Ai wusste nicht wann, aber irgendwann war sie über der Tastatur eingeschlafen, wie so oft in der letzten Zeit. Noch stundenlang hatte sie vor ihren Aufzeichnungen gesessen und vor sich hin geträumt.
Was sollte sie auch anderes machen? Fakten konnte sie nicht ändern, dazu fehlten ihr so viele Informationen...
Es war schon Mittag als Conan runter kam.
Sie hatte zwar Angst vor der Konfrontation mit ihm, aber bei weitem nicht so viel wie vor ihrer Vergangenheit.
Innerlich rüstete sich vor seinen Fragen und möglichen Angriffen, aber nichts passierte.
Er setzte sich ihr gegenüber und wartete, wartete darauf, dass sie den ersten Schritt machte.
Man sollte es nicht für möglich halten, aber er war ebenso ein sturer Esel.
Aber Shiho war ihm eine Nasenlänge vor, eine seeeeeeeehr lange Nase muss man dazu sagen.
Dennoch warteten beide eine Viertelstunde bis Conan endlich, die Stille nicht mehr ertragend, das Gespräch begann: „Ich denke mein Plan ist mehr als nur durchführbar, er ist einfach und doch genial."
Zuerst war Ai etwas erstaunt darüber, dass er nicht vorhatte über Gestern zu reden, aber sie war auch zu dankbar um ihn deshalb zu fragen. Außerdem war sie sich sicher, er scheute nur die Konfrontation mit ihr in diesem Punkt. Sie musste wieder lernen ihre Gefühle im Griff zu haben, als Nervenfrack dürften sie es beide nicht bis zur Frist schaffen...
´Ich weiß nicht warum Ai sich Gestern so benommen hat, sie ist zur Zeit nicht sie selbst, ich sollte ihr Zeit lassen, wofür auch immer. Ich denke zumindest es wäre gesünder für mich...´
Conan wusste nicht wie unrecht er hatte, momentan war Ai mehr sie selbst denn je, sie fing an ihre wahren Gefühle zu zeigen. Ihre Angst konnte sie nicht länger unterdrücken und mit der Angst kamen auch alle anderen Gefühle unter der Oberfläche wieder zum Vorschein.
„Ich glaube immer noch nicht, dass du wissen willst wo die Männer in Schwarz auftauchen werden."
Conan lies sich Zeit um die Spannung aufzubauen. Dabei blickte er sich um, Ai schien in letzter Zeit ihr Zimmer nie zu verlassen und da sie gerade Ferien hatten, war das auch nicht zu schwierig.
Überhaupt hatte sich in letzter Zeit einiges bei ihr geändert, er spürte ihre Angst teilweise, aber ansonsten verstand sie es immer noch bestens ihre Gefühle zu verbergen.
Ihr Zimmer hatte überhaupt keine persönliche Note, es wirkte leer, natürlich hatte sie bei ihrer Flucht vor der Organisation keine persönlichen Dinge mitnehmen können, aber er zweifelte auch daran, dass sie dort persönliche Dinge gehabt hatte. Er wusste dagegen, dass sie ihre persönlichen Erinnerungen hatte, die sie wie alles für sich behielt.
Trotzdem wirkte das Zimmer so unpersönlich wie nur irgendwie möglich.
Das was da war sah er natürlich nicht, z.B. die Wissenschaftsbücher im Regal und das Photo mit dem Zeitungsartikel über ihrem Tod unter ihrem Kissen. Das Zimmer mochte kalt und leer wirken, aber hatte Shiho denn jemals Platz gehabt um sich selbst auszudrücken?
Sie wurde von der Organisation seit ihrer Geburt überwacht und gesteuert, wer entwickelt sich schon nach außen hin wenn er unter ständiger Beobachtung lebt?
Ihr war schon immer klar gewesen, dass je weniger die Organisation von ihrer Persönlichkeit oder ihren Gefühlen wusste, desto weniger würde sie, sie kontrollieren können. Jedoch hatte sie noch zu viel gezeigt wie es den Anschein hatte und wie sie jetzt wusste.
Natürlich hatte sie wie jeder andere auch Vorlieben und Wünsche, aber die Chance sie zu zeigen hatte sie nie gehabt und so waren viele verschüttet und unter der Identität der Sherry verloren gegangen.
