, wenn sich die Mädels ständig bei ihr ausheulen", dachte Sirius, als ihm einfiel, dass er den Brief an Lily noch nicht abgeschickt hatte.
„Du weißt hoffentlich, dass du mir dafür was schuldest Prongs! Ich mache das nur für dich, damit Evans sieht, dass du sie nicht vergisst und wir nicht so schlimm sind, wie sie immer denkt", murmelte Sirius leise vor sich hin, und verfluchte James, da dieser die Karte der Rumtreiber mitgenommen hatte.
„Wenn Filch mich erwischen sollte, bist du Schuld und wirst dann auch für mich nachsitzen. Nur damit das klar ist Prongs", grummelte er weiter und verließ den Gemeinschaftsraum, um zur Eulerei zu gehen.
Dort angekommen sah sich Sirius nach einer kräftigen und ausgeruhten Schuleule um, da er nicht sicher war, ob Lily seine Eule ‚Andra', die er von seiner Cousine Andromeda geschenkt bekommen hatte, kannte. Er entschied sich für eine braune Eule und pfiff nach dieser.
„Bring diesen Brief zu Lily Evans nach Beauxbatons und beeil dich bitte ein bisschen, ja? Ich möchte, dass Evans den Brief morgen hat, okay?" wies Sirius die Eule an und hielt ihr einen Eulenkeks hin.
Sirius ertappte sich dabei, dass ihm Lily und ihr Gekeife irgendwie fehlte. Nicht, dass er dies je öffentlich zugeben würde, doch sich selbst konnte er es sich schon eingestehen.
„Hoffentlich weiß du es auch zu schätzen, Evans", seufzte Sirius leise und schickte die Eule los.
Der Marauder stand noch eine Weile am Fenster und sah der Eule nach, bevor er sich zurück in seinen Gemeinschaftsraum schlich, der nun leer war. Müde marschierte Sirius in seinen Schlafsaal und hoffte, dass Remus schon von den Rundgängen zurück sei. Er wollte noch heute mit dem Werwolf über die Neuigkeit reden, doch zu seinem Bedauern, war Remus noch nicht wieder da.
„Ich würde zu gerne Evans Gesicht sehen, wenn sie Laras Brief liest?" grinste Sirius vor sich hin, bevor er sich ins Bett legte und kurz darauf einschlief.
Doch es war nicht Lily, die am nächsten Tag einen Brief von Lara bekam, sondern Cècile. Sorgfältig las Cècile den Brief ihrer Cousine durch und schüttelte leicht belustigt den Kopf.
„Warum soll ich dir denn Lilys Reaktion so genau beschreiben?" fragte sie verwundert und überlegte, wie sie Laras Wunsch am besten nachkommen konnte.
Nachdenklich nahm Cècile ihren Umhang vom Stuhl, zog ihre warmen Stiefel an und ging anschließend zu Lily, da die beiden Mädchen im Park einen Spaziergang machen wollten, um die ersten Sonnenstrahlen in diesem Jahr zu genießen. Da heute kein Nachmittagsunterricht anstand, hatten die Mädchen beschlossen, gleich nach dem Mittagessen an die frische Luft zu gehen. Vor Lilys Zimmertür angekommen setzte Cècile ein besorgtes Gesicht auf, betrachtete sich noch einmal in dem Spiegel, der zwischen Lilys und Mauriels Zimmertüren hing.
„Oui, so wird es gehen", murmelte Cècile zufrieden und klopfte an die Tür.
„Komm rein, ich bin gleich soweit", rief Lily, als sie mit Hilfe ihres Zauberstabs die Tür geöffnet hatte.
Lily saß an ihrem Schreibtisch und blätterte die Unterlagen von Sirius durch, als sie bemerkte, dass Cècile ungewöhnlich ruhig war.
„Ist etwas passiert? Du bist so still. Hast du eine schlechte Nachricht bekommen?" fragte Lily vorsichtig, als sie Cècile besorgten Gesichtsausdruck bemerkte.
