Hallo alle zusammen...
hier ist also das dritte Kapitel zu "The End". Es hat leider etwas länger gedauert, bis es fertig war, aber ich hoffe, es gefällt euch...
Riviana: Danke für deinen Kommentar Es freut mich, dass dir die Geschichte gefällt und hoffe, es bleibt auch so...
Chapter 3: Nacht in Angst
Heiji's Geist schien sich von seinem Körper getrennt zu haben. Nichts war von seinem Handeln als Detektiv geblieben. Alles, was er je gelernt hatte über das Vorgehen an einem Tatort war aus seinem Kopf gefegt.
Es hatte schon Leichen gesehen, ja. Und einige davon waren bei weitem schlimmer zu gerichtet als der tote Körper, der vor ihm am Schreibtisch saß und ihn mit leeren Augen anstarrte.
Jedes Mal, wenn der junge Mann einen Mordfall untersuchte hatte er sich schon beim Betrachten der Leiche Gedanken über den Tathergang und die Verdächtigen gemacht. Er hatte Motive gesucht und erste Schlüsse aus dem Szenario das sich ihm bot gezogen.
Aber jetzt wiederholte sich immer nur wieder ein Gedankt: "Das ist nicht wahr! Das kann nicht wahr sein!"
Die Stimme in seinem Kopf schrie immer lauter und erst nach einer Ewigkeit, so kam es ihm vor, erwachte sein Körper aus dem tranceartigen Zustand.
Doch sofort ergriff ein neues Gefühl Besitz von dem jungen Mann. Panik!
Er stolperte zurück in den Flur zum Telefon, das dort auf einem kleinen Tisch stand. Seine Hände zitterten als er den Hörer aus der Ladestation hob und die Ziffern eintippte.
Später würde er sich fragen, warum er nicht seinen Vater angerufen hatte, sondern den Notruf gewählt hatte, doch eine Antwort wusste er nicht.
Als sich am anderen Ende der Leitung eine Frau meldete musste Heiji schlucken. Seine Stimme wollte ihm nicht gehorchen und alles was er auf die Frage, wer am Apparat sei, erwidern konnte war ein Gestammel seines Namens.
Erst dann kehrte ein Teil seines rationalen Denkens zurück und er fügte hinzu: "Es gab hier einen Mord."
Irgendwie schaffte es Heiji alle Fragen der Frau zu beantworten.
„Die Kollegen sind gleich bei Ihnen. Bitte bleiben Sie wo Sie sind und berühren Sie nichts. Haben Sie mich verstanden?"
Heiji bejahte und damit war das Gespräch beendet. Heiji legte das Telefon zurück auf den Tisch und sank dann wie betäubt an der Wand zu Boden.
So fanden ihn die Polizisten, die nur wenige Minuten nach dem Telefonat eintrafen. Sie hatte die Haustür gewaltsam öffnen müssen, als sie auf ihr klopfen und klingeln keine Reaktion erhielten.
Wie durch einen Nebel hörte Heiji die Stimmen und Schritte der Polizisten, die den Tatort abriegelten und ihren Vorgesetzen Bericht erstatteten.
„…du mich hören? Heiji! Hörst du mich?"
Der junge Mann hob seinen Kopf und sah in das besorgte Gesicht Otaki's , der vor ihm in der Hocke saß.
„Wie fühlst du dich? Dein Vater ist auf dem Weg hier her. Keine Sorge. Komm, du solltest nich' hier bleiben. Ich bring dich raus an die Luft."
Otaki redete weiter auf ihn ein, während er den Sohn seines Chefs auf die Beine zog und nach draußen führte. Heiji ließ es geschehen. Im Vorgarten übernahm einer der Sanitäter und Otaki ging zurück ins Haus.
Heiji ließ sich in den Krankenwagen bringen, der an der Straße parkte und bemerkte nicht einmal den Stich der Beruhigungsspritze, die ihm der Notarzt in die Armbeuge verabreichte.
Ihm war alles egal. Einfach alles. Er wollte nur nach Hause und schlafen, bis er aus diesem Albtraum erwachen würde.