„Nun sag schon endlich, was hast du hinter deinem Rücken?" Ai wurde es unangenehm, wie er sich umblickte, sie glaubte zu wissen, was er dachte. Wo sind die Poster, wo der Ausdruck, wo die Person, die angeblich hier wohnt?
„Na gut hier, lies den Artikel und sieh dir das Photo gut an." Erwartungsvoll wartete er auf ihre Reaktion.
Kintaro Yamesaki präsentiert seine Werke vor PublikumDer große neuentdeckte Künstler Auch wenn Yamesaki deutlich Erfolg wird und davon sind Kritiker
Kintaro Yamesaki stellt am von den Strapazen der Vorbe- überzeugt, dann steht im nichts mehr
kommenden Donnerstag seine reitung gekennzeichnet ist, so im Wege.
Werke in seiner ersten Aus- ist er glücklich seinen Traum Es werden viele angesehne Persön-
stellung vor Publikum vor. von einer Karriere als Künstler lichkeiten erwartet.
Jeder ist eingeladen diesem wahr machen zu können. Am Donnerstag im Baika-Hotel
Ereignis beizuwohnen. Wenn die Ausstellung ein ab zwei Uhr.
Auf dem Photo war ein ziemlich fertiger und gestresster Kintaro Yamesaki zu sehen, welcher scheinbar nervös lächelte. Es war ziemlich schlecht belichtet und aus einem unvorteilhaftem Winkel aufgenommen.
„Ein schreckliches Photo und was ist damit?" Ai war nicht nur enttäuscht, sondern auch froh darüber, dass Conan eine Niete gezogen hatte.
„Du siehst es also nicht? Schau doch mal genauer hin." Ai hatte keine Lust sich auf sein Spiel einzulassen. „Sags mir endlich."
„Na gut, die Zeitschrift hatte Sonoko mit und dann vergessen. Als ich sie zum schlafen über mein Gesicht gelegt hatte, fiel mir das Bild ins Auge. Es wurde heimlich ohne Blitz aufgenommen, das siehst du am Winkel, der vom Boden aus zu gehen scheint und die Belichtung ist bescheiden, alles ist düster und voller Schatten." Conan glaubte, dass jetzt der Groschen gefallen war, denn während seiner Pause erwartete er, dass Ai ihm entweder zustimmen würde oder das Letzte Detail nennen würde.
„Super, das ist mir schon aufgefallen und?" Ai war gelangweilt und fragte sich ob Conan nicht langsam fantasierte.
„Der Schatten ganz rechts unten, nach was sieht der aus?" Conan gab Ai eine Letzte Chance.
Ai schaute wiederwillig nochmals auf den Artikel und das Photo.
„Nein das ist unmöglich, niemals würde er sich fotografieren lassen! Du musst dich irren."
„Ach und weil ich mich irre bist du auch gleich darauf gekommen, dass Gins Schatten zu sehen ist, ja?
Das Photo wurde nun mal ohne Blitz, heimlich aufgenommen und Gin ist auch nur ein Mensch, wenn auch nicht moralisch gesehen, ansonsten ist er ein Monster, ein... ein... Aber ich schweife ab, gib zu, es ist Gin."
Ai gab sich geschlagen. Es war unverkennbar Gin. Der Schatten hatte lange Haare, einen Mantel und Hut und dazu zogen lange Rauchschwaden von seiner ewigen Zigarette hoch. Auch die Haltung war, auch wenn es nicht zu erklären war, typisch Gin. Es war als ob Gins böse Aura vom Bild zu einem hoch stieg.
Der Schatten war klein zugegeben, aber wenn man wusste wonach man suchte...
War das ein erstes Zeichen von Paranoia? Aber eine andere Frage war umso drängender.
Wieso war ihr das nicht gleich aufgefallen? Wurde sie langsam blind gegenüber diesen Dingen, das durfte nicht sein, das würde sie nur in Gefahr bringen, wenn sie die Gefahr ignorierte.
„Kannst du mir auch sagen wieso die Organisation es zu gelassen hat, dass das Photo gedruckt wird?
Es ist zu deutlich zu sehen, dass er Yamesaki beobachtet und in dem Zusammenhang würde ich sagen unser Künstler hat Angst vor der Organisation."
„Ich gebe zu das hat mich auch beschäftigt, aber ich denke es liegt daran, dass Gin erstens nichts von dem Photo wusste und zweitens daran, es ist ne Klatschzeitschrift, der letzte Schund, welchen nur jemand wie Sonoko liest. Keine Gefahr für die Organisation oder willst du mir ernsthaft sagen, die Organisation liest jede Zeitschrift auf der Suche nach verräterischen Photos?" Conan lächelte selbstzufrieden.