„Ich mache mir Sorgen um Lara. Die Arme schläft wohl nicht sehr viel. Sie schreibt, dass sie in den letzten Nächten kaum zum schlafen gekommen ist, da sie ein paar Mitschülerinnen trösten musste. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass es ihr so nahe geht", erzählte Cècile betrübt und beobachtete Lily genau.
„Ja, das ist einer der Nachteile, wenn man Vertrauensschülerin ist. Weswegen kamen die Mädchen denn zu ihr?", wollte Lily wissen, obwohl sie es sich schon denken konnte.
„Ach wegen so einem Jungen, der ihnen das Herz gebrochen hat", gab Cècile bereitwillig Auskunft.
„Dieser Junge hieß nicht rein zufällig Black, oder?" hakte Lily nach und verdrehte die Augen.
„Black? Wie heißt der den mit Vornamen?" wollte Cècile scheinheilig wissen.
„Sirius."
„Sirius? Nein, diesen Namen nannte Lara nicht. Ich glaube, er hieß Jonas, Jerome, oder war es Jamie? Ich habe den Brief in meinem Zimmer. Wenn du möchtest, sehe ich noch mal nach", entgegnetet Cècile und musste sich ein Lachen verkneifen.
„Nicht nötig, wenn es nicht wegen Sirius war, dann wegen James Potter. Ob nun Black oder Potter, das spielt keine Rolle, ehrlich. Beide wechseln ihre Freundinnen wie andere ihre Unterwäsche ", seufzte Lily.
„Ich verstehe nicht, was du damit meinst, Lily!"
„Nun ja, sie verabreden sich mit einem Mädchen, gehen einmal mit ihr aus, schlafen mit ihnen, und ein- höchstens zwei- Tage später ist dieses Mädchen dann Geschichte und wird gegen ein anderes ausgetauscht", erklärte Lily.
„Und das lasst ihr euch gefallen?" rief Cècile und kräuselte verachtend ihre Nase.
„Nicht alle, aber sehr viele. Leider, " meinte Lily.
„Aber dieser James Potter, oder wie er hieß, der ist nicht so…!"
„Oh doch, er ist genauso, glaub mir!"
„Hm, das verstehe ich jetzt nicht. Lara schreibt, dass die Mädchen zu ihr gekommen sind, weil dieser Junge… James nichts von ihnen wollte. Er hat ihnen, wie soll ich es ausdrücken…Hoffnungen auf ein paar ‚Kuschelstunden' und mehr gemacht und hat sie dann einfach wieder weg geschickt."
„Er hat was? Das kann nicht sein. Wir sprechen hier wohl von einem anderen, aber nicht von James Potter. Der schleppt doch jedes Mädchen ab, wenn sie nicht schnell genug weg war."
„Ich werde Laras Brief holen, dann kannst du es ja selber lesen, wenn du mir nicht glaubst", sagte Cècile gespielt gekränkt und drehte sich zur Tür um.
„Ich glaub dir ja, ehrlich. Obwohl es mir sehr schwer fällt, dass Potter nicht… lassen wir es gut sein", entgegnete Lily und holte ihren Umhang aus dem Schrank.
„Wollen wir?" fragte Lily, worauf Cècile lächelnd zustimmte.
Bestens gelaunt verließen die Mädchen das Palais und gingen nach draußen, wo Cècile Lily die schönsten und romantischsten Plätze in dem riesigen Park zeigte.
„Hast du heute wieder einen Brief mit Notizen bekommen, Lily?" wollte Cècile wissen, nachdem Lily schon eine Weile nichts mehr gesagt hatte.
„Ja, habe ich", antwortete die Rothaarige freudig.
„Ich finde es gut, dass Mauriel und du so nicht den Anschluss verliert. Überleg mal, wie viel ihr nach zuholen hättet, wenn du den Unterrichtsstoff nicht bekommen würdest."