Ja, wenn er morgen früh aufwachen würde wäre wieder alles normal. Kazuha und er würden zusammen ins Kino und danach noch etwas essen gehen.
Der Gedanke traf ihn wie eine Kugel. Kazuha! Wo war sie?
Doch die Wirkung der Spritze hinderte Heiji weiter seinen trüben Gedanken nach zu hängen. Er wurde zusehends schläfriger und als sein Vater eintraf und ihn nach Hause brachte war die Welt für Heiji wieder in einen Dunst aus Nebel gehüllt.
Shizuka Hattori hatte zu Hause gelesen als sie das Auto ihres Mannes in der Auffahrt hörte. Sie legte das Buch zur Seite und wollte ihrem Mann die Tür öffnen, als dieser bereits, seinen Sohn stützend, im Flur erschien.
Der Anblick ihres Sohnes versetzte sie in Sorge. Ihrem Mann konnte der Blick, mit dem sie Heiji musterte, nicht entgehen und er bedeutet ihr ins Wohnzimmer zu gehen.
Schweigend betrat die Familie das Zimmer und Heizo führte Heiji zu dem kleinen Sofa in der Mitte des Raums, auf dem er zusammensank.
Heiji bekam von dem Gespräch seiner Eltern nicht viel mit. Doch auch er bemerkte, wie sich auf dem Gesicht seiner Mutter zunächst Grauen und dann Sorge und Trauer abzeichneten. Der Bericht ihres Mannes erschütterte sie sehr. Sie hatte Toyama schon seit vielen Jahren gekannt und er war für sie immer da gewesen, so wie sie für ihn. Damals, nach dem Tod seiner Frau hatten sie ihm geholfen, alles zu regeln und Kazuha war oft bei ihnen gewesen.
Kazuha…Das Mädchen war Shizuka sehr ans Herz gewachsen. Über die Jahre war sie zu einer Tochter geworden und Shizuka hatte sich gewünscht, Kazuha eines Tages als Schwiegertochter in ihrer Familie aufnehmen zu können.
Und jetzt war sie verschwunden? Und ihr Vater ermordet? Wer tat denn so etwas?
Shizuka's Blick wanderte von ihrem Mann, denn sie während der letzten Minuten entsetzt angestarrt hatte, zu ihrem Sohn.
So hatte sie ihn noch nie gesehen. Er war doch immer ein fröhlicher junger Mann gewesen. Gut, er hatte auch schon mal einen schlechten Tag gehabt, aber noch nie hatte er so bleich und zerbrochen gewirkt wie jetzt.
Heizo's Handy klingelte. Er trat auf den Flur hinaus und nahm erst dort das Gespräch an.
„Hast du was gefunden?" Er brauchte sich nicht zu melden.
Otaki's Stimme drang aus dem Hörer: „Nein, noch nich'. Die Spurensicherung is' noch da. Die drehen alles dreimal um."
Der Kommissar bemühte sich um einen sachlichen Ton, aber die Trauer schwang in seiner Stimme mit.
Shizuka war ihrem Mann in den Flur gefolgt und stand nun neben ihm. Heizo schluckte bevor er die Frage stellte, die er deutlich in den Augen seiner Frau lesen konnte: „Was ist mit Kazuha?"
Schweigen war die Antwort.
Erst einige Sekunden später konnte Otaki seinem Chef mitteilen, was er nur Minuten vor seinem Anruf erfahren hatte.
„Ich hab eine Suchmannschaft zusammen stell'n lass'n, aber bisher gabs noch nichts, was uns weiter helfen könnt'." Und leise fügte er hinzu: „Es tut mir leid."
Damit legte Otaki auf und auch Heizo steckte das Handy zurück in seine Jackentasche.
Ohne noch ein Wort zu sagen ging er zur Tür, blieb dort aber stehen und drehte sich zu seiner Frau um. Sie stand noch immer am selben Fleck. Tränen glitzerten in ihren Augen, doch Heizo konnte ihr keine Worte des Trostes schenken. Er musste zuerst selbst damit klar kommen und sie mussten beide stark sein. Für Heiji und vor allem für Kazuha. Die beiden würden ihre Hilfe brauchen.