„Gut soweit stimme ich dir zu, aber warum sollte jemand wie Gin hinter einem kleinen Künstler her sein?"
„Ich sag dir warum. Ich hab mich viva Internet noch ein bisschen weiter informiert, das Bild, welches Yamesaki seinen Durchbruch brachte, trägt den Titel Originell in Schwarz. Jetzt denk dir den Rest."
Ai wollte laut loslachen, der sonst so schlaue Shinichi Kudo, baute eine Theorie aufgrund nichts sagender Hinweise auf.
„Kudo pass mal auf, keiner und ich sage keiner, der von der Organisation flüchtet oder noch drinsteckt, würde die Organisation so provozieren und schon gar nicht der. Sieh in dir an, er bricht vor Angst fast zusammen! Normal wäre wenn er sich verkriechen würde, in der Hoffnung nicht gefunden zu werden.
Durch den Titel ist sein Tod besiegelt, vorausgesetzt er hat mal etwas mit der Organisation zu tun gehabt.
Er müsste schon verrückt sein. Jeder der aussteigt stirbt mit hoher Wahrscheinlichkeit, erinnere dich nur an Pisco."
Conan blieb ruhig, nicht aus dem Konzept gebracht.
„Da stimme ich dir zu, nur der Titel stammt nicht von Yamesaki, sondern von seiner Agentin. Er war gegen den Titel nur konnte er nichts machen."
Ai wurde nachdenklich, wenn das so war konnte das eine richtige Spur sein.
„Gut Kudo ich denke du hast tatsächlich was gefunden. Aber eine Sache bleibt wie sieht dein Plan aus?"
„Das ist doch das Geniale an der ganzen Sache. Wir verkleiden uns!"
Ai war der festen Überzeugung jetzt habe Shinichi den Verstand verloren. Aber würde das nicht, wenn der Lebensweg mit Leichen und Morden, wo man auch hinsieht, gepflastert ist, auch wenn selbst niemanden etwas getan hat?
„O.K. wir verkleiden uns...wirklich genial, wie bist du nur darauf gekommen? Ich setzte mir einen Hut auf und deine Brille und schon bin ganz wer anders." Shinichi hatte diese Reaktion bereits erwartet und er war froh, dass Ai sich endlich wieder wie sie selbst verhielt. Dadurch konnte er sie wieder besser einschätzen, was so viel bedeutete wie gar nicht, aber er war immerhin nicht noch mehr so vor den Kopf geschlagen.
„Ich weiß vorauf du anspielst, aber wie hätte ich den damals wissen sollen, dass Pisco dich auch mit Brille erkennt? Ich dachte mir als Erwachsene können wir uns nicht nur mehr verteidigen, unauffällig sein und uns verkleiden, sonder auch später ganz einfach verschwinden."
„Ach nur eine Sache hast du dabei nicht bedacht, wir sind momentan noch Kinder."
Ai gewann ihre normale gleichgültig coole Art wieder zurück, was machte es da schon, dass Shinichi nicht nur seinen Verstand, sondern auch seine Logik verloren hatte.
„Wenn du mir doch nur bis zu ende zuhören würdest! Dein Gegenmittel aus dem chinesischen Knollenwurzeln, es wirkt zwar nur für 24 Stunden, aber das reicht um uns das Gift von Gin und Wodka zu holen. Na perfekt oder? Wenn wir unsere alten Körper wieder haben, können wir uns die Verkleidungen, die der Professor für uns entwickelt, anziehen und niemand erkennt uns wieder.
Außerdem fallen Erwachsene auf einer Ausstellung weniger auf als zwei kleine Kinder."
Shinichi merkte gleich, dass etwas nicht stimmte, auch wenn Ai ihr gleichbleibend emotionslose Gesicht hatte. Er spürte es und doch wagte er nicht nachzufragen, was denn nicht stimmen könnte.
´Jetzt muss ich es ihm wohl sagen. Besser jetzt als nie, immerhin hab ich jetzt den perfekten Zeitpunkt gefunden. Schade Shinichi, aber dein Plan hat einen Fehler.´
„Leider können wir das Gegengift nicht nehmen. Ich habe neue Entdeckungen bezüglich des Gifts und seiner Wirkung auf den Körper gemacht. Hör zu..."