„Ja, für Mauriel ist es definitiv gut, dass sie auf dem gleichen Stand wie die anderen ist", meinte Lily und seufzte leise in sich hinein.
„Und für dich ist es nicht gut?" hakte Cècile überrascht nach.
„Doch schon, sicher…", antwortete Lily schnell.
Lily wollte Cècile nicht sagen, dass sie glaubte, dass James Sirius beauftragt hatte, ihr den Unterrichtsstoff zu schicken. Sie ging davon aus, dass James seinen Freunden von ihrer Auseinandersetzung vor ihrer Abreise erzählt hat, und dass sie ihm das Versprechen gegeben hat, hier in Frankreich zu bleiben.
„Potter will halt sicher gehen, dass ich mich hier nicht langweile und zurückkommen will", dachte Lily.
Es schien ihr die einzige plausible Erklärung, warum Sirius ihr jeden zweiten Tag einen Brief schickte.
„Warum sollte Black sonst so einen Aufwand betreiben?" fragte sich Lily schon zum hundertsten Mal, kam aber immer wieder auf die gleiche Antwort.
Und doch war Lily froh und dankbar, dass sie den Stoff bekam. Und sie nahm sich ganz fest vor, sich dafür bei Sirius zu bedanken.
Cècile, die Lilys veränderte Stimmung bemerkt hatte, führte sie weiter durch den Park und Lily bestaunte die vielen Brunnen und Skulpturen, die überall standen. Die Brunnen hatten es ihr besonders angetan und sie malte sich aus, wie sie bei schönem Wetter auf einer der Bänke saß, die direkt neben den Brunnen standen, um ihre Hausaufgaben zumachen oder zu lesen, oder um einfach nur das schöne Wetter zu genießen. Je länger Lily hier in Beauxbatons war, umso besser gefiel es ihr, was nicht nur an dem herrlichen Park lag. Cècile und Valeriè schafften es mit ihrer lockeren Art immer öfter Lily von ihrem Heimweh abzulenken und erst wenn sie abends alleine in ihrem Bett lag, dachte sie an Hogwarts und ihre Freundinnen. Lily hatte dann immer ein schlechtes Gewissen, weil ihr dann einfiel, dass sie schon länger keinen Brief geschrieben hatte.
„Gehst du heute Abend wieder zum lernen in die Bibliothek?" wollte Cècile wissen und riss Lily somit aus ihren Gedanken.
„Jep, damit ich morgen mit Mauriel lernen kann. So ist es für mich einfacher", erklärte Lily ihrer Freundin.
„Ach so machst du das. Du, da fällt mir ein, hast du eigentlich ein Abendkleid?"
„Ein Abendkleid? Wofür brauche ich denn ein Abendkleid?" wollte Lily verdutzt wissen.
„Na, für den Valentinsball natürlich. Wir haben jedes Jahr einen Valentinsball. So richtig schön romantisch und nach alter Tradition", schwärmte Cècile und ihr Gesicht nahm einen verklärten Ausdruck an.
„Was meinst du mit ‚alter Tradition'?" hakte Lily nach und ein mulmiges Gefühl machte sich in ihrem Magen breit.
„Wir tanzen nicht nach der heutigen Musik, sondern so wie zurzeit von König Ludwig."
„Das ist doch nur ein Scherz, richtig?" keuchte Lily und wollte sich nicht mal vorstellen, wie die Menschen damals getanzt haben.
„Kein Scherz. Mach dir keine Sorgen, du wirst es ganz bestimmt mögen", beruhigte Cècile Lily, hatte aber keinen Erfolg damit.
In Lilys Kopf spielte sich ein echtes Horrorszenario ab und sie musste sich erstmal setzten und sich zur Vernunft rufen.
„Ich gehe da nicht hin", sagte sie entschlossen und verschränkte trotzig ihre Arme vor der Brust.
„Du musst da hingehen! Alle gehen da hin und Monsieur und Madame Richelieu würden gekränkt sein, wenn ausgerechnet eine der Austauschschülerinnen nicht anwesend wäre", rief Cècile panisch aus.