Das Haus der Toyama's hatte sich in ein Polizeiquartier verwandelt. Überall liefen Beamte herum, wurden Nachbarn befragt, Spuren gesichert und Telefonate geführt. Keiner der anwesenden Polizisten sah dies als einen Mord, wie sie sonst bearbeitet wurden. In der Regel waren die Mordopfer Unbekannte gewesen, mit denen man Mitgefühl hatte, aber jetzt hatten sie den Tod eines der obersten Hauptkommissare Osakas zu untersuchen. Und so wunderte es niemanden, dass Hauptkommissar Hattori den Fall persönlich übernahm.
Allen ging der gewaltsame Tod an Toyama nahe, doch nur wenige konnten verstehen, wie sich Hattori fühlen musste.
Um die Tat noch schlimmer zu machen waren bis her noch keine Hinweise über den Verbleib Toyama's Tochter gefunden worden. Man hatte das gesamte Haus sowie die Umgebung nach der jungen Frau durchsucht ohne eine Spur zu finden. Niemand konnte sagen, ob auch sie ermordet worden war. Der einzige, der vielleicht etwas über Kazuha's Verbleib wusste war Heiji.
Der junge Mann hatte sich von seiner Mutter in sein Zimmer bringen lassen und lag nun auf dem Bett und schlief, ob nun durch den Schock oder die Spritze, traumlos und tief. Shizuka saß still neben ihrem Sohn und betrachtete ihn.
Es musste schrecklich gewesen sein, denn so kannte sie ihn nicht. Seine Augen waren wie erstarrt gewesen, als Heizo ihn nach Hause gebracht hatte.
Zuerst hatte sie vermutet Heiji sei krank weil seine Haut blass wirkte, doch als ihr Mann ihr die grausame Nachricht überbrachte konnte sie Heiji's Zustand nach voll ziehen. Er hatte die Leiche eines Mannes gefunden, von dem er sehr viel hielt, den er bewunderte und in dem er vielleicht manchmal mehr einen Vater gesehen hatte als in seinem eigenen. Toyama hatte den jungen Mann bei seinen detektivischen Aktivitäten unterstützt, obwohl er nie direkt für ihn Partei ergriffen hatte. Sein eigener Vater aber hatte das alles als unnötige Spielerei abgetan und Heiji's Fähigkeiten in Frage gestellt.
Je länger Shizuka ihren Sohn betrachtete und über die Geschehnisse der letzten Stunden nach dachte, um so mehr verdrängte die Sorge um Kazuha den Schock. Wusste Heiji, dass seine beste Freundin verschwunden war?
Ganz ohne Grund war Heiji sicher nicht zu den Toyamas gefahren und in das Haus eingebrochen. Dafür musste er schon einen dringenden Anlass gehabt haben. Und so lag es nahen, dass der junge Mann entweder mit Kazuha verabredet gewesen war und sie hatte anholen wollen, oder dass sie ihm eine Nachricht hatte zukommen lassen, damit er in das Haus ging.
„Wär's möglich, dass Heiji was über Kazuha weiß?" Otaki stand mit Hattori im Arbeitszimmer des Toten.
Die Leiche war bereits in die Pathologie gebracht worden, aber dennoch war die Atmosphäre in diesem Raum unheimlich.
Hattori antwortete erst nach einigen Augenblicken und ohne dabei den Blick vom Stuhl zu wenden, auf dem seinem Freund das Leben genommen worden war.
„Schon möglich." Der Hauptkommissar drehte sich um und ging zur Tür.
„Ich werde morgen früh mit ihm reden."
Damit war das Gespräch beendet.
Kazuha lag zur gleichen Zeit auf einigen Kartons in der Lagerhalle und versuchte vergebens Ruhe zu finden.
Sie hatte geschlafen. Sicher waren daran die Tablette und ihre Verletzung schuld. Die junge Frau fühlte sich kraftlos und je länger sie hier gefangen war, umso geringer wurde ihre Hoffnung auf schnelle Rettung.
Fragen jagten durch ihren Kopf und beunruhigten sie mehr und mehr.
Wurde schon nach ihr gesucht? Oder hatte Heiji ihr Ausbleiben leichthin als Vergesslichkeit abgetan? Wohl kaum, das war nicht seine Art.
Doch am meisten quälte sie die Frage, wie es ihrem Vater ging. Seit diesem mysteriösen Anruf heute Mittag konnte sie an nichts anderes mehr denken. Zuerst hatte sie das für einen schlechten Scherz gehalten, doch als sie ihren Vater weder im Büro noch auf seinem Handy erreichen konnte bekam sie Angst. Und der einzige Mensch, den sie um Hilfe bitte konnte, war in diesem Moment für sie Heiji gewesen.
Er hatte ihr versprochen sich sofort auf den Weg zu machen, war aber über den gewählten Treffpunkt überrascht.
Kazuha hatte den Platz mit Absicht gewählt. So könnten sie zusammen zum nahe gelegenen Polizeihauptquartier gehen, um nach ihrem Vater zu suchen.
Warum hatte sie nicht auf Heiji gewartet? Er wollte sie doch abholen. Ihr Freund hatte vorgeschlagen sie mit dem Motorrad abzuholen. Aber Kazuha hatte abgelehnt. Seit dem Unfalltod einer Bekannten war sie nicht mehr mit gefahren.
Die Frau war zusammen mit ihrem Verlobten über eine Landstraße gefahren, als er bei einem riskanten Überholmanöver die Kontrolle über die Maschine verlor. Beide starben noch an der Unfallstelle.
Kazuha wusste, dass Heiji zwar gerne schnell fuhr, aber er würde niemals sein oder gar ihr Leben dabei riskieren.
Der Detektiv kannte den Grund für Kazuha's Ablehnung und so wollten sie sich im Stadtzentrum treffen. Heiji würde trotzdem mit dem Motorrad fahren, um eine Möglichkeit zu haben schneller wieder aus der Stadt zu kommen und die überfüllten Busse zu umgehen.
Kazuha versuchte sich aufzusetzen und so einen besseren Überblich von ihrem Gefängnis zu bekomme. Mit schmerzverzerrtem Gesicht schaffte sie es aber nur in eine halbwegs aufrechte Position. Doch so konnte sie immerhin etwas mehr von der Halle sehen.
Es war dunkel und nur vereinzelt schien das Licht einer Straßenlaterne herein. Das alles half ihr nicht. Sie konnte nicht sagen wo sie war.
Erst jetzt bemerkte sie, dass ihr Entführer nicht in der Nähe war. Er musste wohl vor der Halle sein. Weit weg würde er sicher nicht gehen.
Kazuha tastete mit einer Hand über den Boden. Irgendwo musste doch ihre Tasche liegen. Oder hatte der Mann sie ihr abgenommen?
Dann hatte er sie mit Sicherheit durchsucht. Gut, sollte er doch. Etwas besonderes war nicht darin, mal von ihrem Handy abgesehen.
„Das Handy!", schoss es ihr durch den Kopf. Es war zwar in der Nebenstraße zu Boden gefallen und dabei aufgesprungen aber vielleicht funktionierte es noch.
Hektisch suchte Kazuha, auf dem Boden sitzend, ihre Umgebung nach der Tasche ab.
Da! Das war doch der Schulterriemen!
Ihre Finger hatten ein dünnes Band aus Leder berührt. Die Frau zog das Band zu sich, tastete mit zitternden Fingern nach der Schnalle, ließ den Verschluss aufschnappen und kippte den Inhalt kurzerhand in ihren Schoss.
Doch als sie im spärlichen Licht ihre Sachen betrachtete stiegen Tränen der Enttäuschung in ihren Augen auf.
Das Handy, auf das sie all ihre Hoffnungen gesetzt hatte, befand sich nicht unter den Dingen, die vor ihr lagen. Der Mann in Schwarz hatte es wohl einfach liegen lassen oder weggeworfen.
Kazuha sank niedergeschlagen auf die Kartons zurück und schlief unter Tränen ein.