„Was habe ich mit den Richelieus zu schaffen. Wenn ich da nicht hin will, kann mich auch keiner dazu zwingen", meinte Lily resolut und verstand Cèciles Panik nicht.
„Die Richelieus organisieren und bezahlen den Ball und nicht nur das, sie haben auch auf diesen Austausch gedrängt. Ist doch klar, dass sie dich und Mauriel kennen lernen wollen, oder denkst du nicht?" versuchte Cècile Lily zu überzeugen, nur leider kannte sie den Dickkopf der Engländerin noch nicht und verzweifelte fast an Lilys Sturheit.
„Wir haben ja noch ein bisschen Zeit bis zum Ball und zuerst müssen wir ja noch ein Kleid für dich kaufen. Du schläfst am besten noch mal darüber Lily", lenkte Cècile ein, als sie merkte, dass sie mit ihren Argumenten bei Lily auf taube Ohren stieß.
„Wenn ich nicht zum Ball gehe, brauche ich auch kein Kleid", entgegnete Lily trocken und überhörte gekonnt Cèciles leises Aufkeuchen.
„Wie spät ist es eigentlich schon?" wechselte die Rothaarige das Thema.
„Ich weiß nicht, aber lass uns wieder reingehen, es ist kälter geworden, jetzt, wo die Sonne weg ist", sagte Cècile und war irgendwie erleichtert nicht mehr mit Lily über den Valentinsball diskutieren zu müssen.
Sie beschloss mit Valeriè darüber zu reden, um dann gemeinsam mit ihr, Lily davon zu überzeugen, dass sie einfach zum Ball erscheinen musste. Schweigend gingen die Mädchen zurück und nachdem Lily wieder in ihrem Zimmer war, setzte sie sich gleich an ihren Schreibtisch und schrieb einen Brief an Ben.
Cècile klopfte derweilen an Valeriès Zimmertür.
„Darf ich reinkommen?" fragte sie ihre Freundin, als diese die Tür geöffnet hatte.
„Natürlich darfst du. Was für eine Frage", lachte Valeriè und schloss hinter Cècile die Tür.
„Ich habe Lily eben von dem Ball erzählt und sie will nicht hingehen", platze es auch sofort aus Cècile heraus und Valeriè konnte sehen, wie unglücklich ihre Freundin darüber war.
„Und warum will Lily nicht hingehen?" hakte sie vorsichtig nach.
Cècile seufzte laut auf und berichtete anschließend, wie es zu dem Gespräch gekommen ist und von Lilys Reaktion. Valeriè hörte aufmerksam zu, unterließ es aber Cècile zu unterbrechen.
„Mon Dieu, hast du ihr denn nicht gesagt, dass wir auch zu moderner Musik tanzen?" fragte Valeriè, nachdem Cècile geendet hatte.
„Ähm nein, dass habe ich wohl vergessen", gab Cècile kleinlaut zu und sah Valeriè etwas zerknirscht an.
„Nun denn, ich werde vor dem Abendessen noch mal mit Lily reden und ihr erklären, wie es wirklich abläuft", seufzte Valeriè, die Cèciles Vorliebe für diese altmodischen Tänze, wie Valeriè sie nannte, nicht teilte.
Die Beiden überlegten schon jetzt mit Lily zu reden, entschieden sich dann doch dagegen, um Lily ein wenig Zeit zum abreagieren zu geben. Was zum diesen Zeitpunkt auch angebracht war. Doch als Valeriè und Cècile zwei Stunden später die Rothaarige auf dem Weg in den Speisesaal trafen, war diese schon nicht mehr so aufgebracht, nachdem sie Ben ihren Unmut mitgeteilt hatte. Valeriè gab Cècile zu verstehen schon mal vorzugehen und bat Lily einen Moment zu warten.
„Ich wollte mit dir wegen des Balles reden", kam Valeriè ohne Umschweife zur Sache, worauf sich Lilys Blick verfinsterte.
„Ich habe doch schon gesagt, dass ich nicht hingehen werde."
„Nun warte doch erstmal ab, was ich sagen wollte", bat Valeriè und hielt ihre Freundin am Arm fest.
„Es werden höchstens drei dieser mittelalterlichen Lieder gespielt. Anschließend können wir nach der neuesten Musik tanzen."
Lily sagte nichts darauf und sah Valerie nur skeptisch an.
„Cècile wäre am liebsten in dieser Zeit geboren worden", lachte Valeriè und verdrehte die Augen.
„Keine Ahnung, was sie daran so schön findet. Mein Geschmack ist es auch nicht und ich habe noch nie nach dieser Musik getanzt", fügte sie noch nach.
„Und was ist mit diesen komischen Kleidern? Müsst ihr diese steifen Dinger tragen?" wollte Lily nun wissen, worauf Valeriè in schallendes Gelächter ausbrach.
„Merlin bewahre uns davor! Das wäre ja noch schlimmer, als das tanzen an sich. Nein, dann würde wohl keiner zum Ball gehen, außer Cècile vielleicht", antwortete Valeriè grinsend und zwinkerte Lily zu.
„Ich überlege es mir noch mal", meinte Lily und lief mit ihr in den Speisesaal, wo gerade das Essen serviert wurde.
Valeriè nickte Cècile, die sie fragend ansah, nur zu und deutete ihr an, dass sie später darüber reden würden. So erfuhr auch Mauriel von dem Ball und ihre Reaktion war zwar nicht ganz so heftig wie die von Lily, aber auch sie lehnte dankend ab. Die beiden Französinnen schauten sich an und schüttelten über ihre Freundinnen nur den Kopf.
„Am Freitag gehen wir die Kleider aussuchen", entschied Cècile und Valeriè stimmte begeisternd zu.
„Bei Madame Bouvard gibt es die schicksten Kleider", schwärmte nun Valeriè und konnte es gar nicht abwarten, mal wieder aus dem Palais heraus zukommen.
Lily und Mauriel zuckten nur mit den Schultern und entschieden, dass es ja nicht schaden konnte, sich diese Madame Bouvard einmal anzusehen.
„Wollen wir uns gleich im Kaminzimmer treffen?" fragte Cècile die anderen Drei.
„Ähm, heute nicht. Ich werde gleich nach dem Essen in die Bibliothek gehen", entschuldigte sich Lily und zeigte auf ihre Tasche, die neben ihrem Stuhl stand.
„Merlin, das heißt, du hast wieder neue Aufgaben bekommen und wirst mich morgen damit quälen", stöhnte Mauriel lachend auf, wofür Lily ihr leicht in die Seite knuffte.
„Ich kann meine freie Zeit auch anders nutzen", antwortete Lily gelassen.
„Schon gut Lily. Ich bin ja froh und dankbar, dass du mir hilfst", meinte Mauriel versöhnlich.
„Und ich bin unserem Schreiber für die Arbeit, die er sich macht, sehr sehr dankbar", entgegnete Lily lächelnd.
Nachdem alle mit essen fertig waren, gingen Valeriè, Cècile und Mauriel ins Kaminzimmer und Lily in die Bibliothek, die zu diesem Zeitpunkt noch leer war. Zielstrebig ging Lily auf ihren Lieblingsplatz, der sich in der Nähe der Bücherregale befand, zu und packte ihre Sachen aus, als sich Etienne zu ihr an den Tisch setzte. Nach ein paar Tagen hatte sich Lily daran gewöhnt, dass Etienne immer mit ihr am Tisch saß. Am Anfang spielte Lily noch mit dem Gedanken, in ihrem Zimmer zu lernen, doch mit der Zeit genoss sie Etiennes Anwesenheit und nahm seine Hilfe gerne in Anspruch.
Ich hoffe, es hat Euch gefallen
liebe Grüße jas
